Rainer Bonhorst / 26.11.2021 / 10:00 / Foto: Johann Werfring / 28 / Seite ausdrucken

Die Joint- und Kondom-Kluft

Früher durfte man noch Zigaretten rauchen, ohne als asozial zu gelten, aber der Joint wurde hinter vorgehaltener Hand inhaliert. Jetzt ist es umgekehrt. Das zeigt, wie unaufhaltsam der Fortschritt ist.

Unsere künftige Regierung reißt eine neue Kluft zwischen Jung und Alt auf. Kein Wunder: Vor allem die Erst- und Jungwähler haben Grün und Liberal gewählt. Die SPD stellt zwar den Kanzler im Oldie-Format, aber sie verkörpert nicht die Zukunft. Die Zukunft gehört – wie sollte es auch anders sein – den Jungen. Und diese Regierung der Jugend zögert naturgemäß nicht, sich unter Ignorierung der Senioren auf Themen zu konzentrieren, die für junge Menschen maßgeschneidert sind. Die beiden wichtigsten Beispiele dafür sind im Koalitionsvertrag niedergeschrieben: die Cannabis-Politik und die Gratis-Kondom-Politik.

Fangen wir mit dem Joint an und seiner Bedeutung für den lebensälteren Mitbürger. Am besten, ich variiere ein bisschen Rilke: Wer vor vierzig Jahren keinen illegalen Joint geraucht hat, der dreht sich auch als Rentner keinen legalen mehr. Er wird in den Alleen hin und her ohne Haschisch, aber mit Walking-Stöcken unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 

Und wer damals den ersten Zug gewagt hat, der fragt sich in vager Erinnerung, ob das ganze Theater des letzten halben Jahrhunderts überhaupt notwendig war. Der Joint war und ist ein in jeder Hinsicht, ob als Genussmittel oder als Gefahrenzone, überschätztes Produkt. Als Oldie empfehle ich alternativ und altersgemäß einen Schluck Single Malt von der Isle of Skye oder einen Morellino di Scansano. 

Kurz, die rotgrüngelbe Marijuana-Freigabe lockt keinen Rentner hinter dem Ofen hervor. Aber die Jungen! Gerne. Ihnen sei jedoch zugerufen: Früher durfte man noch Zigaretten rauchen, ohne als asozial zu gelten, aber der Joint wurde hinter vorgehaltener Hand inhaliert. Jetzt wird der Joint gesellschaftsfähig, aber die Kippe verschwindet hinter die vorgehaltene Hand. Ein eindrucksvoller Salto rückwärts, der zeigt, wie unaufhaltsam der Fortschritt ist.

Zweifel an der Seniorentauglichkeit von Gratis-Kondomen

Und nun zum zweiten Thema, das noch deutlicher macht, wer die Zielgruppe der neuen Regierung ist und wer nicht. Mit dem Gratis-Kondom hat Rotgrüngelb sicher nicht die Rentnergeneration im Blick. Gewiss, wer von Altersarmut bedroht ist, freut sich über alles, was umsonst zu haben ist. Aber jedes Schnäppchen muss auch einen gewissen Gebrauchswert haben. Mit diesem Zweifel an der Seniorentauglichkeit von Gratis-Kondomen will ich nicht die Sexualität im Alter geringschätzen. Wohl aber die dringende Notwendigkeit von Verhütung. 

Für die Jungen hingegen ist das Gratiskondom der Rotgrüngelben ein zielgruppengenaues Geschenk, so wie früher CDU und CSU mit Rentenerhöhungen ihre Kundschaft befriedigten. Allerdings wird sich mancher Oldie noch daran erinnern, dass beim Erwerb eines Kondoms nicht der Preis das Hauptproblem war, sondern der Einkauf selber. Am ehesten noch gelang der schnelle und hoffentlich unbeobachtete Griff zum Gefühlsecht-Automaten auf der Toilette. Schwieriger war die Sache beim Auge-in-Auge-Kauf: „Ein Kondom, bitte!“ Das zu sagen, war damals in scheueren Zeiten nicht jedermanns Sache. Heute ist die Jugend vielleicht freier.

