Henryk M. Broder / 30.08.2017 / 10:37 / Foto: Tim Maxeiner / 32 / Seite ausdrucken

Die entsorgte Nation

Thomas Fischer, der sich in sein Amt als Vorsitzender Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes eingeklagt hatte (Rechtsstreit um die Stelle des Senatsvorsitzenden), besitzt nicht nur eine erstaunliche körperliche Ähnlichkeit mit Dorfrichter Adam, er schreibt auch ellenlange, adipöse, nicht zu Ende gedachte und logorrhoeische Texte zu Rechtsfragen im Alltag. Von Januar 2015 bis Mai 2017 produzierte Fischer eine wöchentliche Kolumne („Fischer im Recht"), die er auf Zeit Online entsorgte.

Nun scheint sich der inzwischen pensionierte Fischer ein wenig zu langweiligen und heckt deswegen allerlei Späßchen aus. Er hat den AfD-Politiker Gauland wegen Volksverhetzung angezeigt, nachdem dieser gesagt hatte, er würde gerne die SPD-Bundestagsabgeordnete und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, "in Anatolien entsorgen". 

Es scheint sich also um einen Fall von übergeordneter Wichtigkeit zu handeln, ein Offizialdelikt, bei dem die Behörden einschreiten müssen. Ginge es nur um Beleidigung, üble Nachrede und ähnliche Bagatellen, müsste Frau Özoguz sich persönlich beleidigt fühlen und einen Strafantrag gegen Gauland stellen. Sie könnte es zum Beispiel als Zumutung empfinden, in Anatolien entsorgt zu werden und sich gerne eine andere Destination aussuchen. Thomas Fischer, dessen Auftritte querulatorische Züge tragen, möchte aber einen Präzedenzfall statuieren. Die Frage, um die es geht, lautet: Was ist an dem Wunsch, jemanden entsorgen zu wollen, volksverhetzend? Stellt Frau Özoguz das Volk dar?

Und warum greift er erst jetzt ein? Liest er nur seine eigenen Texte und hat deswegen diese übersehen?

„Natürlich gibt es korrupte Abgeordnete und Lobbyisten, aber die halten sich meist nicht lange in Brüssel und werden entsorgt.“  Hier

„Eigentlich ist es aber für Parteien ein Segen, ausgebrannte oder unfähige Mitglieder diskret in der Wirtschaft entsorgen zu dürfen.“ Hier

„Entsorgt in Brüssel - Günther Oettingers Ernennung trägt klassischen Züge Merkel'scher Problementsorgung." Hier

„Wir entsorgen in der EU lieber unsere politische B-Prominenz." Hier

„In Schröder-Manier haben die Grünen ihre Skandalfigur ruck, zuck entsorgt." Hier

„Sanft entsorgt“ Hier

„Zurück bleibt das Bild einer Partei, die einen ihrer Genossen notfalls ohne Skrupel entsorgt  - ähnlich wie in der US-Serie "House Of Cards." Hier

„Die Merkel will aber nicht, dass die entsorgt werden. Weil sie sich dann gleich selbst entsorgen müsste. Immerhin hat sie ja auch schon den toxischen Stoiber, Kohl und Merz entsorgt. Und den Koch fast auchDie Grünen wollen gerne die Künast und den Trittin entsorgen.“ Hier

"Nach der Grünen-Urwahl zeigt sich SPD-Chef Sigmar Gabriel zuversichtlich für einen Regierungswechsel im kommenden Jahr. Es gebe jetzt das gemeinsame Ziel von SPD und Grünen, nicht nur die Regierung Merkel abzulösen, sondern 'rückstandsfrei zu entsorgen', sagte Gabriel am Montag in Berlin. Er sei sicher, 'dass wir gute Chancen haben, das zu schaffen'." Hier

Wenn sich Richter Fischer jedes Mal so aufblähen würde, wie er es im Falle von Alexander Gauland getan hat, hätte er so viel zu tun, dass er kaum noch dazu käme, Artikel zu schreiben. Was in der Tat ein echter Kollateralnutzen wäre.

Siehe auch: Richter Endlos – Der Kinski mit der roten Robe

Foto: Tim Maxeiner

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Heinz wegener / 30.08.2017

Sehr geehrter Herr Broder, leider ist mir niemand bekannt der es verdient mit einem Leserbrief bedacht zu werden. Sie sind die Ausnahme, Herr Broder. Ich wünsche Ihnen das ewige Leben, aber wenigstens solange, bis mein Leben endet. Auf Ihre Kommentare möchte ich lebenslang nicht verzichten. Einfach genial sind Ihr Wissen und Ihre Stellungnahmen. Vielen Dank für Ihre erbaulichen Mitteilungen im Internet. Mit freundlichen Grüßen Heinz Wegener

Jutta Winter / 30.08.2017

Vielen Dank Herr Broder für Ihre wunderbare Kolumne. Sie haben wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich lese Ihre hervorragenden und klaren Texte sehr gern.

Stefan Teschner / 30.08.2017

Lieber Herr Broder, dass Sie Ihr rhetorisches Talent an einen eitlen Selbstdarsteller verschwenden! Wobei: “..adipöse..Texte..” ist wirklich köstlich..

Martin Lederer / 30.08.2017

Ich habe diesen Thomas Fischer einmal bei der Sendung Maischberger gesehen. Und das war sehr erhellend. Seitdem hege ich auch keine Illusionen mehr über die Richter in diesem Land.

O. Prantl / 30.08.2017

Danke ! Er war Jurist und auch sonst von schlechtem Erinnerungsvermögen.

Peter Nemer / 30.08.2017

Da lag ich doch falsch mit meiner Vermutung, “entsorgen wäre ein “rechtslastiger Begriff”. Es ist wohl doch ein “deutscher” Begriff. Hoffe, das darf man noch schreiben.

Günter H. Probst / 30.08.2017

Dem Ex-Richter ist das Entsorgen völlig egal. Es gab wohl einen Wink, daß er bei Herrn P. den Herrn G, wegen der Entsorgung von Frau Ö. der kriminellen Machenschaften beschuldigen sollte. Da Herr G. weder geklaut, noch getötet, noch vergewaltigt hat, mußte der Gesinnungs-Strafbestand Volksverhetzung herangezogen werden. Ich nehme an, daß der Schuß bei den Wahlen nach hinten los geht. Aber wir sollten nochmal darüber nachdenken, ob solche Straftatbestände nicht entsorgt gehören. Geben Sie Gedankenfreiheit, BT!

Caroline Neufert / 30.08.2017

Sehr schön, auch Ihr Artikel aus 2010. Und Sie haben recht mit Ihrem Titel. Auch wenn ich ihn nicht wähle, hätte Herr Gauland für mich souveräner reagieren müssen. Nach den impertinenten, aggressiven Nachfragen Plasbergs, hätte er klipp und klar sagen müssen, dass Wahlkampf sei, das Wort von vielen genutzt wird, gefragt, was Frau Özoguz und die Aufgebrachten gegen das schöne Anatolien hätten (das wäre rassistisch) und er zum Thema “Der Bürgercheck zur Wahl: Wie umgehen mit Trump, Erdogan und Putin?” gekommen sei, er sich aber freue und sehr gern bereit wäre, noch einmal in einer ZDF-Sondersendung seine Rede vorzustellen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com