Peter Grimm / 07.08.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 57 / Seite ausdrucken

Die Bundesregierung spart sich Überparteilichkeit

Auf der einen Seite wird bei jener politischen Bildung gekürzt, die offiziell der Überparteilichkeit und wissenschaftlichen Ausgewogenheit verpflichtet ist, und auf der anderen Seite soll bald viel Geld an politische Vereine gezahlt werden, die nicht einmal versichern müssen, dass nichts davon in die Taschen von Extremisten fließt. 

Ende letzter Woche überraschte unsere selbsternannte Transformations- und Fortschrittsregierung, die bekanntlich auch immer großen Wert auf die gute Gesinnung legt, selbst geneigte deutsche Medienkonsumenten mit einer eher unerwarteten Nachricht. 

"Die Bundesregierung will die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) massiv streichen. Das steht nach SPIEGEL-Informationen im Haushaltsentwurf aus dem Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD). Demnach soll der Etat der bpb um 20 Millionen Euro schrumpfen – von jetzt rund 96 Millionen auf etwa 76 Millionen Euro im Jahr 2024. Das wäre eine Kürzung um etwa ein Fünftel", meldete beispielsweise der Spiegel.

Bei verantwortlichen Politikern, die den Unmut vieler Bürger gern darauf zurückführen, dass denen die deutsche Politik noch nicht gut genug erklärt wurde, hätte man in der Tat nicht gedacht, dass sie nun ausgerechnet bei den Politik-Erklärern sparen. Bis dato hatte man diese Bundesregierung in Fragen staatlicher Selbstdarstellung doch eher als großzügig erlebt, bis hin zu den Ausgaben für Hof-Fotografen und Visagisten für einige Minister. Und nun soll ausgerechnet bei der altehrwürdigen Bundeszentrale für politische Bildung Regierungs-Geiz exekutiert werden? Kaum zu glauben.

Selbstredend gab es Protest, beispielsweise vom Dachverband der Einrichtungen politischer Bildung, der empört darauf verwies, dass SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag u.a. vereinbart hätten, „die Projektmittel der Bundeszentrale für politische Bildung (zu) erhöhen.“

Die Bundeszentrale untersteht dem Bundesinnenministerium. Dessen Hausherrin Nancy Faeser (SPD) ließ die Kritik an der Mittel-Kürzung prompt zurückweisen. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung biete die Gewähr, dass „wichtige Vorhabens- und Programmlinien zur Stärkung der wehrhaften Demokratie (...) auch 2024 wirksam fortgesetzt werden“ könnten, habe eine Sprecherin des Ministeriums laut FAZ am Samstag mitgeteilt.

Auftrag und Hemmschuh

Um das zu verstehen, muss man sich wohl nach dem Grund dieser Mittelkürzung fragen. Gesteigerte Unbotmäßigkeit oder Regierungskritik aus der Bundeszentrale dürfte es wohl nicht gewesen sein. Aber vielleicht stört deutsche Weltanschauungspolitiker dennoch ein widerspenstiges Element in deren Aufgabenstellung. "Sie ist überparteilich und wissenschaftlich ausgewogen" heißt es nämlich in ihrem Auftrag.

In Paragraph 6 des Erlasses des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily (SPD), der die Arbeit der Bundeszentrale seit 2001 rechtlich regelt, heißt es zudem: "Die politisch ausgewogene Haltung und die politische Wirksamkeit der Arbeit der Bundeszentrale werden von einem aus 22 Mitgliedern des Deutschen Bundestages bestehenden Kuratorium kontrolliert."

Nun kann man sich sicher darüber streiten, ob die Bundeszentrale diesem Anspruch "überparteilich und wissenschaftlich ausgewogen" zu arbeiten, wirklich hinreichend gerecht geworden ist. Dennoch ist ein solchermaßen formulierter Auftrag, über dessen Einhaltung auch 22 Bundestagsabgeordnete wachen sollen, ein Hemmschuh für klar ideologische Positionierungen oder konkrete Wahlkampfhilfe für oder gegen bestimmte Parteien. Und einen solchen Hemmschuh möchten einige Koalitionspolitiker augenscheinlich gern abstreifen. 

