Josef Bayer, Gastautor / 22.04.2021 / 17:00 / Foto: Tomaschoff / 30 / Seite ausdrucken

Die deutsche Sprache bedankt sich

Gerade erschien das Werk Sprachkampf. Wie die Neue Rechte die deutsche Sprache instrumentalisiert“. Schon der Untertitel dieses offenbar in Eile zusammengeschriebenen und sicherlich ohne Gutachterverfahren beim Dudenverlag veröffentlichten Buches setzt die Interessenten in Erstaunen, ist es doch allgemein bekannt, dass nicht die Neue Rechte – wer damit letztlich auch alles gemeint sein könnte – sondern eine erstarkte links-grüne Bewegung die deutsche Sprache bis an die Grenzen des Erträglichen mit allerlei skurrilen Vorschriften und Empfehlungen befrachtet.

Die Sprache ist in eine Kampfzone geraten. Der herausragende Sprachkampf dieser Tage spielt sich um die Frage ab, ob das Deutsche so, wie wir es kennen und gebrauchen, die Geschlechter gerecht oder ungerecht zugunsten der Männer behandelt. Weitere Sprachkampf-Arenen, die das Buch von Henning Lobin, Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, behandelt, treten dagegen in den Hintergrund. Es sind dies die Rechtschreibreform, der Einfluss des Englischen, die Rolle des Deutschen in der EU, sowie die sogenannte „leichte Sprache“.

Ich werde auf einiges davon zurückkommen. Lobins Grundthese ist, dass der Kampf der Neuen Rechten gegen die Gendersprache, gegen die Rechtschreibreform, gegen den wachsenden Einfluss des Englischen, gegen den schwindenden Einfluss des Deutschen in der EU und auf der Welt und gegen die leichte Sprache nicht aus inhaltlichen Gründen geführt wird sondern in erster Linie, um ein antidemokratisches, reaktionäres, rassistisches, frauenfeindliches und EU-feindliches politisches Programm zu fördern. Dies gelänge in Sprachkämpfen besonders gut, weil die Öffentlichkeit durch Eingriffe in die Sprache leicht zu erreichen und zu emotionalisieren sei.

Wer sind diese Neue Rechten? Und wer ist wofür zuständig? Für ein besonders rückwärtsgewandtes, nationalistisch und identitär gefärbtes Bild des Deutschen stehe, so Lobin, der Verein Deutsche Sprache (VDS). Der VDS sei ein „Kampfverband“, der es als seine vornehmliche Aufgabe sehe, das Deutsche als Kultursprache und Wissenschaftssprache zu erhalten und gegen die zunehmende Anglisierung zu verteidigen. Hinzu kommt der Kampf gegen die sich ausweitende Gendersprache.

Was ist also das Problem?

Eng mit dem VDS verknüpft, wenn auch noch eindeutiger rechts, sei der politische Arm der Neuen Rechten, nämlich die AfD. Lobin verweist auf das Grundsatzprogramm der AfD, in dem die identitätspolitische Rolle der deutschen Sprache mehr als in allen anderen Parteiprogrammen eine Rolle spielt. Die darin enthaltenen Forderungen sieht Lobin durchgehend kritisch und lehnt sie überwiegend ab.

Sie sind im Wesentlichen: Deutsch im Grundgesetz verankern, Deutsch als immaterielles Kulturerbe, weltweite Förderung zur Erlernung des Deutschen, Gleichstellung des Deutschen in der EU, Erhaltung des Deutschen als Unterrichtssprache an den Hochschulen, Ablehnung einer falsch verstandenen Internationalisierung durch das Englische, Ablehnung „politisch korrekter“ Sprachvorgaben, Ablehnung geschlechterneutralisierender Eingriffe in die historisch gewachsene Sprache. Man fragt sich allerdings, was an diesen Forderungen so besonders aufregend sein sollte, und warum die anderen Parteien sie nicht schon lange vor der AfD in ihre Grundsatzprogramme aufgenommen haben. Meinem Empfinden nach sind sie so normal, dass ich mich frage, wieso sie überhaupt erhoben werden müssen. Ich schätze, dass sie von circa 80 Prozent der Bevölkerung geteilt würden.

