Vera Lengsfeld / 13.05.2017 / 12:45 / Foto: Alexf / 23 / Seite ausdrucken

Hexenjäger und Teufelsaustreiber

Am Donnerstag hat der Teufel im Landtag von Baden-Württemberg die Gestalt von AfD-Mann Rainer Podeswa angenommen und die Verbrennung von Frauen für die Klimarettung gefordert. Fast alle Qualitätsmedien hielten es für so wahrscheinlich, dass dieser Fake wahr sein könnte, dass sie umgehend eine News daraus gemacht haben. Mit allen Zeichen rasender Empörung unterrichteten von Welt über Focus bis Stern ihre schwindende Leserschaft über die satanische Rede des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD.

Am nächsten Tag mussten alle den Schwanz einziehen und sich korrigieren, weil Podeswa natürlich nichts dergleichen gesagt hatte. Allein die Tatsache, dass unsere Qualitätsmedien glauben und ihren Lesern weismachen wollten, dass die dpa-Meldung über den angeblichen menschenverachtenden Skandal wahr ist, dass keiner auf den Gedanken kam, eine so haarsträubende Geschichte nachzuprüfen, wirft ein Schlaglicht auf die Verkommenheit der veröffentlichten Meinung. Übertroffen wird die Perfidie höchstens von „Richtigstellungen“, wie sie von T-Online veröffentlicht wurden:

Gestern betitelten wir einen Artikel: „AfD-Mann empfiehlt Frauenverbrennung gegen den Klimawandel“. Diese Schlagzeile und die damit verbundene Interpretation der Absichten des AfD- Abgeordneten Rainer Podeswa waren falsch. Wir haben uns bei der Arbeit ausschließlich auf eine Meldung der Deutschen Presse Agentur (dpa) verlassen und Inhalt und Richtigkeit nicht angemessen geprüft. Dabei haben wir unsere eigenen Ansprüche nicht erfüllt.“ Entschuldigung? Fehlanzeige! im Gegenteil: „Man kann Podeswa also vorwerfen, er habe einen unangemessenen und extrem provokanten Vergleich zwischen den Ansichten der Grünen zum Klimawandel und den Handlungsweisen im Mittelalter gezogen.“ Rechthaberei statt Reue über das eigene Fehlverhalten. Die nächste auf Fake-News beruhende Kampagne ist vorprogrammiert.

Podeswa wurde einen Tag lang wie die berühmte Sau durchs Mediendorf getrieben. Keinem der Qualitätsjournalisten kommt es offenbar in den Sinn, wie sehr ihr Verhalten dem ihrer Kollegen in totalitären Systemen gleicht, wenn sie auf angebliche Feinde gehetzt wurden. In beiden deutschen Diktaturen bekamen die Journalisten noch Anleitungen und Befehle, heute wird im eigenen politisch-korrekten Auftrag gehandelt, ungeachtet aller Folgen.

Der verbalen Dämonisierung der AfD folgen auf der Straße die Kämpfer von der Antifa und ihre Gesinnungsgenossen mit Zaunlatten, Steinen, Flaschen, Blendgranaten. Wer sich offen zur AfD bekennt, riskiert beschimpft, bespuckt oder verhöhnt zu werden. Die Bilder, wie beispielsweise der Ex-Sozialdemokrat und AfD-Landtagskandidat Guido Reil auf der Demo zum 1. Mai von finster blickenden Gewerkschaftern bedrängt wird, sind auf YouTube zu sehen. 

In Berlin wurde aktuell die Chefredakteurin der Lokalzeitung „Kiez und Kneipe“ bedroht mit „Pass auf, dass dir nicht mal was beim Radfahren passiert“, weil sie in einer Reihe zur Bundestagswahl eben auch den Kandidaten der AfD zu Wort kommen lassen wollte.

In ganz Schleswig-Holstein soll es nur noch zwei Wirte geben, die es wagen, der AfD einen Raum zu vermieten. Einer davon will demnächst aufgeben. Wie es Hotels ergeht, die einen AfD-Parteitag bei sich abhalten lassen, hat man unlängst in Köln erlebt. Die Hotelkette hat schon bekundet, dass sie ihre Räume nicht mehr zur Verfügung stellen will.

Charakteristisch für die Stimmungsmache ist die Aktion einiger Jusos in der Innenstadt von Neuss, die ein fröhliches Dosenwerfen auf „Nazis“ veranstaltet haben. Die Nazis waren neben Donald Trump, Marine Le Pen und Frauke Petry noch andere AfD-Politiker. Dem Jungvolk ist anscheinend nicht bewusst, dass es sich benimmt wie seine lieben Großeltern oder vielleicht Urgroßeltern, die sich seinerzeit auch einen Riesenspaß daraus gemacht haben, Menschen zu bewerfen.

