Gunter Weißgerber / 23.09.2023 / 10:00 / Foto: Pixabay / 64 / Seite ausdrucken

Die EU-Führerschein-Richtlinie als neue Freiheits-Bremse

Der Verkehrsausschuss der EU-Kommission will die Führerscheinrichtline drastisch ändern. Sie nennen es wie immer auf Roßtäuscherart „Reform“. Ich nenne dieses Vorhaben das nächste Kapitel im Kampf gegen die Freiheit des Individuums, gegen die Mobilität der Bevölkerung. 

Was nützt die Freiheit des Denkens, wenn sie nicht zur Freiheit des Handelns führt. (Jonathan Swift)

Der Verkehrsausschuss der EU-Kommission will die Führerscheinrichtline drastisch ändern. Sie nennen es wie immer auf Roßtäuscherart „Reform“. Ich nenne dieses Vorhaben das nächste Kapitel im Kampf gegen die Freiheit des Individuums, gegen die Mobilität der Bevölkerung. Angeblich wollen die Richtlinien-Veränderer für mehr Verkehrssicherheit sorgen, tatsächlich wird der ältere Teil der EU-Europäer vom aktiven und selbstbestimmten Leben ausgeschlossen, und dem jüngeren Teil soll diese Individualität von vornherein finanziell vergällt werden.

Wer nicht mehr Autofahren kann, weil er sich die künftig nach den „Reformplänen“ vorgeschriebenen teuren Wiederholungsfahrprüfungen trotz vieler Jahre unfallfreien Fahrens nicht leisten kann, der kauft auch kein Auto mehr. In den Städten mag das tagsüber noch irgendwie gehen, nachts wird’s auch dort zunehmend gefährlich. Das Land wird wieder wie zu Johann Tetzels Zeiten verkehrsberuhigt und dunkel. Nur die grünen Ablasshändler werden noch kontrollierend durch die Gegend düsen. Das Hinweisgeberschutzgesetz wird seine Wirkung voll entfalten können.

Die grünen Ideologen schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Jungen und Alten werden abgehängt, gleichzeitig wird die Automobilwirtschaft schwer geschädigt. Darauf können nur Berufsrevolutionäre kommen. Ausgerechnet die, die die Alten ins immobile Nirwana transformieren wollen, fordern im gleichen Atemzug die Einrichtung von Einsamkeitsministerien. Das Problem wird – wie so oft – erst geschaffen, um es dann gnädigst und erzieherisch scheinlösen zu wollen.

„Drastische Verschärfung der Regeln“

Wie eine Sekte haben sich diese Ideologen – wie es sich für Sekten gehört – längst auch in CDU/CSU, SPD und FDP eingenistet. Was wird der nächste Schritt sein? Das Wahlrecht ab 60 oder 70 entziehen? Ich für meinen Teil schließe mittlerweile keinen noch so freiheitsfeindlichen Gedanken aus.

Doch kommen wir wieder zu den konkreten Plänen der EU- Führerscheinreform. BR24  berichtete am 21. September: „Die Vorschläge aus dem Verkehrsausschuss haben es in sich: Für Fahranfängerinnen und -anfänger soll Tempo 90 gelten. Nachts zu fahren, könnte ihnen verboten werden. Nach dem Führerschein auf Probe sollen sie eine zweite Prüfung machen. Für schwere Pkws soll die neue Führerscheinklasse B Plus eingeführt werden – unter 21 soll man damit nicht unterwegs sein dürfen. Und ab 60 soll der Führerschein nur noch sieben Jahre lang gültig sein, dann soll man ihn neu machen.