Was ist also das Problem? Die Führung des VDS hätte „einiges dazu beigetragen, ihre eigenen Mitglieder für eine neurechte Partei wie die AfD anschlussfähig zu machen“ (S. 123). Der VDS biete Vorformen dessen, was auf den für Lobin offenbar vollkommen indiskutablen Blogs Achse des Guten und Tichys Einblick etablierter Stil sei. Das, was eine solche Konvergenz, sollte es sie geben, inhaltlich nahelegt, tritt in den Hintergrund. Wichtig scheint es dem Autor zu sein, den VDS als eine „Vorfeldorganisation“ der AfD zu enttarnen. Was von AfD/VDS genau gefordert wird, ist offenbar völlig egal. Es ist abzulehnen, weil es ja zwangsläufig im Dienste eines abzulehnenden politischen Programms steht. Da Lobins Argumentation sprachkampfmäßig konsistent nach einem reinen Schwarz-Weiß-Schema verläuft, müssen alle von seiner Seite aus kritisierten Aspekte der zeitgenössischen Sprachpolitik umso heller strahlen.

Entwicklung in Richtung „Dummdeutsch“

Rechtschreibung? Ohne den Vorteil der neuen Rechtschreibung benennen zu können, räumt Lobin ein, dass sich immerhin die Verlage damit gut abgefunden hätten (S. 33). Was für ein Pluspunkt, möchte man da ausrufen. Martin Doerry berichtet allerdings im Spiegel von den katastrophalen Auswirkungen dieser Reform, die sich leicht empirisch nachweisen ließen.

(D)Englisch? Die Flutung des Deutschen mit englischen Ausdrücken ist Lobin zufolge eine Bereicherung. Obwohl er natürlich ebenso gut wie jeder kritische Beobachter weiß, dass der Einzug des Englischen und seine Direktübertragungen ins Deutsche (coffee to go, we are open, Pass auf dich auf!) nichts anderes als eine Entwicklung in Richtung „Dummdeutsch“ (E. Henscheid) darstellt, wird bei ihm daraus (S. 152 ff.) – Hokuspokus – ein Plädoyer für die Wissenschaftssprache Englisch und ein Plädoyer für die Internationalisierung konstruiert. Als ob ein aus allen Fugen geratenes und oft höchst peinliches Denglisch mit dem Gebrauch von Englisch in Wissenschaft und internationalem Austausch etwas gemein hätte.

Die Popularisierung des Englischen in der EU sei, so Lobin, schon aus dem Grund nur ein Vorteil, weil dieses Englisch eine leicht zu erlernende und stark vereinfachte lingua franca darstelle, die das Deutsche keinesfalls gefährden könne (S. 150 f.). Diese Behauptung sei einmal dahingestellt. Klar geht das Deutsche nicht unter, aber hat sich der Autor schon einmal die Frage gestellt, wie Schüler mit einem Deutsch/Englisch-Pidgin, zu dem dann häufig noch weitere nicht wirklich beherrschte Sprachen kommen, eine Kompetenz in der Standardsprache, und dann auch noch in der schriftlichen, erwerben sollten? Hat er sich schon einmal gefragt, wie die Tradition des Deutschen als Wissenschaftssprache weitergeführt werden sollte, wenn zunehmend nicht einmal das dazu nötige Vokabular vorhanden ist?

Warum ausgerechnet Finnland?

