Milosz Matuschek, Gastautor / 30.03.2021 / 16:00 / Foto: Ecureuil / 29 / Seite ausdrucken

Die Diktatur des “Nur”

Von Milosz Matuschek.

"Darf´s ein bisschen mehr sein?" Diesen Satz kennt man von der Wursttheke im Supermarkt oder beim Metzger. Und noch besser kennt man die Antwort: «Ja, es darf etwas mehr sein».

Seit einem Jahr Pandemie hört man nur noch: «Darf es etwas weniger sein?» Etwas weniger Freiheit, etwas weniger Kontakt, etwas weniger Menschsein? Jede Woche wird in Anwendung der Salamitaktik eine Scheibe Freiheit abgeschnitten. "Die Freiheit stirbt zentimeterweise", meinte der 1949 aus der DDR geflohene deutsche Journalist und spätere FDP-Politiker, Karl-Hermann Flach.

Und die schweigende Mehrheit sagt bisher in Zeiten von Corona noch: "Na und? Dafür lebt jetzt unsere 90-jährige Oma, die man ins Altersheim abgeschoben und eigentlich schon vergessen hatte nun ein paar Monate länger. Wenn sie nicht am Impfstoff stirbt."

Es ist doch nur eine Maske

Ronald Reagan meinte mal, die neun gefährlichsten Worte seien folgende: "I´m from the government and I´m here to help." Heute reicht nur noch ein Wort, ein besonders gefährliches, um Massnahmen möglich zu machen, die vor einem Jahr noch undenkbar erschienen und die seitdem dem Staat eine ungeahnte Machtfülle zubilligten. Es ist das unverfängliche, kurze, unscheinbar schnell dahingesagte Wörtchen "nur": "Es ist doch nur für zwei Wochen. Es ist doch nur eine Maske. Es ist doch nur ein ausgefallener Urlaub, ein ausgefallenes Weihnachtsfest, ein ausgefallenes Osterfest. Es ist doch nur zu Ihrem und unser allem Besten."

Wo hört die Diktatur des "Nur" auf? Ab wann ist das Maß an «Nurs» voll? Ab wann ist Ihre persönliche Grenze an «nur» erreicht? Und was sagt eigentlich Dieter Nuhr dazu?

Der österreichische Sprecher Hans-Jörg Karrenbrock hat das schleichende Gift des Wörtchens "nur" in einem Video auf den Punkt gebracht, welches auf sozialen Medien gerade rege geteilt wird. Die Macht des "nur" verdankt sich zwei Mechanismen: Einem asymmetrischen Austauschvertrag, bei dem man etwas Wertvolles zurückbekommt, was einem sowieso gehört, wenn man "nur" die ein oder andere, anfangs "nur" wenig einschneidende Maßnahme befolgt.

Die Karotte der Freiheit

Der zweite Mechanismus ist das Phänomen der «Shifting baselines», einem Konzept aus der Fischereiwirtschaft. Damit beschreibt man den Effekt der verschobenen Grundlinie, der veränderten Bezugspunkte, die sich langsam zu einem Paradigmenwechsel zusammensummieren, der aber dann «normal» wirkt. Wer jede Woche ein Scheibchen Freiheit überträgt, wird direkt in einem Gefängnis enden, nicht über Los gegangen sein und auch keine Nothilfe vom Staat eingestrichen haben.

Heute ist ja die eigene Wohnung zum Gefängnis geworden und die Gefangenen unterscheiden sich nur dadurch, dass sie auswählen durften, ob ihnen das Gefängnis selbst gehört oder sie dafür Miete bezahlen. Haben Sie sich schon daran gewöhnt? 

Doch Freiheit stirbt nicht nur scheibchenweise. Sie wächst auch scheibchenweise. Und zwar in dem Maße, wie sich jeder Einzelne zum aktuellen Wahnsinn positioniert. Freiheit ist keine Ressource, die man für eine Handlung "bekommt". Es gibt nichts, was man tun kann, um Freiheit in Austausch für etwas anderes "zu erlangen". Denn das setzte voraus, dass jemand anderes über die Vergabe von Freiheit bestimmt. Dann aber ist die Freiheit kein dem Einzelnen kraft seines Menschseins zustehendes Recht mehr, sondern wird zu einem Privileg.

