Chaim Noll / 08.04.2025 / 06:15 / Foto: Montage achgut.com / 95 / Seite ausdrucken

Die „Brandmauer“ als Symbol einer Geistesverwirrung

Psychologisch gesehen, ist die „Brandmauer“ ein Zeichen tief sitzender Unsicherheit. Offenbar haben manche Deutsche solche Angst davor, sie könnten wieder Nazis werden, dass sie rigide Schutzmaßnahmen ergreifen.

Die Politik der neuen deutschen Regierung basiert auf der Ausschließung von über zwanzig Prozent der deutschen Wähler, die der kommende Kanzler durch eine „Brandmauer“ von jeder Beteiligung an den demokratischen Prozessen fernhalten will. Psychologisch gesehen, ist die „Brandmauer“ ein Zeichen tief sitzender Unsicherheit. Sie dient der Autosuggestion ihrer Erfinder, die sich ständig ihre eigene progressive Gesinnung bestätigen müssen. Offenbar haben manche Deutsche solche Angst davor, sie könnten wieder Nazis werden, dass sie rigide Schutzmaßnahmen ergreifen.

Und Mauern errichten. Wie im Mittelalter. Aus Hysterie, aus Angst vor der Infektion mit dem Nazi-Virus. Gegen den man sich offenbar nicht immun fühlt. Die Panik gilt einer Partei, die – abgesehen von zwei oder drei dummen Äußerungen einiger Politiker – kaum irgendeine Ähnlichkeit mit den Nazis aufweist. Eher beschwört das Wort „Brandmauer“ den verlorenen Krieg Nazi-Deutschlands herauf, nach dem die großen deutschen Städte in Trümmern lagen, aus denen überall Brandmauern ragten, mancherorts – so in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin, wo ich aufwuchs – noch jahrzehntelang. Im Osten waren sie immer noch schwarz vom Feuer der Bombennächte, im Westen der Stadt wurden sie heiter bemalt oder bepflanzt, aber man sieht sie auch dort bis heute, die steilen, leeren Wände, abrupten Abbrüche, die zerschnittenen Häuser.

„Brandmauer“ ist ein Kennwort deutscher Zerstörung. Oder meint Friedrich Merz, der Erfinder dieser Metapher, die Brandmauern hätten immerhin einen Teil der Häuser vor dem Untergang bewahrt? Brandmauer als Schutzmauer? Wovor will man sich schützen? Nicht vor Feuer oder Bomben, sondern vor einem wachsenden Teil der eigenen Bevölkerung. Deshalb ist der Vorgang besorgniserregend. Er richtet sich gegen Demokratie und Pluralismus. Meine Sorge gilt nicht der Partei, die man durch die Brandmauer ungeschehen machen will, denn sie wird von diesem kindischen Versuch der Realitätsleugnung profitieren. Sie ist bisher durch den Boykott der anderen immer nur stärker geworden. Das Brandmauer-Konzept ist also auch noch kontraproduktiv im Sinne der eigenen Erfinder. Kann man sich etwas Dümmeres vorstellen?

Brandmauer meint Amputation. Heute die Amputation eines guten Fünftels der eigenen Bevölkerung, nach neuesten Umfragen eher eines Viertels, fast fünfundzwanzig Prozent. Ihnen wird „Polarisierung“ vorgeworfen, die Partei, die sie gewählt haben, der Spaltung bezichtigt – aber was ist die „Brandmauer“? Sie ist Spaltung schlechthin. Sie ist das Messer, mit dem das Tischtuch zerschnitten wird. Der rabiate Versuch, Ordnung zu schaffen. Ein Symbol der Geistesverwirrung, die Deutschlands politische Klasse erfasst hat. Die von der „Brandmauer“ ausgehende Konfusion teilt sich atmosphärisch mit, sie schadet Deutschlands Ansehen im Ausland, wird auch der Wirtschaft schaden, die Krise des Landes vertiefen. Die „Brandmauer“ verhindert Kooperation und Verständigung, die konstruktive Zusammenarbeit aller Teile der Bevölkerung. Es gäbe so viel Dringendes zu tun, stattdessen zieht man Mauern durchs Land… Eine Regierung, die so beginnt, kann es eigentlich gleich lassen.

 

Chaim Noll wurde 1954 unter dem Namen Hans Noll in Ostberlin geboren. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen und Vorträgen nach Deutschland. In der Achgut-Edition ist von ihm erschienen „Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel“.

 

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Ulrich Bohl / 08.04.2025

Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten hat Ulbricht einst gelogen. Das Ergebnis der Lüge kennen wir alle. Jetzt lügt man und errichtet Brandmauern gegen eine Partei die zuviel Wahrheiten ausspricht, Das ist natürlich verwerflich. Die großen s.g. demo- kratischen Parteien sind verärgert, ihnen fehlen Argumente gegen die ausgesprochenen Wahrheiten also hilft man sich damit sie als Rechte bzw. Nazis zu beschimpfen, auch diese Lüge wird so enden wie Ulbrichts Mauerlüge.