Eine umsichtige Sprachpolitik aktualisiert das Vokabular und fördert in der Muttersprache verfasste Lehrbücher, mit denen sich Anfänger in ihrer eigenen Sprache in die Grundlagen ihres Fachs einarbeiten können. Ich habe selber die Frustration ausländischer Studenten beobachtet, die vor ihrer Ausreise nach Deutschland mit hohen Erwartungen jahrelang Deutsch studiert haben, um dann an der deutschen Universität ausschließlich englische Texte lesen und häufig auch vorwiegend Vorlesungen auf Englisch hören zu müssen. Ich spreche – das sei hier klar gestellt – nicht von Naturwissenschaftlern und Informatikern.

Eine besondere Erfahrung war der Bericht einer Linguistik-Studentin, die von ihrem ERASMUS-Semester in Finnland schwärmte und betonte, dass Unterricht und Lektüre dort ausschließlich auf Englisch gewesen seien. Meine Frage, warum sie dann ausgerechnet nach Finnland musste, wo man bekanntlich eine linguistisch sehr interessante Sprache spricht, wirkte auf sie verstörend. Die Erfordernis einer wissenschaftlichen Grundausbildung mit dem Medium der Muttersprache gegen die Erfordernis guter Englischkenntnisse für das weiterführende Studium und für die Arbeit in der Forschung ausspielen zu wollen, die Lobin in seiner Schrift auszuspielen versucht, ist einfach nur lächerlich.

„Jeder Text zwingt anderen das Denken auf“

Gendergerechtigkeit? Die Gendersprache hat Lobin zufolge automatisch einen begrüßenswerten „Signalcharakter“, da sie sich „in ein größeres Bündel von Maßnahmen zur Berücksichtigung geschlechtlicher Diversität“ einordne. (S. 142). Mit Bevormundung hätte sie nichts zu tun, denn „außerhalb von Verwaltung und Schule“ sei ja jeder frei, die Sprache nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Außerdem, wer sich durch Gendersprache gestört fühlt, solle doch bitte bedenken, dass „jede Lektüre eines Textes“ ein Akt der Bevormundung sei, da der Text dem Leser „das Denken anderer 'aufzwingt'“ (S. 143).

Wie bitte? Haben wir uns verhört? Die Übermittlung einer beliebigen Botschaft wird mit gravierendsten Vorschriften zum Gebrauch der eigenen Sprache analog gesetzt? Dieser Vergleich ist zu absurd, alsdass man darauf weiter drauf eingehen möchte. Es wird gerne von gewissen Linguistinnen behauptet, dass jeder machen könne, was er will: „Wieso lässt man die nicht in Ruhe, die gerne gendern?“ (Deutschlandfunk, 26.04.2019).

Die Wirklichkeit schlägt dieser Behauptung ins Gesicht. Selbst wenn man die diversen Bedrohungen von Leuten, die sich der Annahme des neu-linken Sprachcodes verweigern, außer Acht lässt, so muss es doch auffallen, dass sich auf einmal in Behörden und an Universitäten eigenmächtig zusammengebaute Hoheiten über den Gebrauch der deutschen Sprache zeigen, die jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehren. An meiner Universität und in meinem wissenschaftlichen Umfeld sollen zum Beispiel Satzungen von Vereinen in „gendergerechte“ Sprache umgeschrieben werden. Eine formale oder gar rechtliche Grundlage dafür sucht man vergebens. Was Lobin als Berücksichtigung geschlechtlicher Diversität tituliert, ist in Wirklichkeit freche Ermächtigung.

Jedem Heimatfreund müsste es warm ums Herz werden

Sprachliche/kulturelle Identität? Kapitel 6 des Buches, mit dem Untertitel „Identitäre Politik mit anderen Mitteln“, bemüht sich, die Vernetzung von Sprache und kultureller Identität eines Volkes wegzureden. Eine solche Identität gäbe es nämlich gar nicht. Sprache werde in entsprechenden Diskursen nur vorgeschoben, um davon unabhängige finstere nationalistische und rassistische Ziele zu verfolgen. Nun wurde aber knapp davor, nämlich in Kapitel 5 (S. 111) das sprachpolitische Auslandsprogramm der AfD erwähnt, wonach das Goethe-Institut und vergleichbare Organisationen „für das Erlernen des Deutschen weltweit werben“ sollten.

