Ahmet Refii Dener / 07.09.2024 / 16:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 7 / Seite ausdrucken

Die belesene Ehefrau

„Die Ehefrau, die viel belesen war, aber mit der man über nicht diskutieren konnte, weil sie von nichts eine Ahnung hat.” – Das klingt wie Salvador Dalis Bild „Traum, verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel, eine Sekunde vor dem Erwachen (1944)”

Ich glaube, es war 2016, als ich das letzte Mal vor meiner Abreise Richtung Deutschland in Antalya war. Ich musste zum Busterminal der Stadt und nahm mir am Taxistand, nahe dem Wohnort meiner Mutter, ein Taxi.

Taxifahrer können viel erzählen, aber auch ich kann nicht weniger. Ohne etwas zu sagen, kann ich nicht neben Menschen sitzen. Dieses Mal saß ich auf dem Beifahrersitz. In der ersten Sekunde vor der Abfahrt stellten wir fest, dass wir beide Ahmet heißen. Einer der Taxifahrer am Stand hatte mich schon einmal gefahren und kannte mich. Beim Einsteigen sagte er zu mir: „Da kommen zwei Ahmets zusammen!“

In der Türkei ist das so, als wäre man miteinander verwandt. Das beginnt, wenn man aus dem selben Dorf oder der selben Stadt kommt, und wenn das nicht passt, nimmt man eben die Türkei als Verbindung – aber wie gesagt, der Vorname tut es auch. Wir hatten eine etwa 20-minütige Fahrt vor uns. Ich sah ein Buch aus dem Handschuhfach herausragen, weshalb es halboffen war. „Lesen Sie?“ fragte ich. „Wenn ich nicht Taxi fahre, immer!“ antwortete er. „Darf ich?“ „Klar darfst du!“ Schnell waren wir beim „Du“ angekommen.

„Stefan Zweig, Brennendes Geheimnis, 1911“, natürlich auf Türkisch. Übrigens, Stefan Zweig ist der meistgelesene ausländische Autor in der Türkei. Ich war erstaunt, solch ein Buch in den Händen zu halten. Konnte es stimmen, dass dieser Mann, zwar gepflegt, aber mit fehlenden Knöpfen am Hemd, solch ein Buch las? „Da unten sind noch mehr Bücher!“ sagte er. Ich fand jedoch keines im Handschuhfach. Dort lag so viel Werkzeug, dass man ein Auto hätte reparieren können. „Nein, nicht da. Ich meine unter deinem Sitz!“

Ich bückte mich und was soll ich sagen: Ich saß auf einer Unmenge von Büchern. Selbst wenn der Sitz aus der Verankerung springen würde, hätte er diese Höhe gehalten, weil die gestapelten Bücher ihn fixierten. „Das alles liest du?“, fragte ich. „Sag ich ja, wenn ich kein Taxi fahre.“ „Hut ab, wer so belesen ist, der kann wohl über alles mitreden und diskutieren“, sagte ich. Von ihm kam ein verschmitztes Lächeln.

So einen Fahrgast habe ich noch nie gehabt

Wir sprachen viel über seine privaten Probleme mit seinen Söhnen, die er alle unterstützte, weil sie bis zum Hals verschuldet waren und er sich bei den Banken, die die Kredite gaben, für sie verbürgt hatte. Kurz vor der Ankunft am Busterminal fragte ich: „Liest denn deine Frau auch so viel, dass ihr zu Hause auf Augenhöhe miteinander sprechen und diskutieren könnt?“ „Als Hausfrau hat sie viel mehr Zeit als ich. Sie liest ununterbrochen, aber mit ihr kann man über nichts diskutieren. Wir haben keine Themen, die sich berühren.“

„Wie geht das denn, wenn sie ebenfalls so belesen ist?“ Mit einem Lachen im Gesicht, in meine Richtung blickend und die Augen verdrehend, sagte er: „Sie liest nur das eine Buch“ (er meinte den Koran) „und das auch noch falsch herum“ (weil Arabisch von rechts nach links geschrieben wird, beginnt das Buch hinten). „Deshalb verfügt sie über kein weltliches Wissen. Über was sollen wir denn reden?“ Wir waren angekommen. „Einem wie dir werde ich sicher nie mehr begegnen. Bleib gesund, Ahmet, du packst alle Schwierigkeiten!“ sagte ich, bei der leider zu kurzen Fahrt.

