Peter Grimm / 15.05.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Die gute Nachricht zur „demografischen Belastung“

Die Rentenversicherung wird jetzt entlastet, weil die Deutschen doch nicht so lange leben werden wie bislang befürchtet.

Ob eine Nachricht gut oder schlecht ist, hängt oft davon ab, aus wessen Perspektive man sie betrachtet. Wenn die Lebenserwartung nicht mehr so ansteigt wie bislang angenommen, dann ist das für die Bürger, denen die Aussicht auf künftige Lebensjahre verkürzt wurde, nicht so schön. Für die Rentenversicherung ist es hingegen eine gute Nachricht. Und weil es an guten Nachrichten mangelt, war es natürlich nicht falsch, dass deutsche Medien diese Botschaft in der letzten Woche lieber aus der positiven Sicht der durch alternde Baby-Boomer in Bedrängnis geratenen Rentenversicherung verkündeten.

„Immer weniger junge müssen die Rente für immer mehr ältere Menschen erarbeiten. Seit Jahrzehnten wird deshalb davor gewarnt, dass die Rentenkasse an ihre Belastungsgrenze kommen wird. Die Rentenversicherung gibt nun leichte Entwarnung.“ So teaserte beispielsweise tagesschau.de die entsprechende dpa-Meldung an, in der es dann weiter heißt:

„Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) rechnet mit weniger starken Belastungen der Rentenkasse durch die Alterung der Gesellschaft als bisher erwartet. Das Verhältnis zwischen Menschen im Rentenalter und Menschen im Erwerbsalter, die die Rente erwirtschaften, wird sich demnach voraussichtlich nicht so negativ entwickeln wie in den vergangenen Jahren befürchtet. Entsprechende Zahlen auf Basis der Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes legte die DRV in Berlin vor.“

Zwar sind „Die Rente ist sicher“-Aussagen deutscher Politiker aus vergangenen Jahrzehnten längst verjährt, doch die meisten heutigen Regierenden tun noch immer so, als würde dem gesetzlichen Rentensystem ohne radikalen Umbau kein absehbarer Zusammenbruch bevorstehen. Um zu verstehen, dass das heutige Umlagesystem, in dem aktuelle Beitragszahler für die Renten der aktuellen Rentenempfänger aufkommen, einen Schwund auf der Einzahlerseite bei gleichzeitigem Wachstum der Anspruchsberechtigten nicht ewig aushalten kann, reicht allerdings die Beherrschung der Grundrechenarten. Und die lassen sich auf Dauer auch nicht durch eine noch so innovative Rentenformel überlisten.

Wer in den letzten Jahrzehnten zweifelte, dass das gutgehen könne, wenn immer weniger Junge immer mehr Alte versorgen müssen, wurde mit zusätzlichen Fakten beruhigt. Das Produktivitätswachstum könne dies möglich machen. Und im Ernstfall werden die Finanzierungslücken aus den Steuereinnahmen aufgefüllt. Ja, auch ein paar Jahre längeres Arbeiten müssen nun sein – aber sonst geht das schon. So lässt sich die Renten-Zuversicht der meisten deutschen Politiker beschreiben.

Die zahlenden Bürger sehen das – so sie darüber nachdenken – oft weniger entspannt. Denn wenn in ein paar Jahren Deutschlands geburtenstärkste Jahrgänge von der Einzahler- auf die Kostgängerseite wechseln, könnte ja so eine Art Kipp-Punkt erreicht sein. Außerdem sind die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland gar nicht gut. Und dann werden wir doch – so sagen verschiedene Modellrechnungen – auch noch immer älter. Für die Rentenversicherung ist das eine „demografische Belastung“. Und jetzt kommt eben die gute Nachricht:

„Im Vergleich zu Vorausberechnungen von 2015 halbiere sich der Anstieg der demografischen Belastung bis 2060, sagte Reinhold Thiede, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung. Er rechnete dies anhand des sogenannten Altenquotienten vor: Dieser wird demnach bis zum Jahr 2060 bei unter 45 Prozent bleiben. Das bedeutet, auf 100 Menschen im Erwerbsalter kommen 45 im Rentenalter.