Gabriele Klein / 08.04.2025

Noch schlimmer finde ich das internationale Auftreten deutscher Regierender, die die Goldene Regel des Anstands nicht zu kennen scheinen. “Behandle den Andern auf der internationalen Bühne so, wie auch Du gerne behandelt werden möchtest”. Trotz unglaublicher Beleidigungen Hitlervergleichen u.a. in ihrer Hofpresse u. allerlei “invectives” aus EU u. Germany,  wahren sowohl der amerikanische wie auch der russische Präsident die Form u. vergelten nicht Gleiches mit Gleichem. Man studiere hier d. O Ton.  Verwendet nun ein amerikanischer Vize-Präsident höflich aber bestimmt ein paar deutliche, wahre Worte   heult wie vor den beiden Weltkriegen auch die “getretene” ach so demokratische Unschuld sofort unüberhörbar auf,  Tja,  der Demokratiebegriff in USA, der Schweiz, Liechtenstein u.  diversen anderen Ländern scheint von dem in “Germany” genau in dem Maße abzuweichen wie die “Neue UN Charta” von v. alten Charta abweicht.(1) Bei der alten Charta dürfte Amerika federführend gewesen sein, bei der neuen mit den 17 SDGs hingegen “Germany” , denn die heiße Spur führte mich einst doch tatsächlich in den RNE Rat von Frau Dr. Merkel und dem Deutsch- Brasilianer (2) Herrn Achim Steiner in der UN . 1) Darüber wo Zero Armut, Zero Krankheit, Zero Unwissen endigen u. das KZ, Euthanasiemorde/T4, und die Gehirnwäsche beginnen erfuhr ich bis Dato nix, Auch nix darüber wie man sein Planziel bis 2030 dennoch erfüllt, wenn z.B.  Erdbeben/Korruption/Krieg einen Strich durch die Rechnung ziehen. (2) Ob er auch eine chinesische Staatsbürgerschaft hat weiß ich nicht. Könnte vielleicht sein, denn zumindest vor ein paar Jahren mein ich doch,  ihn als Vize Chair od. vergl. Rolle im CCICED erkannt zu haben. (Bitte prüfen, es lohnt)

Barbara Strauch / 08.04.2025

@Klara Altmann: Ihre Idee, statt der Regierung einen Kaninchenstall einzurichten, finde ich bestechend. Warum sollten wir es nicht nochmal versuchen, überall hoppeln Hasen herum (Ostern steht schließlich vor der Tür)? (Ironie aus). @Judith Panther: Wo waren die AfDler, als es die AfD noch nicht gab? Natürlich bei der CDU (so wie ich). Die Absetzbewegung hat sich immer weiter beschleunigt, es gab Höhepunkte 2011 bei Merkels Atomausstieg (da hat es bei mir geklingelt), 2015 bei der Flüchtlingswillkommensorgie, und jetzt mit Merz ist sie zu einem Tsunami angeschwollen. Weiter so! Was noch in der CDU verbleibt, Schwamm drüber.

Gabriele Klein / 08.04.2025

“Und Mauern errichten. Wie im Mittelalter.” Falsch: sollte lauten: Und Mauern errichten. Wie in der DDR!  Denn AGITPROP Mauern mit den Guten d.h. Anti-Faschisten (u. nur Stalinisten scheinen sich dazu zu qualifizieren)  drinnen und den “bösen” Kapitalisten = Faschisten draußen, kenne ich aus dem Mittelalter leider nicht. So blöd war man selbst im finstersten Mittelalter nicht. Mauern dienten dem Schutz vor Angriffen aller Art, und nicht dazu, die Leute unter einer einzigen “Meinung” buchstäblich “einzusperren” wie einst in der DDR erfolgt, u. nun im Bundestag.  Der Andrang von West über die “Brandmauer” nach Ost zu gelangen hielt sich damals in Grenzen. Und umgekehrt war da der Schießbefehl auf jene, (Faschisten???) die von Ost nach West die “Brandmauer” zu überwinden suchten, sei es auch nur verbal innerhalb der “Betonmauer”.  “Nein” und nochmals “Nein” zu diesem Vergleich.  Zum christlich geprägten Mittelalter sehe ich da keinen Zusammenhang. Zu Stasi u. alter DDR AGITPROP allerdings schon.

Jochen Lindt / 08.04.2025

Friedrich Merz hatte die Brandmauer schon fast geschliffen in der Asyldebatte, ist dann aber mit vollen Hosen umgedreht.  Kein guter Start als Kanzler.

Sam Lowry / 08.04.2025

Karl Roland Freisler wurde in Bamberg wiedergeboren… wenn ich Herrn Steinhöfel richtig verstanden habe…

R.Camper / 08.04.2025

In DE wird das falsche Schwein geschlachtet. Wenn es Faschismus gibt, dann doch wohl eher von Links, zB „Antifa”. Kennzeichen des Faschismus sind Nichttolerierung anderer Meinungen (Brandmauer). Auch die ständigen Gegendemonstrationen sind Ausdruck von Intoleranz gegenüber Andersdenkender. Die wahre Fraze des Faschismus zeigt sich allerdings im Linkterror einer Lina Engel und ihren Bandenmitgliedern. Die wahren Faschisten (Antfa) haben nicht nur kein Problem mit Intoleranz, - sondern auch mit Gewalt gegenüber Andersdenkender. Genau wie es Ignazio Silone gesagt hat, „wenn der Faschismus wieder kommt wird er nicht sagen, ich bin der Faschismus, er wird sagen ich bin der Antifaschismus.“

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