Thomas Rietzschel / 12.02.2018 / 13:00 / 16 / Seite ausdrucken

Die Dilettanten haben fertig

Die Chancen, dass es zu dem kommen könnte, was sich eine wachsende Mehrheit wünscht, steigen zusehends. Neuwahlen rücken in den Bereich des Vorstellbaren. Als ein letzter Versuch, die Karre wieder flott zu machen, werden sie ins Kalkül gezogen. Die demokratisch sauberste Lösung wäre das zweifelsohne. Vorgesetzt, man geht davon aus, dass wir noch in der besten aller möglichen Demokratien leben.

Nur, wie ist es darum in Deutschland bestellt? Welche Wahl hätten wir außer der zwischen roten, schwarzen, grünen oder gelben Knalltüten? Was käme heraus, könnten wir demnächst erneut über die politische Führung abstimmen?

Die SPD würde hoffnungslos abschmieren. CDU/CSU ließen abermals Federn. Grüne und Linke wären hochzufrieden, könnten sie ihre Stimmenanteile behaupten, während die AfD zu wenig dazu gewinnen würde, um etwas ausrichten zu können. Zu erleben wäre die Wiederholung des Schmierentheaters der vergangenen Monate: Sondierung, Verhandungen und zum Schluss ein Koalitionsvertrag, der den Keim des Zerwürfnisses in sich trägt. Wieder die Aussicht auf eine Regierung, in der der Blinde den Lahmen führt.

Die Bonzokratie hat sich überlebt

Soll das die Lösung sein, ein ewiges Weiterwursteln? Sind wir auf Gedeih und Verderb dem Kartell der Parteien ausgeliefert? Regieren können sie das Land doch schon lange nicht mehr, jedenfalls nicht zum Vorteil seiner Bürger. Wie der Adel zum Ausgang des 18. Jahrhunderts in Frankreich, so hat sich die Bonzokratie unserer Tage überlebt.  

Die häufig gestellte Frage, wer es denn dann richten soll, ist so müßig, wie sie es bei jedem Epochenwechsel war. Auch 1789, als die Sansculotten die Bastille erstürmten, konnten sie nicht sagen, wie sich die Zukunft gestalten werde. Ebenso wenig wussten das die Ostdeutschen, als sie im Herbst 1989 auf die Straße gingen, um das SED-Regime aus den Ämtern zu jagen. Fest stand stets nur das eine: So wie es war, konnte es nicht weitergehen. Was der Überwindung des historisch Überholten folgte, ließ sich zu keiner Zeit vorhersehen. Geschichte hat sich immer ergeben, und immer hat sie dabei das Personal hervorgebracht, das ihren Fortgang zu gestalten vermochte.

Esel lernen nichts dazu

Es würde an Fatalismus grenzen, an die Selbstaufgabe der bürgerlichen Gesellschaft, würden wir dem Trugschluss erliegen, dass uns heute das Potenzial dafür fehlt, zumal in einem wirtschaftlich so hoch entwickelten Land wie dem unseren. Es gibt keinen Grund, auf die politische Kaste zu blicken wie das Kaninchen auf die Schlange.

Viel zu lange schon haben wir, die Bürger, zugeschaut, wie die Esel, denen es zu wohl wurde, auf dem Eis tanzten. Nun brechen sie ein, einer nach dem anderen. Es gibt es keinen Grund, ihnen mit unseren Wahlstimmen zu Hilfe zu kommen. Denn selbst wenn es gelingen würde, sie noch einmal an das rettende Ufer zu ziehen, blieben sie doch, was sie immer waren: ausgemachte Esel, nicht willens, etwas aus ihrem Versagen zu lernen.

Die Dilettanten haben fertig, allesamt. Eine Neuwahl, bei der sie sich wieder aufstellen würden, wäre den Wahlzettel nicht wert, auf dem wir sie ankreuzen sollen. Es sei denn, wir machen von unserem demokratischen Recht Gebrauch, von oben nach unten alles durchzustreichen. 

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Leserpost

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Melvin Hoboken / 12.02.2018

Mir fällt selbst nach längerer Überlegung nicht eine einzige Sache ein die Merkel gut gemacht hat. Friede Springer und Liz Mohn haben der Kanzlerin die Loyalität aufgekündigt, warum auch immer. Der mediale Wind der Merkel nun entgegen weht ist eisig und wird sie letztendlich aus dem Kanzleramt fegen.

Arnd Siewert / 12.02.2018

Leider falscher Schluss, denn ohne Abwahl bleiben die einfach geschäftsführend in Amt und Würden. Nur die Revolution (Alternative) an der Wahlurne macht Sinn. Sie sehen ja welche Wirkung selbe schon hatte. Nur leider noch zu schwach! Also auf ein neues!

Thomas Schlosser / 12.02.2018

“Von oben nach unten alles durchzustreichen…” Meinen Sie das im Ernst, Herr Rietzschel….? Gibt es, außer den Schmierenkomödianten, die angetreten sind, unser Land an die Wand zu fahren (und dazu zähle ich CDU/SPD/FDP/Grüne/Linke), denn so gar keine politische Alternative, die einen diametralen Gegenentwurf zu den etablierten Parteien darstellt…? Eine Alternative, die die Positionen, die hier auf der Achse, teilweise seit Jahren, publiziert werden (Euro-‘Rettung’, ‘Energiewende’, Immigration von Millionen zukünftiger Sozialhilfebezieher usw.), teilt und ihnen eine politische Stimme gibt….? Sie brauchen ja hier keine konkrete Wahlempfehlung abzugeben, aber die Aufforderung, den kompletten Stimmzettel ungültig zu machen, finde ich schon einigermaßen befremdlich…..

Leo Lepin / 12.02.2018

Auf die Gefahr hin, als Besserwisser und Kleingeist zu gelten: Die Bastille wurde nicht wirklich erstürmt, soweit ich weiss.

Gerhard Schmidt / 12.02.2018

Ein Zerfall des überlebten Parteiensystems in Deutschland scheint unmittelbar bevorzustehen. In Italien, Österreich, Frankreich und anderen Ländern ging es ja auch ohne diese weiter, und zumindest nicht schlechter als zuvor…

Winfried Randhagen / 12.02.2018

Ich sehne den Tag herbei, an dem die Regierungsmaschine in Groß Dölln landet und eine ehemalige Kanzlerin auf ein e - bike steigt und unter dem Jubel der Bevölkerung in ihr Domizil Hohenwalde fährt und dort zur Ruhe kommt und nicht mehr von unzufriedenen Bürgern und Intellektuellen belästigt wird. Da der Uckermark-Landkreis im neuesten Focus-Ranking einen hinteren Platz belegt hat, kann sicher das Netzwerk der dann ehemaligen Kanzlerin für einen Aufschwung sorgen.

Wilhelm Hübner / 12.02.2018

Ja genau Herr Rietzschel, alle durchstreichen, ungültig wählen! Das wäre eine richtige Klatsche für die Knalltüten. Man stelle sich mal vor, 82% Wahlbeteiligung und davon 30 % ungültig, das würde sitzen. Überall wären die Knalltüten in Erklärungsnot. Könnte helfen, vielleicht?

Andreas Rühl / 12.02.2018

Sag ich doch die ganze Zeit. Wer wählt, muss sich am Ende nur ärgern, die Falschen gewählt zu haben, da, frei nach Adornos Bonmot über den Möbelhandel, es nichts Richtiges im Falschen gibt. Wo nur noch leere Flaschen zur Wahl stehen, verzichte ich gerne auf den “Genuß”. Dann proste ich lieber den “Wahlgängern” zu und leere meine eigene Flasche.

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