Bei der Verleihung der Goldenen Kamera ist Greta Thunberg am vergangenen Samstag so aufgetreten, wie es die Regie vorsah. Angetan mit dem weißen Kleid der Unschuld, das glatte Haar züchtig gescheitelt, hat sie sich mit großen Augen als das pubertierende Weltgewissen erregt. Kleines Kino ganz groß für die versammelten Fernseh-Mimen. Die Stars der Talkshows und Vorabendserien wussten die Leistung zu schätzen. Zum Schluss dankten sie der jungen Kollegin mit Standing Ovations.
Gretas fanatische Diktion, der Aufschrei des besorgten Kindes, zusammengereimt aus Gemeinplätzen über den drohenden Weltuntergang, rührte zu Tränen. Was uns da als Höhepunkte der Samstagsabendunterhaltung zugemutet wurde, war zum Steinerweichen gruselig. Allein, das Publikum im Saal schien es nicht bemerken zu wollen. Weil ihm die Show über alles ging, nahm es jeden Unsinn für bare Münze.
Ernste Mienen, wohin die Kameras schwenkten, als sich die Halbwüchsige mit dem Bewusstsein einer erwählten Kassandra zu der Behauptung verstieg, wir seien bloß noch „elf Jahre entfernt vom Auslösen einer unbeherrschbaren Kettenreaktion“.
Auf den Nervenkitzel verstand sich Greta Thunberg in ihrer Dankesrede wie eine Alte. Die Goldene Kamera fest in der Hand, warf sie den geladenen Promis vor, sich nicht für Umwelt- und Naturschutz einzusetzen, weil sie „dann nicht mehr um die Welt fliegen könnten, um ihre Lieblingsrestaurants, Strände und Yogaseminare zu besuchen“.
Das Salz in der Suppe der Ergriffenheit
Die moralische Züchtigung war das Salz, das in die Suppe jeden Kitsches gehört. Es sorgte für die persönliche Ergriffenheit des Zuschauers. Ob sich die Verehrte dessen bewusst war, wissen wir nicht. Wahrscheinlicher scheint, dass sie schlichtweg so auftrat, wie es ihren von Natur aus gegebenen Fähigkeiten entspricht, der einseitigen Fixierung als Folge des Asperger-Syndroms, einer Form des Autismus.
Bei der Heiligen Johanna von Orleans soll es sich seinerzeit ebenso verhalten haben. Die Hybris, zu der die Betroffenen neigen, resultiert aus einer Entwicklungsstörung. Das ist ihnen so wenig vorzuhalten, wie es sich zu einer besonderen Befähigung umdeuten lässt.
Wenn Greta Thunberg so behindert ist, wie sie, ihr Pressesprecher und die Familie sagen, dann trägt sie erstens keine Schuld an ihrer Selbstüberschätzung. Und zweitens gibt es keinen Grund, ihren Phantasien besonderen Glauben zu schenken. Alles, was sie als bedrohlich verkündet, ist längst bekannt oder haltlos übertrieben. Darüber ließe sich der Mantel des Schweigens decken, wäre sie nicht von einer gelangweilten, sich selbst überdrüssigen Gesellschaft zur Domina der Klimarettung hochgejubelt worden.
Missbrauch bleibt Missbrauch
Darin besteht der eigentliche und einzige Skandal um Greta Thunberg. Ihren Missbrauch muss sich vorhalten lassen, wer sie auf die Bühne schickt, in Davos oder in Berlin. Man führt keine Menschen vor, die in irgendeiner Weise eingeschränkt sind, körperlich oder geistig. Diese Jahrmarktsvergnügungen früherer Zeiten haben wir hinter uns gelassen.
Was sich das ZDF und die Funke-Mediengruppe am letzten Samstag geleistet haben, war Schmierentheater auf dem niedrigsten Niveau, unanständig, ganz einfach unanständig.