Thilo Sarrazin / 09.11.2023 / 06:15 / Foto: Achgut.com / 72 / Seite ausdrucken

Die deutsche Staatsraison droht leerzulaufen

13 Jahre nach „Deutschland schafft sich ab“ übersteigt die anhaltend hohe Einwanderung aus der islamischen Welt meine Prognosen von damals bei Weitem. Die daraus erwachsenden Probleme dominieren mehr und mehr den öffentlichen Diskursraum.

2010 beendete ich Deutschland schafft sich ab mit zwei Alternativszenarien. Beim pessimistischen Szenario wächst durch fortgesetzte Einwanderung und unterschiedliche Geburtenraten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Verlauf von 100 Jahren eine muslimische Bevölkerungsmehrheit heran, und der Islam wird zur dominierenden geistigen und religiösen Strömung. Dieses Szenario sollte Politik und Öffentlichkeit wachrütteln und Gegenkräfte wecken, die eine solche Entwicklung verhindern würden.

Dreizehn Jahre später erleben wir zwar eine intensivierte öffentliche Debatte, aber gleichzeitig eine anhaltend hohe Einwanderung aus der islamischen Welt, deren Niveau meine damaligen Prognosen weit übersteigt. Die daraus erwachsenden Probleme dominieren mehr und mehr den öffentlichen Diskursraum, aber sie sind eben auch real, was Kriminalität, die sinkende Bildungsleistung in den Schulen und die Ausbreitung von Antisemitismus angeht. 

Viele europäische Länder haben ähnliche Schwierigkeiten, Frankreich und Schweden stechen dabei besonders ins Auge. Nicht nur, weil die Probleme dort besonders groß sind, sondern auch, weil sie symbolisch für das Scheitern zweier Hoffnungen stehen:

Die tragische Ironie der Geschichte

In Frankreich scheiterte die Hoffnung, die Anziehungskraft der eigenen Sprache und Kultur könne groß genug sein, um quasi auf natürlichem Wege Integration und Assimilation der eingewanderten Muslime zu bewirken.

In Schweden scheiterte die Hoffnung, der fürsorgliche üppig umverteilende Sozialstaat könne durch gute materielle Versorgung und Schutz vor allen Lebensrisiken die Muslime quasi über die Geldbörse integrieren.

Eine tragische historische Ironie hat das Versagen bei der kulturellen Integration der Muslime für Deutschland. Überall unter den Muslimen in Europa grassiert ein kruder Antisemitismus, und Deutschland ist hier keine Ausnahme. Bedingt durch die moralische Last der deutschen Verantwortung für den Holocaust hat aber die Ablehnung von Antisemitismus jeder Art in Deutschland eine besondere Bedeutung. Deutsche Politiker haben aus dieser Motivation heraus wiederholt die Sicherheit Israels zum Teil der deutschen Staatsraison erklärt. Dieses Sicherheitsversprechen ist in doppelter Weise brüchig:

Weltweit tritt nur eine Minderheit von Staaten – in erster Linie die USA, gefolgt von Deutschland – bedingungslos für die äußere Sicherheit Israels ein. Die USA agieren militärisch entsprechend. Deutschland hat hier nur wenige Hebel in der Hand. Selbst in der Europäischen Union ist es mit seiner Priorität für die Sicherheit Israels eher isoliert. Im Fall des Falles droht hier die deutsche Staatsraison leerzulaufen.

Wie Quantität in Qualität umschlägt

In Deutschland selber haben Politik und Gesellschaft der rapiden Ausbreitung des muslimischen Antisemitismus nur wenig entgegenzusetzen. Das zeigte sich in den letzten Wochen bei der Vielzahl der teils gewalttätigen und zahlreich besuchten Demonstrationen gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen.

Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa kann man hier sehen, wie Quantität in Qualität umschlägt: Muslimische Einwanderer und ihre Nachfahren sind überall in großen Massen vertreten. Durch ihre Jugend, die Größe ihrer Familien und die ungebremste Zuwanderung von außen nimmt ihr demografisches Gewicht ständig und rapide zu. Für Juden ist es dagegen unmöglich geworden, sich in zahlreichen Stadtvierteln Berlins öffentlich mit einer Kippa zu zeigen. Auf jeden Juden in Deutschland kommen fünfzig Muslime, und das Zahlenverhältnis verschiebt sich ständig weiter zugunsten der letzteren.

In der täglichen antisemitischen Propaganda aus der islamischen Welt ist es mittlerweile zur Standardformulierung geworden, dass Israel an den Palästinensern im Gazastreifen einen „Genozid“ verübe. Diese Gleichsetzung von Bombenopfern mit dem Holocaust ist nicht nur krass antisemitisch. Sie verkennt auch Ursache und Wirkung. Die Palästinenser im Gazastreifen haben zugelassen, dass sie von der Hamas geführt werden. Das ist ihre Schuld – genauso wie es die Schuld der Deutschen war, dass sie 1933 die Nazis an die Macht ließen und 12 Jahre lang ihrer Führung folgten. Der Gründer der Muslimbrüder und geistige Vater der islamistischen Hamas, Hassan al-Banna, war übrigens ein glühender Antisemit und verehrte Adolf Hitler.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche.

