Julian Marius Plutz, Gastautor / 30.04.2021 / 10:30 / 44 / Seite ausdrucken

Die echten Arbeitslosenzahlen für April – Achgut.com rechnet jeden Monat nach!

Die echten Arbeitslosenzahlen für April: Immer noch mehr als 6 Millionen 

Zum Ende jedes Monats veröffentlicht die Agentur für Arbeit die Arbeitslosenzahlen für Deutschland. Hierbei wendet die Behörde ziemlich simple Taschenspielertricks an, um die Statistik schönzurechnen. Was für eine Bundesbehörde eine ziemlich unbefriedigende Leistung darstellt, ist für jene Medien, die diese Zahlen als zuverlässig verbreitet, ein Armutszeugnis. Also habe ich mir auf die Fahnen geschrieben, jeden Monat die Höhe der echten Arbeitslosenzahlen abzubilden. 

Die prominenteste Zahl in der Presseerklärung lautet 2.771.000. So viele Menschen seien, so der Monatsbericht, arbeitslos. Diese Aussage ist jedoch völlig falsch, wenn man sieht, wie die Beamten zu dieser Zahl kommen. In den rund 2,7 Millionen Menschen sind lediglich die Arbeitslosen abgebildet, die im Sinne SGB II („Hartz IV Empfänger“) und SGB III (Personen in Fördermaßnahmen, Behinderte etc.) nicht erwerbstätig sind. Arbeitslose, die über 58 Jahre alt sind, werden in der Arbeitslosenzahl gar nicht berücksichtigt. Diese liegen bei 168.166 Personen. Diese, so wie Teilnehmer an Programmen zur Integration in den Arbeitsmarkt, Arbeitsunfähige sind laut den Statistikern der Agentur für Arbeit unterbeschäftigt. Sie sind arbeitlos, werden aber anders genannt. Im engeren Sinne unterbeschäftigt 3.543.427 Menschen, also 800.000 Arbeitslose mehr, als in der Zahl, die Tagesschau und Co. stolz präsentieren. Das sind mehr als 20% und durchaus üblich. Nach meiner Erfahrung bewegt sich die Differenz der sogenannten Arbeitslosen und der Unterbeschäftigten zwischen 20 und 30 Prozent. Doch auch diese Zahl ist von der Realität weit entfernt. 

Mir ist ein absolutes Rätsel, warum in den proklamierten Arbeitslosenzahlen niemals Personen genannt werden, die Arbeitslosengeld I beziehen. Diese sind genauso ohne Arbeit – beziehen jedoch keine Sozialleistung, sondern Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, was aber am Umstand der Joblosigkeit nichts ändert. Laut Statista sind es 1,1 Millionen Personen, die unerwähnt bleiben. Sicher, es gibt unter diesen Beziehern auch Kandidaten, die das ALG I für ein Jahr „mitnehmen“, um dann erst eine neue Beschäftigung zu suchen. Arbeitslos sind sie jedoch trotzdem.

Mitnahmeeffekte von Kurzarbeit sind real

Ein großes Thema in den letzten Monaten ist der Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG). Und immerhin: Im Monatsbericht werden diese unter Unterbeschäftigung aufgeführt. Da die Meldung immer um zwei Monate verzögert stattfindet, sind lediglich die Zahlen von Februar 2021 verfügbar. Damals erhielten 2.176.000 Personen KUG. Um eine echte Arbeitslosenzahl zu nennen, müssen auch diese Personen genannt werden. Hierbei ist jedoch eine Differenzierung wichtig: Aus meiner Erfahrung als Praktiker ist KUG für viele Unternehmen auch ein Anreiz, ihren Cashflow mit Hilfe des Staates zu optimieren. Ziel von Kurzarbeit ist es, den Beschäftigten in Arbeit zu halten. Und es stimmt, viele Beschäftigte, gerade in der Gastronomie oder Einzelhandel, hätten gekündigt werden müssen, gäbe es die Ausgleichzahlung vom Staat nicht. 

Wahr ist aber auch: Die Mitnahmeeffekte sind nicht zu unterschätzen. Diese sind natürlich kaum messbar, dennoch wäre es ungerecht, die 2,17 Millionen Kurzarbeiter mit Arbeitslosen gleichzusetzen. Daher habe ich entschlossen, nur zwei von drei Leistungsempfängern zu berücksichtigen. Diese Berechnung ist ein stückweit willkürlich und sicherlich nicht korrekt. Es erscheint mir aber korrekter zu sein, die Zahl kleiner zu halten, als sie ist – denn nicht alle Kurzarbeiter wären ohne KUG tatsächlich arbeitslos. 66 Prozent von 2,17 Millionen sind grob gerundet 1,45 Millionen, die ich zur echten Arbeitslosenzahl hinzufüge. 