Auch hier wieder: eine neue Grundlinie, ein neuer Bezugspunkt. Mit diesem Betrug werden gerade die Massen an der Nase herumgeführt, sie bekommen die Karotte der Freiheit vorgesetzt, die angeblich immer nur ein paar Wochen entfernt ist, hinter der nächsten verflachten Kurve auf uns wartet und zwar diesmal ganz sicher, oder eben dann nach dem nächsten Pieks mit irgendeinem eiligst hergestellten Impfstoff. Falls keine Mutante auftaucht. Sonst halt nächstes Jahr oder übernächstes. Ganz sicher! Der Sommer 2025 wird toll, glauben Sie´s bitte einfach! 

Je grösser das Risiko, desto grösser der Ertrag

Wer gehorsam ist, in dem Glauben, für Gehorsam Freiheit zu bekommen, hat Freiheit weder verstanden noch verdient. Freiheit erwacht erst zum Leben, wenn man etwas anderes dafür riskiert. Sie ist ihrer Art nach etwas Existentielles und deshalb so wertvoll.

Freiheit ist wie ein Investment: Je größer das Risiko, desto größer der Ertrag und die Freiheitsdividende. Wer frei sein will, muss es riskieren, schief angeschaut zu werden, verlacht zu werden, zum Idioten erklärt zu werden, abgeführt zu werden oder mit einer Buße belegt zu werden.

Noch ist der Preis für Freiheit überschaubar, die Risiken verkraftbar. Je höher der Preis steigt, desto weniger werden bereit sein, ihn in Zukunft zu bezahlen. Die letzten, die es tun, werden die Pariah der alten Ordnung und zugleich die Pfeiler einer neuen Ordnung sein. Diejenigen, die nur Sonntagsreden auf die Freiheit hielten, als es risikofrei war, sind dann schon längst in der Versenkung ihres eigenen heuchlerischen Morasts verschwunden. 

Wenn es etwas Positives an dem ganzen Corona-Wahnsinn gibt, dann wohl am ehesten das: Corona lichtet den Nebel zwischen denen, die nur so tun und denen, die es ernst meinen. Zwischen den vielen Feigen und den wenigen Mutigen. Unter dem Morast werden zugleich die starken Pfeiler und breiten Schultern von ungebrochenen Individuen sichtbar, die ihre Freiheit nie aufgeben werden und auf die man eine Zukunft bauen kann. Der Rest darf sich derweil trösten: Es ist doch nur eine Gesundheitsdiktatur!

Der Beitrag erschien zuerst im schweizerischen Satiremagazin "Nebelspalter". Weitere Beiträge des Autors finden sich auf seinem Blog "Freischwebende Intelligenz".

Foto: Ecureuil CC BY 3.0 via Wikimedia

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Leserpost

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Sabine Schönfelder / 30.03.2021

Starker Text. Danke. Ein Aufruf zur Freiheit. „Und was sagt eigentlich Dieter Nuhr dazu?“ Der ist Nuhr enttäuschend. Stigmatisiert NENA als Querdenkerin, weil Sie die staatlich verordneten Freiheitsbeschränkungen als unverhältnismäßig bezeichnet und verziert dieses Statement mit „kabarettistischen Beleidigungen“. Vergleicht ihre Intelligenz mit dem Inhalt von Luftballons. KLEIN-DIETER-CHARME auf Heintje-Niveau. So erfüllt er seinen ÖFFi-AUFTRAG und schwimmt sportlich im Mainstream. Darf dafür Muddi und Grünes Gemüse ´kabarettisierenˋ. Aber bitte mit Maßen, - ausnahmsweise! Kritiker des fiktiven Pandemie-Narrativs inklusive Restriktionspolitik, das sind die schlimmen Querdenker, HILFE VERFASSUNGSSCHUTZ .........und dumm wie Luft; oder CO2? NUHR weg, weit weg.  Reisen kann er sich auch in die Haare schmieren unser NÜHRCHEN- Figürchen! Wenn den einer auf Malle erkennt oder auf den Bahamas, DANN haben die Öffis und der Dieter Erklärungsnot. Er ist doch kein Querdenker!! Übrigens, was macht eigentlich Ihr „Newsletter“? Kann man Sie wieder „abonnieren“?

