Im Vertrauen auf die Brüder und Schwestern im Westen und die Institutionen des Grundgesetzes votierten am 18. März 1990 bei der ersten und einzigen freien Volkskammer-Wahl die meisten DDR-Bewohner für den möglichst schnellen Beitritt zur Bundesrepublik. Sie wollten unwiderruflich in einem Staat leben, der sich an seine zivilisatorisch und demokratietheoretisch hochentwickelten Regeln hält und dessen Vertrags- und Bündnisverpflichtungen in EG und NATO Sicherheit vor einer Demokratie- und Freiheitsrückabwicklung boten. Nicht wenige damalige DDR-Bewohner kritisierten diesen Kurs und plädierten für einen längeren und weniger gehetzten Vereinigungsprozess. Doch spätestens am 19. August 1991 bekamen jene Ostdeutschen, die den schnellen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wählten, nachhaltig recht. An diesem Tag wurde in Moskau geputscht. Wäre der Putsch geglückt und hätte die DDR zu diesem Zeitpunkt noch existiert, die Falle wäre zugeschnappt. Zudem war das Vertrauen in die gemeinsame Bundesrepublik im Jahre 1990 durchaus gerechtfertigt.
Aber wie lange blieb dieses Vertrauen gerechtfertigt? Spätestens 2005 mit der Regierungsübernahme durch die Ostdeutsche Angela Merkel begann eine Tiefenerosion. Zunächst unmerklich, mit den Salti Mortali von der Verlängerung der AKW-Laufzeiten hin zum schnellen Ausstieg aus der Kernkraft infolge eines Seebebens vor Japan oder der Merkelschen Umkehr von kontrollierter Zuwanderungspolitik zur unkontrollierten Völkereinwanderung. Inzwischen scheint diese Erosion zu galoppieren. Mit anderen Worten, je grüner Frau Merkel ihre CDU kostümierte, desto stärker wurde der Seegang für die Bundesrepublik. Und warum das? Wie konnte das ausgerechnet mit Merkel geschehen?
Anders als Merkels Vorgänger hat sie das westliche Demokratiemodell Freiheit und Gewaltenteilung nicht mit der Muttermilch aufgesogen. Im Gegensatz zu vielen ihrer ostdeutschen Landsleute nahm sie diesbezüglich nicht einmal sehnsuchtsvoll Witterung auf. Die Physikerin Angela Merkel wandelte sich zur Metaphysikerin und nutzte ihre Chance. Vor allem half ihr eine innige Partnerschaft mit einem Großteil der Medien.
Angela Merkel und die inzwischen meist grün dominierten Redaktionen fanden zueinander und stärken sich mittlerweile gegenseitig. Heute wirkt es so, als gäbe es einen ungeschriebenen und unauflöslichen Pakt zwischen „Mutti“ und den führenden Meinungsbildnern.
Hilfreich war ihr zusätzlich der ›Welpenschutz‹ einer Frau. Mit ihr konnten ihre männlichen Kontrahenten nicht in gewohnter Raubeinigkeit umgehen, während sie bewies, dass sie das Intrigen-Fach besser beherrschte als die Herren in der Partei, das Entfernen von Konkurrenten aus ihren Positionen inklusive. Das Wohlwollen der Medien war ihr sicher. Nur speziell im Osten wandten sich nach und nach immer mehr Bürger von ihr ab.
Versäumte Legitimation
So richtig dramatisch wurde es 2015. Im September entschied die Bundeskanzlerin faktisch im Alleingang, die Sicherheit der Bundesrepublik und ihrer Bevölkerung hintenan zu stellen. Der Bundestag fiel ihr nicht in die Arme. Während sich die dritte Gewalt wegduckte, wurde die Kanzlerin von der vierten Gewalt für ihren autoritären Alleingang bejubelt. Dabei hätte die sofortige Einberufung einer Bundestagssondersitzung mit der Vorlage eines Entschließungsantrages zur Situation und bezüglich erster humanitärer und EU-rechtlicher Abstimmungen zur unbedingten Pflicht der Bundeskanzlerin gehört. Und wenn nicht sie, dann hätte der Bundestag die staatsrechtlich gebotene Initiative ergreifen müssen. Er versagte aber in seiner Kontrollpflicht völlig und vergaß dabei den über Jahrhunderte währenden opferreichen Kampf um parlamentarische Teilhabe an und Kontrolle der Macht. Robert Blum, Carl Schurz, Eduard von Simson, Ferdinand Lasalle und unendlich viele andere Namen fallen mir dabei ein. Sie wollten demokratische Teilhabe in einem Gemeinwesen, dass die eigenen Gesetze und Institutionen vorbildhaft achtet und einhält.
Infolge dieser demokratisch nicht legitimierten Entscheidung pro Massenzuwanderung – das Thema Massenzuwanderung nach Deutschland und in die EU wurde bis dahin kaum in Wahlkämpfen diskutiert –, setzte vor allem in Deutschland ein Erosionsprozess des Vertrauens in die demokratische Ordnung und deren Institutionen ein. Dem wiederum folgen Verlustängste und Hysterie vor allem bei SPD und Union. Selbst schuld, könnte man nun diesen Parteien zurufen. Nur leider hängen wir alle mit in der Malaise.
