Steffen Meltzer, Gastautor / 12.10.2022 / 13:00 / Foto: Achgut.com / 44 / Seite ausdrucken

Die Flucht der Polizistinnen: die Berufungsverhandlung

Zwei Polizistinnen flüchteten vor einer Schießerei, ließen einen verletzten Kollegen als auch den Streifenwagen mit Bewaffnung zurück. In erster Instanz wurden sie zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Jetzt war die Berufungsverhandlung.

Im Mai 2020 waren zwei Polizistinnen in einen Einsatz hineingeraten, als ein Drogendealer bei einer Verkehrskontrolle auf zwei Polizeibeamte geschossen hatte, von denen einer in den Oberbauch getroffen wurde und zu Boden ging. Nur seine schusssichere Weste verhinderte eine schwerere Verletzung. Die beschossenen Beamten hatten das Feuer erwidert. Innerhalb von 20 Sekunden fielen insgesamt 21 Schüsse. Anstatt zu helfen, flüchteten die Polizeibeamtinnen kopfüber zu Fuß und ließen dabei ihre in Not geratenen Kollegen und ihren unverschlossenen Funkstreifenwagen, inklusive der Bewaffnung und Ausrüstung, zurück. Eine Zeugin fasste ihre Eindrücke zusammen „Die sind so wirr gelaufen, ich dachte erst, sie seien betrunken“. Danach hielten sie eine Autofahrerin an und dirigierten diese aus sicherer Entfernung in der Gegend herum. Die Polizistinnen begründeten in der Verhandlung ihr Verhalten unter anderen mit „Todesangst“. Ich berichtete hier, hier, hier und hier über den Fall. Eine Zusammenfassung der Ereignisse finden Sie hier.

In der ersten Instanz wurden die beiden Frauen durch das Amtsgericht Schwelm wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung im Amt durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Damit hätten Sie ihren „Job“ nicht weiter ausführen dürfen und wären aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden.

Ihre Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Landgericht Hagen senkte die angedrohte Haftstrafe um acht Monate und verurteilte die beiden Angeklagten nur noch zu einer Haftstrafe von vier Monaten auf Bewährung. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Verfahren gemäß dem zuständigen Gerichtssprecher dafür plädiert, die Berufung zu verwerfen. Über das weitere berufliche Fortkommen der gegenwärtig suspendierten Polizeibeamtinnen entscheidet ein Disziplinarverfahren.

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Friedrich Richter / 12.10.2022

Sie werden sicher noch gute Dienste als Gleichstellungsbeauftragt:innen im Innen:dienst leisten.

Georg Andreas Crivitz / 12.10.2022

Vermutlich hatten die Polizistinnen wirklich Angst und gerieten in Panik. Dafür kann man sie eigentlich nicht verurteilen, da sie ja bestimmt nicht vorsätzlich gehandelt haben, sondern in der Paniksituation irrational reagierten. Allerdings sollten Beamte, die in so einem Einsatz die Nerven verlieren auf keinen Fall weiter im Polizeidienst verbleiben.

Helmut Driesel / 12.10.2022

  Ein Mensch in Panik ist normalerweise nicht schuldfähig. Dass Frauen eher in Panik geraten ist normal. Aber dafür haben Polizisten ja diese Dinger in ihren Holstern. Die sind gut gegen Panik. Andererseits gibt es hier in der Provinz viele Jobs für Polizisten, wo man nur zwischen Kaffeeautomat heiterem Plausch beim Bürgermeister und Verkehrsunterricht für Kindergärten hin und her pendelt, da kann einer ängstlichen Frau in Uniform eigentlich nicht viel passieren.

Klaus Meyer / 12.10.2022

Ist doch völlig egal, ob die beiden einen Kollegen verletzt liegen lassen, wirr wegrennen und eine unbeteiligte Autofahrerin entführen. Das kann doch vorkommen und es wundert mich, daß sich damit überhaupt ein Gericht beschäftigen muß. Und es ist gut, wenn die beiden weiterhin im Amt bleiben. - Es gibt doch weitaus Schlimmeres: Sie hätten z.B. auch heimlich rechtes Gedankengut im engen Bekanntenkreis äußern können. Das wäre eine echte Gefahr für unser Land und für ihre Kollegenden gewesen und dann hätten sie auch sofort aus dem Dienst bei Verlust aller Ansprüche entlassen werden müssen!

Sabine Heinrich / 12.10.2022

Welcher Kollege - oder auch welche Kollegin - mag denn mit einer dieser Frauen noch auf Streife gehen? Das Wissen, im Notfall im Stich gelassen zu werden - unerträglich! Wurden diese Frauen nicht ausreichend geschult? Oder haben sie bei Fortbildungsveranstaltungen, Seminaren immer durch großartige Wortbeiträge geglänzt, so dass ihren Vorgesetzten gar nicht klar wurde, welche Menschen da wirklich in der Uniform stecken? - Wie geht es dem verletzten Polizisten inzwischen? - Dieses Gefühl, in einer Situation, in der es ums Überleben geht, von eigenen Kollegen im Stich gelassen zu werden - es muss entsetzlich sein!

Werner Grandl / 12.10.2022

Einer meiner Söhne ist Polizist. Eines Tages auf Streife wird er mit einer jungen Kollegin zu einem Einbruch gerufen. Dort angekommen, weigert sich das Polizei-Mädel in das betreffende Haus zu gehen, bevor Verstärkung kommt, mit den Worten “Aber da ist ja der Einbrecher noch drinnen!” Darauf mein Sohn “Genau deshalb gehen wir jetzt da rein”. Zum Glück war dann der Bösewicht schon weg.

Manni Meier / 12.10.2022

Wenn ich, wenn auch nur im Fernsehen, sehe, wie ein Skalpell durch die Haut dringt und ein Schnitt durchgeführt wird, sehe ich weg, weil mir der Anblick höchst unangenehm ist. Das habe ich bei meiner Berufswahl berücksichtigt - bin kein Chirurg geworden. Und das ist auch gut so.

A.Schröder / 12.10.2022

Wer solche Kameraden hat braucht weder Krieg noch Feinde. Was dann jedoch passiert spottet jeder rechtsstaatlichen Behandlung. Selbst als Politessen nicht tragbar.

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