Claude Cueni, Gastautor / 09.02.2025 / 14:00 / Foto: NASA / 12 / Seite ausdrucken

Die Geschichte des Panama-Kanals

Donald Trump kappt mit diplomatischem Powerplay den Einfluss Chinas auf den Panamakanal. Die verrückte Geschichte des Jahrhundertbauwerks ist um eine spektakuläre Episode reicher.

Im 16. Jahrhundert träumte der spanische Entdecker Vasco Núñez de Balboa von einer Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik. Doch die Technologie war noch nicht so weit. Es dauerte über 300 Jahre, bis der erste Versuch gestartet wurde. „Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, werden andere Menschen verwirklichen“, prophezeite der Schriftsteller Jules Verne. In Panama wagten die Franzosen den ersten Schritt, angeführt von Ferdinand de Lesseps, dem gefeierten Erbauer des Suez-Kanals.

Doch Panama war nicht Suez. Über 100 000 Arbeiter wurden eingestellt, um in den Sümpfen eine 82 Kilometer lange Wasserstraße zu graben. Um die Männer vor Malaria zu schützen, empfahlen Ärzte, die Bettpfosten in Wassereimer zu stellen – die ideale Brutstätte für die Malariamücke. Das Baugelände verwandelte sich in einen riesigen Friedhof. Damit schlug die Stunde des „Eisenmagiers“ Gustave Eiffel. 

Er hatte mit dem Eiffelturm und dem Gerüst für Auguste Bartholdis Freiheitsstatue Weltruhm erlangt und sollte jetzt den Bau und die Entwicklung der Schleusen- und Hebesysteme übernehmen. 1887 unterzeichnete er einen Vertrag mit der Panama-Gesellschaft, der ihn zur Lieferung und Montage von dreißig Schleusen verpflichtete.

Die größte Bestechungsaffäre des 19. Jahrhunderts

Misswirtschaft und die Malariamücke bescherten dem Unternehmen tiefrote Zahlen. Um den Bankrott abzuwenden, lancierte die Panama-Gesellschaft eine Lotterie. Die Lizenz war teuer, denn Minister und Parlamentarier verlangten hohe Bestechungsgelder. Als Gegenleistung animierten sie mit staatlichen Werbekampagnen Kleinanleger, ihr Erspartes in Panama-Aktien zu investieren, obwohl die Insider wussten, dass das Projekt gescheitert war. Journalisten verdienten sich mit Fake News eine goldene Nase. Die Bestechungsgelder waren derart hoch, dass es rentabel wurde, allein zu Propagandazwecken neue Zeitungen zu lancieren. Die erste Ausgabe diente als Beleg für den Erhalt der Provision, weitere Ausgaben folgten nicht. Die Panama-Gesellschaft ging trotzdem pleite.

Drei Jahre später ließ die Zeitung La Libre Parole die Bombe platzen: Der Panama-Skandal wurde zur größten Bestechungsaffäre des 19. Jahrhunderts. Rund 85 000 Kleinanleger verloren über eine Milliarde Francs Erspartes, 512 Politiker wurden angeklagt, darunter Gustave Eiffel, und bestätigen die Erkenntnis des Philosophen Spinoza: „Der Nutzen ist das Mark und der Nerv aller menschlichen Handlungen.“

1904 traten die USA auf den Plan. Mit einer Mischung aus Diplomatie, militärischer Präsenz und wirtschaftlichem Druck sicherten sie sich die Kontrolle über die Region. Nach einer Bauzeit von zehn Jahren wurde der Panamakanal 1914 eröffnet: ein System aus künstlichen Seen und gigantischen Schleusen, das sich perfekt an die topografischen Gegebenheiten anpasste. Der Seeweg zwischen New York und San Francisco verkürzte sich dadurch um 13.000 Kilometer. Der Erfolg war nicht nur der technologischen Überlegenheit geschuldet, sondern auch der erfolgreichen Bekämpfung der Malariamücke.

