Titus Gebel / 15.05.2020 / 12:00 / 153 / Seite ausdrucken

Die Grünen Khmer machen keine halben Sachen…

Im Leben wie in der Politik ist es ein pragmatischer und sinnvoller Ansatz, sich mehrere Optionen offen zu halten. Nehmen wir an, es sei erwünscht, dass die Energieerzeugung möglichst CO2-frei erfolgen solle. Nehmen wir weiter an, dass aufgrund einer gewaltigen Umstrukturierung der Energieversorgung die Netzstabilität gefährdet sei, selbst flächendeckende Blackouts wären nicht mehr völlig fernliegend. Wäre es insoweit nicht klug, die abgeschalteten Kernkraftwerke zumindest in Reserve zu erhalten, falls sich doch noch größere Probleme mit dem unstetigen Strom aus Wind und Solar ergeben?

Nicht in Deutschland. Schauen Sie sich bitte dieses Video der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung an: Man kann es kaum in Worte fassen, was hier geschieht. Eines der im Weltmaßstab zuverlässigsten und sichersten Kernkraftwerke, nämlich Philippsburg Zwei, bis vor fünf Monaten noch im Betrieb, wird gesprengt. Nicht etwa eingemottet, sondern gesprengt. Ein funktionsfähiges Großkraftwerk mit einem geschätzten Restwert von drei Milliarden Euro (dafür müssen 88.000 Durchschnittsverdiener ein Jahr arbeiten), das für einen Gutteil der Stromversorgung von Baden-Württemberg sorgte, CO2-frei übrigens, wird unwiderruflich vernichtet. Ein Land zerstört seine Infrastruktur:  

Es lohnt sich, diesen Moment und dieses Video in Erinnerung zu behalten, denn es markiert die endgültige Machtübernahme des linksgrünen Zeitgeistes und dessen triumphalen Sieg über die Vernunft. Mit williger Unterstützung einer sogenannten konservativen Partei und, auch das gehört zur Wahrheit, der breiten Mehrheit der Wähler.

Eine illusionslose Kosten-Nutzen-Abwägung hätte ergeben, dass der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sinnvoll ist, unter Gesichtspunkten des Werterhalts, der Energiesicherheit und auch der CO2-Bilanz, ohne letztgenanntes Anliegen werten zu wollen. Solarenergie und Windkraft sind demgegenüber keine Alternative, weil sie nicht grundlastfähig sind, bezahlbare Speichertechnologien im industriellen Maßstab nicht in Sicht sind, und Flächen- sowie Rohstoffverbrauch für diese Anlagen in keinem Verhältnis zu der gewonnenen Energie steht. Von der Umweltverschandelung und Umweltbeeinträchtigung einmal ganz abgesehen. 

Die Leistungsdichte und die Sauberkeit der Kernenergie ist hingegen unerreicht. Die Störfallproblematik kann technisch in den Griff bekommen werden und das angebliche Endlagerproblem sowie die vermeintliche Knappheit von Uran sind nur eingebildete Probleme. Wie bitte? Erlauben Sie mir zu den beiden Punkten als ehemaliger Vorstand eines börsennotierten Bergbauunternehmens etwas zu sagen.

Den Mond aus seiner Umlaufbahn werfen

Das Endlagerproblem ist deshalb eingebildet, weil die Tatsache, dass Material radioaktiv strahlt und eine lange Halbwertszeit hat, auch für viele andere Plätze auf der Erde zutrifft. So gibt es in Deutschland etwa zahlreiche natürliche Uranvorkommen, nicht nur im Erzgebirge, sondern selbst im grünen Baden-Württemberg (Menzenschwand), die von ihrem Volumen, ihrer Radioaktivität und ihrer Halbwertszeit die Gesamtmenge des jemals in Deutschland angefallenen „Atommülls“ locker in den Schatten stellen. Fast alle untertägigen Bergwerke im Erzgebirge haben erhöhte Radioaktivitätswerte, auch wenn es sich nicht um Uranvorkommen handelt. Niemand der Bewohner dieser Landstriche fürchtet deshalb um sein Leben. Wozu auch? Die Radioaktivität war schon immer da und wird auch so schnell nicht weggehen. Wenn man sich nicht mehrere Tage am Stück in solchen Bergwerken aufhält, besteht auch keine Gefahr.

Genau wie das Uranerz im Boden, oder sonstige radioaktive Erze, sind abgebrannte Brennstäbe ein Feststoff, der in entsprechenden Behältern sicher und leicht aufbewahrt werden kann. Weder drohen die aus den Medien bekannten Austritte „grünen Schleims“ ins Grundwasser (Simpsons) noch irgendwie geartete Explosionen, die den Mond aus seiner Umlaufbahn werfen (Kampfstern Galaktika). Lagern wir nun unsere abgebrannten Brennstäbe in einem stillgelegten Kernkraftwerk oder Bergwerk, dann ist die „Bedrohung“, die davon ausgeht, ungefähr die gleiche wie die eines natürlichen, radioaktiven Erzvorkommens. Davon kommen viele vor, auch in Deutschland. Kein Hahn kräht danach. 