Zuerst wollte er kein Geld annehmen. Nach hartem Kampf nahm er es doch, aber nur unter der Bedingung, dass ich Obst aus seinem Garten, das er reichlich in Kisten im Kofferraum hatte, mitnehmen würde. Er packte es in einen riesigen Jutesack. Wie viele Sorten es waren, weiß ich nicht mehr, aber es war so viel, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam. Gerade hatten wir uns verabschiedet. Er fuhr langsam los, bremste abrupt, stieg aus, kam auf mich zu und umarmte mich. „So einen Fahrgast habe ich noch nie gehabt, wenn du wieder am Taxistand bist, frag nach mir!“ sagte er. Ich konnte ihn nur noch verschwommen sehen – raten Sie mal, warum.

Ich denke, der Inhalt und die Feststellung des Mannes über seine Ehefrau, sagt viel aus und erklärt vieles.

Dieser Beitrag erschien zu erst auf Ahmet Refii Dehners Blog: Ich mein’s gut!

 

Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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W. Renner / 07.09.2024

Vielleicht hat die belesene Ehefrau ja noch Fifty Shades of Grey Wolfes unterm Kopfkissen liegen …

Gregor Waldersee / 07.09.2024

Dann kennt diese Frau hoffentlich auch das islamische Paradies. Hadith B1,2,28 : „Ich habe die Feuer der Hölle gesehen, und die meisten ihrer Bewohner sind undankbare Frauen. Er wurde gefragt: Sind es Kuffar oder haben sie sich Allah gegenüber undankbar verhalten? Er antwortete: Sie waren nicht dankbar ihren Ehemännern gegenüber und nicht dankbar für die Freundlichkeit, die ihnen erwiesen wurde.“ Tatsächlich gibt es Jungfrauen mit nachwachsender Jungfrauenschaft satt, von Frauen aber, die sich umgekehrt so vergnügen können, lesen wir nichts. Frauen sind im islamischen Paradies leider nicht vorgesehen. Vermutlich sucht Achmed’s Frau immer noch Hinweise, wie sie trotzdem reinkommt, es ist wirklich kein Vergnügen, den Koran und die Hadith zu lesen. Hadith M036,6603 Mohammed: „Wenn ich nicht mehr bin, wird als größte Bedrohung der Stabilität der Schaden bleiben, der Männern von Frauen zugefügt wird.“ Hadith B7,62,113: Mohammed: „Eine Frau ist wie eine Rippe: wenn Du versuchst, sie gerade zu biegen, bricht sie. Damit sie dir nützlich sein kann, musst Du sie krumm lassen.“ Alles dazu bei Ilhan Arsel, in dem Buch: Frauen sind Eure Äcker.

Gerd Heinzelmann / 07.09.2024

Haben Sie schon mal gekifft? Haben Sie schon mal gekokst? Sind Sie ein Türke in Deutschland?

Anke Müller / 07.09.2024

Wenn nicht mal der belesene Ehemann mit der Ehefrau, verhaftet in einer Ideologie, reden kann - wie dann wir mit denen, die uns zu Lasten Tag für Tag einreisen - aber mit uns und der deutschen Gesellschaft gar nichts am Hut haben? Wie das alles ausgehen wird muss doch ein jeder, der auch nur einen Millimeter über den Tellerrand sehen kann, seit Jahren erkennen!

Marcel Seiler / 07.09.2024

Der Autor gefällt mir immer besser.

Willi Stock / 07.09.2024

Ende der 70er begann ich mein Berufsleben in einem Tagebau im Rheinischen Revier. Wir waren zusammengewürfelt - frisch aus der Ausbildung aus anderen Tagebauen, Spanier, Türken, Italiener, Erfahrene, Unerfahrene. Bergbau ist ein Mannschaftsspiel und so sind mir viele türkische Kollegen in Erinnerung geblieben. Schnell bildeten sich auch Freundschaften, man traf sich außerhalb des Betriebs, besprach bei einem Bier oder Tee auch privates. Viele Frauen, die ja zu Hause die Kinder großzogen, blieben oft zum Leidwesen ihrer Männer in den Traditionen verhaftet. Kopftuch, nicht mit anderen Männern sprechen, geschweige denn mit uns Kollegen. Auch heute treffe ich noch oft auf die Kollegen aus dieser Zeit, da hat sich kaum was geändert. Wenigstens die Kinder dieser Kollegen “sind was geworden”, anders als die der späteren Migranten

Franz Klar / 07.09.2024

Die Bibelstunden - Oma auf türkisch .... hierzuschlande gottlob fast ausgestorben und durch die Gegenrechzz-Oma ersetzt . Auch nicht besser .

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