In Deutschland 2017 findet täglich Menschenjagd statt, ausgeübt von Leuten, die beteuern, sie schämten sich in Grund und Boden für das, was in Deutschland mal möglich war. Sie wiederholen aber die Haltungen und Handlungen derer, die sie zu ächten vorgeben und können sich der klammheimlichen Freude ihrer Gesinnungsgenossen sicher sein. Unsere Qualitätsjournalisten gießen mit Kampagnen wie der gegen Podeswa noch Öl ins Feuer, statt Alarm zu schlagen, weil unser demokratisches Haus an allen vier Ecken brennt.

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Leserpost

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Susanne Obrock / 13.05.2017

Vielen Dank für diesen trefflichen Beitrag. So ist es leider und ich habe die Sorge, dass es noch viel schlimmer kommen wird.

Dirk Jaeckel / 13.05.2017

Man sieht hier wieder einmal: Der Begriff der “Lügenpresse” ist unsinnig. Nach meiner Erfahrung sind in unserer Zeit viele Journalisten intellektuell einfach gnadenlos überfordert (hier mit einem Beispiel offensichtlichsten Sarkasmus’). Die glauben tatsächlich meist auch den größten Käse, den sie schreiben. Da nun aber geistige Schlichtheit sich nicht selbst reflektieren kann, wird sich auch an dem Phänomen der Arroganz, den sich nur wenige in der Zunft tatsächlich leisten können (vor den wenigen ich aber Hochachtung habe), nichts ändern.

Emmanuel Precht / 13.05.2017

In der Türkei und den Turk-Exklaven werden Gülen-Anhänger vefolgt und die Kurden. Die Türkei ist ja sowas von *pfui* - sagt Marietta Abends. Hier jagen ja nur die “Guten” die “Bösen” und das ist schon richtig weil Marietta sagt das muss man machen. Wohlan…

H. Berg / 13.05.2017

Danke, sehr geehrte Frau Lengsfeld, für Ihre klare Worte und mutige Haltung. Die Menschen ändern sich eben nicht, sie wechseln nur die Flaggen. Es ist ein Glück, dass es solche Menschen wie Sie gibt, die die Ideale der Freiheit und der echten Humanität nicht aufgeben.

Peter Rexer / 13.05.2017

... und die Bundeskanzlin, der Bundespräsident, wie auch sein Vorgänger als er noch im Amt war, der Bundestagspräsident, die Ministerpräsideten/innen, Kardianal Marx,  Bischof Bedform-Strohm ... sie schweigen dazu. Sie schweigen nicht nur, durch deren Verhalten fördern und unterstützen sie diese Mißstände. Ich bin kein AfD-Fan und kein AfD-Mitglied, doch mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.

Wolfgang Richter / 13.05.2017

Die waren einfach nur zu dumm, den vom Abgeordneten Podeswa genannten geschichtlich hinterlegten Vergleich zu verstehen, denn absichtlich werden unsere Qualitätsmedien die Republik doch sicher nicht eine eine Meinungsdiktatur der selbst ernannten Moralhoheitler überführen wollen. Dann würden sie ja das selbe Niveau anpeilen, daß sie z. B. bezüglich Erdowahns Umwandlung der Türkei gerade wortreich anprangern. Da “Geschichte” im rot-grün reformierten Bildungs- Dld. schon seit längerem nicht gerade oberste Priorität hat, gehe ich nach dem Grundsatz “in dubio…” einfach mal vom nächst liegenden aus, Bildungslücke gepaart mit Dummheit.

J. Straten / 13.05.2017

Ich habe immer noch den Presse-Gau aus Sebnitz im Kopf, wo angeblich Rechtsextreme den kleinen Josef ertränkt haben sollen. Da hatten auch “seriöse“ Zeitungen voneinander abgeschrieben.

Marco Holter / 13.05.2017

Als aufgeklärter Bürger, in einer offenen Gesellschaft groß geworden, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es in Deutschland einmal so zugehen könnte. Irre, dass das alles im Namen der Verteidigung der Freiheit geschieht. Freiheit mit Ausgrenzung verteidigen. Very sad, würde der “große” Präsident sagen. Ich teile nicht alle Ansichten der AFD, aber ich halte es angesichts der großen Probleme (Energiewende, Eurokrise, Migration) für absolut nötig, dass es im Parlament mal wieder echte Kritik an der Regierungsarbeit gibt. Die “Hexenjagd” auf alles, was mit der AFD zu tun hat, ist für mich ein Zeichen der puren Angst der in Regierungsverantwortung stehenden Personen. Angst davor, dass ihre Fehlentscheidungen entlarvt werden könnten.

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