Ausgerechnet eine Ostdeutsche, die eine repressive Ordnung, die die eigenen Regeln nicht einhielt, in der Diktatur kennengelernt hatte, setzte nun die auf Vertrauen in die Institutionen basierende Demokratie auf die Rutschbahn. Und viele der im Westen mit Demokratie beschenkten Demokraten machten das genauso widerspruchslos mit, wie viele der ostdeutschen Demokraten, die die Demokratie selbst erkämpften bzw. diesen Kampf miterlebt hatten. Begreife das, wer will!
Da weder Frau Merkel, noch CDU, SPD, Grüne und Linke die Kraft aufbrachten, die geduldete alleinherrschaftliche Entscheidung der Bundeskanzlerin vom September 2015 kritisch zu reflektieren, befinden wir uns seitdem auf einer desaströsen Rutschbahn, die die SPD zu einer zeitgeschichtlichen Fußnote und die Union zu einer 25-Prozentpartei schrumpfen lässt. Um ein Bild zu nutzen: Die einst wie ein Gebirgsmassiv in der Mitte der politischen Landschaft dominierenden Großkoalitionäre CDU/ CSU und SPD haben sich ihrer Bedeutung entledigt, während links und rechts die vormaligen Hügel ›Grüne, Linke und AfD‹ nunmehr wie immer größer werdende bedrohliche Randgebirge wirken. Die Stabilitätsanker im deutschn Parteiengefüge scheinen nicht mehr zu halten, denn sie haben sich zu Leichtgewichten entwickelt.
Mobilität und Freiheit
Wird Frau Merkel nun als Gefährderin der Bundesrepublik in die Geschichte eingehen? Nicht nur wegen der willentlich unkontrollierten millionenfachen Zuwanderung aus zumeist archaischen Weltregionen (mit einem gewaltigem Judenhasspotential!) sondern auch wegen des zielstrebigen Umbaus der bis dato funktionierenden Wirtschaft der Bundesrepublik in eine künstlich anmutende instabile mit den Gesetzen von weltweiten Bevölkerungsbedürfnissen, Physik und Marktwirtschaft auf Kriegsfuß stehende neue Welt.
Hinzu kommen die immer penetranteren Erziehungsattitüden. Niemand hat das Recht, anderen Menschen die Bedürfnisse vorzuschreiben. Der Ansatz ist totalitär und führt in gerader Linie in die Lagerwelt linker und rechter Erziehungsdiktaturen. Der Kampf gegen das Auto ist nicht nur eine Kampfansage an die Automobilindustrie und deren Millionen Arbeitsplätze, an denen in hohem Maße unser Wohlstand hängt, es ist auch ein Kampf gegen die individuelle Mobilität. Mobilität und Freiheit bedingen einander. Die Fronbauern und Leibeigenen des Mittelalters waren an die Scholle gebunden. Ihre Welt hörte am Dorfrand auf. Nur den Herrschenden war Mobilität möglich. Man kann doch heutzutage nicht wieder Menschen von der Mobilität ausschließen wollen.
Die für Januar 2020 angekündigte Erziehungskraft auf dem Stuhl des Präsidenten des Bundesumweltamtes Prof. Dr. Dirk Messner vermag ich für meinen Teil nur als Herausforderung zum Widerstand anzunehmen. Ich werde noch zur Gelbweste. Natürlich ohne Randale. Friedlich wie 1989. Damals achtete jeder Demonstrant auf seinen Nachbarn, dass dieser keinen Blödsinn machte. Das geht auch heute noch. Wir wären ja nicht die Antifa.
1989 demonstrierten die meisten Ostdeutschen gegen eine linke Diktatur für Demokratie. Eine rechte Diktatur lehnten sie genauso ab. Aktuell verletzt die Bundesregierung auch diese Grundeinstellung. Der ›Kampf gegen rechts‹ (besser ›rechtsextrem‹) vernachlässigt den ebenso notwendigen ›Kampf gegen links‹ (besser ›linksextrem‹) auf dramatische Weise. Dieses Ungleichgewicht wird gerade in Ostdeutschland als bedrohlich empfunden und zerstört erneut Grundvertrauen – das Vertrauen in den wehrhaften, neutralen Staat der Justitia mit den sorgfältig verbundenen Augen. Die Bundesrepublik der Phase ›Merkel IV‹ befindet sich in Schräglage. Die kommenden Wahlergebnisse werden die Folge, nicht die Ursache sein.
Dabei hatte es die SPD im Frühjahr 2017 noch in der Hand, sie hätte ab Herbst den Kanzler stellen können. Wenn, ja wenn Martin Schulz das wichtigste Thema ›Kontrollierte Zuwanderung und EU-Sicherheit‹ auf der Straße aufgelesen hätte, statt es, wie die Kanzlerin, zu beschweigen oder unter großer Hochmoral und vielen Sprechblasen à la „Wir schaffen das“ zu begraben. Doch auch die SPD vermied die öffentliche Diskussion über den Elefanten im Raum und zerstörte damit des Bürgers Grundvertrauen in die Sozialdemokratie nachhaltig. Dem Institutionenversagen 2015 folgte der Zerfall von SPD und Union. Bei der SPD geht es nur etwas schneller. Für sie scheint es bereits zu spät zu sein. Ginge es nur um den Abstieg noch staatstragender Parteien, wäre das ja nicht so schlimm. Doch das Grundvertrauen in die demokratischen Institutionen ist perdu. Dieses Vertrauen ist aber die Goldreserve der Demokratie. Diese Goldreserve ist aufgebraucht, verschleudert. Und statt umzusteuern, statt zu versuchen, dieses Vertrauen wieder wachsen zu lassen, wollen viele Verantwortungsträger lieber konsequent auf dem Irrweg bleiben.