Die EU-Kommission hatte Anfang Mai eine Reform der Führerschein-Richtlinie präsentiert. Vieles soll vereinheitlicht werden, zum Beispiel das "begleitete Fahren" für Fahranfänger – noch ist es nicht überall in Europa zugelassen. Bei älteren Menschen ab 70 soll die Fahrtauglichkeit regelmäßig überprüft werden. Nun hat sich der Verkehrsausschuss des Europaparlamentes dem Thema angenommen und fordert eine drastische Verschärfung der Regeln.“

Freiheit, Mobilität und Vertrauen

2021 machte ich mir auf Bitte von Steffen Meltzer grundsätzliche Gedanken zum Thema und schrieb diese in seinem Buch „Die hysterische Republik: Bürger und Polizei am Gängelband“ nieder. Hier mein Text auszugsweise und in aktualisierter Form:

Persönliche Freiheit und uneingeschränkte Mobilität kennzeichnen freie Gesellschaften. In solcherart freien Gesellschaften genießen der Staat und seine Institutionen ein Grundvertrauen seiner Bürger solange sich der Souverän auf die Gewährung seiner Freiheiten und seine Sicherheit verlassen kann.

Freie Mobilität ist ein Grundrecht und im Staatsleben Ausweis des Vertrauens des Staates in seine Bürger. Misstrauen des Staates seinen Bürgern gegenüber und eingeschränkte Reisefreiheit sind zwei Seiten einer Medaille. Je stärker das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber, desto eingeschränkter ist das Recht auf Mobilität.

Bewegungsfreiheit ist ein zentraler Teil der Freiheit. Es ist gelebte Freiheit. In diesem Sinn waren die Friedliche Revolution in der DDR innerhalb der Samtenen Revolution im Ostblock, beide Revolutionen waren anfänglich seitens der Staaten keineswegs friedlich oder samten, Volkserhebungen für Freiheit und uneingeschränkte Mobilität – das gleich zu Anfang dieses Textes als ernsten Hinweis an aktuelle Bestrebungen, Mobilität und Massentourismus, also des Tourismus des sog. kleinen Mannes, der unsere wirtschaftliche Existenz tatsächlich am Laufen hält, einzuschränken und eine Gesellschaft ohne freien weltweiten Individualverkehr zu schaffen.

1989 wurden Gesellschaftsarchitekten jeglicher Couleur Hammer, Sichel und Ährenkranz entzogen. Das wird sich wiederholen, sollten sich erneut Gesellschafts- und Beglückungsarchitekten zu mächtig aufs Volk stürzen. Nur als Warnung. 

Demokratien schützen Grundrechte, Diktaturen gewähren Grundrechte nach Opportunitätsgesichtspunkten und unberechenbar temporär. In Demokratien wachen Verfassungsgerichte über die Einhaltung der jeweiligen Verfassung. In Diktaturen gibt es entweder keine Verfassungsgerichte und wenn doch, unterliegen diese der herrschenden Politik – Verfassungstext und Verfassungserleben unterscheiden sich eklatant. Während in Demokratien Grundrechte Schutzrechte des Bürgers gegenüber dem Staat sein sollen, ist der Untertan einer Diktatur gehalten, sich willfährig gegenüber dem realen Verfassungserleben zu verhalten.

Da die DDR keine umfassende Freiheit gewährte, bedurfte sie statt offener Grenzen militärischer Macht, einer politischen Geheimpolizei und einer Ordnung innerhalb geschlossener Grenzen – gewissermaßen einer Lagerordnung. Immobilität statt Freiheit. Gemäß dieser Logik musste die DDR ihren Untertanen die uneingeschränkte Mobilität vorenthalten, sonst würde sie der Freiheit Tür und Tor irreversibel öffnen. Um die Gefahr der Abstimmung mit den Füßen wissend, konnte die kommunistische Partei- und Staatsführung bei Strafe ihres eigenen Untergangs der Bevölkerung eine uneingeschränkte Mobilität nicht einmal versuchsweise gewähren. Was ab dem 9. November 1989 nachhaltig durch das Volk bewiesen wurde – q.e.d. Die DDR war perdu. Zum Glück!

Die Idee des Grundrechtestaates mit seiner Freiheit und seinem Mobilitätsversprechen schlug am Ende bekanntlich die graue Wirklichkeit der „Diktatur des Proletariats“. Doch wenn die Mobilität bekämpft und eingeschränkt wird, kann sich auch aus einem freiheitlichen Rechtsstaat langfristig, sozusagen auf leisen Sohlen, wieder etwas Demokratiefremdes entwickeln.  

