Susanne Baumstark / 07.03.2018 / 12:00 / Foto: Unbekannt / 21 / Seite ausdrucken

Die Iran-Connection

Ausgangspunkt dieser Recherche ist der aktuelle Beitrag in BILD, die noch einmal den „Fall des iranischen Todesrichters Ayatollah Mahmud Hashemi Schahrudi“ aufs Tapet bringt. Dieser war jahrelang für Folter, Amputationsstrafen und Hinrichtungen – auch Minderjähriger – verantwortlich. Im Dezember ließ er sich in einer Privatklinik in Hannover behandeln. Gegen seinen Aufenthalt in Deutschland gab es mehrere Anzeigen. Selbst der Klinik-Chef fragte sich, „warum Menschen, denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, ein Einreisevisum von der Bundesrepublik Deutschland erteilt wird“. Allerdings: „Bevor ein Haftbefehl erlassen werden konnte, verließ der Todesrichter das Land, flog ab Flughafen Hamburg zurück nach Teheran.“ 

Bei Nachfragen zur Rolle von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wegen seiner „freundschaftlichen“ Verbindungen zum iranischen Regime gibt sich die Bundesregierung „schmallippig“. Nachforschungen der Bild: Die Privatklinik leitet der Iraner Dr. Madjid Samii. Samii begleitete Gabriel im Juli 2015 und Oktober 2016, als dieser die „Mullah-Diktatur“ besuchte. Und weiter: Am Krankenbett des „Todesrichters“ saß auch Ayatollah Reza Ramezani, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und Stellvertreter des iranischen Führers Ayatollah Khameneis in Europa sowie hochrangige Figur bei der IGS. Das Kürzel IGS steht für den Dachverband der schiitischen Gemeinden, gegründet auf Initiative des IZH. Er pflegt Nähe zur Führung in Teheran und wird vom Verfassungsschutz wegen extremistischer Beeinflussung beobachtet. 

Die Bild wunderte sich bereits Ende Januar, dass der IGS bis Ende 2019 mit 283.150 Euro Steuergeld aus dem EU-Fonds für Innere Sicherheit gefördert werden soll – und zwar ausgerechnet zur „Extremismus-Prävention“ und „Deradikalisierung“. Laut einer Antwort der Bundesregierung vom Januar enthält die iranische Verfassung „nach wie vor den Auftrag, das iranische Modell eines Gottesstaates weltweit zu exportieren“. Auch das IZH sei an diesen Auftrag gebunden. Dessen Funktionäre unterstützen etwa den israelfeindlichen „Quds-Tag“ in Berlin. „Das IZH ist nach der Bewertung der Sicherheitsbehörden neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa“, so die Bundesregierung. Ausdrücklich erklärt in der iranischen Verfassung sei die Islamisierung anderer Nationen nach iranischem Vorbild. „Die Inhalte der Verfassung der Islamischen Republik Iran sind mit den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland schlechthin unvereinbar.“ 

Kofinanzierung aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“

Genaueres zur „Extremismus-Prävention“ des IGS: „Im Rahmen der Förderung des Projektes ‚Extrem engagiert! Kompetenzprogramm junger Muslime‘ durch den EU-Fonds für Innere Sicherheit erhält die IGS eine Kofinanzierung aus dem Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘. Im Haushaltsjahr 2017 erhielt die IGS – vorbehaltlich der noch zu erfolgenden Verwendungsnachweisprüfung – 6.579,78 Euro. Im Haushaltsjahr 2018 sind 41.931,49 Euro zur Kofinanzierung vorgesehen“, für 2019 dann 45.872,72 Euro. Das hochgelobte und viel zitierte Vorzeigeprojekt „Demokratie leben!“ mitfinanziert also mit steigender Tendenz einen Verband, dessen Prinzipien in Anlehnung an die iranische Führung mit der hiesigen demokratischen Grundordnung gar nicht vereinbar sind.

Die Bundesregierung begründet das so: „Im Rahmen der Entscheidungsprozesse über Projektanträge werden alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt. Hierzu gehören auch mögliche sicherheitsrelevante Aspekte. Die Bundesregierung weist jedoch darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden nach Maßgabe ihres gesetzlichen Auftrags keine inhaltliche Bewertung von Projekten vornehmen. Das in Rede stehende Projekt beruht auf der erstmaligen und daher grundsätzlich auch zu begrüßenden Zusammenarbeit von Verbänden, die im Einzelfall unter den Aspekten des Verfassungsschutzes durchaus unterschiedlich zu bewerten sind, und die Förderung bezogen auf die IGS erfolgte auch in Kenntnis der Tatsache, dass es sich bei dieser Organisation um einen Dachverband von höchst heterogener Zusammensetzung handelt.“

