Die CDU sucht den Merkel

„Angela Merkel will Armin Laschet. Die CDU-Basis will Friedrich Merz.“ So fasst ein CDU-Spitzenpolitiker aus der Bundestagsfraktion die K-Debatte in der Union zusammen. Mit dem Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer ist aus einer schwelenden Machtfrage eine akute Suche nach dem Nachfolger für Angela Merkel geworden.

Aus der Ferne betrachtet hat die Union vier denkbare Kanzlerkandidaten: Armin Laschet, Friedrich Merz, Jens Spahn und Markus Söder. Genau besehen aber sind es nur noch zwei. Jens Spahn ist zwar unbestritten ein CDU-Hoffnungsträger und tatkräftiger Minister, doch hat er den Wettstreit um den Parteivorsitz vor 14 Monaten viel zu deutlich verloren, als dass er nun ernsthaft antreten könnte. Er ist jung und klug genug, um seine ganz großen Optionen zu vertagen und sich jetzt eher den nächsten Schritt – etwa zum Fraktionschef – zu sichern.

Und auch Markus Söder wird für 2021 kein Kanzlerkandidat mehr, weil er sich selber aus dem Rennen nimmt. Zu laut und zu deutlich verkündet er seit Wochen und auch nach dem AKK-Rücktritt noch einmal, dass sein Platz auf jeden Fall in Bayern bleibe.

Es bleiben in Wahrheit also Laschet und Merz. Die Rollen sind klar verteilt: Laschet steht inhaltlich für eine Fortsetzung des Merkel-Kurses, er ist ein rheinisch-konzilianter Landesvater und hat als NRW-Ministerpräsident eine starke Machtbastion. Er kann auf die Hilfe von Angela Merkel setzen, die ihn als ihren Favoriten und Erbverwalter betrachtet. Laschet hätte als Versöhner einer verwundeten Partei bei einem Entscheidungsparteitag durchaus Chancen auch bei manchem Funktionär.

Merz wiederum verkörpert die Rückkehr zum Markenkern der CDU. Er ist die klare Alternative zum Merkelismus, er steht für grundbürgerliche Haltungen, transatlantische Partnerschaft und Wirtschaftskompetenz. Hinter Merz stehen die Wirtschaftsverbände und Wertkonservativen, aber auch die Junge Union sowie der für die CDU besonders wichtige Mittelstand. Sortiert man es nach Landesverbänden, dann hat Merz mehr Rückhalt im Osten und im Süden, Laschet hingegen im Norden.

Keine zehn Monate Zeit 

Der größte Trumpf von Merz ist seine außergewöhnliche Popularität. Würden Umfragen entscheiden, dann wäre Merz die Kandidatur nicht zu nehmen. Er liegt seit Monaten weit vor seinen Konkurrenten, besonders auch vor Laschet. Gleiches gilt für die Unions-Basis, die ein kraftvolles Comeback der Partei ersehnt und darum ebenfalls spürbar Merz zuneigt. Beides kann die CDU schwer übergehen, ohne hernach in die nächste Zerreißprobe zu geraten. In der Bundestagsfraktion wiederum haben beide bislang keine große Rückendeckung, doch die Fraktion dürfte am Ende dem zuneigen, der ihnen die meisten Mandate verheißt – das spricht momentan wiederum für Merz.

Es gehört zur Ironie der Konstellation, dass Laschet und Merz nicht nur aus dem gleichen Landesverband kommen, sondern sich persönlich auch gut verstehen und respektieren. Beiden könnte man auch einen Team-Deal zutrauen, zumindest was das Verfahren anbetrifft, denn kaum einer in der Union glaubt, dass man sich für die Personalentscheidung tatsächlich zehn Monate Zeit lassen kann, wie AKK und Merkel das meinen. Schon die fünf Monate innerparteilichen Führungscastings der SPD wird in der Union einhellig als grotesk länglich und schädlich betrachtet.

Laschet hat freilich kein echtes Interesse an einer frühen Entscheidung. Die schmerzliche Erfahrung von AKK, unter einer machtpolitisch immer noch robust-aktiven Kanzlerin aufgerieben zu werden, wird er nicht wiederholen wollen. Er hat als angesehener Ministerpräsident einiges zu verlieren – Merz hingegen ist völlig frei von Verlustrisiken.

Am Ende wird womöglich Markus Söder die Entscheidung fällen. Söder hat nicht nur ein theoretisches Vetorecht bei der Nominierung des Kanzlerkandidaten. Er ist ab sofort der eigentliche Kanzlermacher. Weder Laschet noch Merz können gegen seinen Willen Merkels Nachfolger werden. Wenn Söder es wollte, dann hätte er selbst größte Chancen, nach Franz Josef Strauss 1980 und Edmund Stoiber 2002 der dritte Unions-Kanzlerkandidat aus der CSU zu werden. Doch er will wirklich nicht. Und so wird in München schon das legendäre Zitat von Franz-Josef Strauß („Es ist mir egal, wer unter mir Kanzler wird.”) wieder herum gereicht. Doch Söder ist es nicht egal, er drängt schon jetzt zur Eile der Entscheidung – und bald zu seinem Kandidaten.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei The European.