Ein unangenehmer Geschmack von DDR

Vielleicht finden deshalb immer mehr Bürger, dass die Bundesrepublik inzwischen immer öfter unangenehm nach DDR schmeckt. Liegt das etwa an den DDR-Bewohnern, die alle mit der deutschen Einheit zu Bundesbürgern wurden? Darunter waren ja auch die SED-Kommunisten und MfS-Strategen, und manche von denen passten hervorragend zu etlichen Westlinken und Grünen. Andere Genossen, die ihrer Partei treu blieben, auch wenn sich die SED erst in PDS und dann in Die Linke umbenannte, kamen nach 1990 zu neuen Ämtern und Mandaten. Vor allem Protestwähler, darunter viele Ostdeutsche, wählten jahrelang diese Partei, obwohl sie wussten, dass sie damit den Erben der SED zu Einfluss verhalfen. Wer nach 1990 sozusagen DDR wählte, dürfte sich eigentlich nicht über den DDR-Geruch der Bundesrepublik beschweren.

Aber es sind ja nicht diese Altlasten, die den neuen Mief verbreiten. Wir staunen jetzt über Netzwerkdurchsetzungsgesetz und Führerscheinrichtlinienreform, die Transformation und und und ... während der Medienmainstream, der sich über Haltung und Belehrung definiert, statt über objektive Information uns berieselt. So war es in der DDR und zwar Tag und Nacht, Monat, Jahr, ein Leben lang. Und so praktizieren es inzwischen auch Ideologen im neuen Deutschland. Mir kommt das bekannt vor. Klar, mit dieser Kritik komme ich nicht in einen Knast, doch wie lange hält diese Sicherheit noch an?

Was ist Freiheit?

Für Carl Friedrich von Weizsäcker ist „Freiheit ist ein Gut, das durch Gebrauch wächst, durch Nichtgebrauch dahinschwindet“. Damit hat er aber noch nichts über die Qualität des Gutes Freiheit gesagt. Was ist denn nun Freiheit? Menschen können Menschen nicht gehören, Menschen sind keine Handelsobjekte. Menschen sollen im Rahmen allgemein akzeptierter zivilisatorischer und juristischer Regeln frei über ihr Leben entscheiden können. Die Palette ist sehr breit, und es gäbe viele weitere Aspekte hinzuzufügen. Die früheren Ostblockbewohner werden auf jeden Fall die weltweite Reisefreiheit – die uneingeschränkte Mobilität – als eine nichtselbstverständlich erlebte Freiheit ganz oben deklarieren.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantiert die persönlichen Freiheitsrechte im Artikel 2. Absatz 1 sagt „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ Absatz 2 sagt „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“

Die DDR gewährte den Untertanen bedingte Reisefreiheit bei Abwesenheit grundsätzlicher Freiheiten nur innerhalb des vom Grenzgebiet umschlossenen Territoriums der 15 Bezirke. Auslandsreisen waren für die Bevölkerung bis auf wenige Ausnahmen nur ins sozialistische Ausland möglich. Politisch auffällig gewordenen Personen war selbst das verwehrt. Die SED nannte das alles mit Friedrich Engels „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit“, der damit Friedrich Hegel etwas frei auslegte.

Staatlich eingeschränkte Mobilität unter Androhung von Zwangsmaßnahmen bis zum faktischen Todesurteil bei Übertretung der innerdeutschen Grenze war Ohnmacht des Citoyens und wurde mit zunehmender ohnmächtiger Wut auch so empfunden.

Wendet der demokratische Staat an Stelle psychischer Gewalt zur Beeinflussung der Mobilität seiner Bürger fiskalische Mittel zunehmend inflationär an, so kauft er sich lediglich Zeit für seine Dressur der Plebejer. Verpasst er den Punkt, an dem der vermeintlich sanfte Druck der Fiskallenkung in ein Ohnmachtsgefühl in der Bevölkerung umschlägt, bekommt er ein Legitimitätsproblem ersten Ranges. Dies wissend, flüchtet sich der übergriffig werdende Lenkungsstaat zunehmend in Weltrettungserzählungen. Mit dem Ergebnis, dass vorher gern akzeptierten Medien und Institutionen nichts mehr geglaubt wird. Das Vertrauen ist dann nicht nur schwer gestört. Es ist weg. Im Zweifel bei anderen. Andere, denen der demokratische Staat von rechts wie links schon immer ein Dorn im extremen Auge ist. Eine weitere Warnung.

