Unbewältigte Krisen verlieren ihre Bedeutung in einer Krise, die alles auf den Kopf stellt. Auch Katastrophen können helfen, katastrophale Zustände zu überwinden. Wenn Red Adair, der legendäre Feuerwehrmann aus Texas, auf ein brennendes Ölfeld gerufen wurde, spielte er oftmals mit dem Feuer, indem er Explosionen zündete, die so viel Sauerstoff verbrauchten, dass den Flammen die Luft ausging. Danach herrschte wieder Tabula rasa. Erledigt hatte sich, was man vor dem großen Knall nicht in den Griff bekam.
Nun wollen wir keinesfalls der Versuchung historischer Kurzschlüsse erliegen. Die Eindämmung einer Pandemie erfordert andere Maßnahmen als die Bekämpfung einer lokalen Feuersbrunst. Immerhin geht es um die gesundheitliche Bedrohung von Millionen, „um Leben und Tod“, glaubt man Olaf Scholz. Nach der Corona-Krise, heißt es, soll nichts mehr sein wie zuvor. Und je dramatischer sie sich gestaltet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dem tatsächlich so sein könnte.
Vieles, womit die Politik bisher nicht fertig wurde, erledigt sich im Zuge der Katastrophe wie von selbst, angefangen vom Klimawandel über die Vereinigung Europas unter der Herrschaft einer EU, die gerade jetzt, da sie herausgefordert wäre zu handeln, auf ganzer Linie versagt, bis hin zu einer Finanzkrise, der die EZB mit keiner Zinssenkung beizukommen vermochte.
All das und mehr ist plötzlich Schnee von gestern, wenigstens für eine Vielzahl der europäischen Regierungen sowie für die „demokratischen“ Parteien Deutschlands. Sieht man, wie sie sich in das Krisenmanagement stürzen, wie sie die Freiheit der Bürger einschränken, um sie vor sich selbst zu schützen, drängt sich der Eindruck auf, dass die Politiker alles daran setzen, die Gunst der Katastrophe zu nutzen.
Mit der Krise aus den Krisen
Nicht dass man unterstellen könnte, die Pandemie sei mutwillig ausgelöst worden. Auf derartige Verschwörungstheorien verfallen nur durchgeknallte Ajatollahs wie das iranische Staatsoberhaupt Ali Chamenei, der die USA anklagt, die Welt absichtlich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben.
Anders verhält es sich mit der Frage, inwieweit die hierzulande verfügten Maßnahmen verhältnismäßig sind. Zwar wird nachher, nach dem Abklingen der Epidemie, niemand sagen können, es sei überflüssig gewesen, das öffentliche Leben und die Wirtschaft lahmzulegen. Wie sollte sich das beweisen lassen. Im Gegenteil wird sich die Regierung zugutehalten, damit das Schlimmste abgewendet zu haben.
Doch liegt schon jetzt ebenso auf der Hand, dass mit der Dramatisierung der Krise Ängste geschürt werden, die den kritischen Bürger mundtot machen. Vorsorglich werden wir an den womöglich fortdauernden Durchgriff der Obrigkeit gewöhnt, zu unseren Besten, versteht sich. Aufmucken verbietet sich in der Gefahr.
Wer mag sich, wenn es „um Leben und Tod“ geht, noch an das vielfache Versagen des Staates zuvor erinnern. Unverhofft ist die Katastrophe Politikern zu Hilfe gekommen, die schon lange nicht mehr wissen, wie sie der Probleme Herr werden sollen. Indem sie die aktuelle Krise ausleben, entkommen sie den Krisen in der EU, auf den Finanzmärkten und nicht zuletzt dem Desaster der unsinnig angezettelten Energiewende. Mag sein, diese Flucht nach vorn hilft den Überforderten nur vorübergehend aus der Patsche. Doch was spielt das für eine Rolle, wo ohnehin auf Zeit gespielt wird – nicht nur in der Corona-Krise.