Redaktion / 14.01.2021 / 12:37 / Foto: Pixabay / 118 / Seite ausdrucken

Die Justiz und Corona: Netzwerk kritischer Richter und Staatsanwälte gegründet

Die deutsche Justiz sieht sich zunehmend mit der Corona-Politik konfrontiert. Infolge der dahinter stehenden verfassungsrechtlichen und auch gesellschaftlichen schweren Krise hat sich jetzt ein Netzwerk von Richtern und Staatsanwälten gebildet, deren Mitglieder das politische Handeln und das Handeln der Gesetzes- und Verordnungsgeber in der Corona-Krise aus rechtsstaatlicher Sicht mit großer Sorge beobachten. Zitat von der Homepage, die heute online ging:

"Wir sind ein schnell wachsendes Netzwerk von Richtern und Staatsanwälten*, die das politische Handeln und das Handeln der Gesetzes- und Verordnungsgeber in der Corona-Krise aus rechtsstaatlicher Sicht mit großer Sorge beobachten. Wir setzen uns ein für das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Dabei vertreten wir unsere private Meinung".

Das Handeln der Regierungen und Normgeber im Zusammenhang mit der Coronakrise hat, bei Lichte betrachtet, die bisher größte Krise des Grundgesetzes ausgelöst. 

Die Eingriffe in die durch die Verfassung garantierten Grundrechte sind in ihrer Vielzahl, Breite und Tiefe historisch einmalig. Sie beruhen oft auf unklaren Tatsachenlagen und Vermutungen der Legislative, wobei die mittel- und langfristigen Folgen dieses Handeln nicht oder nicht ausreichend geprüft und abgewogen werden.

Als gesetzgeberische Instrumente der Einschränkungen fungieren im Wesentlichen die sogenannten Coronaverordnungen der Bundesländer, die von einem Großteil der deutschen Verfassungsrechtler bereits aus formellen Gründen, insbesondere wegen des Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt und Art. 80 Grundgesetz, für verfassungswidrig gehalten werden. Diese Verordnungen wiederum beruhen – seit den letzten Monaten verstärkt – in erheblichem Umfang auf den Beschlüssen eines in der Verfassung nicht vorgesehenen Gremiums, nämlich der sogenannten Bund-Länder-Konferenz.

Abgesehen von vereinzelt gebliebenen Entscheidungen scheint die Reaktion der deutschen Gerichte bislang erstaunlich. Weniger vorsichtig formuliert: irritierend oder beängstigend zurückhaltend. Bei vielen Betroffenen kommen inzwischen Zweifel an der Wahrnehmung der Funktion als dritte und kontrollierende Gewalt auf.

Förderung einer aufgeklärten und sachlichen Diskussionskultur in den Gerichten

Das Netzwerk kritischer Richter und Staatsanwälte setzt sich für ein für "Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung". Und es strebt folgende Ziele an:

  • eine tatsachenbasierte, offene, pluralistische und sachliche Diskussion juristischer Fragestellungen der Corona-Krise;
  • das Setzen eines Signals für die Bevölkerung des Inhalts, dass die Entwicklungen seit März 2020 auch von Praktikern mit ausgewiesener juristischer Expertise mit großer Sorge verfolgt und verfassungsrechtlich für zumindest sehr bedenklich gehalten werden;
  • die Förderung einer aufgeklärten und sachlichen Diskussionskultur in den Gerichten und Staatsanwaltschaften betreffend die Krise;
  • die Stärkung des einzelnen Mitglieds durch die Gründung eines Netzwerkes und die Formulierung gemeinsamer Erklärungen für die Öffentlichkeit.
  • Längerfristig, über die Corona-Krise hinaus, soll das Netzwerk auch als moderne Plattform zur Diskussion bedeutsamer Problembereiche der Justiz – sowohl intern als auch als dritte Gewalt im Staatsgefüge – dienen.

Achgut steht im Kontakt mit einem der Initiatoren des Netzwerkes. Hierbei handelt es sich um denjenigen Richter, welcher im Dezember 2020 eine 190-seitige Verfassungsbeschwerde (hier zum Download) gegen Normen des Infektionsschutzgesetzes und gegen die Coronaverordnungen der Bundesländer Berlin und Brandenburg eingereicht hat.