Ich entnehme dieser Werbung zunächst einmal die Einladung zur Internationalisierung des Deutschen und der Vermittlung der Kultur des Landes. Im Grunde genommen ist es das, was Sprach- und Kulturvermittlung Deutschlands klassischerweise seit langer Zeit gewesen ist. Wie passt diese Absicht zu den düsteren Plänen, die Lobin seinen Gegnern hier unterstellt? Welches Interesse hat ein Nationalist und Rassist daran, dass beliebige Ausländer seine Sprache und Kultur kennen lernen? Der Bruch in Lobins Argumentation ist unübersehbar. Vollkommen daneben geht seine Argumentation, wenn er auf S. 128 unvermittelt auf die Rolle der Dialekte zu sprechen kommt. Hier wird plötzlich der Rückwärtsgang eingelegt. Wir lesen: „Alle Menschen, die einen Dialekt sprechen, wissen, wie sehr das Bild der Herkunftsregion und ein Gefühl von Heimat durch nur wenige Wörter hervorgerufen werden können“. Das Pendel schwingt auf einmal ins Positive.

Lobin bricht eine Lanze für die Dialekte, ebenso wie für Minderheitensprachen wie Friesisch, Sorbisch, Slowenisch und so weiter. Jedem reaktionären Heimatfreund müsste es hier warm ums Nationalisten-Herz werden. Erinnert man sich allerdings an das knapp zuvor präsentierte Plädoyer für die Gendersprache, dann fragt man sich, wie das zusammengehen sollte. Hat sich schon mal jemand gegenderten Dialekt vorgestellt? Ein Satz wie Hannah Glaser hat morgen Geburtstag käme in meinem eigenen bairischen Dialekt heraus als S‘Gloser-Hannerl hot morng Geburtsdoch. Die Referenz auf eine Frauensperson im Neutrum wie „das Glaser Hannerl“ ist genderlinguistisch eine Katastrophe, die es unbedingt zu verhindern gilt.

Ähnliches im Schweizerdeutschen. Dort gab es einmal eine Werbung mit dem Satz S’Mami chaufft allis i dr’EPA (Mama kauft alles in der EPA). Wie sollte eine Personenreferenz mit „das Mami“ in den Kodex der Gendersprache passen? Wer aus Kesselheizern Kesselheizende und aus Bierbrauern Bierbrauende macht, würde im Dialekt nicht einmal die entsprechende morphologische Form finden. Lobin scheint keine Sekunde darüber nachgedacht zu haben, wie seine Empfehlungen miteinander in Einklang gebracht werden sollten. Wer Genderdeutsch fördert, sollte sich ehrlicherweise auch zur Abschaffung der Dialekte bekennen. Die Dialekte sind nämlich weder formal noch inhaltlich mit den Vorgaben von Neusprech kompatibel.

Taugenichtsin, Tunichtgutin, Springinsfeldin

Das Lexikon? Sprachkampf enthält viele weitere Ungereimtheiten. Die Gebrüder Grimm werden als Autoritäten angeführt, um für die Angemessenheit von weiblichen Formen wie Gästin und Lieblingin zu werben. Unter den Tisch gekehrt wird dabei, dass diese Formen allenfalls in der Literatur früherer Jahrhunderte einmal ein Schattendasein hatten und im heutigen Deutsch unbekannt sind. Wo sonst der angeblich immer akzeptabler werdende Gebrauch des wortinternen Gendersterns beziehungsweise Glottisverschlusses ins Feld geführt wird, reicht es bei diesen Vokabeln offenbar aus, dass sie irgendwann einmal in irgendwelchen Quellen beobachtet worden sind. Was linguistische Autoritäten dazu sagen – siehe zum Beispiel hier – ist Lobin vermutlich unbekannt.

