Seit 2006 wartet die Friedrich-Ebert-Stiftung mit Erhebungen zur rechtsextremen Einstellung der Deutschen auf. Zusammengefasst erscheinen die Ergebnisse alle zwei Jahre. Um die Sammlung der Daten sowie um deren Interpretation kümmert sich die Uni Bielefeld. 2014 hat sie das Drittmittel-Projekt – zunächst in Leipzig angesiedelt – für sich an Land gezogen. Damit es auch weiterhin einträglich läuft, müssen die Befragungen immer aufs Neue den fortdauernden Tatbestand einer „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ bestätigen.
Niemand weiß das besser als der Projektleiter Andreas Zick. Mit der politischen Lenkung wissenschaftlicher Arbeit kennt er sich aus wie nur wenige. Wie man den Nagel biegen muss, um ihn auf den Kopf zu treffen, mag er nicht zuletzt als Vorsitzender des Stiftungsrates der Amadeu Antonio Stiftung geübt haben. Erst vor wenigen Tagen, bei der Vorstellung der jüngsten „Mitte-Studie“, so der Name des demoskopischen Periodikums, gab er seinem Affen wieder Zucker, unter anderem in den „Tagesthemen“ vom 25. April.
Zwar konnte er nichts aus dem Hut zaubern, das eine Ausbreitung rechtsextremer Gesinnung befürchten ließe. Der Anteil derer, die sich dazu offen bekannten, schlug wie schon 2014 mit gerade mal zwei bis drei Prozent zu Buche. Überhaupt verharrten die Werte bedrohlicher Gesinnungen weitgehend auf dem Niveau früherer Befragungen. Im Bereich der Fremdenfeindlichkeit war sogar ein leichter Rückgang von 20 Prozent im Jahr 2014 auf jetzt 18,9 Prozent zu verzeichnen, was freilich noch immer besorgniserregend genug wäre, im Grunde aber kaum vorstellbar scheint.
In der Mitte angekommen
Nur lassen sich diese Zahlen eben nicht so alarmierend verkünden wie jene, die Andreas Zick schließlich zu der Behauptung verführten, die „Menschenfeindlichkeit“ sei in der „verlorenen Mitte der Gesellschaft angekommen“. Und das allein deshalb, weil 54,1 Prozent der Deutschen – laut „Mitte-Studie“ – eine „negative Haltung gegenüber Asylsuchenden“ einnehmen. Eine propagandistische Hochrechnung, mit der der Professor nun allerdings selbst durchgefallen ist.
Geht es doch bei denen, die seit 2015 massenhaft einströmen, in der Regel um Emigranten und Zuwanderer, nicht um Menschen, denen der deutsche Staat Asyl gewährt. Wem dieser Unterschied nicht bewusst ist, der sollte lieber den Schnabel halten, statt andere der „Menschenfeindlichkeit“ zu bezichtigen. Außerdem sollte er nicht über die Gründe dieser vermeintlichen Inhumanität orakeln.
Was um alles in der Welt tut es zur Sache, dass unterdessen weniger „Flüchtlinge“ eintreffen als 2015/16? Sind die Probleme der gescheiterten Integration derer, die bereits hier sind, damit gelöst? Und dauert der Zuzug nicht weiter an? Allein 2018 kamen wiederum mehr als 185.000, mit kaum weniger wird für das laufende Jahr gerechnet.
Was den Deutschen fehlt
Die Zahlen sprechen für sich. Nur wer sie ignoriert, kann aus der „Mitte-Studie“ herauslesen, was uns Andreas Zick weismachen will. Davon, dass es den Deutschen an „Erfahrungen im Kontakt und in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit Asylsuchenden“ fehlt, kann jedenfalls keine Rede sein. Dafür haben schon die Zuwanderer selbst gesorgt. An der Bereitschaft zur Auseinandersetzung ließen es viel zu viele nicht fehlen, eher schon an dem Willen zur Integration.
Es sind diese Erfahrungen der letzten Jahre, auf die es zurückzuführen ist, dass die überwiegend moslemisch erzogenen Ankömmlinge heute bis in die Mitte der Gesellschaft hinein auf Ablehnung stoßen. Der Euphorie der „Willkommenskultur“ sind Enttäuschung, Angst und Zorn auf den Fuß gefolgt. Die Verleugnung der Realität schafft keine Vergewaltigung, keinen Diebstahl, keinen Sozialbetrug, kein Passvergehen, keine Schlägerei und keinen Mord aus der Welt.
Die, die das nicht sehen wollen, machen sich bestenfalls selbst etwas vor, schlimmstenfalls versuchen sie Andere einzuschüchtern, indem sie diese der „Menschenfeindlichkeit“ bezichtigen. Nicht bloß in Bielefeld schüren sie mit gezielter Verleumdung den Konflikt, dessen Erforschung ihr Auskommen sichert, ideologisch und materiell.