Nach seinen Angaben handele es sich um ein sich dynamisch entwickelndes Netzwerk. Die hinzukommenden Mitglieder können es mitgestalten und sich in die Definition der zu verfolgenden Ziele einbringen. Im Anhang finden Sie die Homepage des Netzwerkes verlinkt. Interessenten können auch direkt (gegebenenfalls anonym) an eine von dem Netzwerk eingerichtete E-Mail-Adresse schreiben, welche erhöhten Sicherheitsanforderungen entspricht: netzwerkkrista@protonmail.ch

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WHO beendet Epidemische Lage von Nationaler Tragweite

Foto: Pixabay

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lutzgerke / 14.01.2021

Da bin ich aber froh, daß Richter und Staatsanwälte sich zu Wort melden. Es geht dabei weniger um die Masse, es geht um das Symbol. - Grundlage der Verfassung ist weder ds Völkerrecht noch irgendein beliebter Artikel, die wirkliche Grundlage hat Martin Luther gesetzt mit dem Kampf für die Gewissenfreiheit. Damit ist Martin Luther, der auch ein Kind seiner Zeit war und nur daraus beurteilt werden sollte, für mich entschuldet. Die Gewissensfreiheit ist das wichtigste Element der Verfassung und wenn nichts mehr geht, darauf kann man sich immer berufen.

Volkmar du Puits / 14.01.2021

Ich weiß ehrlich nicht, was das soll. Mit der Feststellung des “epidemischen Zustandes nationaler Tragweite” hat der Bundestag! die dafür geltenden Regeln des Infektionsschutzgesetzes in Kraft gesetzt. Aufheben kann diesen Zustand die Bundesregierung aus eigener Initiative oder auf Verlangen des Bundestages. Mit dem “Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage” hat der Bundestag! die Länderregierungen ermächtigt, alles zu tun, die Pandemie abzuwehren und von der Pflicht befreit, darüber irgendwem Rechenschaft zu geben und die Konformität mit dem Grundgesetz hergestellt. Als einziges Fachorgan ist das RKI gesetzlich.  Die genannten Gesetze sehen Einschränkungen der grundlegenden Bürgerrechte, wenn sie denn nötig sind. Ob sie nötig sind, legen die Länderregierungen fest, gegebenenfalls untermauert vom RKI. Ob sie vorher mit der Kanzlerin oder untereinander reden, ist ihre Sache. Und jetzt wüßte ich gern, was die “kritischen Richter” tun sollen. Den Bundestag auflösen? Die Revolution anzetteln? Träumt weiter. “Then you better start swimmin’ or you’ll sink like a stone. For the times, they are a-changin’” (Bob Dylen: The times, they are a-changin’, 1964) Ich finde inzwischen alle “Nachrichten” bescheuert, die geeignet sind, durch das Vorgaukeln äußerer Lösungsmöglichkeiten davon abzulenken, daß wir alle in der Vergangenheit alle Signale ignoriert und heute schlicht Schiß haben. Kein “kritischer Richter” wird uns retten, keine AfD und auch kein neuer Kanzler, das sind alberne Erwartungen.

Silas Loy / 14.01.2021

Die Dritte Gewalt scheint längst obsolet zu sein als Kontrollinstanz für die Legislative und vor allem die (Merkel-) Exekutive. Man denke nur an die anhaltenden Rechtsbrüche in und seit der sogenannten Flüchtlingskrise. Wenn unsere Demokratie scheitert, dann haben diese Juristinnen und Juristen einen ganz entscheidenden Anteil daran. Allein die Bildung der Initative hier mit Juristen des Öffentlichen Dienstes, die ihre Privatmeinungen debattieren, zeigt doch, dass die offizielle Judikative nicht wirklich funktioniert. Sonst würden die entsprechenden Klagen längst ganz formal und öffentlich vor Gericht verhandelt. Und zwar -nach Lage der Dinge- unverzüglich. Die Dritte Gewalt erscheint nicht als selbstbewußte und unabhängige Kontrollinstanz des Rechtsstaates, sondern als ein lahmarschiger Verein von bequemen (wenn nicht korrumpierten oder ideologisierten oder juristisch unmusikalischen) Wegguckern und -duckern. Was müssen die faktenbefreiten durchgedrehten Politiker und ihre inkompetenten parlamentarischen Abnicker eigentlich noch anrichten?

