Von Erwin Jurtschitsch.
Sie haben alles gehabt. Freiheit, Sex und Politik. Wohngemeinschaften und besetzte Häuser. Wohlstand und Arbeit. Bezahlte Jobs statt Serienpraktika. Sie durften sich als die Avantgarde fühlen. Haben Parteien gegründet und sich Che ins Wohnzimmer gehängt. Sie haben zehn Jahre lang studiert, um am Ende sich vom Staat bezahlen zu lassen. Sie sind mit rußenden Autos gefahren ohne Kat. Sie haben immer hohe Steuern befürwortet, sie aber nie bezahlt. Und sie haben die Ökologie und das Waldsterben oder den Klimawandel erst spät für sich entdeckt. Zuvor aber haben sie als Rucksacktouristen die ganze Welt bereist, bis in den letzten Winkel von Laos und Kambodscha.
Und genau diese Generation hat es geschafft, ihren Kindern die Zukunft zu nehmen. Erst hat sie ihre armen Nachfahren von Kindesbeinen an mit Horrornachrichten überflutet. Von Dioxin über Waldsterben, von Gentechnik bis Atomenergie, von Bienensterben bis Insektentod. Immer nur die Apokalypse. Und nun, am Ende des Zyklus, geht die Welt unter im wörtlichen Sinne.
Keine Lösungen, keine Ideen für die Zukunft; nur Verbote, Einschränkungen oder, wie es bei den Grünen so neudeutsch heißt: Wir werden schmerzliche Anpassungen vornehmen müssen. Wobei die schmerzhaften Anpassungen immer für alle anderen gelten oder warum jetten Grüne so ungeniert um die Welt, Transport mit dem Porsche-SUV zum Flugzeug eingeschlossen?
Noch viel schlimmer ist, was diese Generation dem Seelenleben ihrer Nachfahren angetan hat. Kein Wunder, wenn diese nun konservativ werden und sich aufs Landleben zurückziehen wollen. Statt Globalisierung lieber Dorfgemeinschaften, statt Aufbruch und Freiheit lieber Verzicht und Selbstgeißelung.
Die immer schon dümmste grüne Fraktion in Hamburg
Wie weit der Irrsinn gehen kann, zeigt die immer schon dümmste grüne Fraktion, die Grünen in Hamburg. Sie wollen mit allen Zwangsmaßnahmen eine Hafen- und Industriestadt klimaneutral machen. Nur Hamburg, nicht etwa die ganze Welt, nein, eine Stadt. Und das Handwerk soll mit Lastenfahrrädern versorgt werden. Das ist kein Spaß, sondern bitterer Ernst. Der Individualverkehr soll komplett abgeschafft und der Hafen dramatisch zurückgefahren werden. In dem sogenannten Strategiepapier ("Grün in Führung gehen") steht keine einzige Zeile, woher der Wohlstand kommen soll, der die Bewohner Hamburgs weiter ernährt. Und man darf gespannt sein, was passiert, wenn die Wähler den Grünen die Mehrheit der Stimmen geben. Was folgt auf eine solch harte Deindustrialisierung? Und vor allem, wie soll sie durchgesetzt werden? Diktatur oder Venezuela?
Es ist an der Zeit, Widerstand zu leisten. Widerstand gegen die Zerstörung eines Industrielandes. Gegen die Zerstörung wissenschaftlicher Vernunft und gegen hysterischen Alarmismus. Schon beim Waldsterben und bei der Dioxindebatte wurde massiv übertrieben und keiner, der damals den Irrsinn propagiert hat, gibt heute zu, wie falsch wir alle lagen.
Der erste Widerstand gilt den Grünen, der nun völlig irren SPD und Teilen der CDU. Von Habeck bis zu Merkel haben sie nur eines im Sinn: alles, was das Land reich und wohlhabend gemacht hat, zu zerstören. Der Weg ist vorgezeichnet. Erst sind es Fahrverbote, dann folgen Flugverbote und Verbote auf Fleisch.
Am schlimmsten aber ist der Versuch, die Freiheit abzuschaffen. Die Freiheit, sich selbst zu schaden, die Freiheit, an seine Grenzen zu gehen, die Freiheit, selbst zu entscheiden. Alles und jedes soll reglementiert werden. Um all das durchzusetzen, wurde früher der Kampf gegen das Kapital ausgerufen, dann gegen den Imperialismus und dann gegen die Atomindustrie.
Jetzt aber wird mit der endgültigen Apokalypse gedroht. Das Klima als Rechtfertigung für die neuen Jakobiner. Und nicht nur in China träumen die Machthaber von der perfekten, sanften Diktatur. Wer fliegt und Auto fährt, hat bald nichts mehr zu lachen in dieser neuen grünen Welt der Habecks. Und je sanfter sie daherkommen, desto mehr gehen ihnen die Wähler auf den Leim. Es wird ein böses Erwachen geben, wenn Habeck und Baerbock das Programm der Grünen in die Wirklichkeit umsetzen.
Erwin Jurtschitsch ist Journalist und gehörte zu den Mitbegründern der taz.