Thomas Rietzschel / 26.11.2022 / 15:00 / Foto: Pixabay / 23 / Seite ausdrucken

Die elf Affen von Katar

In den Siebzigern, nach 1968, waren die drei Affen von Benares groß in Mode. Jeder, der auf sich hielt, wusste von ihnen, eng aneinander gedrängt saßen sie da, der eine hielt sich die Ohren zu, der andere die Augen, der dritte schließlich den Mund. Kaum eine Studenten-WG, in der ihr Abbild nicht an der Wand hing oder aus Knete und Salzteig geformt auf der Fensterbank stand. Was es mit den Figuren auf sich hatte, mochte der Kuckuck wissen.

Irgendetwas mit Abwehr würde es schon zu tun haben. Das aus dem Japanischen stammende und auf Konfuzius zurückgehende Symbol, das sich ähnlich auch in der Bibel findet, besagt indessen, dass, wer in Frieden leben will, gut daran tut, das Böse und das Schlechte nicht zu sehen oder zu hören, geschweige denn zu kommentieren.

Doch wäre es sicher zu viel verlangt, würde man von den Fußballern erwarten, sie seien in der Lage, diese moralphilosophische Geschichte zu überblicken. Schließlich werden sie für das Bolzen, nicht für das Nachdenken bezahlt. So hielten sie sich aus Protest gegen die FIFA und Katar, die dem Kapitän der deutschen Elf das Tragen einer Armbinde mit der Aufschrift „One Love“ untersagten, vor dem Anpfiff zu ihrem ersten WM-Spiel die Hand vor den Mund. Mutig machten sie sich zu den elf Affen von Katar.

Geste der Unterwerfung

Der Emir und der FIFA-Chef Gianni Infantino mögen sich gemeinsam vor Freude auf die Schenkel geschlagen haben, da die Fußball-Helden mit ihrer symbolischen Geste genau das versprachen, was die Gastgeber und der Fußball-Diktator verlangten: kein kritisches Wort über die politischen Verhältnisse und die Missachtung der Menschenrechte in Katar zu verlieren. Die Geste des Protestes war eine unübertreffliche Geste der Unterwerfung: Wir sehen, hören und sagen nichts, solange nur der Ball rollt und die Kasse stimmt.

Wie immer die WM sportlich ausgehen mag, die Deutschen haben das spektakulärste Eigentor bereits geschossen, direkt am Außenpfosten vorbei. Ein Schuss, der nach hinten losging, ein Bekenntnis bedingungslosen Gehorsams. Dass sie dann ihr erstes, das Spiel gegen Japan, der Heimat der heiligen Affen, auch noch verloren, bleibt als Ironie der Geschichte zu vermerken. Elf Affen sind eben mehr als drei und moralisch einfach unschlagbar.

PS. Nur um der Kritik vorzubeugen, hier habe einer, der den Fußball für eine Sportart der weniger klugen Köpfe hält, die Gelegenheit genutzt, die Spieler als die Deppen anzuschwärzen, die sie mehrheitlich sind, soll nicht unerwähnt bleiben, wie die Medien hierzulande der Primaten-Aktion auf dem Rasen in Doha akklamierten, wenn sie etwa titelten: „DFB-Team protestiert gegen FIFA“ oder gar schrieben: „Deutschland setzt ein Zeichen“. Es war in der Tat ein Zeichen, ein wahrlich deutsches Zeichen der moralischen Angeberei und des Schwanz-Einkneifens zugleich.

Tucholsky hätte geschrieben, sie taten so, als ob sie etwas tun würden.

Foto: Pixabay

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K. Goldbaum / 26.11.2022

Wie wurde eigentlich in den ausländischen Medien über das “Bindenproblem” der Deutschen berichtet ? Und hier meine ich die Medien in Arabien, Afrika, Asien, Südamerika ?

Hennig Velten / 26.11.2022

Als Kind habe ich das erste Mal die Übertragung einer Fußball-WM gesehen, als die Mitglieder der deutschen Nationalmannschaft noch Netzer, Müller, Meyer, Beckenbauer und Breitner hießen. Bitte, was an dieser sogenannten “Mannschaft” heute ist noch deutsch oder national? Auch gewinnt man weder mit woker Haltung noch Multikulti-Kader mit “Schwuchtelbinde” am Arm Turniere. Es ist nur noch peinlich. Aber warum soll es ein paar hochbezahlten Mimöschen besser gehen als den Politikern, die mit Deutschland noch nie etwas anfangen konnten oder denen egal ist, was ihre Wähler sagen. Ich bin dafür, dass diese Manschaft das Bundesverdienstkreuz am Regenbogenbande bekommt. Damit können sie dann, anstelle von anstrengendem Training, täglich eine Stunde für BLM oder meinetwegen für BSE knien.

Jupp Müller / 26.11.2022

Hier, ich bin einer der.. ...Fußball für eine Sportart der weniger klugen Köpfe hält, Spieler als die Deppen die sie mehrheitlich sind.

Jan Blank / 26.11.2022

Alle hams falsch verstanden!! Unsere Topkicker wollten in Wirklichkeit sagen, dass sie die Verhältnisse dort zum Kotzen finden. Nur ihre rasche geistesgegenwärtige Reaktion verhinderte, dass der kollektive Brechreiz den wertvollen Rasen benetzte.  Beim “Zeichen setzen” war man früher auch schon weiter…. hat nicht Fritz Teufel sogar mal in den Gerichtssaaal geschissen? Eine Wurst für Katar- das wäre doch mal was….

Joerg Machan / 26.11.2022

Als ich das Bild zum ersten Mal gesehen habe, habe ich gedacht die müssten alle kotzen. Und ich habe mich nur gefragt warum? Wenn 55 muslimische Staaten beschließen, dass die Scharia Vorrang vor irgendwelchen anderen Werten und Rechten hat, dann respektiere ich das. Blöd ist nur, dass der Islam ja auch zu Deutschland gehört. Na ja, zumindest wissen wir jetzt, was da auf uns zukommen könnte. “Unterwerfung” ist übrigens ein äußerst empfehlenswerter Roman zu diesem Thema.

Dirk Jungnickel / 26.11.2022

Man möge es meiner Fußballmuffligkeit zugute halten: Ich habe bis heute nicht begriffen, was “one love” auf dieser Binde zu bedeuten hat. Bevor ich mich blamiere, habe ich das Internet befragt: “Mit der in regenbogenfarben gehaltenen „One Love“-Armbinde wollten Deutschland sowie sechs weitere Verbände ein Statement gegen Homophobie, Antisemitismus und Rassismus beim Turnier in Katar setzen.”   Da stellt sich mir die Frage, hat das der / die Rosa von Praunheim anläßlich seines 80zigsten Geburtstags erfunden ?  Seine Auftritte versteht man ja manchmal auch nicht ohne Weiteres…

Michael Lorenz / 26.11.2022

“... würde man von den Fußballern erwarten ...” - müsste man nicht, um dem Geist dieser Zeichensetzungstruppe gerecht zu werden, diese als “Fußballende” bezeichnen?

Dr. Joachim Lucas / 26.11.2022

Für den morgigen Tag: Viva Espania!

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