Mobilität in verschiedenen Zeiten

Wie war das im alten Rom? Ich fragte Dr. Susanne Fröhlich von der Universität Greifswald / Arbeitsbereich Alte Geschichte. Sie antwortete mir dankenswerterweise:
„… Das Thema Reisefreiheit war in der Römischen Kaiserzeit im Selbstverständnis der Zeitgenossen sehr wichtig. Der Rhetor Aelius Aristides z.B. preist im 2. Jh. die Segnungen der römischen Zivilisation, daß jeder jederzeit reisen kann, wohin er will, und dank der guten römischen Infrastruktur problemlos auch durch Wüsten oder über Gebirge. Daraus ist zu erkennen, daß ein wichtiger Punkt für antike Reisefreiheit nicht nur rechtliche Beschränkungen waren, sondern eben überhaupt erst einmal die Möglichkeiten der Logistik: Reisen war überaus anstrengend, mühselig, langsam und gefährlich, wobei immerhin privilegierte Personen, nämlich die Angehörigen der römischen Administration, auf Poststationen mit Wechselpferden usw. zurückgreifen konnten.

Für Sklaven galt das selbstverständlich nicht – nach antikem Verständnis sind Sklaven keine Personen (sie fallen juristisch unter Sachrecht), darum können sie in einem antiken Staat auch keine Reisefreiheit beanspruchen. Es war selbstverständlich, daß ein Sklave nur im Auftrag seines Herrn verreisen durfte.

Faktisch wurde auch anderen Gruppen die Reisefreiheit oder Freizügigkeit verwehrt. So wurde es Anfang des 3. Jhs. den ägyptischen Kleinbauern untersagt, nach Alexandria zu kommen und sich dort niederzulassen. "Erwünschte" Besucher wie Händler, Touristen oder Besucher von Festivals dagegen durften die griechisch-römische Stadt Alexandria jederzeit betreten. In Rom selbst zum Beispiel galten zeitweilig Einreiseverbote z.B. für Juden oder für Philosophen. Dies waren jedoch einzelne Ausnahmen von der allgemeinen Regel.

Insgesamt gesehen konnte man durchaus reisen, wohin man wollte, ohne Staatsgrenzen, wie wir sie heute kennen, auch wenn es – wie Sie zutreffend schreiben – eine Frage der finanziellen Mittel war und mit Papierkram verbunden sein konnte. Für die Ausreise aus Ägypten z.B. war ein größeres Dossier nötig mit Ausreise-Erlaubnis, Nachweis über entrichtete Zölle usw. Es gab durchaus auch einfache Leute, die verreisten, indem sie ihren Unterhalt als Handwerker verdienten, aber das war kein Phänomen großer Gruppen von Migranten. …“

„Stadtluft macht frei“

Im Mittelalter hieß es „Stadtluft macht frei“. Mittels Flucht von der Scholle also illegaler Mobilität nutzte die Landbevölkerung ihre Chance, in den Städten frei zu werden. „Nach Jahr und Tag“ verlor die Grundherrschaft jede rechtliche Möglichkeit, sich die Hörigen zurückholen zu können. Ins Heute übertragen hieße das, mit den drastischen Einschränkungen grüngedachter Mobilität, dass die Städte frei und in sich mobil bleiben und die Landbevölkerung wieder an die Scholle gebunden wird. Ökologisch überzerrte Politik endet in Unfreiheit. Gewissermaßen ist es die inzwischen gründominierte Stadtbevölkerung, die ihre oberschichtigen Freiheitsvorstellungen auf Kosten der heutigen Landbevölkerung rücksichtlos verwirklichen will. Dabei bedient sie sich eines der Realität nicht standhaltenden idealisierten Bildes über Landleben und Landwirtschaft. Der grüne Angriff auf die Freiheit im Namen der Weltrettung ist auch ein Kampf der Stadt gegen das Land.