Aber darauf kommt es gar nicht mehr an. Im Zeitalter des Gratis-Kondoms wandelt sich der Kauf zur Distribution. Denkbar ist, dass morgens der Postbote die Gummiware zusammen mit der dritten Mahnung und dem Strafzettel in den Briefschlitz wirft. An Schulen dürfte die Verteilung Sache der Sekretariate sein. Etwa so: Dienstags und Donnerstags zwischen 11 Uhr und 11.30 Kondom-Ausgabe. Um zahlreiches und pünktliches Erscheinen wird gebeten. Im übrigen liegt es nahe, beide Politikfelder klug zusammenzuführen. Etwa durch die Entwicklung einer gemeinsamen Joint- und Kondom-App, die digital und auf doppelte Weise an der Feierabend-Gestaltung mitwirkt. 

All das sind aufregende Perspektiven, verbunden mit allerlei brennenden Fragen. Aber eben nur für einen Teil der Gesellschaft, für den jüngeren. An Senioren wie dem Schreiber dieser Zeilen zielen die hier angesprochenen, zweifellos kühnen politischen Entscheidungen unserer neuen Regierung weit vorbei. Das ist nicht ganz fair, aber auch keine Tragödie. Mit der Jugend zieht nun mal die neue Zeit. Darum sei den Rotgrüngelben ab und an ein legales Kiff-Stündchen und bei dringendem Bedarf auch ein Gratis-Kondömchen von Herzen gegönnt.    

Foto: Johann Werfring CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Brundin Dr.Eike / 27.11.2021

Ich habe als junger Student häufiger gekifft, als mir guttat. Habe dann die Stadt gewechselt u. a. um der Gefahr der Abhängigkeit zu entgehen. Das war kein leichter Schritt, die Gefahr der Abhängigkeit war stets vorhanden. Wer dies leugnet, hat entweder nicht gekifft oder er betrügt sich selber. Canabis ist eine Einstiegsdroge, eigene Erfahrung. Bin abgesprungen mit viel Mühe. Wer anderes behauptet, verkennt das Problem. Brundin

PALLA Manfred / 26.11.2021

@FRANKE, E. - “SMOKER” zahlen mittlerweile global den ALLER-höchsten STEUER-Satz, gemessen am WarenWert - und einen “80-jährigen KETTEN-Raucher”, wie Helmut Schmidt mit NORMALEM V e r s t a n d (starb im Alter von “96”, zumindest “mit Zerenum”), würde die heutigen “BLIND”-Gänger in Berlin, London und Washington erheblich “überfordern” !!! - denn allein die STICK-Oxide der “oxidierten Flora” (TabakBlätter) braucht das menschliche HIRN zum “Guten Funktionieren” - U N D :  - “HIRN-EntWicklung nahm mit den StickOxiden (NOx) am LAGER-Feuer seinen L A U F”  ! ? !  - (“meine” Hypothese) - also ist heutiges “Smoken/Rauchen” n u r ein LagerFeuer-ERSATZ und auch Kult-AN-BETUNG des “spiritus anthropogenicus”  ;-)  ;-)  ;-)