Sepp Kneip / 30.03.2021

Ich habe den Eindruck, dass die vielen Gehirngewaschen gar nicht mitbekommen, wie ihre Freiheit zerbröselt. Sie merken gar nicht dass sie sich bereits in einer Diktatur befinden, Dieser raffiniert schleichende Entzug der Freiheit wird vielen erst dann offenbar, wenn es ihnen tatsächlich an den Kragen geht. Sei es, dass man gegen den Maskenzwang verstößt, sei es, dass man sich nicht mit einem kaum erprobten Vakzin impfen lassen will, sei es, dass man sich überhaupt gegen diesen Corona-Wahnsinn aufmüpfig zeigt. Seit das Parlament das Ermächtigungsgesetz verabschiedet hat, ist es aus mit der Freiheit. Dennoch fühlen sich viele nicht unfrei, weil die ihnen eingeredete Angst vor einem gar nicht so gefährlichen Virus als schlimmer empfunden wird als der Verlust der Freiheit. Einen perfideren Plan zur Unterjochung der Menschen gibt es kaum. Nein, es darf nicht ein bisschen mehr Freiheitsentzug sein!

G.Lindner / 30.03.2021

Hat schon mal jemand öffentlich gefragt, welches Atmosphärenmolekül vom CO2 Molekül verdrängt wird, oder wird die Atmosphäre dicker ?

Angelika Meier / 30.03.2021

Freiheit ist doch nur, was man gewohnt ist. Ich möchte Auto fahren ohne den Sicherheitsgurt anzulegen. - Vergehen. Ich möchte Alkohol trinken und Auto fahren. - Straftat. Ich möchte wie in großen Teilen der USA mit einer scharfen Waffe herumgehen können. - Sondereinsatzkommando. Freiheit ist nur, was man gewohnt ist. Aktuell werden halt verschiedene Dinge, die man bisher gewohnt war, verboten. Deshalb empfindet man das als Freiheitsentzug.

Werner Arning / 30.03.2021

Frei ist womöglich nur der wirklich, der seine Freiheit jederzeit auch aufs Spiel setzen würde. Der, der vor dem Verlust der Freiheit die wenigste Angst hat. Er betrachtet sie nicht als ein Gut, dass es ängstlich zu bewahren gilt, sondern er lebt Freiheit in jeder Sekunde, in jeder seiner Taten. Der Freie lebt wahrscheinlich riskant. Er riskiert ständig den Ausschluss aus der Gesellschaft der Unfreien. Tatsächlich ist er jedoch wohl niemals wirklich ein Teil dieser Unfreien gewesen. Deshalb wird ihn auch der Ausschluss, wenn dieser dann eintritt, nicht übermäßig überraschen.

Dieter Weingardt / 30.03.2021

...und Gesinnungsdiktatur, schon seit 2015. Insofern ist die Maske wohl der Gesslerhut des Gutmenschentums

Monika Schmidt / 30.03.2021

Und es sind “nur” nur ein paar kleine Nebenwirkungen, die beim Impfen auftreten könnten. Aus dem wahren Leben: Noch vor 6 Wochen war mein Vater quitschfidel. Mitte Februar ließ er sich die zweite Impfung geben, drei Tage lang Fieber, Schlappheit und, ein Auusehen wie der Tod auf Latschen. Vor einer Woche verschlechterte sich die Sehfähigkeit seines rechten Auges dramatisch. Der Besuch beim Augenarzt: Thrombose im rechten Auge aufgrund der Corona Impfung. So steht es auf dem Überweisungsscheim für das Krankenhaus. Dann die übliche Odyssee: ankommen, warten, Untersuchungen und wieder warten. Und dazu der ganze Coronatestzirkus. Für den Patienten und die Angehörigen nicht schön. In Indien und etlichen Ländern Afrikas wird gar nicht geimpft, weil die ihre Bevölkerung nicht ausradieren wollen. Ich habe dermaßen die Nase voll und möchte am liebsten auswandern.

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