Es war einmal ein Land, in dem die Bürotürme der privaten Banken in den Himmel wuchsen, während die Banker der halbstaatlichen Landesbanken neidvoll aus den Fenstern ihrer flachen Vorortbüros auf Glanz und Größe ihrer privaten Konkurrenten schauten. Doch eines Tages erlaubte die Regierung den Landesbankern, mit den großen Jungs in den Türmen zu spielen. Die Landesbanker steckten sich die Taschen voller Geld und nahmen am großen Spieltisch Platz. Leider kannten sie die Spielregeln nicht und verloren am Ende alles. Da es sich aber um das Geld anderer Leute handelte, kamen die Landesbanker mit einem blauen Auge davon, denn Steuerzahler und Sparkassen kümmerten sich um die Verluste.
Es war einmal ein Land, in dem die Erfolge großer amerikanischer Streamingdienste wie Netflix und HBO in den Himmel wuchsen, während die Sender des öffentlich-rechtlichen Fernsehens immer noch „Rosamunde Pilcher“ und „Traumschiff“ produzieren mussten. Doch eines Tages kam die ARD auf die großartige Idee, bei der Produktion der Fernsehserie „Babylon Berlin“ ganz groß einzusteigen, indem man den größten Anteil der Produktionskosten der Serie übernahm, um damit die exclusive Erstausstrahlung auf dem Bezahlsender Sky zu finanzieren. Im Gegenzug darf die ARD die Serie dann ein Jahr später auch mal senden.
Also steckten sich die ARD-Macher die Taschen voller Geld und nahmen am großen Spieltisch Platz. Leider kennen sie die Spielregeln nicht, die bei der Ausstrahlung von TV-Serien durch Dienste wie Sky oder Netflix gelten und haben auch keine Ahnung von den Sehgewohnheiten der Serienjunkies, die keinen Bock haben, ein Jahr auf etwas zu warten, was sie für ein paar Euro gleich haben können. Man läuft bei der ARD somit Gefahr, alles zu verlieren. Doch da es sich nur um das Geld der Gebührenzahler handelt, spielt es keine Rolle, ob die Ausstrahlung bei der ARD im Jahr 2018 die 12 Millionen Euro (genau genommen nochmal 12 Millionen zusätzlich aus diversen öffentlichen Filmförderungen) je wieder einspielen wird.
Sky selbst ist nur mit 5 Millionen beteiligt. Auch ist nirgends zu erfahren, ob die ARD am Erfolg der internationalen Vermarktung der Filmrechte durch „Beta Film“ beteiligt ist. Dem Gebührenzahler bleibt immerhin der Trost, mit 17,50 Euro im Monat das finanzielle Risiko einer privaten TV-Produktion abgefedert, und bei der Show „pay now – enjoy later“ mitgemacht zu haben. Er trägt die mit Abstand größten Kosten, bekommt die Serie aber erst als letzter zu sehen – die im Ersten werden die Letzten sein, so steht es ja bereits in der Bibel. Man kann das ganze aber auch für eine eklatante Umkehrung des Prinzips halten, dass die Musik bestimmt, wer die Kapelle bezahlt.
Die Schnapsidee, ein gutes Geschäft zu machen, wenn man für den größten Teil der Finanzierung nur die Zweitverwertungsrechte erhält, sollte Stoff einer TV-Serie sein. Das wäre sogar etwas besonders Innovatives, gibt es doch meines Wissens noch keine deutsche Serie, die in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik spielt, in welcher Landesbanker und ARD-Strategen wohnen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.