In der Verfassung der DDR von 1949 wurden bürgerliche Freiheiten und Rechte wie persönliche Freiheit, Demonstrations-, Versammlungs- und Reisefreiheit, Postgeheimnis, Verbot einer Pressezensur usw. in den Artikeln 8 und 9 verankert. Zu keinem Zeitpunkt hielt sich der SED/MfS-Staat auch nur ansatzweise daran. Die DDR-Bewohner lernten daraus, dass dem Staat nicht zu trauen ist. Er bringt dich, so er will, in jedes Gefängnis, in jedes Zuchthaus.

Erweckte die DDR bis 1968 auf dem geduldigen Papier ihrer Gründungsverfassung noch den Eindruck, als gäbe es bürgerliche Freiheiten, so schritt sie 1968 mit einer neuen Verfassung in aller Klarheit zur Tat. Bürgerlich dekadente und modern Begriffe wie persönliche Freiheit, Reise-, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit u.v.m. entschwanden im sozialistischen Jenseits. Diesseits gab es die nicht mehr. So wünschten sich das wohl auch die heutigen Hardliner unter den Weltrettern. Nicht für sich, für die anderen.

Mein Vater stimmte am 6. April 1968 in der ersten und einzigen DDR-Volksabstimmung über die neue, sozialistische Verfassung mit „Nein“ und gehörte damit zu den 38 in Böhlen bei Leipzig bekanntgewordenen Schädlingen am sozialistischen Aufbauwerk. Was bereits am Abstimmungsabend zu besorgtem unangenehmem Besuch bei uns führte. Wie kann jemand wegen der Nichterwähnung von Grundrechten mit „Nein“ stimmen, also Gegner sein? So war die DDR. Droht uns sowas mit anderen Worten in gleicher Wirkung wieder?

Busse und Straßenbahnen und keine Autos

Gewissermaßen war der DDR-Untertan ähnlich dem mittelalterlichen Leibeigenen an die Scholle des Grundherrn gebunden. Lediglich in der Größe der Scholle unterschieden sich die Reisemöglichkeiten von DDR-Bürgern und Leibeigenen.

„Der Sozialismus braucht Busse und Straßenbahnen und keine Autos“, lautete ein Witz mit dem üblichen Körnchen Wahrheit. Die These gab es nicht, die Lebenswirklichkeit wurde jedoch damit abgebildet. Diktaturen sind bekanntlich bester Nährboden politischen Witzes. Der wahre Kern lautete schlicht und einfach, der Sozialismus war als Wirtschaftssystem ist nicht in der Lage, allen Menschen Mobilität zu ermöglichen. Der Ökologismus dagegen will nicht in der Lage sein, allen Menschen ihre Mobilität zu gönnen. Andere Formen und Inhalte, gleiche Ergebnisse.

Ins Hier und Heute übersetzt, hieße der Witz: „Der Umbau zur ökologisch dressierten Bedarfsberechnungsgesellschaft erfordert Eisenbahnen, Busse und Straßenbahnen. Individualverkehr muss man sich leisten können“ oder auch, wenn „Freiheit die Einsicht in die Notwendigkeit“ sein soll, dann müssen die Notwendigkeiten so geschaffen werden, dass die Freiheit andere Alternativen gar nicht bieten kann. 

Seit einigen Jahren werden wieder Vorschriften gemacht und gibt es Bestrebungen, Mobilität respektive das Reisen und damit die Freiheit einzugrenzen und zu reglementieren. Ausgerechnet angeblich linke Parteien haben sich den Massentourismus zur Zielscheibe auserkoren. Also den Tourismus, der allen Menschen mit eher kleinem Geldbeutel die Welt und die Freiheit beim Reisen erfahren lässt! Kleiner Mann, bleib‘ auf deiner Scholle! Über deine Freiheit bestimmen wir.

