Peter Grimm / 21.11.2017 / 11:00 / 5 / Seite ausdrucken

Die Brötchen des Kardinals und der islamische Humor

Wer kann einem den rechten Glauben besser vermitteln als der Kölner Kardinal? Bei Amtsinhaber Rainer Maria Woelki kann man sicher sein, dass er trotz seines geistlichen Amtes auch weitestgehend weltlich, also politisch korrekt predigt. Man bewegt sich also auf weltanschaulich ungefährlichem Terrain, wenn man einer Ansprache von ihm auf der Facebook-Seite des Kölner Domradios folgt. Hatte die hohe Geistlichkeit einst nur das Wort des Herrn verkündet, so durfte man dieser Tage vom Kardinal anhand einer Brötchentüte etwas vom hohen Wert der Klimarettung lernen. Manchmal kommt die Erleuchtung schließlich auch von einer Klimakonferenz, es müssen ja nicht immer gleich Vater, Sohn und Heiliger Geist sein.

Der Kardinal erklärte den Nutzern seiner Facebook-Seite, kurz zusammengefasst, wie frevelhaft es sei, sich seine Brötchentüte mit dem Auto zu holen. Man könne sich schließlich auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Weg zum Bäcker machen. Auch müsse man nicht unbedingt mit dem Auto zur Kirche fahren, das könne man ebenfalls klimaschonender erledigen.

Es mag jetzt Menschen geben, die sich von einem Kardinal nicht gern sagen lassen, wie sie ihre Brötchen besorgen sollen. Vielleicht kommt dem einen oder anderen Zuschauer des Woelki-Videos auch der ketzerische Gedanke in den Sinn, der Kardinal könnte zu jener Gruppe Menschen zählen, die sich ihre Brötchen gar nicht selbst vom Bäcker holen müssen. Aber das wäre kleinlich. Allerdings könnte man schon erwarten, dass auch ein geistlicher Herr weiß, dass die Welt nicht nur aus wohlstrukturierten Großstädten besteht.

Falls es für den einen oder anderen Klimaretter überraschend sein sollte: Es gibt in unserem Land Siedlungsgebiete, wo in fußläufiger Entfernung kein Bäcker zu finden ist. Es gibt Regionen, da ist ohne Auto kaum ein Geschäft, eine Arztpraxis, eine Post oder eine offene Kirche zu erreichen, weil es das alles im Ort nicht mehr gibt und nur noch ein rudimentärer öffentlicher Nahverkehr angeboten wird. Das sind oft solche Gegenden, in denen subventionsabgesicherte Investoren gern in Windräder investieren, weil die sich in strukturschwachen Regionen so gut und ohne allzu viel Widerstand aus der Kommunalpolitik aufstellen lassen. Aber das hätte bei der Klima-Brötchentüten-Predigt auch zu weit geführt.

So korrekt man Facebook auch durchstreifen möchte, vielleicht ist die Klimarettungs-Verkündigung eines Kardinals auch nicht das Richtige für den Anfang. Zum Glück empfiehlt das "soziale" Netzwerk in der rechten Spalte Facebook-Gruppen, die von den Algorithmen für passend gehalten werden. An erster Stelle steht hier nun neben dem Kardinal die Gruppe „Mashallah Habibi's Wir sind Ausländer“. Das Profilbild zeigt einen bärtigen Mann mit einer verschleierten Frau. Offenbar also eine eher islamische Gruppe, die mit Benimmregeln einlädt. Zuerst heißt es: „Erlaubt ist alles, was Spaß macht“, und man endet mit „Politisch Sachen werden gelöscht“.

Bitte keine Meinungen der Menschen

Das ist ein wenig unspezifisch und ich möchte mich in dieser Gruppe nicht anmelden. Aber es gibt neben dem Woelki-Video weitere Empfehlungen. „Mardelli mardelli“ heißt das nächste von Facebook für passend gehaltene Angebot. Die Selbstbeschreibung ist kurz: „Unterhaltungsgruppe alle aus Mardin! Wir dulden keine beleidigungen“. Mardin ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Mardin im türkischen Teil Mesopotamiens. Welchen Bezug Facebooks Algorithmen zwischen dem Kardinal oder dem Domradio zu Mardin erkannt haben, weiß ich nicht. Ich hatte und habe weder mit der Region, noch mit Menschen, die aus Mardin kommen zu tun, was sollte ich in dieser Gruppe.

Aber es gibt ja gottlob noch einen dritten Vorschlag neben der Kardinalsansprache, die „Umma der Ahlu-Sunnah“.

Hier erfährt man wenigstens klar, worum es geht:

Diese Gruppe dient primär dem Zweck, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu helfen und für Allah zu ermahnen. Gerne könnt ihr jedoch auch alltägliche Angelegenheiten bzw Themen, rund ums Leben behandeln, sofern ihr den Respekt zueinander wahrt und eure Beiträge, im islamischen Rahmen bleiben!

Wir folgen Koran&Sunnah, nach dem Verständnis der rechtschaffenen Salaf-us-Salih und jene Lehren, welche sich dem Salafi-manhaj entgegensetzen, sind in der Gruppe nicht zugelassen, da dies der EINZIG wahre Weg ist, auf dem eine Person, Erlösung am Tage des Gerichts erhalten wird!

Der Prophet (Frieden und Segen seinen auf ihm) sagte: "Diese Ummah wird sich in 73 Gruppen spalten, von denen alle im Höllenfeuer sind, bis auf eine. Das sind die, die meinem Weg und dem Weg meiner Gefährten folgen.

