Nach Lockdown, Lockdown-Light, Shutdown und Bundeslockdown nun der Brückenlockdown. Ein Synonym für die komplette Ratlosigkeit der politischen Elite. Armin Laschet hat sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur wahrscheinlich selbst den letzten Stoß gegeben. Sein Statement mit Maske aus dem Äscher Impfzentrum, wo er die Ärzte von der Arbeit abhielt, war ein Zeichen von komplett orientierungslosem Opportunismus. Das Tragische an der Orientierungslosigkeit: Nur weil Markus Söder sich an die scheidende Kanzlerin ranschmeißt, versuchte er bei „Mutti“ Punkte zu machen. Dass die bei der Entscheidung um die Kandidatur ihrer Nachfolger keine Rolle spielen kann, haben sie übersehen. So dilettantisch, wie die Corona-Boys sich aufführen, kommt vielleicht doch noch einer auf die Idee, sie aufzufordern, noch einmal anzutreten. Sie tut es dann für Deutschland.
„Wir versuchen jetzt, die Brücken zu bauen, aber wir wissen auch nicht, wohin wir die genau bauen. Also, das Ufer sehen wir ja auch nicht“, sagte sie. „Das ist ja überhaupt das ganz Schwierige an einer Pandemie, dass man das Ende nicht kennt.“ Bei der großen Finanz- und Bankenkrise vor einigen Jahren sei klar gewesen, dass man die Ursache habe beheben und die klammen Banken wieder mit Geld versorgen müsse. Im Vergleich dazu sei in der Pandemie vieles unklar, so Merkel. „Ich weiß es auch nicht, was dieses Virus noch anstellt“, und ob es etwa zu weiteren Mutationen komme, berichtet der Münchner Merkur am 14.03.2021. Die Brückenmetapher ist also nicht so neu. Auch wenn der Kenner der Studienlage, Karl Lauterbach, den CDU-Vorsitzenden und NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet dafür lobt. Das sei ein richtiges Bild. Auch wenn der sich damit bei der Kanzlerin vielleicht aufgrund des Kurzzeitgedächtnisses der politischen Klasse unwissend anbiedert. Ihre Orientierungslosigkeit kann er nicht entkräften.
Brücken scheinen ein schönes, unverdächtiges Bild. Sie verbinden, überwinden Hindernisse wie Täler, Flüsse oder gar Meere. Sie schaffen gemeinsame Lebens- und Wirtschaftsräume und verkürzen Entfernungen ungemein. Historisch sind rund um Brücken Handelswege entstanden, Wohlstand und neue Freundschaften und Beziehungen. Sie überbrücken aber auch soziale Unterschiede, wie etwa im mittelalterlichen Edinburgh, wo das Bürgertum sich den Blick auf das Gesinde ersparte, in dem es einfach darüber hinwegschritt und -ritt.
Brücken: mal umkämpft, mal ohne Anschluss, mal sanierungsbedürftig
Deshalb sind Brücken auch umkämpft. Wie in dem legendären Anti-Kriegsfilm „Die Brücke” von Bernhard Wicki, der jedermann empfohlen sei. 16-jährige Schulfreunde werden kurz vor Kriegsende gezwungen, gegen die anrückenden US-Soldaten eben eine Brücke zu verteidigen. Ihr falscher Enthusiasmus, ihr jugendlicher Heldenmut und ihre mangelnde Erfahrung führen in eine Tragödie. Unter den jugendlichen Darstellern findet sich unter anderem der junge Volker Lechtenbrink. Ganz ohne Drohne offenbart die Luftansicht der Leichen der Jungen und der brennenden Panzer eine Tragödie, die man sich hätte sparen können. Die Brücke sollte übrigens gesprengt werden. Auch die „Brücke von Remagen” ist ein Beispiel dafür, dass solche Bauwerke durchaus Konflikte, Krieg und Tod verursachen können.
Manchmal muss ich auch bei Brücken an solche ohne Anschluss denken. Straßenbrücken stehen gerne in der Landschaft herum, ob sie jemals an das Straßen- oder Schienennetz angeschlossen werden, steht in den Sternen. Sie entsprechen nicht nur den Plänen der lange überschätzten deutschen Bürokratie, Brücken ohne Straßen oder Straßen ohne Brücken zu bauen. Sondern auch der oben zitierten Merkelschen Metapher, die Brücken baut, nur nicht weiß, über welches Hindernis und wohin. In dieses erbärmliche Bild fügt sich der vermeintliche Kanzlerkandidat Armin Laschet nahtlos ein, der allerdings alle Brücken zur Aussicht auf den eigenen Erfolg damit abgebrochen haben dürfte.
Wir brauchen Brücken. Dringend. Die Sanierung der vorhandenen würde schon helfen. Unser Bürokratiewunder schafft es seit 2014 nicht, den Brückenlockdown der A1 bei Leverkusen zu lockern. Seit 2017 ist Laschets Landesregierung dafür verantwortlich, dass hunderttausende LKW nicht jeweils etliche CO2- und Feinstaub-emittierende Umwege in Kauf genommen haben. Stattdessen gibt es eine LKW-Sperre, die eine Überquerung der 40-Tonner wirksam verhindert. In Bezug auf die Pandemie eröffnet das ganz neue Perspektiven. Übrigens darf auch Laschets Dienstpanzer angeblich nicht über die Rheinbrücke im Kölner Süden. Der Dienstwagen ist mit über 3,5 Tonnen einfach zu schwer.
Vielleicht sollten Politiker mehr an Fähren als an Brücken denken. Der 300er Mercedes des ersten Kanzlers Konrad Adenauer überquerte alltäglich den Rhein zwischen Rhöndorf und Bonn mit dem Schiff. Inklusive Begleitkommando. Da konnte der Alte trotz Autotelefon in Ruhe nachdenken. Für Laschet waren die Osterfeiertage dafür wohl zu kurz. Bernhard Wicki würde es nicht wundern.