Zum Antrag für das Projekt „Extrem engagiert! Kompetenzprogramm junger Muslime“, das muslimische Jugendliche durch „qualitative Workshops“ und „Multiplikatoren-Schulungen“ in die Präventionsarbeit einbinden will, heißt es weiter in der Antwort der Bundesregierung auf Seite 7 in Form eines Rätsels: „Die IGS hat, vertreten durch Herrn U. S. (stellv. Vorstandsvorsitzender der IGS) am 6. Februar 2017 den Projektantrag eingereicht.“ Das Kürzel „U. S.“ steht mutmaßlich für den kurzen, also praktischerweise eigentlich unnötig abgekürzten Namen Ussam, Said. Zufälligerweise ist ein Herr selbigen Namens als Ansprechpartner zum Projekt „Flucht und Asyl“ (2016) des Jugendmigrationsdienstes beim Caritasverband Trier gelistet (Screenshot der Website ist erstellt). 

Organisator der deutschen Geschäftsreisen in den Iran

Auf Seite 8 der Antwort darf man über weitere Namenskürzel rätseln: „Folgende Personen und Organisationen sind im Projekt involviert: Projekt- und Finanzverantwortliche: Herr U. S., Herr D. N. Weitere Ansprechpartnerin: Frau F. M.“ Während die abgekürzte Dame weiter ausholende Rechercheleistung erforderte, wird man über Herrn D. N. schnell fündig. Er ist vermutlich Dawood Nazirizadeh. Über ihn findet sich dieser Beitrag von Kazem Moussavi, der in Deutschland im Exil lebt und im Januar auch einen Artikel für die Welt schrieb: „Mitglied der SPD, der IGS und FES (Friedrich Ebert Stiftung), ein Unternehmensberater aus Wiesbaden, ist nach dem Deal zum Organisator der deutschen Geschäftsreisen in den Iran geworden.

Er hat die Iran-Reise des hessischen grünen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir mit einer Delegation aus 40 Unternehmern im September 2016 organisiert und begleitet. Nazirizadeh reiste auch im Oktober 2016 mit dem Ex-Wirtschaftsminister und der 120-köpfigen deutschen Wirtschaftsdelegation nach Teheran.“ Nazirizadeh sei Dreh- und Angelpunkt für IGS-Aktivitäten, auch in der Deutschen Islam-Konferenz. „Er ist dessen Verbindungsmann zur Politik, den Parteistiftungen und der Presse. Nazirizadeh hält schiitisch motivierte Vorträge und lehrt gezieltes Coaching für Jugendliche.“ In London sei er im islamischen Zentrum aktiv gewesen, das als Sammelpunkt für Islamisten gilt.

Moussavi schreibt außerdem: „In den letzten Jahren hat er die Qom-Reisen Dutzender deutscher NGOs organisiert, um ihnen die islamistischen Kaderschulen der URD (Universität für Religion und Denomination d.h. Konfession) und der Al-Mustafa Universität schmackhaft zu machen. Deren hauptsächliche Aufgaben sind das Propagieren der Ideologie, Kultur und Politik der islamischen Republik durch die Gewinnung und Mobilisierung von Symphatisanten, z.B. NGOs, Intellektuellen und Wissenschaftlern in den islamischen Ländern, aber auch im Westen.“

Nazirizadehs Aktivitäten würde insbesondere Sigmar Gabriel fördern und würdigen. Im Februar 2015 habe der sich geäußert wie folgt: „Die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinde in Deutschland hat die Herzen und Türen für Flüchtlinge weit geöffnet.“ Auch Irans Wirtschaft ist Nazirizadeh eine Herzensangelegenheit. Er versuche „die deutschen Geschäfte mit dem Iran in den Bereichen Öl, Gas, (erneuerbare) Energie und in der Automobilindustrie voranzutreiben, die von Revolutionsgarden dirigiert werden“. Erträge für Terrorpolitik würden gegen Israel verwendet.

Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz schrieb schon im Jahresbericht 2016 über den Export islamistischer Ideologie: „Proiranische Einrichtungen in Deutschland seien grundsätzlich als „Instrumente der iranischen Staatsführung“ zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. „Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist.“ Es ist vielsagend, dass die Vereine trotzdem gefördert werden und Funktionäre sogar in die Integrationsarbeit eingespannt werden. Letztlich könnte darin auch ein Erklärungsaspekt liegen, warum es Verantwortungsträgern so wichtig ist, dass die SPD Teil der Regierung bleibt.