Welchen Bezug Facebook hier zu Kardinal Woelki erkennt, darüber kann man spekulieren. Aber eine Facebook-Sperre kann es bei einer solchen Regel wie der folgenden sicher nicht geben:

Der Islam basiert nicht auf Meinungen der Menschen, sondern auf Koran&Sunnah. Deshalb bitten wir euch,bei islamischen Fragen, nicht aus eigenen Gelüsten heraus zu antworten. Hier werden Beweise aus Koran&Sunnah und Rechtsurteile unserer 3uluma erbracht!

Gibt es islamische Satire?

Also Facebook macht mir bei einer Ansicht auf eine Klimarettungsrede von Kardinal Woelki drei Vorschläge für islamische Gruppen. Kennen die Algorithmen keine katholischen Facebook-Gruppen oder angesichts des Redeinhalts vielleicht auch welche mit Klimarettern oder Bäckern? Offenbar ist man, wenn man nicht anecken will, bei den Vertretern des Islam immer auf der richtigen Seite. Doch was macht jemand, der es vielleicht etwas lustiger wünscht? Nun, da führt eine Facebook-Empfehlung auf der Umma-der-Ahlu-Sunnah-Seite weiter. „Humor im Islam“, das klingt doch vielversprechend. Bei der Lektüre der Regeln stellt sich allerdings die dringende Frage, ob es im Islam auch Satire geben darf:

Wir vom Team Humor im Islam wünschen jedem Mitglied Vielseitigkeit und Humor in unserer Gruppe!

1.Gilt die lange Unterhaltung beider Geschlechter in einem post als flirten so führt dies zur Verwarnung.

2. Das Posten von Humorlosen Beiträgen ist nicht erwünscht, wie z.B. Beiträge aus dem politischen Bereich oder etwas der Gleichen.

3. Negative Kommentare die zum Streit führen sollten unterlassen werden, denn dies führt zur Verwarnung (wer innerhalb einer Woche drei Verwarnungen erhält, fliegt mit sofortiger Wirkung aus der gruppe und hat kein Anrecht mehr auf Wiederaufnahme)

4. Unterlasst das diskutieren denn der Prophet (sallalahuwasalam) sagte: „ich garantiere demjenigen ein Haus im Paradies, der das diskutieren sein lässt, auch wenn er im Recht ist.“

5. Wir freuen uns über jeden Humorvollen und lustigen Beitrag (die Beiträge sollten islamisch korrekt sein und keine Fitnah verursachen)

6. Wer Schwester privat anschreibt fliegt sofort ohne Verwarnung aus der Gruppe. (Itaqillah Fürchte Allah swt.)

7. Wendet euch Geschlechter getrennt an unser Team falls Beschwerden vorliegen.

La wa taqrabu zina

Und haltet euch fern von Unzucht wahrlich denn dies ist ein übler weg! Sura 17:32 Quran al kareem

Ich glaube, ich kann keinen weiteren Facebook-Empfehlungen mehr folgen. Ich bin zu sehr mit der Frage beschäftigt, ob die zuletzt zitierten Zeilen eigentlich zum Lachen sind oder nicht. Vielleicht sehe ich mir stattdessen lieber noch einmal den Brötchentüten-Auftritt des Kardinals an. Welche Gruppen mir Facebook diesmal empfiehlt, ignoriere ich einfach.

Dieser Beitrag erschien auch auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Leo Lepin / 21.11.2017

Man kann sich nur noch an den Kopf greifen.

Jürgen Streeb / 21.11.2017

Wenn ich die Worte des Kardinals höre, bin ich aufs Neue froh über meine Entscheidung. Ich fahre nicht mit dem Auto zur Kirche. Nein, weder fahre ich noch gehe ich. So schone ich Klima und Nerven.

Christian Beilfuss / 21.11.2017

Womit doch eigentlich das Rätsel um die Herkunft von des Kardinals Brötchen geklärt ist: “Der Prophet (Frieden und Segen seinen auf ihm) sagte: „Diese Ummah wird sich in 73 Gruppen spalten, von denen alle im Höllenfeuer sind, bis auf eine. Das sind die, die meinem Weg und dem Weg meiner Gefährten folgen.” Er gehört also einer der 72 benachteiligten Gruppen an, was logisch daraus resultiert, dass die seine Gruppe dem Weg des nämlichen Herrn Propheten namentlich nicht folgt, sondern auf dem Kreuzweg eines vorausgegangenen Propheten steckengeblieben ist.  Daraus hat er nun zuhause eine Aufbackstation in Gestalt eines amtlichen Höllenfeuers und über diesem röstet er seine vorgefertigten Teiglinge bis zur Frühstücksreife. Da braucht der Kardinal kein Auto für und spart sich möglicherweise klimaschonend sogar die Brötchentüte.  Letztes Jahr übrigens war eine Morgenandacht im Deutschlandfunk (der Höllenfeuergruppe “evangelisch” allerdings) dem Thema gewidmet, dass Abschalten schöpfungsbewahrender sei als nur Stand-By. Renitent, wie ich bin, habe ich den Sermon allerdings nur leiser gedreht.

Anders Dairie / 21.11.2017

Von Woelki würde ich, trotz Kniefalls, keinen gebrauchten Wagen kaufen.  Woelki geht auch nicht mit wehenden Rockschößen über die Domplatte, geschweige Brötchen kaufen.  Ich frage micht als lauer Deist,  ob man solche Leute für das praktische Leben braucht.  Man kann den Muslimen keinen Vorwurf in Ortografie machen.  So wird Deutsch mittlerweile in der Schule “verlernt”.  Die nennen das wohl “sprechend schreiben”.

Robert Bauer / 21.11.2017

Da ist Facebook anscheinend schon weiter als der Autor. Nicht wenige Kölner, auch rechts des Rheins, halten Woelki für den Imam der Erzdiözese. Ob er es auch zum “Kalif von Köln” schafft, steht noch dahin.

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