Eugen Sorg, Gastautor / 30.03.2018 / 14:06 / Foto: Eazydp / 6 / Seite ausdrucken

Die Juden und das Klima

Als neulich in Washington D. C. mitten im Frühling wieder starke Schneefälle niedergingen, fühlte sich der dortige Stadtrat Trayon White aufgefordert, seine Sicht der Dinge darzulegen. „Hütet euch", teilte der 33-jährige afroamerikanische Politiker mit den kunstvoll geflochtenen Dreadlocks auf Facebook mit, denn hinter den Wetterereignissen stehe ein jüdischer Bankerclan, nämlich: „Die Rothschilds. Sie kontrollieren das Klima, Mann, und erzeugen Naturkatastrophen, für die sie bezahlen, um die Städte in Besitz zu nehmen."

Nach Protesten von Ratskollegen und jüdischen Verbänden und Medienberichten entschuldigte sich White zögerlich für seine Aussagen. Er habe keine antisemitischen Motive gehabt, versicherte er, aber nachdem er von Kollegen eines Besseren belehrt worden sei, sehe er ein, dass er einen Fehler gemacht habe. Ist seine Reue echt? Man darf es bezweifeln.

White mag ein erstaunlich unbedarfter Zeitgenosse sein, der tatsächlich glaubt, dass ein paar schwerreiche Männer mittels einer geheimnisvollen Wettermaschine Klima und Schneestürme produzieren können. Aber dass ihm das judenfeindliche Stereotyp seiner Klima-Verschwörung nicht bewusst gewesen sein soll, ist unglaubwürdig. Es war nicht seine erste Auslassung dieser Art. So behauptete er an einer Sitzung mit der afroamerikanischen Bürgermeisterin und dem Rat – übrigens unwidersprochen –, dass die jüdischen Rothschilds „die Weltbank" und auch die „Landesregierung kontrollieren" (Washington Post, 20.3.18).

In der afroamerikanischen Community sind antisemitische Klischees weit verbreitet. Rap-Musiker wie die Kult-Gruppe Public Enemy haben sie in die Mainstream-Jugendkultur eingeführt; Prediger wie Jeremiah Wright, religiöser Mentor der Familie Obama, haben dem Antisemitismus in ihren Gottesdiensten gehuldigt; Louis Farrakhan, Oberhaupt der afroamerikanischen Sekte „Nation of Islam", hetzt seit Jahrzehnten vor einem Millionenpublikum gegen die „satanischen Juden". Der demokratische Abgeordnete Trayon White vertritt den Washingtoner Wahlbezirk Anacostia, ein ärmeres, überwiegend schwarzes Quartier. Muss er sich Sorgen um seine Wiederwahl machen? Kaum. 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Basler Zeitung

Foto: Eazydp via Wikimedia Commons

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Rolf Menzen / 30.03.2018

Dabei waren Juden bei den Bürgerrechtlern in den 60ern deutlich überrepräsentiert.

Thomas Raffelsieper / 30.03.2018

Der DOTT-FRANK-ACT hat gezeigt, daß Larry Fink von Blackrock zumindest zeitweise den amerikanischen Kongress beherrschte. Daraus eine jüdische “Weltverschwörung” zu konstruieren ist natürlich Irrsinn und Methode. Natürlich geben die Amerikaner uns Europäern gute Gründe, an der US amerikanischen Demokratie und auch an unseren Demokratien (Dr.Helmut Kohls 225 Millionen DM CDU- Milliardärs-Schwarzgeld vs. Volkeswohl) zu zweifeln.

Dolores Winter / 30.03.2018

Ich habe den Hass vieler Schwarzer auf Juden bein Prozeß gegen O.J. Simpson erlebt. Die beiden Mordopfer von diesem “schwarzen Helden” waren Juden. Ich erlebte in New York zufällig gewalttätige Proteste von Simpson-Anhängern und wurde von denen immer wieder agressiv gefragt ob ich Jüdin sei. Der angebliche “Schmelztiegel” der Rassen und Kulturen in den USA ist ein Mythos. Sogar die drei großen katholischen Einwanderergruppen aus Europa -Italiener, Iren und Polen- bleiben lieber unter sich.

Frank Stricker / 30.03.2018

Und wo ist der gut recherchierte Text wieder zuerst erschienen ? Natürlich wieder bei einem Schweizer Medium, der Basler Zeitung. Wer sich neutral über die Probleme unserer Zeit informieren will ,  kommt an den der NZZ ( Neue Zürcher Zeitung) und der Basler Zeitung nicht vorbei. Erst neulich hat der Chefredakteur der NZZ sich über die hyperventilierenden Deutschen belustigt, weil Jens Spahn einen respektablen shit-storm aushalten mußte wegen einer banalen Wahrheit, Hartz 4 dient zur Existenzsicherung, mehr eben nicht.

Uta Buhr / 30.03.2018

Wie sich doch die Bilder gleichen. Die alten Sündenböcke sind mal wieder die neuen, dieselben also wie Anno dazumal. Die Juden sind an allem schuld. Na klar.  Und diesmal wollen diese reichen alten Männer nicht nur Brunnen vergiften, sondern auch noch Einfluss auf das Klima ausüben. Mehr geht wirklich nicht. Wir werden in manchen Medien ja auch schon auf 140 Millionen “Klimaflüchtlinge” bis 2050 eingestimmt. Und unter wessen Verantwortung fallen die? Dreimal dürfen Sie raten. Was wohl als nächstes kommt. Steckt hinter den islamischen Messerstechereien vielleicht auch klammheimlich der Jude, der ewige Übeltäter und Verschwörer? Man kann ja nie wissen,., (Ironie aus)

Andreas Kollmann / 30.03.2018

Das ist überhaupt ein merkwürdig Ding. Aus meiner sehr beschränkten Erfahrung sind diejenigen, die sich sehr für Schwarze “interessieren”, im Zweifel antisemitisch “konnotiert” (wie man so hübsch sagt). Allerdings wird auch das umgekehrte gesagt - und u.a. auf eine Aussage von Theodor W. Adorno aus dem Jahr 1951 (da lebte er noch in den USA) verwiesen (in den Minima Moralia, Kap. 66 “Melange”). Ein Gegenbeispiel (für eine “Versöhnung”) war m.E. Joachim Prinz. Joachim wie? Wikipedia weiß zu ihm: “Joachim Prinz (* 10. Mai 1902 in Bierdzan, Landkreis Oppeln; † 30. September 1988 in Livingston, New Jersey) war ein deutscher Rabbiner und Zionist (bis 1948), der 1937 in die USA emigrierte, dort stellvertretender Vorsitzender des Jüdischen Weltkongresses wurde und am 28. August 1963 beim Marsch auf Washington neben Martin Luther King, Jr. sprach. “

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