Thilo Schneider / 04.10.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 71 / Seite ausdrucken

Die Kontokündigung als politisches Kampfmittel?

Kontokündigungen haben sich zu einer beliebten Zermürbungsmethode gegen öffentlich agierende Regierungskritiker, insbesondere Blogger und Journalisten wie Boris Reitschuster, entwickelt. Bestimmen jetzt Kreditinstitute über das, was gesagt und geschrieben werden darf? 

Die Überraschung bei den Mitarbeitern der Zeitung Junge Freiheit im Jahr 2001 dürfte groß gewesen sein, als ein unscheinbarer Brief der Postbank ihnen verkündete, dass die Postbank das Firmenkonto kündigt. Die Junge Freiheit schaltete damals eine überregionale Anzeige mit dem Titel „Appell für die Pressefreiheit“, der viele Unterstützer fand. Unter anderem kommentierte der Tagesspiegel:

„Wenn das Beispiel der Postbank Schule macht, dass nämlich Geldinstitute ihren Kundenkreis nach politischen Kriterien aussieben, dann sind viele gefährdet, Linke ebenso wie Rechte. Kein Gastwirt kann gezwungen werden, Bier an einen Kunden auszuschenken, dessen Nase ihm nicht passt – das stimmt. Aber Zeitungen sind etwas Besonderes. Sie sollen nicht schikaniert werden, hat der Alte Fritz gesagt. Und es gilt dabei der Grundsatz: Wer nicht verboten ist, der soll auch nicht behindert werden. (…) Pressefreiheit gilt auch für die Schmuddelkinder.“

Diese Reaktionen führten zur Rücknahme der Kündigung durch die Postbank. So gesehen war damals die Welt demokratisch und pressefreiheitlich noch in Ordnung – oder aber, die Postbank war ihrer Zeit um 20 Jahre voraus. 

Kontokündigungen haben sich zu einer beliebten Zermürbungsmethode gegen – nennen wir sie – „nicht ganz regierungskonforme“ Blogger, Journalisten oder Politiker entwickelt. Boris Reitschuster, Vera Lengsfeld, Tino Chrupalla und der doch eher nur „Eingeweihten“ bekannte Blogger Hadmut Danisch haben alle schon Post von ihrer Bank bekommen, dass diese sich leider außerstande sieht, die Geschäftsbeziehung weiterhin zu führen. Ja schade, einen schönen Tag noch. 

Ausschaltung von Dissidenten per „De-Banking“

Für die Betroffenen ist das eine mittlere Katastrophe: Von einem Tag auf den anderen brechen die Einnahmen und damit der Lebensunterhalt weg. Wenn das einzig verfügbare Geld der Zwanziger im Portemonnaie ist, dann wird es knapp mit Zigaretten und Kaffee, den Drogen für Autoren und Journalisten. „De-Banking“ nennt man diese Methode der wirtschaftlichen Vernichtung auf linker Seite.

Das bekannteste Opfer der letzten Zeit dürfte Nigel Farage sein, dem seine Bank, die Coutts-Bank, neben einer Kontenk ündigung noch wenigstens einen Grund mitlieferte: Seine öffentlich getätigten Aussagen stünden nicht „im Einklang mit den Werten des Unternehmens“. Außerdem wurde Nigel Farage als „xenophob und rassistisch“ bezeichnet. Mit so jemandem will die Coutts-Bank nichts zu tun haben. Diese Kontokündigung führte bei den Briten allerdings zu einer breiten öffentlichen Debatte. Premierminister Rishi Sunak sagte im Parlament. „Niemand sollte von grundlegenden Finanzdienstleistungen ausgeschlossen werden wegen seiner politi­schen Ansichten.“

Und wie ist es in Deutschland? Bestimmt also neuerdings die örtliche Parkbank, welche Äußerungen ihre Kunden tätigen oder nicht tätigen dürfen? Muss ich diesen Artikel erst irgendeinem Filialleiter zur Genehmigung vorlegen, bevor es mein Chefredakteur tut? Oder erledigt das irgendein Ableger der unzähligen „Anti-Hate“-Stiftungen bereits ohne mein Wissen für mich?  