Foto: Achgut.com

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Leserpost

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Gunnar Holler / 09.11.2023

Nebenbei möchte ich empfehlen, nach dem Projekt “100 Millionen Franzosen” zu suchen im Web.

Thomas Müller / 09.11.2023

Ich wundere mich über Leute wie Sigmar Gabriel, die sich jetzt hinstellen und sagen, wie naiv sie 2015 doch waren. Hä? Da fehlen mir die Worte. Entweder das waren tatsächlich Deppen (also richtige Schwachköpfe), die damals (und auch heute) an der Regierung waren und Menschen ohne Filter und Ziel ins Land ließen oder er lügt halt einfach munter weiter, man entblödet sich ja heute nicht mehr, die Leute zu verarschen, um seine Ruhe zu haben.  Wenn ich mikroökonmisch gesehen, mein Haus für wildfremde Menschen öffne, ohne Kontrollen und Regeln, dann muss mir doch klar sein, dass mein Tafelsilber weg und mein Hund gegrillt ist und meine Töchter im Focus der männergetriebenen Gesellschaft stehen oder ich begehe ein Verbrechen, dass ich meinen Hausstand auslliefere. Wer bitte, außer gehirnamputierten Gutmenschen, macht das denn? Als Vater bin ich, soweit es mir möglich ist, für den Schutz meiner Familie verantwortlich. Dies gilt selbstverständlich auch im makrooökonomischen Bereich, sprich der Gesamtgesellschaft. Wenn ich dann aber sehe, wieviele politisch Verantwortliche heute gar keine deutsche Wurzeln mehr haben, dann wird mir klar, dass diese Land für sei nur noch eine Verfügungsmasse ist, das man für Jedermann öffnen kann, weil man ja keine Bindung zur Kultur und Geschicht und natürlich auch zur Verantwortung mehr hat. Ist doch immer so, wenn mir was nicht gehört, passe ich nicht so drauf auf.

heinrich hein / 09.11.2023

ohne korrupte Politiker, Polizisten und Richter wäre man viel weiter.  Aber so wird sich nichts ändern.

D.Lorenz / 09.11.2023

Die Deutschen sind und bleiben ein einfältiges Volk. 1914 bricht ein hochdummer Kaiser den I.WK vom Zaun und alles schreit in Deutschland hurra. 1939 ist ein Verbrecher an der Macht, überfällt die Nachbarstaaten und führt Krieg gegen die ganze Welt. Und wieder glaubt alles an den Endsieg. 2015 läßt eine völlig unfähige Kanzlerin aus der Uckermark alle Menschen aus dem Nirvana nach Deutschland rein und der blöde Michel empfängt sie mit Teddybären und Willkommensrufen. 2023 überfallen Terroristen die Juden in Israel und auf deutschen Straßen toben sich deren Freunde aus, ohne mit Wasserwerfern und Tränengas davongejagt zu werden. Mir wird schlecht….

Stefan Ahrens / 09.11.2023

Es war eben nicht genug, kluge und mutige Bücher zu schreiben. Dafür meinen unbedingten Respekt! Man hätte aber auch die einzige Partei, die diesem Treiben Einhalt geboten hätte, unterstützen müssen. Stattdessen hat man miesepetrisch weiter nach der “perfekten” Oppositionspartei Ausschau gehalten, und alles ging weiter seinen destruktiven Gang. Noch 2017 hätte eine 20-30% Opposition vielleicht das Schlimmste verhindern können.

Frank Rotschedl / 09.11.2023

“Weltweit tritt nur eine Minderheit von Staaten – in erster Linie die USA, gefolgt von Deutschland – bedingungslos für die äußere Sicherheit Israels ein. Die USA agieren militärisch entsprechend. Deutschland hat hier nur wenige Hebel in der Hand.” Amüsante Bemerkung - meines Erachtens ist insbesondere bei der UNO in Bezug auf Israel und Deutschland nur eines Sicherheit: Dass Deutschland eben nicht an der Seite Israels steht, wenn es drauf ankommt. Na, wer weiß hoch, wann vor kurzem bei welcher Gedenkminute die Dame aus Deutschland stramm stand? ;-) Und bei der UNO braucht man keine militärischen Hebel. Zudem kann Deutschland ja auch gar nicht schnell genug weiteres Geld in den Gazastreifen pumpen - natürlich nur für humanitäre Zwecke… ;) Chaim Noll ist in seinem aktuellen Artikel ja auch ganz begeistert von der deutschen Linie…

Gerd Heinzelmann / 09.11.2023

Wer wird schon in die Reserve geboren? Schon komisch, dass man niemals mehr etwas von Herrn Wowereit gehört hat. Herr Wowereit, sind Sie noch da? Huhu?

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