Dieser Beitrag erscheint auch auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

Foto: Unbekannt Link. Via Wikimedia Commons

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Karla Kuhn / 07.03.2018

“Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz schrieb schon im Jahresbericht 2016 über den Export islamistischer Ideologie: „Proiranische Einrichtungen in Deutschland seien grundsätzlich als „Instrumente der iranischen Staatsführung“ zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. „Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist.“ Es ist vielsagend, dass die Vereine trotzdem gefördert werden und Funktionäre sogar in die Integrationsarbeit eingespannt werden. Letztlich könnte darin auch ein Erklärungsaspekt liegen, warum es Verantwortungsträgern so wichtig ist, dass die SPD Teil der Regierung bleibt.” UNGLAUBLICH !!  Was für ein Sumpf das ganze.

Corinne Henker / 07.03.2018

Vor diesem Hintergrund wirkt die hysterische Aufregung über die Syrien-Reise einiger AfD-Politiker noch erheblich scheinheiliger als sie es ohne dessen Kenntnis ohnehin schon war.

Herbert Müller / 07.03.2018

Wenn es um Geschäfte und Moneten geht, fallen selbst bei Gutmenschen alle moralischen Schranken und der allseits hochgelobte “Wertekanon” wird außer Kraft gesetzt. Ohne Moos nix los!

Anders Dairie / 07.03.2018

Um die Verwicklung in Syrien zu verstehen,  soll man Karin Leukefeld vom “Blog NachDenkSeiten” einen Platz geben.  Sie hat m.E. den besten, tiefsten und klarsten Beitrag über Ghouta, Afrin und die dort Beteiligten geliefert. Es ist eben immer besser, wenn ein Journalist das Terrain aus eigner Anschauung kennt, statt aus Publikationen abzupinnen.  Es ist fürchterlich, was Al-Kaida und ihre Gliederungen aus dem einstigen Erholungs-Ort der Damaszener gemacht haben. Der ewige Appell der Deutschmedien ist entweder dumm oder grundverlogen.

P.Steigert / 07.03.2018

Wer wundert sich noch über die Verstrickung der SPD mit türkischen Verbänden, mit Islamisten oder die Protektion von illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten? Man fragt sich doch, ob es nicht schon lange die Strategie, nicht nur der Parteilinken, ist, diese Gruppen gegen die deutsche Mehrheitsgesellschaft zu positionieren.

Robert Sell / 07.03.2018

man kann nur Schäumen ob dieser schamlosen Machenschaften auf und hinter dem Rücken des deutschen Michel und dazu auf dessen Kosten. Jedesmal, wenn ich den geschrumpften Siggi (oder Klein-Maas auf dem berühmten Foto) neben einem dieser vor Kraft und Überzeugtheit strotzenden Orientalen sehe, schreit es in mir: “Nicht in meinem Namen!!!”

beat schaller / 07.03.2018

Danke Frau Baumstark, Das ist allerdings wieder ein ganz starkes Stück.  Wie viele müssen es denn noch sein, damit endlich jeder merkt, dass die Sache längst zum Himmel stinkt.  Dasselbe Spiel wird doch mit der Türkei gespielt, in den Hinterzimmern. So muss ja Deutschland erpressbar werden. Vernünftige Gründe sehe ich keine, um Waffengeschäfte mit der Türkei zu machen, die (die kurz vor der Freilassung von   Yükcel erfolgten und auch die Geschäfte mit dem Iran, welche meines Wissens nach, unmittelbar nach dem neuen Deal mit dem Iran, zusammen mit Industrievertretern, begleitet von Gabriel erfolgten. Es hat doch damals schon zum Himmel gestunken. Aber eben, weiter so, “wir schaffen das”!  (dass wir erpressbar sind, dass wir wohl mindestens noch näher an einen Krieg heran schlittern und dass sich der Deutsche Staat weiter in rasantem Tempo abschafft.) b.schaller

Gerold Marx / 07.03.2018

Man will es nicht glauben: Eine angeblich deutsche Proletenpartei läßt sich von iranischen und iranischstämmigen Moslems unterwandern und - wer weiß? - womöglich auch kaufen. Aber dazu passen peinliche Galionsfiguren wie Chebli oder Özoguz. Und ein Parteienname, den man im Zusammenhang mit der SPD immer häufiger hört: Scharia Partei Deutschlands. Einfach unmöglich, diesen Verein noch als Anwärter für die Volksvertretung in einer rechtsstaatlichen Republik zu akzeptieren. Ich denke, da sollte der Verfassungsschutz hinschauen.

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