13,7 Prozent  Arbeitslosenquote – noch ohne Zombie-Unternehmen 

Gar nicht bewertet werden Zombieunternehmen. Das ist auch nicht möglich und wäre tatsächlich zu spekulativ. Laut verschiedener Schätzungen geht man von 500.000 bis 800.000 deutschen Unternehmen aus. Wie viele davon tatsächlich in Deutschland sitzen und wie viele Mitarbeiter sie beschäftigen, ist unklar. Dennoch sollte man diese Beschäftigten im Hinterkopf haben. Aufgrund der lockeren Geldpolitik existieren viele Unternehmen, die de facto nicht mehr am Leben sind. Sie werden lediglich durch die Gelddruckpressen am Leben gehalten. Mitarbeiter von Zombieunternehmen werden schlechter bezahlt, genießen keine oder weniger Weiterbildungsmaßnahmen und verrichten oftmals keine sinnvollen Job. 

Auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet komme ich auf eine Arbeitslosenzahl von 6,09 Millionen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 13,7 Prozent, die mehr als doppelt so hoch ist, wie die in den großen Medien besprochene Quote von 6 Prozent für den April 2021. Und die echte Quote von 13,7 Prozent dürfte um einiges höher ausfallen, wenn man Zombieunternehmen und gar nicht registrierte Arbeitslose hinzurechnet. Es ist durchaus möglich, dass aktuell jeder Fünfte keiner Beschäftigung nachgeht. Währenddessen tut ein Arbeitsminister alles daran setzten, Arbeit zu verhindern.

Ergänzung: Ausländer sind häufiger arbeitslos

Besonders zu bedenken gibt die Tatsache, dass bis zu 30 Prozent der Arbeitslosen Ausländer sind. Nicht berücksichtigt sind hierbei Personen mit deutschem Pass und Migrationshintergrund. Wenn man von 11,4 Millionen Passausländern ausgeht, ergibt sich eine Ausländerquote von 13,7 Prozent. Oder anders: 30 von 100 Arbeitslosen sind Ausländer, während etwas mehr als 10 von 100 Personen in Deutschland überhaupt ausländisch sind. Bei diesen Zahlen gehen die Alarmglocken an. Und wenn man bedenkt, dass die rund 50 Prozent Menschen mit ausländischen Wurzeln gar nicht berücksicht werden, kann man sich denken, wohin die Reise geht: Mit zunehmender und ungenügend gesteuerter Einwanderung steigt auch die relative Zahl der echten Arbeitslosen. 

Gleichzeitig zerstört der Arbeitsminister zum Beispiel durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz, aber auch durch Mondvorstellungen von Mindestlöhnen Perspektiven von Arbeit – gerade für diese Klientel. Andererseits reizt das System an, gar nicht zu arbeiten, da die Arbeitslosengeld II Bezüge kaum sanktioniert werden. 

Julian Marius Plutz arbeitet hauptberuflich im Personalbereich. Alle Zahlen, die nicht via Link belegt wurden, bezog der Autor aus dem Monatsbericht der Agentur für Arbeit April. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog "Neomarius". 

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Leserpost

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Markus Schumann / 30.04.2021

Wenn Corona dann mal beendet ist (nach der BTW könnte das sehr schnell gehen): 1. Werden die “Zombie”-Unternehmen Insolvenz anmelden (müssen, sonst Insolvenzverschleppung). 2. Werden die ersichtlich nur noch durchgefütterten Arbeitnehmer arbeitslos werden, da die staatlichen Durchhalteprämien wegfallen. 3. Werden die HomeOffice-Mitarbeiter, wenn sie jung genug sind, ihre Arbeitgeber fragen, ob ein Wohnsitzwechsel hin zu mehr Sonne bei weniger Steuern und Kriminalität akzeptiert wird - und bei (zB) 20% weniger brutto (Vorteil AG) aber 20% mehr netto (Vorteil AN) sollte es klappen: Offshoring der anderen Art, ohne Kulturbarrieren. 4. Werden wir weiter Immigration ohne Nutzen haben, mehr Abnehmer, weniger Einzahler in die “Sozial"systeme. Ende offen!?

G. Böhm / 30.04.2021

Nachtrag 1: SORRY! - Richtig muß es im Satz meines Kommentars heißen: ... ‘Dabei muß man berücksichtigen, daß die Wirtschaftsleistung (statt ‘das Wirtschaftswachstum’) 2020 um ca. 5% gegenüber 2019 gefallen war.