Boris Reitschuster, Vera Lengsfeld und Tino Chrupalla sind bekannte Namen. Jeder Schlips- und Kostümchenträger einer Bank kann diese in seinen Rechner eingeben und hat sofort das Konto und die Kontobewegungen im wahrsten Wortsinn auf dem Schirm. Je nachdem, wie er gestrickt ist, ist ihm egal, wer seine Kunden sind – oder nicht. Wenn bei der Bumsbank Hintermondhausen zwanzig Kunden anrufen, die die Bank im Impressum oder bei der Spendenaufforderung gefunden haben und mit Kündigung drohen, wenn jemand wie Chrupalla weiter Kunde bleibt, dann mag der eine oder andere Kaufhofhemdträger schon ins Wanken geraten und das Kontokündigungsfallbeil fallen lassen. Einfach, um sein Institut zu schützen. Oder sein Image. Was auf das Gleiche hinausläuft. Das ist eine von vielen Möglichkeiten. Auch wenn ich bezweifle, dass Boris Reitschuster oder Tino Chrupalla bei der Bumsbank Hintermondhausen je Konten hatten. 

Aber Hadmut Danisch? Sicher auch einer, der gerne gegen den Strich bürstet und ja, auch einer, der sich auch mal im Ton vergreift. Aber davon gibt es Tausende, auf linker wie rechter Seite, ohne, dass dies irgendwelche Konsequenzen hätte, und zu einer Demokratie gehört auch die deftige Meldung. Was also ist da passiert? Hadmut Danisch schildert seinen Fall selbst auf seinem Blog, ich werde mich hier also wohlweislich einer Wertung enthalten. Machen Sie sich selbst ein Bild. 

Vertragsfreiheit und Willkürverbot

Der Punkt ist ein anderer: Eine Bank kann theoretisch jedes Konto fristlos und ohne Angabe von Gründen „just for fun“ kündigen. Das Ganze nennt sich Vertragsfreiheit. Außer den Sparkassen. Diese sind als „Anstalten des öffentlichen Rechts“ unmittelbar an das Grundrecht gebunden. Sie können daher niemandem ohne die Darlegung von sachlichen Gründen eine Kontoeröffnung verweigern oder ein bestehendes Konto kündigen. Das ergibt sich aus Artikel 3 GG, dem sogenannten „Willkürverbot“.“ So sieht es zumindest der Bundesgerichtshof. Ob Sie als Kunde diese „sachlichen Gründe“ als „sachlich“ auch akzeptieren, spielt dabei keine Rolle. 

Nun wird in Deutschland keine Bank so dumm sein und ein Konto offiziell „aus politischen Gründen“ kündigen. Eine Kündigung wird einfach so, aus dem Blauen heraus, ausgesprochen werden, und Sie werden nie erfahren, woher der Blitz kam und wo genau er bei Ihnen auf dem Konto eingeschlagen ist. Danisch bringt seine Kündigung mit den diversen gegen ihn laufenden Verfahren in Zusammenhang (ich mag es gar nicht ausschreiben, aber er hat tatsächlich Ricarda Lang als „dick“ bezeichnet, stellen Sie sich das mal vor) und natürlich sieht es keine Bank gerne, wenn sich Polizei, Staatsanwaltschaft oder irgendwelche Politiker plötzlich für ihre Akten, Kunden und Konten interessieren. Da wird dann lieber schnell das Konto gesperrt, bevor die GSG9 und die Steuerfahndung in der Zentrale einrücken und noch ganz andere Sachen finden…

Insgesamt folgen Kontenkündigungen von politisch missliebig verorteten Bürgern einer simplen strategischen Logik: Schneide ihnen den Nachschub ab. In unserem digitalen Zeitalter ist der heldenhafte Kampf gegen rechts oder alles, was Sie persönlich dafür halten, stets nur einen Mausklick entfernt. *Klick*. Und schon haben Sie eine Existenz vernichtet. Und das Vierte Reich verhindert. Ist das nicht auch ganz toll? „Wir machen den Weg dicht“ halte ich heute für einen gelungenen Werbeslogan. 

(Weitere durch die Bank gute Artikel des Autors unter www.politticker.de

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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D. Schmidt / 04.10.2023

@Gisel Schinnerer: Ist mir irgendwie egal in welchen Katakomben man irgendwelche Pseudoinfos nachlesen kann, die einem irgendeinen Dreck unterstellen wollen. Ich habe mir nie was zuschulden kommen lassen, zahle weiterhin 100% Steuern, obwohl ich die meiste Zeit im Jahr eh nicht mehr hier bin. Mein Führungszeugnis hat Null Einträge. Was soll der Scheiß also? Ich finde es einfach nur noch abartig, was in diesem Land unter dieser Minderheitsregierung abgeht. Jeder hier sollte eigentlich nicht kommentieren, sondern lieber die Koffer packen.