Was macht man dann mit Substantiven wie Taugenichts, Tunichtgut, Springinsfeld, Schlagetot und so weiter, die alle grammatisch maskulin sind? Mit einer linguistischen Theorie, die Gendersprache als ein Resultat des natürlichen Sprachwandels akzeptiert, sollten sich daraus in naher Zukunft auch Taugenichtsin, Tunichtgutin, Springinsfeldin, Schlagetotin herausbilden; diese könnten dann sofort in das neue Onlinewörterbuch des Duden einziehen. Die deutsche Sprache bedankt sich.

Deskriptiv oder präskriptiv (beschreibend oder wertend, Anm.d.Red.)? Genüsslich macht sich Lobin in seinem Buch (etwa auf S. 69 f.) über Forderungen lustig, wonach die Linguistik nicht deskriptiv, sondern präskriptiv zu sein habe. Eine solche Forderung kann aber nur aus der Stilistik kommen. Die gesamte theoretisch-empirische Linguistik ist deskriptiv, und alle Fachleute wissen das. Auffällig an Lobins Kritik ist der Widerspruch, in den er sich hier verstrickt, denn wer ist denn wirklich präskriptiv? Präskriptiv ist bis in die Knochen die Genderlinguistik. Sie ist es, die den Menschen vorschreiben will, wie sie zu sprechen und zu schreiben hätten; sie ist es, die an Universitäten und in Behörden Empfehlungen und genderpolizeiliche Vorschriften zur Abfassung von Briefen und zur Revision von Satzungen erlässt, und in jüngster Zeit sogar zur Abfassung von Qualifikationsarbeiten von Studenten.

Abenteuerlicher kann die Verdrehung kaum mehr ausfallen

Die Regeln der Sprache, der Lobin einen begrüßenswerten Signalcharakter zuspricht, sind nichts anderes als präskriptiv. Ihre Anwender werden auf geradezu kindische Weise gezwungen, gegen die eigenen semantischen Intuitionen aus Sprechern Sprechende, aus Musikern Musizierende und aus Trinkern Trinkende zu machen. Die Forderungen der Genderlinguistik sind bestimmt auch ein wesentlicher Grund dafür, dass diese Unterdisziplin immer eine Heilslehre geblieben ist, die von der wissenschaftlichen Linguistik bis heute nicht erst genommen wird.

Statt diejenigen zu benennen, die das Deutsche zu einem Tummelplatz haltloser und zum Teil wahrhaft idiotischer Vorschriften zu machen versuchen, bezichtigt Lobin rechte Kreise der Instrumentalisierung der Sprache. Abenteuerlicher kann die Verdrehung der Wirklichkeit kaum mehr ausfallen. Jedem aufmerksamen Zeitgenossen sind die genderlinguistischen Innovationen inzwischen bestens bekannt. Wem aber sind entsprechende Sprachinnovationen von Seiten der Neuen Rechten oder von irgendwelchen Rechtsradikalen unter die Augen gekommen? Vermutlich fallen die letzten minimal vergleichbaren Eingriff in die Zeit des Nationalsozialismus (siehe Victor Klemperer, „Die Sprache des Dritten Reiches“). Seit dieser Zeit sind die bewussten Pervertierungen der Sprache das Hoheitsgebiet der Linken und ihrer Mitläufer, zu deren Büttel sich Lobin in seinem Buch macht.

Stil? Die Einseitigkeit dieses Buches zeigt sich nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch. Personen und Werke, die Lobin genehm sind, heißen die Mainzer Sprachhistorikerin Damaris Nübling, der Linguist Anatol Stefanowitsch, das 2018 erschienene Grundlagenwerk „Genderlinguistik“ oder Luise Pusch, eine der Begründerinnen der feministischen Linguistik. Die andere Seite kommt nicht so gut weg. Der frühere Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus ist der ehemalige Lehrerfunktionär. Prominente, die den Aufruf „gegen den Genderunfug“ unterzeichnet haben sind eine kuriose Riege von Politikern, Künstlern, Showgrößen, Medienpersönlichkeiten und einigen Professoren.

