... oder: Was uns der Kommunismus in Hannover kostet
Christel Wegner hat seit 1968 und bis zur Rente im Dezember 2007 ein Arbeitsleben in der Krankenpflege verbracht. Lobenswert, möchte man sagen. Ebenfalls seit 1968 ist Christel Wegner aber auch Mitglied der DKP. Für jene, die nicht Bescheid wissen sollten: Das ist die aktuelle Partei von Oskar Lafontaine. Zumindest in Niedersachsen. Die Genossin Wegner jedenfalls ist Mitglied der Fraktion der Linkspartei im Landtag zu Hannover.
So weit, so gut, schließlich wurde sie gewählt, zwar nur über die Landesliste, aber in freien Wahlen. Das Volk, der Souverän, hat entschieden, dass er Kommunisten im Parlament haben möchte. Was ist dagegen einzuwenden? Wenn die Leute meinen, sich aus ihren Steuergeldern einen solchen Sport leisten zu wollen, lasst sie doch.
Alles nicht der Rede wert, wären da nicht die vollmundigen öffentlichen Äußerungen der neuen Volksvertreterin Wegner. Als gestandene Kommunistin will sie eine andere Gesellschaftsform. Auch das sei ihr gestattet, so lange sie uns nicht dazu zwingen möchte.
Da die andere Gesellschaftsform, die Christel Wegner anstrebt, der Sozialismus ist, äußert sie sich auch zu dessen Geschichte, die in ihren Augen naturgemäß nicht so unrühmlich ist, wie unsereiner annimmt. So ist die Krankenschwester davon überzeugt, dass ein Repressionsapparat wie die Stasi - sie sagt „Organ“ - im Sozialismus nötig sei. Selbst dabei können wir ihr folgen, immer noch, wenn auch aus konträren Gründen. Dass nämlich der Sozialismus die Stasi brauchte, lag, wie wir meinen, nicht an den zahlreichen Gegnern dieses Sozialismus, sondern an ihm selbst, an seiner höchsteigenen Unbrauchbarkeit.
Das Problem der Kommunisten heute ist, dass sie um die DDR nicht herumkommen., Sie müssen sozusagen den DDR-Test bestehen. Die Gewieften unter ihnen reden von einem differenzierten DDR-Bild. Im Spießer-Klartext: Es war ja nicht alles schlecht in der DDR. Das mag sogar richtig sein, aber nicht wegen des Sozialismus sondern trotz seiner parasitären Existenz, weil die Menschen es verstanden haben, sich in Nischen einzurichten, in denen die von Dachdeckern und anderen Berufen wissenschaftlich gelenkte Gesellschaftsform ihren Bankrottkurs nicht hundertprozentig durchsetzen konnte. Man ist geneigt, zu denken, dass die DDR von diesen ihren Nischen profitierte, zumindest wo sie nicht vom innerdeutschen Handel und dessen Weiterungen am Leben gehalten werden konnte.
Die Christel von der DKP gehört nicht zu den Gewieften, sie ist eine ehrliche alte Kommunistin. Und als ehrliche, alte Kommunistin sagt sie offen, was uns blüht, wenn sie das Sagen hätte. Hat sie aber nicht.
Trotzdem ist vor der fortgesetzten Verharmlosung der Diktatur zu warnen. Neunzehn Jahre nach dem Ende des Kommunismus sind seine Verbrechen in der deutschen Öffentlichkeit unbekannter denn je, und das ist der größte Erfolg der Kommunisten und ihrer Fellow Travellers. Wenn eine Landtagsabgeordnete im Jahr 2008 allen Ernstes behauptet, die Mauer musste gebaut werden, weil die Westberliner durch Billigeinkäufe den sozialistischen Markt des Ostens ruinierten, dann ist etwas faul im vereinigten Deutschland.
Einen Trost gebe es aber doch: Christel Wegner kostet uns als Landtagsabgeordnete erheblich weniger als die DDR.