Walter Neu / 14.01.2021

Ich fürchte, diese Gruppe wird innerhalb kürzester Zeit zu einem Nazinetzwerk erklärt oder von linksgrünen Richtern und Staatsanwälten unterwandert.

T. Schneegaß / 14.01.2021

Nachdem ich mir gerade die indubio-Folge 92 angehört habe, hat meine anfängliche Hoffnung bezogen auf die Wirksamkeit oder gar einen Erfolg dieses Netzwerkes eine gehörigen Dämpfer erhalten. Wenn man einerseits erfahren muss, dass das BVG die Annahme von Verfassungsbeschwerden ohne Begründung verweigern kann und andererseits die zu erwarteten Zeitabläufe hört, gehe ich davon aus, dass selbst bei einer NOCH-Annahme von Klagen gegen die Verfassungsbrüche aufgrund einer PLANdemie das BVG zusammen mit dem GG VOR entsprechenden Entscheidungen abgeschafft sind. Und zwar mit einer Zweidrittelmehrheit der “Volksvertreter” eines frei gewählten Parlaments.

Marcus Hohn / 14.01.2021

Liebe Achse-Lehser, endlich kommt neben dem Corona U-Ausschuß unter Dr.Füllmich, nun auch offenbar Bewegung über die Richter und Staatsanwälte, die bisher zu “linientreu” aufgestellt waren, in Bewegung. Aber wir dürfen angesichts der immer existezbedrohlichen Entwicklungen des Mittelstandes selbst nicht zurückstehen und darauf setzen, daß andere die Kastanien für uns aus dem Feuer holen. Deshalb fordere ich jeden auf, bei seiner persönlichen roten Linienüberschreitung selber einen Klageweg anzustreben und sich zu organisieren. Jeder kann bei einem Impfwiederspruch, einem Hausverbot bei Maskenbefreiung, gegen Ausge-und Versammlungsverbote, bei Denunzierung durch Nachbarn, gegen Schulanordnungen usw. selber verfassungsrechtlich/ ziviljurist. die Dinge in Angriff nehmen! Wir können nicht weiter zusehen, wie ganze Berufgruppen ohne Verhältnismäßigkeit ein Ausübungsverbot erfahren und wir am Ende alles verlieren werden.  Auch ohne an einen weltweit einorchestrierten Resert nebst Währungschnitt, Bargeldabschaffung, digitaler Überwachung und Reiseverbote zu glauben, ist doch für jeden ersichtlich, daß alle Maßnahmen insb. Lockdowns nichts gebracht haben. Die Hauptprotagonisten( Merkel, Söder, Wiehler, Drosten, Lauterbach) fahren den nochmals verschärft.Wahnsinnskurs weiter. Alle verfassunsrechtlichen Grundgesetzeinschnitte wurden weder von unserem Pseudoparlament, noch von den höchsten Richtern gestoppt. Die Pandemie nationaler Tragweite ist eine umetiketierte Grippe und die Alten Menschen werden nicht geschützt sondern benutzt, auch hier müssen Angehörige sich notfalls juristisch einsetzen. Erst gestern haben wir im Bekanntenkreis gegen eine haltlose Quarantäneverordnung einer vierköpfigen Familie auf PCR-Testbasis ohne irgendwelche Symptome bei jemand, einen Anwalt eingeschaltet. Der Urspungstest war bei einer Tochter, die als Pflegerin arbeitet genau wie eine Impfaufforderung zwangsweise nahegelegt worden. Unsere Freiheit erfordert unser handeln, auch auf der Straße!

Rolf Mainz / 14.01.2021

Ganz ehrlich? Spätestens seit Herbst 2015 gebe ich nichts mehr auf die deutsche Rechtsprechung, da helfen noch so viele kritische Fachleute nicht.

Reinhard Ickler / 14.01.2021

Wenn die Exekutive dem Machtrausch verfällt und die Legislative in Selbstlähmung verharrt, kann man tatsächlich nur noch eine - wenn auch schwache - Hoffung auf die Judikative setzen. Juristen dürften vom anerzogenen Berufsethos her im allgemeinen noch am wenigsten korrumpierbar sein.

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