Sabine Schönfeld / 04.10.2023

Herr Schneider - das ist genau der Grund, warum man den Anfängen hätte wehren müssen. Nämlich als das demokratiefeindliche Mobbing gegen Vertreter der AfD und ihre Wähler begann, dies hätte der Moment für Ihren Aufschrei und den sämtlicher Medienvertreter sein müssen. Denn man weiß doch schon immer, dass ein Prinzip auf den einen und genauso auch auf den anderen angewandt werden kann. Wenn man gesellschaftliche Spielregeln verletzt, wieder und wieder, dann verschwinden diese. Nutzt die Regierung dieses Prinzip zum Schaden der Gesellschaft und der Menschen, so handelt sie offen demokratiefeindlich, auch wenn sie die Handlung indirekt durch andere ausführen lässt. Für mich war das Ende dieser Demokratie der Zeitpunkt, in dem man der AfD ihren stellvertretenden Bundestagspräsidenten verweigerte, wieder und wieder, egal wer vorgeschlagen wurde. Das war noch bevor Merkel die Wahlen in Thüringen “rückgängig machte”. Und damals hätten schon alle merken können und müssen, dass das böse Spiel gegen die AfD sich gegen die Demokratie als Ganzes richtete. Und - vielleicht habe ich das falsch im Gedächtnis - war hier nicht neulich noch ein Artikel von Ihnen, der die Wahl der AfD für eine unmögliche Entscheidung erklärte? Und dann beklagen Sie das Ende demokratischen Handelns als Symptom (!) ,das setzt aber alles an der gleichen Stelle an! Die Altparteien haben ihre Haltungen über das demokratisches System als Ganzes gesetzt und damit dieses System schwer geschädigt. Und die Justiz hat sie nicht daran gehindert. Wann hören Sie, Herr Schneider, endlich auf, die Symptome bejammern und betrachten endlich die Ursachen? Welchen Sinn hat es, das Problem und die Lösung gleichzeitig abzulehnen? Herr Chrupalla ist heute übrigens nach einem Angriff mit einem spitzen Gegenstand (Junge Freiheit) - vor seiner Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt zusammengebrochen, Weidel befindet sich mit ihrer Familie an einem sicheren Ort, weil auch sie bedroht wurde! Dort spielt die Musik, Herr Schneider!

Rainer Küper / 04.10.2023

Die Mercedes-Bank gehört auch zu dieser Banken-Art, die nicht-woke Privat-Kunden kündigen, was vor einigen Monaten nach einem Kommentar über deren vielfältige Webseiten selbst erlebt wurde.

Winston Schmitt / 04.10.2023

Das Konto bei der Postbank sollte man von sich aus kündigen. Diesen grottenschlechten Service braucht wirklich niemand.

Horst Oltmannssohn / 04.10.2023

Willem Engel und Jeroen Pols aus den Niederlanden haben auch schon darüber berichtet, daß das Konto ihrer Stiftung „Viruswaarheid“ gekündigt wurde. Und schon haben die Unterstützer keine Möglichkeit mehr, die Arbeit der Stiftung zu unterstützen. Von PayPal hat man schon Ähnliches gehört …

T. Weidner / 04.10.2023

@Steffen Lindner: Sie haben das Problem und dessen Konsequenzen voll umfänglich erfasst!

Karl Emagne / 04.10.2023

Zum Gruseln, was Hadmut Danisch zu berichten weiß, selbst wenn einem die Illusionen zu Demokratie und Rechtsstaat schon weitgehend abhanden gekommen sind. Dazu nun eine neue Eskalation der Gewalt gegen die Opposition. Nein, sieht wirklich nicht gut aus.

Ernst Lage / 04.10.2023

Ich habe seinerzeit die systematische Zerstörung des sehr erfolgreichen Portals kenfm wie dessen Leitfigur Ken Jebsen verfolgt, inkl. Kontosperrung bzw. Kontenverweigerung - bemerkenswert, dass dieser auffällige Vorgang in dem Artikel nicht erwähnt wird - nun ja, achgut hat bis jetzt überlebt….

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