G. Böhm / 30.04.2021

Um ehrlich zu sein, ich war zunächst ungläubig darüber, ob die Behauptung des Autors tatsächlich stimmig sein könnte, daß in der Statistik die eigentlichen Arbeitslosen, also die Bezieher von ALG I, nicht enthalten seien und wollte dies selbst nachprüfen. Ergebnis: Eine solche Nachprüfung erfordert erheblichen Aufwand, den ich letztlich seinließ. Zunächst schaute ich mir die Statistik der BA an: ‘Eckwerte des Arbeitsmarktes, Deutschland April 2021, Datenstand: April 2021’. In der Tabelle sind tatsächlich die Arbeitslosen nach § 16 SGB III (2,771 Mio.) ausgewiesen. Schaut man in SGB III nach, so steht unter § 16 (1): “Arbeitslose sind Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld .... und unter (2): “An Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Teilnehmende gelten als nicht arbeitslos.” - also folge ich dem Autor und möchte auf noch etwas hinweisen. Diesen rd. 6 Millionen ‘Arbeitslosen’ steht trotz allem ein BIP-Wachstum entgegen, das der BuWiMi in seiner letzten Prognose auf 3,5 % für 2021 angehoben hat. Dabei muß man berücksichtigen, daß das Wirtschaftswachstum 2020 um ca. 5% gegenüber 2019 gefallen war. Die jetzige Steigerung wirft dennoch bereits jetzt einen langen Schatten auf die zukünftige Entwicklung des Arbeitsmarktes, auch, wenn nicht ganz klar ist ob die Wachstums-Prognose für 2021 mit + 3,5 % ggf. preisbereinigt ist. Warten wir das Jahresende ab.

klaus brand / 30.04.2021

@Rolf Mainz / 30.04.2021 “Die gleiche Trickserei wie mit ... der Inflationsrate. Jene betrifft gar nicht - wie die meisten glauben - die Preisentwicklung in ihrer Gesamtheit, sondern lediglich einen ausgewählten “Warenkorb”. Einen Warenkorb, der z.B. die exorbitant steigenden Wohnkosten gar nicht berücksichtigt.” Laut Wikipedia unter dem Stichwort “Warenkorb” zu ermitteln beträgt der Anteil für “04 Wohnung, Wasser, Gas, Brennstoffe ” in den Jahren von 1995 bis 2015 im 5 Jahresabstand jeweils in Prozent: 27,5 ;30,2 ; 30,8 ;  31,7 ; 32,5 . Vielleicht sollte sich Herr Mainz gelegentlich etwas belesen, bevor er derart unqualifizierte Äußerungen in die digitale Welt herausposaunt. Es könnte auch dem Renommee der Achgut-Redaktion förderlich sein, diese Art von Stammtischparolen nicht unkommentiert zu veröffentlichen.    

Jürgen Fischer / 30.04.2021

Herr Plutz, erinnern Sie sich nicht an das, was Herr P. Altmaier vor einem Jahr gesagt hat? Niemand wird wegen Corona seinen Arbeitsplatz verlieren. Es dürfte inzwischen klar sein, dass er das lediglich auf die (schöngetürkte) Statistik bezogen hat. Dass die Realität anders aussieht, spielt für solche Leute keine Rolle. Hauptsache, die Diäten kommen jeden Monat pünktlich auf dem Konto an.

Thomas Brox / 30.04.2021

Bei den 6,09 Millionen fehlt die Sozialhilfe bzw. Leistungen für Asylanten bzw. Migranten. Alles in allem mindestens 8 bis 9 Millionen Empfänger von Sozialtransfers, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Der unproduktive Staatssektor dürfte insgesamt vielleicht 14 Millionen Personen umfassen (ÖD, Pensionäre, scheinprivatisierte Behörden, Staatsunternehmen, steueralimentierte NGOs). Die Anzahl der Erwerbspersonen (das sind Erwerbstätige + Erwerbstätigkeit suchende) beträgt 46,5 Millionen. Da nicht jeder Migrant, der Sozialleistungen erhält, eine Erwerbsperson ist, ist Zahl der produktiv tätigen Personen schwer zu schätzen. Ich tippe auf höchstens 24 Millionen Personen, die wertschöpfend tätig sind. Das sind Leibeigenen des unfähigen, schmarotzenden Staatsapparats. ++ Nach dem aktuellen Urteil des BVerfG zum Klimaschutz sollte eigentlich jedem Leibeigenen klar sein, dass er in einer Beamtendiktatur lebt, und wer ihn auspresst und enteignet. Und jedem, der diesen Schmarotzerstaat mitsamt seinen schwachsinnigen Maßnahmen (z.B. Energiewende, Migration, Euro-Transfers) zwangsweise finanzieren muss, sollten zwei Dinge klar sein: (1) Feiges Kuschen bringt keine Vorteile, es wird Hab und Gut nicht retten. (2) Nach der Bundestagswahl werden die Schrauben richtig angezogen, die rot-grüne Klientel ist dann endgültig an der Macht.

Jürgen Krebs / 30.04.2021

Einer der besten Beiträge überhaupt zu diesem Thema: Schlüssig, Glasklar, Kompetent, Auf den Punkt.

Carlos Redder / 30.04.2021

Wer jetzt und morgen, als Bio-Germane, noch Jung-Recken in die Welt setzt, der muss alternativlos volldämlich sein. Das hier ist doch kein reell existierendes Land mehr - das ist eine Chimäre, irgendein Phantasiegebilde, ein Albtraum allemal. Wer soll diese ganze unterirdische Mischpoke mal am Kacken halten, in 15-20 Jahren? Die krücken sich - und uns vor allem -  jetzt schon so dermassen 110%-ig die Hucke voll, dass die Heide wackelt…

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