Marc Jongen ist der Parteiphilosoph und so weiter. Funktionär, kurios, Riege, Partei-, sind hier unübersehbar diffamierende Prädikate. Der Stil zeigt, dass Lobin mit Sprachkampf kein wissenschaftliches Buch vorlegt, sondern ein Pamphlet, und zwar ein Pamphlet, das die tatsächlichen Auseinandersetzungen über die deutsche Sprache von den Füssen auf den Kopf stellt. Mit dem Ruf „Haltet den Dieb!“ werden diejenigen an den Pranger gestellt, die sich gegen die gescheiterte Rechtschreibreform, gegen Denglisch, gegen Genderdeutsch, gegen das Verschwinden des Deutschen als Wissenschaftssprache und als gesellschaftlicher Identitätsstifter zur Wehr setzen.

Henning Lobin ist seit 2018 Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache, einem Institut, das sich über die Leibniz-Gemeinschaft dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) zuordnet. Ich muss gestehen, dass ich von jemandem in einer solchen Position und fachlichen Affiliation etwas anderes erwartet hätte.

Foto: Tomaschoff

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Swami Angora / 22.04.2021

Der Herr scheint sich selbst dem Sprachkampf verschrieben zu haben. Schlimm, das so etwas von einem Wissenschaftler kommt. Schlimm, aber bezeichnend, dass der Duden - Verlag so etwas verlegt. Der Duden kann auch gleich weg.

Dieter Sadroschinski / 22.04.2021

Das Wort “dummdreist” feiert eine Renaissance.

Andreas Müller / 22.04.2021

Vor kurzem las ich in einem Leserbrief diese Anrede : “Sehr geehrte Dam*innen und außen, oben und unten, sehr geehrte Herr*innen und außen, oben und unten”.  Ich finde, die Gendersprache motiviert vor allem zu irgendwelchem Unsinn.

Heiko Stadler / 22.04.2021

Auffallend ist, dass diese weltoffenen Sprach- und Genderwissenschaft*lenden ausschließlich auf das Deutsche fixiert sind. Ich empfehle Herrn Lobin mal ein paar Semester an einer Uni im arabischen Raum zu lehren. Dort besteht nämlich noch dringender Nachholbedarf beim Gendern. Vielleicht kann er uns ja dann mal berichten, wie seine Sternchen-Lehren bei den Arabern ankommen und was es mit deren oft zitierten Baukränen auf sich hat.

Hein Tiede / 22.04.2021

Jacob und Wilhelm Grimm nannten sich die Brüder Grimm. Gebrüder sagt man veraltet für alle Brüder einer Familie oder bei brüderlichen Geschäftspartnern. Bitte keine GEBRÜDER Grimm mehr.

Otto Nagel / 22.04.2021

“Isch Dich messer, Du Kartoffel !” Ist doch nun wirklich ein ausreichendes und zukunftsfähiges Deutsch. Und es verkörpert ausgezeichnet den erreichten Entwicklungszustand in Wissenschaft , Forschung und Sozialverhalten der hier Lebenden.  Leibnitz und Leopoldina tun ihr Bestes !

Karsten Dörre / 22.04.2021

Eine Bereicherung der Kultur in Deutschland wären auch klingonische Wörter, Gender-Lager und Verteidigung der Windparks vor dem Klimawandel.

Alexander Schilling / 22.04.2021

“Mit dem Ruf „Haltet den Dieb!“ werden diejenigen an den Pranger gestellt, die sich (...) zur Wehr setzen.”——Und wie bei Brinkhaus’ “Hetze”-Vorwurf aus der gestrigen—Veranstaltung profitiert doch derjenige am meisten, der am weitesten von sich selbst weist, was am Offensichtlichsten vor aller Augen liegt…

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