Sabine Schönfelder / 26.11.2021

„Die Zukunft gehört – wie sollte es auch anders sein – den Jungen.“ Fast erkannt, werter Autor. Die „Jungen“ werden instrumentalisiert. Ihnen gehört nur DIE ZUKUNFT, die Ihnen Autokraten und eine Impflobby unter GAVI-Chef- Gates vorgeben! Die Tabakindustrie hat ihre besten Tage hinter sich. Ardern, das gerissene Schwab-Schlämpchen aus Neuseeland hat nach NULL-Covid, NULL Tabak für die „Jungen“ in Zukunft angekündigt. V i e l l e i c h t darf man ein bißchen „tobäiko“ in den Joint hineinbröseln. Streng limitiert, versteht sich. Die BIGS of the world steigen auch noch in den internationalen Drogenhandel ein. ALLES wird kontrolliert. Und, lieber Hobbykiffer, in der Tat macht Gras und Marihuana die Schädel bräsig. So was von! Während Alkohol in Maßen entspanntes Bewußtsein fördert, führt Dope zu bewußtseinsverändernder, autistisch-geistiger Abdimmung. Ist eine Droge für Rückwärtsgewandte, für Introvertierte, für Eigenbrödler und Konfliktscheue. Früher gerne von Wichtig- und Heimlichtuern bevorzugt, während der offene, freiheitsliebende und kommunikative Typ das Weinschörlchen favorisierte. Haschisch repräsentiert eine Stimulanz, die voll den erwünschten Zeitgeist der neuen Totalitaristen widerspiegelt. Der träge und inaktive Untertan. Es soll Gratiskondome geben?? Hahaha, vollgekifft glotzen die allenfalls noch einen Porno, wenn überhaupt. Außerdem sind diese Gratiskondome nichts als eine politische Provokation. So wie der IMPFNEID, der jetzt von der Taufe zur Pflicht getragen wird. Wat för jans Beklobbde! Nach dem erfüllten Impfnarrativ ist die Fruchtbarkeit der „Jugend“ per GENTECHNIK perdu. Stört die Jugend nicht. Das ist GUT SO. Erstens fürs Zehh-Ohh- Zwei,  und zweitens lohnt es nicht so viel Blödheit auch noch zu vervielfältigen. Es ist Zeit auszusterben. Für die Welt. Die Ampel gibt g r ü n e s LICHT und ich trink mit Herrn Bonhorst ein Weinchen…zur Entspannung..für uns beide…

Tobias Meier / 26.11.2021

Zunächst mal muss ich dem Autor zustimmen: es geht nichts über einen guten Single Malt, wobei es eigentlich keinen schlechten Single Malt gibt. Der Hinweis auf die Isle of Skye zeigt, dass der Autor weiß, wo es das beste vom besten gibt. Bezüglich der Cannabis-Legalisierung stößt mir die ausgesprochene Doppelmoral auf. Einerseits werden dem Bürger sämtliche Laster und Annehmlichkeiten (Tabak rauchen, Bier und Schnaps trinken, schnell Auto fahren, überhaupt Auto fahren) madig gemacht. Andererseits soll jetzt ausgerechnet der feuchte Traum aller linken Pseudo-Revoluzzer wahr werden und das Hanf frei gegeben werden. Vielleicht bin ich da altmodisch aber während alkoholische Getränke - verantwortungsvoll konsumiert - Genußmittel sind, ist ein Joint ausschließlich ein Mittel zur Berauschung, wenn auch der Rausch recht leicht ausfällt.

Boris Kotchoubey / 26.11.2021

Keine Kondome an Ungeimpfte!

Ralf Leistner / 26.11.2021

Die Legalisierung von Cannabis folgt einem bewährten Muster. In der DDR war selbst bei groessten Versorgungsproblemen Alkohol niemals knapp. Ein besoffener Arbeiter ist der Partei lieber als ein denkender hieß es damals. Heute müsste es heißen: besser ein bekiffter Bürger als ein kritischer.

E. Franke / 26.11.2021

@PALLA Manfred Puhhh noch jemand, dem das bekannt ist. Ich dachte schon, ich bin allein mit meiner Meinung im Universum. Es hilft sogar gegen Alzheimer. Warum die Regierung so dagehen vorgeht? Ein Schelm wer böses dabei denkt. Angstporno hat schon immer gewirkt. Ich rauche seit meinem 13ten Lebensjahr, bin jetzt 61 kerngesund und fühle mich pudelwohl. Selbst meine Blutwerte sind die eines Babys. Was ich jedoch geändert habe, ich rauche nur noch Tabak von seriösen Herstellern.

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