Vera Lengsfeld / 25.06.2018 / 10:55 / Foto: Pete / 46 / Seite ausdrucken

Die besondere Tragik des Frank Pergande

In einem Beitrag mit der Überschrift „Besondere Tragik“ formuliert Frank Pergande von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am vergangenen Wochenende eine neue Tonlage gegenüber ehemaligen Bürgerrechtlern – und zwar als Leute, die immer zwanghaft gegen etwas sein müssen, als eine Art besonders tragische Folge der Repression in der DDR.

"Besondere Tragik" ist ein ganz schlimmer Text, da er die nach körperlicher Gewalt gegen Personen und Familie schärfste Waffe des Stalinismus nutzt: die Pathologisierung des politischen Gegners. Zum Glück leben wir aber nicht mehr in einem stalinistischen System, und deshalb funktioniert diese Art von Stigmatisierung auch nur durch Lügen. Für eine rein faktenbasierte Konversation darüber, warum man Kritik, zum Beispiel an der momentanen Asyl- und Sicherheitspolitik, als nur durch Neurosen erklärbare Verirrung empfinden kann, fühlt sich Frank Pergande offenbar nicht gut gerüstet. Aber darum geht es ihm auch gar nicht, es geht ihm um politische Stigmatisierung. Zu meiner Person schreibt er: „Vera Lengsfeld ist wohl das prominenteste Beispiel: Über die Grünen und CDU kam sie zur AfD“.

Ich bin mit meinem politisch wohlbegründeten Wechsel von Bündnis 90/Die Grünen seit 1996 Mitglied der CDU (mal schnell nachgerechnet: über 20 Jahre). Seit 13 Jahren mit der Kanzlerin und Bundesvorsitzenden Angela Merkel an der Spitze. Ich kam zur CDU und bin dort bis zum heutigen Tage. Die „Gemeinsame Erklärung 2018“, die gerade vom Petitionsausschuss des Bundestages angenommen wurde, ist eine parteiunabhängige Initiative. 

Wie schreibt Frank Pergande richtig: Wir haben heute Meinungsfreiheit. Aber Fakten bleiben Fakten, egal, wo Frank Pergande sein Geld verdient, und welche Meinungen er meint vertreten zu müssen. Deshalb in aller Deutlichkeit: Jemand, der lügt, ist ein Lügner. Und einen Opportunisten und Karrieristen darf man heute sicherlich offener und gefahrfreier als Opportunisten und Karrieristen bezeichnen.

Frank Pergande hat sein Handwerk in Leipzig gelernt und dann bis zum Mauerfall ausgeübt. Das „Rote Kloster“ – die Sektion Journalistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig – war die Kaderschmiede der DDR-Journalisten. Pergande (Jahrgang 1958) schrieb dort laut „Archiv Bürgerbewegung Leipzig" 1982 eine bemerkenswerte Diplomarbeit zum Thema: „Zur Geschichte der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung’ – ein Beitrag zur Erforschung der Funktion des imperialistischen Journalismus in der BRD“. Darin analysierte Pergande unter anderem auch die „Rolle der FAZ im staatsmonopolistischen Apparat der Manipulation in der BRD“. Seit Ende der 1990er Jahre arbeitet Pergande für die FAZ. 

Jetzt kann er seine Diplomarbeit fortschreiben.

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Leserpost

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Richard Löwe / 25.06.2018

ich kann kaum Schreiben, so muss ich über den letzten Absatz lachen. Es hat einen Grund, warum ich seit 3 Jahren nicht mehr auf die Seite der FAZ gehe. Und das als vormaliger Abonnent. Herr Pergande hofft offensichtlich, wie der Rest der noch nicht offiziell alimentierten Einheitspresse, dass man wirklich bald in monopolkapitalischer Manier unter die staatlichen Fittiche genommen wird. Denn die Staatspropaganda der Einheitspresse lesen immer weniger.

J. Rose / 25.06.2018

Liebe Frau Lengsfeld, ich bewundere Ihren unbestechlichen Blick und Ihren Mut, die perfide Instrumentalisierung von “Allem und Jedem,” diese Diffamierungszensur aufzudecken. Bei diesem manipulativen “Meinungsjournalismus” des Frank Pergande fällt mir nur ein: “Gelernt, ist gelernt!” Die DDR-Ideologie und deren Propaganda-Methoden wurden viel zu wenig aufgearbeit und kritisch beleuchtet. Fast könnte man meinen, dass die Maschinerie der (Staats-)Propaganda immer noch wie geschmiert läuft…..

Frank Mora / 25.06.2018

@ T. Weidner Die bekannteste Absolventin des Roten Klosters ist Frau Maybrit Obermann, geschiedene Allner.

Wolfgang Kupke / 25.06.2018

Roland Claus wurde im Herbst 89 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle, er lud Anfang 1990 fünf Hallenser zu sich ein, die die SED zu den gefährlichsten Leuten von Halle zählte, darunter war auch ich, später wurden wir Bürgerrechtler genannt. Bei uns fünfen hat er sich für die Verfolgung durch die SED entschuldigt. Nach einem politischen Irrweg über Bündnis 90, dann B90/DIE GRÜNEN bin ich 1996 mit Vera Lengsfeld und anderen in die CDU eingetreten, da bin ich auch heute noch. Ich fühle mich keinesfalls als chronischer Meckerer, sondern begrüße die deutsche Einheit, aber es gibt viel zu kritisieren und zu verbessern. Ich gehöre nicht zu den Bürgerrechtlern, die das politische Feld geräumt haben, die nach Pergandes Meinung offenbar nicht psychisch krank sind, ich mische mich wie Vera in das politische Geschehen ein. Und so wird es auch bleiben, egal, was Pergande schreibt.

Martin Landvoigt / 25.06.2018

Nur gut, dass die MSM heute kritisch gesehen werden. Es hat etwas verschwörungstheoretisches, würde man sagen, dass ehedem konservative Blätter links unterwandert seien. Aber wie sonst soll man die Faktenlage benennen?

Bärbel Schneider / 25.06.2018

Mit Ihrer angeblichen Neurose befänden Sie sich in zahlreicher Gesellschaft, liebe Frau Lengsfeld. Wie viel Millionen Deutsche sind laut Umfragen gegen die Migrationspolitik der Regierung? Offenbar alles Gestörte, nur Herr Pergande ist normal. Die Story von dem Geisterfahrer muss ich sicher nicht noch einmal erzählen. Zum Autor selber fällt mir nur ein: Einmal Opportunist, immer Opportunist. Dass inzwischen Hetz-Texte gegen Bürgerrechtler, die so auch im “Neuen Deutschland” der DDR-Zeit hätten erscheinen können, in der FAS veröffentlicht werden, zeigt eine sehr bedenkliche Entwicklung des medialen Diskurses auf.

Günter K. Schlamp / 25.06.2018

Ich schätzte die Texte von Herrn Pergande bisher sehr und bedaure, dass er nicht mehr Korrespondent für Norddeutschland ist. Allerdings ist Ihre Kritik hier zutreffend. Wer einen Wechsel im bundesdeutschen Parteienspektrum anprangert und selbst stante pede zum Klassenfeind übergegangen ist, wird unglaubwürdig.

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