Während nämlich bei der zur Überparteilichkeit verpflichteten Bundeszentrale die Mittel gekürzt werden, soll auf der anderen Seite durch das sogenannte Demokratiefördergesetz das Fördermittel-Füllhorn verstetigter Finanzierung über politisch aktive Vereine und Stiftungen ausgeschüttet werden, die das Etikett "Teil der Zivilgesellschaft" bekommen haben, allerdings oft alles andere als überparteilich sind. 

Alexander Kissler hatte den Irrwitz dieses Gesetzes in der NZZ einst kurz so zusammengefasst:

"Erklärtes Ziel ist laut der Bundesinnenministerin die ‚verstetigte finanzielle Unterstützung der Zivilgesellschaft‘. Noch deutlicher heisst es in einer Antwort der Bundesregierung von Ende Oktober, durch das Gesetz solle ‚mehr Planungssicherheit für die Zivilgesellschaft‘ erreicht werden.

Diese Formulierung ist absurd und verkennt die Grundlagen des liberalen Rechtsstaats. Eine Zivilgesellschaft, die zur Zahlungsempfängerin des Staates und damit zum Haushaltsposten der Bundesregierung herabsinkt, ist ihres Kerns beraubt. Sie gerät in ein Verhältnis der Abhängigkeit von den jeweils herrschenden Mehrheiten. So erwächst aus der Sehnsucht nach Obrigkeit neue und ‚verstetigte' Untertänigkeit."

Bauchschmerzen bei der FDP

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Sönke Rix, hatte vor ein paar Tagen gefordert, das neue Gesetz müsse nun schnell beschlossen werden. Grund: "Das Demokratiefördergesetz ist ein essenzieller Schritt, um demokratiefeindlichen Kräften wie der AfD entgegenzutreten und die Zivilgesellschaft in ihrem Engagement zu unterstützen."

Ursprünglich wollte die Ampel das Gesetzeswerk schon vor der Sommerpause beschlossen haben, doch nach der ersten Lesung des Entwurfstextes im März hatten FDP-Abgeordnete Bedenken bekommen und Änderungswünsche angemeldet. Födermittelempfänger sollten verpflichtet werden, eine sogenannte Extremismusklausel zu unterschreiben, die die Zusicherung beinhalte, dass kein Geld aus der Förderung auf Umwegen am Ende extremistischen Gruppen zugute kommt. So viel Distanzierung vom Extremismus war aber SPD und Grünen zu viel, weshalb das Gesetz bisher noch nicht zur letzten Beschlussfassung auf der Tagesordnung steht. 

Irgendwann wird die FDP wohl nach einem kleinen Formelkompromiss einknicken. Der merkwürdige Eindruck bleibt. Auf der einen Seite gibt es Kürzungen bei jener politischen Bildung, die der Überparteilichkeit und wissenschaftlichen Ausgewogenheit verpflichtet ist, und auf der anderen Seite soll viel Geld an Vereine fließen, die nicht einmal versichern müssen, dass die Mittel nicht in die Taschen von Extremisten fließen. Wirklich tolle Demokraten!

Gegenwärtig vertreibt die Bundeszentrale für politische Bildung immer noch kostenlos die Ausgabe der gegenwärtigen Fassung des Grundgesetzes. Eine durchaus empfehlenswerte Lektüre. Vielleicht sollte man sich noch eins bestellen, wer weiß, ob sich die Bundeszentrale dieses Angebot angesichts von Kürzungen nicht bald spart.

Foto: Pixabay

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Ursula Prem / 07.08.2023

Die bpb steckt schon längst selbst tief im woken Sumpf. Das Magazin CICERO hatte dies vor einiger Zeit mal aufgedröselt, unter dem Titel »Bundeszentrale für politische Blödheit«. Der bpb »verdanken« wir aufgrund massiver Überfinanzierung eine Reihe tendenziöser YouTube-Kanäle sowie jede Menge anderen infantilen Mist. Es reicht! Der Etat kannte seit Jahren nur eine Richtung: rasant nach oben. Während er 2013 noch bei 37,8 Mio. € lag, beträgt er aktuell rund 96 Mio. €. Nach der Kürzung um 20 Mio. werden es noch 76 Mio. sein, was immer noch rund doppelt so viel ist wie 2013. Fazit: Die bpb unterscheidet sich nur noch durch die Höhe ihres Etats von anderen beliebigen Organisationen, die sich angeblich der politischen Bildung verschrieben haben, in Wirklichkeit aber nichts als einseitige Propaganda betreiben.