Das Vertrauen verschwindet

Was wird aus dem Vertrauen des Bürgers in seinen Staat. Das ist seit 2015 und der damals staatlich zugelassenen Völkereinwanderung am stetigen Verkümmern. Bis 2015 verließ sich die Bevölkerung auf ihren Pakt mit dem Staat, der ihr im Gegenzug für das Zahlen von Steuern und Abgaben maximale Sicherheit versprach. Honoriert wurden dafür die bis dahin staatstragenden Parteien regelmäßig in Wahlen.

Seit 2015 wird immer mehr Bürgern klar, dass die bis dahin staatstragenden Parteien sich den Hoffnungen ihrer Wählerschaft immer stärker entziehen. Der SPD z.B. ist es scheinbar völlig egal, was ihre Politik des ökologischen Umbaus für die Millionen früheren SPD-Wähler im Automobilbau, in der Industrie, in der Energiewirtschaft an realen und irreversiblen Folgen hat. Eine Partei, die glaubt, ohne Wähler Wahlen zu gewinnen.

Für die Union gilt dasselbe. CDU/CSU-Wähler verließen sich bis 2015 auf die Sicherheits- und Wirtschaftspolitik der Union, die den Standort Deutschland in Europa mit Europa ausbaut. Das war einmal. Die gesamte Union ist nicht nur sozialdemokratisch, sondern auch grün wie die Grünen geworden. Konservative Wähler haben wie sozialdemokratische Wähler ihre Wahladresse verloren. Eine Gefahr für die Bundesrepublik.

Die FDP als einer bis vor wenigen Jahren immer zuverlässigen kleinen Säule der Republik schwankt zwischen Baum und Borke. Im Zweifel mischt sie im grünen Teich mit. Liberal ist anders.

Zurück zum Vertrauen im Zusammenhang mit unbeschränkter Mobilität als Teil unbeschränkter Freiheit. Das Vertrauen der Bürger in den Staat und seine bisher tragenden politischen Säulen entwickelte sich reziprok zum Misstrauen. Große Teile der Wählerschaft glauben den Parteien nichts mehr. Im Gegenteil, jede noch unausgegorene Idee mit negativ zu erwarteten Folgen für den Sicherheits- und Wirtschaftsstandort Deutschland wird „denen“ zugetraut. Inzwischen wird „denen da oben“ viel Schlechtes und wenig Gutes zugetraut. Das war vor wenigen Jahren noch anders.  

Holozän-Leugner als neue Herren?

Beispielsweise wird „der Politik“ inzwischen zugetraut, dass die das freie Fahren mit dem eigenen Auto erledigen will. Dazu gehören der Abbruch des Kraftfahrzeugbaustandortes und die extreme Verteuerung der Mobilität durch hohe Kosten für Verbrennerautos und den finanziellen Zwang zum E-Auto. Dem weiter oben bereits genannten Massentourismus ist der Kampf schon längst angesagt – auch und besonders durch eine Partei, der über anderthalb Jahrhunderte die Freiheit lohn- und gehaltsabhängiger Menschen am Herzen lag. Die Politik der SPD zielt inzwischen aber offenbar darauf ab, die Lohn- und Gehaltsabhängigen mittels unbezahlbarer Alternativen wieder an die Scholle zu binden. Mobilität und weltweite Freiheit adé – Homeoffice und Bindung an die kleinstmögliche Region. Hallo! Gesagt wird das nicht, angepeilt wird es. Natürlich mit Ausnahmen. Die neuen Grundherren, die drüberstehen, sind die extraordinär verdienenden Holozän-Leugner – die Klimaretter.

Ein Staat, der den Pakt mit seinen Bürgern bricht, der verliert deren Vertrauen. Zuerst reagieren diese überrascht und atemlos, doch ändert der Staat sein katastrophales Verhalten nicht, wird der Vertrauensverlust chronisch. 2023 sage ich, die grünen Ideologen sind noch lange nicht fertig. Sie wollen letztlich eine Ökodiktatur. Sie negieren den freien Willen der Menschen, und die wollen in jeder Einzelheit bestimmen, wie der Einzelne zu existieren hat: immobil und still.