Noch abwegiger ist das Argument, es gebe für eine dauerhafte Nutzung der Kernenergie nicht genügend Uran. Dieses Thema kommt in allen möglichen Variationen vor, seit der unsägliche Club of Rome 1972 seine Endzeitprognose abgegeben hat, wonach uns bis 1990 die Industriemetalle wie Zink und so weiter ausgehen würden. Heute wird dasselbe Lied gespielt, mit Lithium, Seltenen Erden oder eben Uran. Dazu ist anzumerken, dass unsere gesamte Erdkruste aus Mineralien und Metallen besteht und daher – nach menschlichem Ermessen – unendliche Vorräte davon vorhanden sind. Selbst im Meerwasser ist Gold neben all den anderen Metallen enthalten. Nur ist die Konzentration so gering, dass die Gewinnung nicht lohnt. Stiege der Goldpreis nun von 1.700 Dollar auf 50.000 Dollar pro Unze, könnte sich das ändern. 

Sehr viel Marx, aber sehr wenig Mises

Ob eine Anomalie, also ein erhöhter Gehalt eines bestimmten Elements an einer Stelle, eine gewinnbare Rohstofflagerstätte ist oder nicht, ist letztlich allein eine Frage des Preises. Technisch geht fast alles, selbst die Goldgewinnung aus dem Meer. Verdoppelt sich nun der Preis von Uran, dann sind viele Vorkommen, die bisher nicht abbauwürdig waren, auf einmal förderbare Lagerstätten, und automatisch steigt wie von Zauberhand die Menge der weltweit verfügbaren Uranreserven. Der Preis steigt immer dann, wenn es im Verhältnis zur Nachfrage zuwenig Uran auf dem Markt gibt und ermöglicht so die bisher aus Kostengründen unterlassene Suche nach neuen Lagerstätten und den Aufschluss bisher unrentabler Uranvorkommen (schließlich auch die Bemühungen um Materialeinsparungen auf der Verbraucherseite).

Dasselbe gilt für alle metallischen Rohstoffe. Uns geht gar nichts aus. Es ist ein anhaltender Zyklus. Dafür braucht es weder Rohstoffallianzen noch staatliche Förderprograme. Diese elementare Funktion des Preises als der zentrale Knappheitsindikator ist freilich von Marxisten noch nie verstanden worden. Da in Deutschland sehr viel Marx, aber sehr wenig Mises unterrichtet wird, lassen sich auch Intellektuelle immer wieder mit diesem Pseudoargument ködern.

Ein illusionsloses Erkennen der Wirklichkeit führt also zum Schluss, dass nicht die erneuerbaren Energien, sondern die Kernenergie aufgrund ihrer Leistungsdichte, ihrer Grundlastfähigkeit und ihrer Sauberkeit die Energie der Zukunft ist. Der Vorgang der Kernspaltung ist allerdings unstreitig gefahrgeneigt. Die sich aus dem Betrieb von Kernkraftwerken ergebenden Gefahren sind real und müssen mit technischen Mitteln in den Griff bekommen werden. Gelingt dies, dann spricht nichts mehr gegen die Kernkraft. Warum, um alles auf der Welt, sollte nun die technische Entwicklung auf diesem einen Gebiet für immer stehen bleiben? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine inhärent sichere Technologie vorliegt, auch ohne dass man auf die Kernfusion warten muss. Mit dem Dual-Fluid-Reaktor liegt, neben anderen Ansätzen, ein solches Konzept vor, das mit dem jetzigen Stand der Technik auch grundsätzlich umsetzbar ist.

Seit Jahrzehnten bewährte und gefahrlose Technologien

Aber auch die bestehenden deutschen Kernkraftwerke waren und sind, was die Sicherheitstechnik angeht, weltweit führend und sind Jahrzehnte zuverlässig gelaufen, ohne dass Gefahr für Leib und Leben eingetreten wäre. Seit 1957 wird die Kernenergie in Deutschland friedlich genutzt, die Zahl der Strahlungstoten oder Strahlungskranken seither beträgt: null. Die Kernenergie hat daher bereits im jetzigen Zustand ihre Existenzberechtigung. 

Die Tatsache, dass ein Land seine sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung buchstäblich in die Luft sprengt, wirft freilich die Frage auf, ob nicht ein grundlegender Fehler im politischen System liegt. Denn hier handelt ja kein durchgeknallter Diktator, sondern eine demokratisch gewählte Regierung in einem Rechtsstaat mit freier Presse. Das Problem betrifft nicht nur die Kernenergie. Sozusagen auf medialen Knopfdruck können heute seit Jahrzehnten bewährte und gefahrlose Technologien – wie der Dieselmotor (seit 1893) oder das Frackingverfahren (seit 1947) – verteufelt und ausgetrieben werden. Wer weiß, welche Technologie es morgen trifft.  