Richard Reit / 07.08.2023

Schon vor Jahrzehnten diskutierte man in der linken Szene, allen voran bei den Grünen, ganz offen darüber, wie man langfristig (auch aus einer Minderheitssituation heraus) den Staat und die Gesellschaft komplett, total und radikal umbauen, langfristig Macht aufbauen könnte.Dass dies nur über Parlamente nicht zu schaffen sei, da die verhassten Deutschen nunmal mehrheitlich bürgerlich ticken, war schnell klar.Mit Großdemonstrationen zB “Startbahn West”, “Gorleben” etc.brachte man auch nicht genug Massen hinter sich.Mit NGOs und gleichzeitig besetzten Schlüsselpositionen hat man nun den entscheidenden Schritt getan.Sitzt man irgendwo am Schalthebel, werden sofort riesige Geldmengen an genehme NGOs freigegeben, die dann ausführen.Das hat auch den Vorteil, dass Dinge, die man selbst aus rechtlichen Gründen niemals machen könnte, über die NGOs ausgeführt werden.Aus der CDU werden solch üble Machenschaften nicht bekämpft, seit diese von einer bestimmten Person zerlegt wurde.Über die kontrollierten Schlüsselpositionen kann das alles verschleiert, abgesegnet und legitimiert werden.Kontrollmechanismen wurden auch mit eigenen Leuten besetzt.Das ist eine extrem gefährliche Entwicklung.Um nicht falsch verstanden zu werden:Die Sicherheit des Staates (also sozusagen die Staatssicherheit…) ist diesen Kräften sehr wichtig.

S.Buch / 07.08.2023

Den linksgrünen Nichtnutzen und Volksschädlingen geht es vor allem um eins: Die von anderen erarbeitete Kohle so lange und so umfangreich wie möglich zu sich hin umzuverteilen. Zu diesem Zweck haben sie sich den Staat zur Beute gemacht. Das Ganze unter dem Narrativ der nie endenden Weltrettung (= Geschäftsmodell).

Ferdinant Katz / 07.08.2023

So allmählich, kommt man ins schwimmen, was das verteilen von Geldern an Hinz und Kunz angeht. Man möchte also noch mehr tendeziöse Erziehungsbeauftragte, mit ideologischer Hirnschwellung anfüttern, die der, ins Molekular gespaltenen Bevölkerung “erklären” für wie geistig minderbemittelt die Regierung den Bürger mittlerweile hält? Irgendwas, zwischen Teletubby und Schaf, wird es wohl werden - während dir eine stählerne Faust, regenbogenfarben angemalt, in die Taschen und den Anus greift um dich aller Dinge zu entledigen, die du in Utopia eh nicht brauchst, so wie Rente, Ersparnisse, ein Eigenheim oder individuelle Mobilität. Aber dass im Grunde nicht schlimm ist, weil du im Gegenzug auf einer moralischen Furzgas Wolke schwebst und dich zu den “Guten” zählen darfst. Und jetzt, möchte man mir bitte erklären, wer von den denkfaulen, arbeitsscheuen, geistigen Minderleistern in Politik und Medien, dieses Kunststück vollbringen soll…

T. Schneegaß / 07.08.2023

“Gegenwärtig vertreibt die Bundeszentrale für politische Bildung immer noch kostenlos die Ausgabe der gegenwärtigen Fassung des Grundgesetzes. Eine durchaus empfehlenswerte Lektüre.” Da dachte ich mir auch und zeigte es am 13.03.2021 in Dresden Bütteln, die sicherlich darauf einen Eid leisteten. Mit der launigen Bemerkung eines dieser Staatsdiener, mir ja zum Beispiel auch den Schädel einschlagen zu können, schlug er mir es aus der Hand und in den Dreck. Seitdem weiß ich, dass es dorthin gehört.