 

Gunter Weißgerber war Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als „Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

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Paul J. Meier / 23.09.2023

Diese EU will partout die Bevölkerung gegen sich aufbringen! Man glaubt, dass man das was in den Ländern nicht durchsetzbar ist, über die Union gelingt! Und immer wieder kommen solche Totschlagargumente wie “Sicherheit”. Auf den technischen Fortschritt zu setzen ist ein Nogo! Bis 2050 will man keine Verkehrstoten mehr! Bis dort ist das autonome Fahren bereits verwirklicht, wenn das wirklich will kann man dann den ganzen Individualverkehr ohnehin steuern, die KI entwickelt sich rasant. Weshalb wollen diese Grünen und von denen kommt das, jetzt noch die Leute schickanieren, die Wirtschaft ruinieren etc. Was tut ein alter Autofahrer der zum Einkaufen, Arzt, Krankengymnastik etc. muss und auf dem Land wohnt, wo keine Öffis verkehren? Oder der schlichtweg zu einem Freizeitziel will? Auch diese würden massive Einrüche erleben, Autoindustrie, die Autohändler, Werkstätten, Reifenhändler usw. sowieso. Wenn man bequem ein autonomes Fahrzeug kaufen oder auch per Carsharing bestellen könnte, wären diese Schikanen ohnehin obsolet und das Ziel heißt 2050! Die EU ist ihr eigener Totengräber, soviel steht fest! Die übrige Welt überholt uns locker und lacht diese Greendealer aus! Entmachten oder auswandern, das sind die 2 Optionen!

Rainer Niersberger / 23.09.2023

Das ist uebrigens nichts” Persoenliches”. Die Taeter suchen und finden neue Narrative, um ihre eigentlichen Ziele ” verkaufen” zu koennen. Und die Taeter sitzen zwar auch, aber nicht nur in Bruessel. Wir haben mindestens 2 Gruppen, die kollusiv, sich sozusagen die Baelle zuspielend, an denselben Zielen arbeiten. Strukturell hat die EU gewisse Vorteile, weil ihre Machthaber nicht kontrolliert werden ( koennen), etwas, worum sie vermutlich von den nationalen Regimes sehr beneidet werden. Abgesehen von den bekannten? supranationalen oder antinationalen Zielen der Globalisten waere es vorteilhaft, wenn irgendwann einmal verstanden wird, wie Organisationen und Systeme funktionieren, natuerlich Mithilfe des menschlichen Faktors. Dann wuerde man vielleicht sogar begreifen, dass das erste Problem bereits die EU - Konstruktion selbst ist, so wie es auch eine systemische Ursache der Parteienherrschaft und ihrer Folgen in Sch’land gibt.  Nichts von alldem faellt vom Himmel. Von Details abgesehen kann man, gewisse Eigenschaften unterstellt, sehr frueh nicht nur das Problem, sondern auch die nahezu logische bis zwangsläufige weitere Entwicklung erkennen. Dass Menschen jede Option nutzen, mitunter auch zu unfeinen Zielen und mit unfeinen Mitteln, die ihnen systemisch geboten wird, ueberrascht nur die notorischen Gutmenschen, von denen es erstaunlich viele, vor allem in Sch’land, gibt.  Es ist relativ einfach : Man haette es bei der EWG lassen muessen. Jeder Schritt weiter war einer zuviel. Freihandelszonen, bi - oder multilaterale Verträge immer und gerne, mehr nicht.  Nun gibt es hier nur die AfD, die sowohl den sehr unseligen politkulturellen Einfluss des Hegemon auf dieses Land erkennt wie auch die vorsaetzliche Fehlkonstruktion EU.  In Ungarn sitzt auch noch einer, der es kapiert. Die Autoren hier tun sich damit schwer, was auch ihren vermutlich unzureichenden Erfahrungen in System -, Orga -, Struktur -, Kultur - und Personalfragen geschuldet ist.  Aber es gibt Literatur.