Foto: Bundesregierung/Steins

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Leserpost

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Peter Groepper / 14.02.2020

Alle, die die drei katastrophalsten Entscheidungen der letzten 15 Jahre (1. Die Eurorettung “what ever it takes”, 2. Die Energiewende hin zum unausweichlichen Blackout, 3. Die Grenzöffnung für jeden, der sich “Asyl, Asyl” bis zur Grenze schleppen konnte oder geschleppt wurde) zu verantworten haben, um sich ihre Einkommen zu sichern (nachvollziehbar aber inakzeptabel), können, alle wie sie da sind, keine Hoffnungsträger sein. Sie hätten sowieso nichts von wirklichem Belang zu entscheiden, denn die Krake “Globaler Turbokapitalismus” hat mächtige Arme und wird ebenso jubelnd wie naiv gefeiert und bis zur Unbesiegbarkeit gefüttert. Was danach kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Ilona Grimm / 14.02.2020

Herr Weimer, Sie schreiben, »Hinter Merz stehen die Wirtschaftsverbände und Wertkonservativen…«. Ob das wohl stimmt? Jedenfalls hat Merz sich gestern ausdrücklich von der Werteunion distanziert. Seltsam. Wenn die Werteunion nicht die Wertkonservativen repräsentiert, wer denn dann? Merz ist meiner bescheidenen Ansicht nach ein zahn- und krallenloser Stubentiger, von dem ich keine grundsätzliche Politikwende erwarte.

Rolf Mainz / 14.02.2020

Herrn Söder in einem Atemzug mit Herrn Strauss zu nennen, ist schon recht gewagt. Die CSU darf sich allein beim Beharrungsvermögen ihrer Stammwähler/innen bedanken, welche ihr anscheinend trotz der schieren Farblosigkeit der Herren Söder und Seehofer (und Dobrindt usw. usw.) die Treue halten. Und Merkel? Wird alles daran setzen, Merz zu verhindern, wie gehabt. Laschet hat alles, was man/frau braucht, um unter Merkel nach oben getrieben zu werden: ein per se ungemein schwacher Kandidat (damit er Merkel nicht gefährlich werden kann…), dazu viel heisse Luft und beste “Strömungseigenschaften” ohne Ecken und Kanten. Wird spannend, welche Register Merkels Helfershelfer diesmal noch ziehen werden, um Merz möglichst noch zu verhindern - und während solcher Intrigenspielchen rutscht das Land tiefer und tiefer ab.

Judith Hirsch / 14.02.2020

Merz hat die gewählten Vertreter von sechs Millionen Deutschen als “Gesindel” herabgewürdigt. Noch ein Ekelpaket im Kanzleramt braucht dieses Land nicht.

Jochen Brühl / 14.02.2020

Die Sache ist sehr einfach und übersichtlich. Nach den Mehrheitsverhältnissen in der CDU führt an Merz sicherlich kein Weg vorbei. Das geht aber nicht, wegen Merkel. Also wird es Laschet zur Fortführung des Merkelismusses. Den Merkelismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.

Klaus Schmid Dr. / 14.02.2020

Völlig egal wer bei der CDU Kanzlerkandidat wird: Die stramm links-grünen Journalisten bei den allen “Leit-Medien” incl. ARD und ZDF werden per Framing und Brainwashing dafür sorgen dass ausschließlich links-grüne Politik gemacht wird und auf keinen Fall irgend-welche Tabu-Themen diskutiert werden.

Heiko Loeber / 14.02.2020

Die, die ernstlich in Frage kämen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, also die unverzeihlichen Folgen von “Frau am Steuer” rückgängig zu machen, sind, parteiübergreifend, so wie ich das sehe, tot.

RMPetersen / 14.02.2020

Laschet? “Er kann auf die Hilfe von Angela Merkel setzen, die ihn als ihren Favoriten und Erbverwalter betrachtet.” Das haben alle Zeitungen landauf, landab auch über AKK und ihre Nähe zu Merkel gesagt. Das ging bis zur Bezeichnung “Merkel-Klon”. Aus der Merkel-Herrschaft sollte man einiges über sie gelernt haben: Sie hat eine hohen Machtinstinkt, das Feind-Gedächtnis eines Elefanten und will nicht loslassen. Das verbindet sie mit ihrem Vorgänger Kohl. Herrn Laschet wird sie and er CDU-Spitze haben wollen, weil er ihr - zunächst - nicht die nächste Kanzler-Kandidatur wegnehmen will. wenn er aber nicht zwischen allen Stühlen enden will wie AKK, dann muss er sie zur Aufgabe drängen und sich als Kanzlerkandidaten in Position bringen. Weil er ein ähnliches Plüschtier-Image hat wie Habeck, anders als dieser aber in einem Partei-Haifischbecken agieren muss und ihm die Merkel-Fehler als Beton an den Schuhen hängen, dürfte er den direkten Vergleich verlieren. Die Grünen sind die modernere CDU. weil Merkel die CDU durchgängig links-grün gemacht hat. Der nächste Kanzler heisst mE Habeck, gestützt auf eine Blockparteienregierung aus Grünen-CDU/CSU-SPD-Linke. Die FDP muss draussen bleiben, damit es formal neben der AfD noch eine weitere Opposition gibt. Man muss ja als Regierung auch mal Oppositionsvertreter einladen, dazu ist die FDP gut.

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