Berechnungen aus früheren Jahren waren von 50 bis 55 Menschen im Rentenalter auf 100 Menschen im Erwerbsalter im Jahr 2060 ausgegangen. Aktuell liegt der Wert bei etwa 35.“ 

An dieser Stelle hatte ich beinahe vermutet, nun einen Absatz darüber präsentiert zu bekommen, wie groß der segensreiche Einfluss der massenhaften irregulären Zuwanderung auf die „demografische Belastung“ sei. Aber nichts dergleichen. Keine Spur solcherart volkspädagogischer Unterweisungen, es blieb bei den Fakten:

„Die neuen Annahmen resultieren den Angaben zufolge unter anderem aus weniger optimistischen Vorausberechnungen zur Lebenserwartung der Menschen: 2015 war die Statistik demnach noch davon ausgegangen, dass die Lebenserwartung etwa bei Männern von heute 78,5 auf 86,7 Jahre im Jahr 2060 steigen könnte. Jetzt wird davon ausgegangen, dass sie bis dahin nur auf etwa 84,5 Jahre steigt.“

Ja, liebe Mitbürger, es gibt jetzt zwar doch nicht viele zusätzliche Lebensjahre wie versprochen, aber dafür hilft’s dem Rentensystem. Gerettet ist es damit aber noch nicht, folgt man der zitierten Mitteilung:

„Die neuen Erkenntnisse bedeuteten allerdings nicht, dass es für die Rentenversicherung keine Probleme gebe, schränkte Thiede ein. ‚Wir haben einen Belastungsanstieg vor uns durch den demografischen Wandel, insbesondere durch den Rentenzugang der Babyboomer.‘ Aber das, was vor Deutschland liege, sei nicht größer als das, was das Land in der Vergangenheit schon geschafft habe.“

Da haben wir also wieder eine Art „Wir schaffen das“. Außerdem gibt es ja sicher irgendwann wieder neue Lebenserwartungsberechnungen.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Harald Hotz / 15.05.2023

Fleißiges durchimpfen mit mRNA, Winterhalbjahre bei einer bezahlbaren Zimmertemperatur von max. 18°C, Vertreibung der Eigenheimrentner durch “freiwillige Enteigung” oder Entmietung und Endlagerung in zugigen, feuchten Tuberkulose und Schimmel freundlichen Souterainwohnungen, massive Verteuerung gesunder Lebensmittel, Einschränkung von Gesundheitsvorsorgeleistungen durch Ausdünnung des Arztpraxen und Krankenhausbestands ...parallel dazu Ausweitung der Angebote für assistierten Suizid. Wir sind auf einem guten Weg, die Zukunft zu sichern, wenn auch nicht die der Rentner so doch die der Rentenversicherung, und damit ein Stück weit auch die des Klimas!

Harald Deutschmann / 15.05.2023

Wer in wenigen Jahren als Pflegefall nicht steinreich ist , oder auf private Hilfe zählen kann, ist für die Rentenversicherung ein Gewinn. Das (Über)Leben wird immer teurer, wenn zu teuer,“Soylent Green” ist die Lösung.

Marc Blenk / 15.05.2023

Lieber Herr Grimm, die herrschende Ideologie erklärt den (vor allem alten) Souverän zur Belastung, was in der Politik natürlich konkrete Folgen hat. Ob Spritze oder der geplante Führerscheinentzug für Senioren. Und es wird frohlockt, wenn der alte weiße Mann/Frau früher stirbt.

s.clemens / 15.05.2023

Ist das nicht ein Fall für’s Bundesverfassungsgericht? (Hey, wer lacht da??) Immerhin werden uns 2,2 Jahre Lebenszeit genommen? Das BVG denkt doch sonst so radikal an die Ansprüche in der Zukunft!!

martin schumann / 15.05.2023

Wer die Energieversorgung des Mittelalters wählt, bekommt auch die Lebenserwartung des Mittelalters, die Säuglingssterblichkeit . . .

Steffen Schwarz / 15.05.2023

letzte Generation bis 2025….im Jahr 2040 irgendwas, im Jahr 2050 war was mit der Bahn, jetzt bis 2060,  wissen wir es aber ganz genau usw.  und 2070 geht die Welt unter Es haben sich schon mal welche totgerechnet, wie albern…. ....Zager und Evans : In the year…lassen grüßen

Steffen Stengler / 15.05.2023

Wenn alle Menschen in Deutschland erst nach fünfundvierzig Beitragsjahren Anspruch auf eine Altersente hätten gäbe es diese Probleme nicht.

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