Manfred Knake / 23.09.2023

Was ist falsch daran, dass Fahranfänger nicht gleich mit PS-starken Boliden fahren dürfen? In Frankreich gelten bereits 100km/h auf Landstraßen und 110 km/h auf Schnellstraßen für Kfz-Fahranfänger, zu meiner Zeit in Frankreich waren es noch 90km/h. Motorradanfänger ab 18 Jahren dürfen in Deutschland zunächst nur auf einen Bock, der maximal 48 PS hat. Auch Sehtests für Senioren halte ich für durchaus begründet. In diesem Land der Raser ist wohl alles vom Teufel, was irgendwie zu mehr Verkehrssicherheit führen könnte. In anderen Ländern fährt es sich viel entspannter: In den USA z.B. je nach Bundesstaat maximal 75 mph (121 km/h), in anderen Bundesstaaten 70 mph (113 km/h) bis hin zu höchstens 60 mph (97 km/h) auf Hawaii. In den Niederlanden gelten 80 km/h, auf Autobahnen höchstens 100 km/h bzw. 130 km/h nachts. Im engen Deutschland wird gerast auf Deubel komm raus. Verständlich, dass nur die irrationalen Gasfüße in Deutschland schäumen. Zitat vom Autor: „Persönliche Freiheit und uneingeschränkte Mobilität kennzeichnen freie Gesellschaften.“  - Frage: Wurden die Amis, Franzosen oder die Niederländer durch schärfere Verkehrsregeln etwa versklavt? Geht´s noch?

M.-A. Schneider / 23.09.2023

Warum gehen wir nicht zu Millionen für unsere Freiheit auf die Straße, ist die Mehrheit immer noch zu träge, um das alles, was wir seit fast vier Jahren an massivem Freiheitsentzug erleben, noch nicht genug? Es reicht nicht, dem vielleicht doch vorhandenen Unmut oder gar den Zorn über die Politik in den eigenen vier Wänden oder hinter vorgehaltener Hand leise auszusprechen, da muss viel mehr kommen, sonst passiert das, was in diesem aufrüttelnden Beitrag dargestellt und analysiert wird.

finn waidjuk / 23.09.2023

Die EU zündet gerade die zweite Stufe hin auf dem Weg zur Einschränkung der individuellen Mobilität. Während die erste Stufe, das Verbot von Verbrennern, mit “Klimaschutz” begründet wurde, geht es jetzt wieder, wie bei Corona, angeblich um die Erhöhung der Sicherheit.  Das Ziel: Zero Verkehrstote bis 2050. Wenn es nach der EU geht, dann haben wir 2050 Zero CO2, Zero Verkehrstote,  Zero Fleischverzehr und Zero Inzidenz von was auch immer. Im Gegenzug werden wir dafür Zero Freiheit, Zero Wirtschaft, Zero Lebensqualität haben. Durchgesetzt werden kann das nur mit Bürgern, die über Zero Verstand verfügen. Keine schönen Aussichten. Die gute Nachricht ist allerdings: falls die EU diese Dystopie tatsächlich bis 2050 schaffen wird, wird es spätestens 2060 Zero EU geben. Nur wird es dann, altersbedingt auch Zero finn waidjuk geben. Ob ich mich darüber freuen oder traurig sein soll, weiß ich jetzt auch nicht.

Johannes Schuster / 23.09.2023

Evolution und Lernen: Mal sehen wie lange die Autoren auf der Achse brauchen um zu merken, daß man mit bürgerlichen Flatulenzen empörter Wörtchen nichts erreicht. Es gilt bei der Politik das Gleiche des Unfeinen, wie bei einer bösen Mutter: Macht die Windel voll, zieh sie aus, und ab ins Fresswerk damit. Jetzt und auch erst jetzt ist die Meinung “ausdrücklich”. Hihihihi,

Richard Reit / 23.09.2023

Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, wird es bald als Hass gewertet, wenn man ein T-Shirt mit der Aufschrift “Freiheit” trägt.Der Begriff “Freiheit” wird systematisch immer mehr in Verruf gebracht.Er wird mit uebersteigertem Individualismus, ja mit Egoismus in Verbindung gebracht.Waehrend der massiven Grundrechtseinschränkungen der vergangenen Jahre wurde in Bezug auf deren Kritiker sogar von einer “faschistischen Auffassung von Freiheit” geschrieben.Neusprech lässt grüßen.

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