Adios „Belt and Road“

Mit dem Erfolg wuchs auch der Wunsch Panamas, die Kontrolle über den Kanal zurückzuerlangen. Das führte zu Spannungen zwischen den beiden Ländern. Nach jahrelangem politischem Druck und diplomatischen Verhandlungen unterzeichneten die USA und Panama 1977 die Torrijos-Carter-Verträge. Sie sahen vor, dass die Kontrolle des Kanals am 31. Dezember 1999 vollständig an Panama übergehen würde. Die USA verfolgten seitdem mit zunehmender Sorge Chinas wachsende Rolle bei der Verwaltung und Finanzierung des Kanals. Die wirtschaftliche Präsenz Chinas gefährdete zunehmend die Vormachtstellung der USA.

Wer den Kanal kontrolliert, kontrolliert den globalen Schiffsverkehr. Der in Hongkong domizilierte Weltmarktführer Hutchison Ports betreibt einige der wichtigsten Häfen an beiden Enden des Kanals. Etwa 5 Prozent des Welthandels passieren die künstliche Wasserstraße, darunter viele amerikanische Exporte und Importe. Sollte die Region instabil werden, hätte das gravierende Folgen für die amerikanische Wirtschaft.

Turbopräsident Donald Trump behauptete wenige Tage nach Amtsantritt, dass Panama die Kontrolle über den Kanal an Peking abgegeben habe. Er entsandte Außenminister Marco Rubio, der Panamas Präsidenten José Raúl Mulino mit „notwendigen Maßnahmen“ drohte, „um Vertragsrechte zu schützen“, falls nicht umgehend Änderungen beim Betrieb des Kanals vorgenommen würden. Was China mit Krediten gelang, erreichte Donald Trump mit maximalem Pressing. Mulino gab nach und kündigte an, das 2017 mit China unterzeichnete Memorandum of Understanding nicht zu verlängern. Panama verlässt Chinas globale Entwicklungsinitiative „Belt and Road“ und will in Zukunft enger mit den USA zusammenarbeiten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Weltwoche und auf dem Blog von Claude Cueni.

Claude Cueni ist Schriftsteller in Basel. Zuletzt von ihm erschienen: Small Worlds. 70 Dioramen. Edition Künigsstuhl. 164 S., Fr. 39.90.

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Leserpost

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Irene Luh / 09.02.2025

Nur einem einzigen Kommentator fällt auf, daß China ein Verbrechersystem ist. Dem Autor nicht. ++ Spinoza ein Ehrenmann? Irre. ++ Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, werden andere Menschen verwirklichen? Unsinn. ++ Dass Trump den Handel freier macht, fällt auch sehr wenigen auf. ++ In Ungarn zittern gerade die Gegner Orbans um deren Lügenpresse, weil mit der Schliessung der korrupten, verbrecherischen USAID, deren Finanzierung austrocknen wird. ++ Biden war der US-amerikanische Scholz und ihm und vielen seiner korrupten Mitarbeiter wurden/werden gerade auf Normalgröße zurechtgestutzt. Sie haben sich alle “verzockt”. ++ Leider erfahren die meisten ACHGUT-Leser die Wahrheit nicht, weil man lieber weiter auf die Lügenpresse setzt, obwohl man sie ja angeblich “bekämpft”.

S. Marek / 09.02.2025

Haben die Amerikaner bereits Chinin gekannt ?  Chinin wird bereits seit Jahrhunderten als Heilmittel gegen Malaria verwendet. Schon die Ureinwohner Südamerikas wußten von der fiebersenkenden Wirkung des Chinins. Dann könnten Sie gegen die Malaria gezilt vorgehen und Ihre Bauarbeiter schützen.  Chinin wirkt wie die 4-Aminochinoline und andere Arylaminoalkohole gegen Blutschizonten. Die Malariaerreger gewinnen während ihres intraerythrozytären Wachstums Energie aus dem Abbau des Hämoglobins. Dabei entsteht das für sie giftige Abbauprodukt Ferriprotoporphyrin IX (FPPIX).  Chinin bildet wie andere Arylaminoalkohole stabile Komplexe mit FPPIX und erhöht so die Zahl von nicht-aggregierten FPPIX-Molekülen, was dann letztendlich zum Absterben der Parasiten führt. Chinin wirkt prinzipiell gegen alle Plasmodiumarten. Trotz der fast 200-jährigen Anwendung sind Resistenzen vergleichsweise wenig verbreitet.  Chinin wird zur Behandlung von Malaria eingesetzt, es wirkt abtötend auf die im Blut vorkommenden Schizonten. Nach der Entwicklung synthetischer Malariamittel hatte Chinin eine schwindende Bedeutung, angesichts wachsender Resistenzen der Erreger wird es heute (2024) wieder öfter eingesetzt. Hauptsächlich verwendet man Chinin zur Behandlung der Malaria tropica, wenn die Erreger (Plasmodien) Resistenzen gegen Chloroquin aufweisen oder multiresistent sind. Malaria tropica wird durch Plasmodium falciparum verursacht. Das erstmals 1934 synthetisierte Chloroquin und das verwandte Hydroxychloroquin sind Arzneimittel, die sich über viele Jahre als effizient in Prophylaxe und Therapie von Malaria erwiesen haben. Damit waren sie eine wichtige Waffe im Kampf gegen die immer noch häufigste Infektionskrankheit der Welt. Nachdem die Erreger der Malaria aber immer häufiger Resistenzen gegen Chloroquin ausgebildet haben, wird der Wirkstoff heute kaum noch vertrieben. Übrigens: der Erreger der Malaria ist kein Virus oder Bakterium, sondern ein einzelliger Parasit der Gattung Plasmodium.