All das könnte ein Indiz dafür sein, dass eine weitere Erhöhung des Lebensstandards in den westlichen Demokratien aufgrund von systembedingten Zwangsläufigkeiten nicht mehr möglich ist. Ab jetzt geht es dann rückwärts. 

 

Titus Gebel war Mitgründer der Deutsche Rohstoff AG und acht Jahre deren CEO. Er ist Aufsichtsrat in internationalen Rohstoffunternehmen. Gebel ist Autor des Buches Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt, in dem er unter anderem die Schwächen derzeitiger Gesellschaftssysteme untersucht. 

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Leserpost

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Chr. Kühn / 15.05.2020

Wenn jemand in der Leserschaft einen aus der Mode gekommenen, aber funktionablen Holzofenherd im Keller stehen hat, den er nicht mehr benötigt…hier!

Sabine Lotus / 15.05.2020

“Grüne fordern den weltweiten (!) Atomausstieg”. Wer bislang immer dachte, deren feuchtes Sozialismushöschen ist kein Faschismus, weil ihm die nationale Komponente fehlt, sollte sich mal langsam an den Gedanken gewöhnen, daß für die ‘one world, one nation’ gilt. Der Nationalismus quasi im Weltstaat gefangen. Nun kläffen sie schon die weltweite Wirkmacht an. Aber wir wissen ja aus Erfahrung, wo der Größenwahn regelmäßig landet. Zum Kernkraftwerk: Lieber Author, das war vielleicht ein Tor für den BS aber ein Sieg sieht anders aus. Alles was die haben ist die Macht über das Narrativ. Vulgo: Die Wirkmacht über die Worte und Bilder die in die Hirne hierzulande eingekeult werden. Leider sind deren Narrative in den letzten zwei Monaten geplatzt. Feinstaub? CO2? Atomtod? Das wirkt alles nur, wenn es regelmäßig repetiert wird. Und da schwankts und zitterts, es wird gebissen und gefaucht und gestrampelt. Greta zu Corana auf CNN, völlig ausflippende Genderliesels mit Kochtopfphobie auf Mania, Spargelgelaber und immer dickere und offensichtliche Lügen. Noch spielt die Musik und sie werden hüpfen bis zum bitteren Ende, soe haben ja unser Geld. Aber das dicke Ende kommt noch. Und in deren Haut möchte ich dann nicht stecken. Das macht die Situation für uns nicht unbedingt besser aber gewonnen haben die nicht. Das Spiel hat noch nicht einmal richtig angefangen. Währenddessen wären wir gut beraten, die GEZ Zahlungen zu streichen. Wer das nicht tut, trinkt den Kakao, durch den erst selbst gezogen wird.

beat schaller / 15.05.2020

Ja, Herr Gebel,  damit vernünftige Argumente einen guten Boden finden könnten, leben wir schlicht in der falschen Zeit! Noch? b.schaller

A. Ostrovsky / 15.05.2020

Vielleicht weiß ich nicht, was grüne Khmer sind. Oder genauer, ich weiß nicht, WER sie sind, wer dazu gehört. Gibt es da eine staatliche Überwachungsdatei? Ich meine aber, dass nicht irgendwelche dahergelaufenen Männchn solche Kühltürme sprengen können. Ich muss daher vermuten, dass die Sprengung auf Veranlassung der Eigntümer des Kraftwerkes erfolgte. Das bedeutet die grünen Khmer besitzen Atomkraftwerke in Deutschland und haben sie bis vor kurzem auch noch betrieben.  Puuh, da sind wir ja gerade mal noch um die Katastrophe herum gekommen.

Frank Volkmar / 15.05.2020

Die grünen Khmer vollenden nur das, was der Führer befohlen und was Albert Speer teilweise verhindert hat. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben !

Wilfried Cremer / 15.05.2020

Mit dieser Sprengung und Vernichtung von Milliardenwerten ist die Fratze von Frau Merkel unauslöschbar in das Buch der Weltgeschichte eingezeichnet worden.

Rudhart M.H. / 15.05.2020

Ich bin sehr dafür , daß Stromabschaltungen nach Wahlergebnissen vorgenommen werden. Wer Black-out wählt , der soll auch Black-out bekommen !

Steffen Rascher / 15.05.2020

Es sind ja erst mal “nur” die Kühltürme weg. Das sollte sich beheben lassen. Es bleibt aber zu befürchten, dass die Khmer bald nachsetzen und den Rest auch noch platt machen. Es gibt aber sehr viel bessere, sehr viel kleinere und leistungsfähigere Atomkraftwerke mit unbedenklicheren Technologien und dann sind diese Monsterbauten nicht mehr notwendig. Die Akzeptanz steigt, wenn man sie nicht mehr sieht.

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