Sascha Hill / 07.08.2023

Am Ende ist es unwichtig, was von der Ampel offiziell angekündigt wird. Es ist egal, ob die Ampel an Extremisten bzw. Demokratie feindliche Stiftungen, die Zahlungen reduziert. Zur traurigen Wahrheit gehört, die aktuelle Regierung ist längst das, was vorgegeben wird zu bekämpfen. Die NGOs werden also über Ecken und Kanten ihr Geld bekommen. Ansonsten hätten die “Qualitätsmedien” längst ordentlich Rabatz gemacht. Übrigens ähnlich wie beim “Sofortprogramm” von Merz und Söder. Verdächtig still! Vermutlich machen diese zwei Herren lediglich den Wegner. Und ebenso wahrscheinlich, wird es klappen…

Detlef Dechant / 07.08.2023

Die BpB war schon immer abhängig vom Innenministerium und dessen Haushalt. Da im Haushalt des BMIs der Posten für Personal sehr hoch und Tarifgebunden ist, kann bei verordneten allgemeinen Kürzungen nur bei den Sachkosten gekürzt werden. Dieser ist bei der BpB sehr hoch, so dass eine Kürzung einfacher ist. Gleichzeitig hat das BMI immer versucht, durch Haushaltszuweisungen Einfluss zu nehmen. Die beste Möglichkeit wäre, die BpB mit Haushalt und Arbeit aus dem BMI und damit aus dem gesamten Regierungsapparat herauszulösen und sie direkt dem Bundestag und dessen Kontrolle zu unterstellen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 08.07.2025 / 10:00 / 46

Deutsches Staatstheater um die Verfassungsrichter-Wahl

Es ist eine Premiere: Noch nie war in der Bundesrepublik eine Verfassungsrichter-Wahl so spannend wie diese. Bislang war die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts in…/ mehr

Peter Grimm / 08.07.2025 / 06:00 / 59

Gehören Anschläge auf die Bahn jetzt zum Alltag?

Voraussichtlich für knapp eine Woche ist gerade eine der wichtigsten Bahnlinien Deutschlands durch einen Brandanschlag lahm gelegt, doch in der Medienzunft herrscht nur gedämpftes Interesse. Weil…/ mehr

Peter Grimm / 07.07.2025 / 10:00 / 80

Die große Schüler-Umverteilung

Kommt jetzt in den Schulen eine Migranten-Quote? Und werden dann deutsche und migrantische Schüler durch die Lande gekarrt, damit die Quote stimmt? Bildungsministerin Karin Prien…/ mehr

Peter Grimm / 01.07.2025 / 14:00 / 41

Willkommen in Merkels Welt

Wer Angela Merkels folgenreiche "Wir schaffen das"-Einladung von 2015 kritisiert, gilt immer noch als politisch nicht ganz stubenrein. Auch nach zehn Jahren soll das so bleiben.…/ mehr

Peter Grimm / 26.06.2025 / 06:15 / 53

Frische Rechtsextremisten entdeckt

Während die SPD auf ihrem Parteitag eigene Ermittlungen gegen die AfD beschließen will, um sie endlich verbieten lassen zu können, hat der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt…/ mehr

Peter Grimm / 24.06.2025 / 12:00 / 58

Ein Rettungsring für die Pressefreiheit?

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt Nancy Faesers Compact-Verbot für rechtswidrig. Kann man nun den Sieg des Rechtsstaats und der Pressefreiheit auch für "umstrittene" Publikationen feiern? Immerhin sagt…/ mehr

Peter Grimm / 23.06.2025 / 06:15 / 45

Klingbeil will Bürokratieentlastung rückabwickeln

Das Politiker-Versprechen, Bürokratie abbauen zu wollen, hat kaum einen Wert. Finanzminister Klingbeil will Regeln des Bürokratieentlastungsgesetzes IV wieder kippen. Es geht um mehr Kontrolle steuerzahlender Bürger. Vielleicht…/ mehr

Peter Grimm / 22.06.2025 / 10:00 / 104

US-Luftangriffe auf den Iran. Wie geht’s weiter?

Nun ist US-Präsident Donald Trump auch selbst zum Kriegsherrn im Nahen Osten geworden. Gab es im Vorfeld Absprachen mit Russland? Und mit anderen Mächtigen? Die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com