Wilfried Cremer / 09.02.2025

hi, der Kanal ist vor ein paar Jahren für die dicksten Schiffe ausgebaggert worden. Neue Schleusen waren da natürlich nötig. Kostenpunkt: Fantastilliarden, Chinageld. Das muss ja schließlich wieder rein, mit Schmiergeld inklusive. (Das ist in der Gegend, was bei uns Beförderungen sind!) In diese Lage platzt der Cowboy und sagt, her damit. So what? Gerechtigkeit geht anders.

Jochen Lindt / 09.02.2025

Ich habe Jahrzehnte im Containerbetrieb gearbeitet und darf feststellen, dass Trump hier gar nichts geklärt hat.  Die Amis haben keine einzige globale Reederei mehr, die letzte war SeaLand (geschluckt von Maersk). Sie haben noch einen Anteil an Evergreen (Taiwan), direktes Sagen haben sie da trotzdem nicht. Auf die Frachtrouten haben die Amis gar keinen Einfluss mehr.  Die Chinesen sind wie immer geduldig und gehen neue Kooperationen ein. Abgesehn davon ist ihr grösstes Projekt nicht Panama, sondern der Durchstich durch den Istmus von Kra (Thailand). Damit wäre die Strasse von Malakka überflüssig und Singapur vom Welthandel abgehängt. DAS würde die Welt ändern und die Amis könnten nichts dagegen tun.

Ernst Viehweger / 09.02.2025

Auch eine schiffbare Nord-West-Passage wäre ein guter Wasserweg. Die NW-Passage ist jedoch meist/zunehmend vereist. Trotz ständigem Klimawandel. Al Gore - einer der Hauptprofiteure der Klimawandel-Predigten - meinte zwar schon 2009 “in 2013 wird der Nordpol eisfrei sein” allerdings irrte er sich “etwas”, was ihn nicht abhielt kürzlich von “kochenden Ozeanen”  zu warnen. Und keiner buuhte ihn im WEF aus. Die NW-Passage ist ein guter Hinweis, wenn der Klima-Voodoo angezogen wird. Die NW-Passage wäre ein Segen für die globalen Transportmöglichkeiten, ein guter Teilersatz für den Panamakanal. Aber vielleicht müssen wir gar nicht auf den Klimawandel warten. Vielleicht gibt es mal einen Nicaragua-Kanal.

Rolf Menzen / 09.02.2025

Aus dem Artikel geht nicht so ganz hervor, dass es den Staat Panama ohne den Kanal bzw. ohne die USA überhaupt nicht gäbe. Das heutige Panama war nämlich nur ein weitgehend nutzloser und durch den Darièn-Gap von Rest des Landes getrennter Wurmfortsatz Kolumbiens.

L. Luhmann / 09.02.2025

“Der Erfolg war nicht nur der technologischen Überlegenheit geschuldet, sondern auch der erfolgreichen Bekämpfung der Malariamücke.” - Aha! Und mit welchen Methoden bzw. Mitteln wurde die Bekämpfung erfolgreich durchgeührt?

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