Boris T. Kaiser
Viele hatten gefordert, es solle in diesem Jahr überhaupt kein Friedens-Nobelpreis verliehen werden. Ein so kriegs- und gewalterfülltes Jahr habe keinen Friedens-Nobelpreis verdient. Aber das ist natürlich Blödsinn. Denn erstens herrschen in großen Teilen der Welt immer Krieg und Gewalt (auch dann wenn die Tageschschau nicht täglich darüber berichtet) und zweitens macht ein Friedens-Nobelpreis, so er denn überhaupt einen größeren Sinn macht, nur in Kriegszeiten einen Sinn. In Zeiten wie diesen kann man mit ihm nämlich vielleicht tatsächlich so eine Art Botschaft senden und damit politische Akzente setzen.
Malala Yousafzai hat den Nobelpreis-Verdient wie kaum eine zweite oder besser gesagt, wie kaum EIN zweiter. Die 17-Jährige Pakistanerin hat mit ihrem Kampf für Bildung und gegen die Taliban mehr Gutes für die Menschen und die Menschlichkeit getan als EU, Barack Obama und die gesamte moderne Sozialdemokratie zusammen. Leider hat sich das Nobel-Preiskomitee aber für eine sehr sozialdemokratische Lösung entschieden und den Preis nicht nur an Malala Yousafzai sondern auch an den Inder Kailash Satyarthi verliehen.
Ich will gar nicht sagen, dass dieser Mann für seinen Einsatz gegen Kinderarbeit keine Ehrung verdient hätte; ich werde nur irgendwie das Gefühl nicht los, dass es dem Komitee bei seiner Entscheidung vor allem darum ging, den Islam und seine weitgehend friedlichen aber deutlich weniger weitgehend liberalen Anhänger nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen.
Auf einmal geht es nicht mehr darum, dass Frauen und Mädchen im Islam als Menschen zweiter Klasse gelten, sondern es geht darum, dass Kinder nirgendwo auf der Welt ausgebeutet werden sollten. Das ist so richtig und wahrhaftig, dass man sich darauf mit jedem einigen kann. Damit stößt man niemanden vor den Kopf. Damit bringt man nicht mal Claudia Roth und Yasmin Fahimi zum verbalen Intervenieren. Damit zwingt man sogar nicht mal die Islamverbände sich von irgendetwas zu distanzieren. Dafür verwässert man aber die Botschaft, die in diesem Fall tatsächlich mal eine wichtige hätte sein können.
Aber für einen Tom-Cruise-Mut-Bambi für das Nobelpreiskomitee dürfte es trotzdem reichen.