Thilo Schneider / 23.06.2019 / 06:05 / Foto: Timo Raab / 78 / Seite ausdrucken

Die Barbara aus Bielefeld

Dieser Beitrag ist teilweise in einfacher Sprache geschrieben, damit ihn auch evangelische Soziologinnen verstehen.

Barbara Kuchler ist Soziologin. In Bielefeld. Das es gar nicht gibt. Also Bielefeld. Soziologie gibt es schon. Das kann man sogar studieren. Das hat Barbara Kuchler irgendwann einmal getan. Und in unbeobachteten Momenten publiziert sie auch. Dann ist ihr im Jahr 2019 etwas Schreckliches aufgefallen: Männer und Frauen tragen unterschiedliche Kleidung. Gemerkt hat sie das – wo sonst – auf dem 37. Evangelischen Kirchentag in Dortmund. Auf einer Podiumsdiskussion. Ob sie dann davor oder danach Vulven gemalt hat, weiß ich nicht. Fremde Menschen, die ihren Namen nicht sagen wollten, bestätigen jedoch, dass sie weder in besonders aufgeheizter Stimmung war, noch bitterböse irgendetwas im Malventee hatte. Sie hat auch nichts geraucht. Nicht einmal eine Weihwasserpfeife. Sie machte einen sehr nüchternen und sachlichen Eindruck. 

„Frauen haben die gesellschaftliche Hauptverantwortung fürs Schönaussehen“, sagt Frau Kuchler, ohne gleichzeitig zu sagen, wer denn „den Frauen“ diese Verantwortung aufs Frauenauge gedrückt hat. Aber weil die Frauen so verantwortlich sind, müssen sie sich nicht wundern, wenn Mann Hand anlegt. Wörtlich meint Frau Kuchler: „Wenn Frauen sich schminken, die Augenbrauen zupfen und enge Kleidung tragen, müssen sie sich nicht wundern, wenn sie angesehen werden und es zu Grabschereien kommt".

Außerdem meint Frau Kuchler, „dass Männern, die einen Minirock auf eine bestimmte Art wahrnähmen, dies ihnen nicht verübelt werden könnte“. Daher ist Frau Kuchler der Ansicht, es brauche entweder "Kartoffelsäcke für alle" oder enge, körperbetonte Klamotten für alle Geschlechter“. Deswegen müsse die Modeindustrie Kleidung von Männern und Frauen angleichen. Was dazu führt, dass bei der engen Kleidung die Konfession der Männer auf Anhieb sichtbar sein wird. 

Und nicht nur das: Die lustige Frau Kuchler führt weiter aus, „es sei aber 'soziologische Augenwischerei', wenn eine Frau verlange, nur nach ihrer Leistung beurteilt zu werden, wenn sie aufgestylt ins Büro komme. Die Verantwortung von Übergrifflichkeit liege "teilweise bei der einzelnen Frau". Verkürzt: „Ist Dein Minirock zu kurz, sind Dir Belästigungen schnurz“.  

Wenn alle das Gleiche tragen, heißt das Uniform

Ich weiß nicht, welche Art von Soziologie Frau Kuchler studiert hat, aber nach diesen Aussagen würde ich eher an die Dschamiat al-Qahira als an die Uni Bielefeld glauben. Aufgemerkt, Frau Kuchler: All ihre tollen, richtigen und guten Vorschläge gibt es bereits, und sie sind in vielen Ländern und Institutionen sogar Mode. So tragen bei der Bundeswehr Männer, Frauen (und Diverse) alle die gleiche Kleidung und sind im Gelände gleich schwer zu erkennen. So nennt man das nämlich, Frau Kuchler, wenn alle das Gleiche tragen: Uniform. Möchten Sie ein uniformiertes Deutschland, Frau Kuchler? Wo Ihre Sponsoren doch soeben die AfD sicherheitshalber lieber ausgeladen haben?

Natürlich hat Frau Kuchler auch Widerspruch bekommen. Kristina Maren, die den angenehmen Job der Physiotherapeutin und den unangenehmen Job der Sexarbeiterin (Slogan: „Wir bringen Glieder wieder in Ordnung“?) gelernt hat (Uni Bielefeld?), meint, „die weibliche Sexualität werde immer zuerst zensiert". Eine Frau, die "Nein" sage und sich sittlich verwehre, sei noch immer einfacher zu denken, als eine Frau, die ihre sexuellen Wünsche formuliere. Wenn alle Menschen in Kartoffelsäcken aufträten, würde dies sexuelle Gewalt nicht verhindern, und „der einzige Grund, warum Frauen auf der Arbeit nicht ernst genommen würden, sei zudem, dass sie generell nicht ernst genommen würden“.  

Entschuldigung, aber: Seid froh darüber, Ihr beiden Disku-Tanten. Würde ich Euch ernst nehmen, würde ich Euch fragen, ob Ihr beide einen guten Rad abhabt. Was Frau Kuchler und Frau Maren nämlich anscheinend entgangen ist, ist, dass sich Menschen mit genau dem Weltbild des dauergeilen steifen Mannes, vor dem die Frau permanent geschützt werden muss, bereits hier niedergelassen haben. Diese Menschen hüllen ihre Frauen bereits in „Kartoffelsäcke“, damit sie um Himmels Willen kein männlich Auge erblicken mag, und zur Sicherheit dürfen solche Frauen auch nur in männlicher, verwandtschaftlicher Begleitung und Bekleidung aus dem Haus. Falls sie überhaupt vor die Türe dürfen.

Entsetziologin und Hinterhofayatollah

Was die Entsetziologin Kuchler nämlich vom Podium predigt, ist auch exakt das, was jeder Hinterhofayatollah von Darfour bis Düsseldorf mit erhobenem Zeigefinger rezitiert: Eine Frau, die sich nicht verhüllt, ist eine „Sexarbeiterin“ und muss sich nicht wundern. Und anstatt dass Frau Maren ihren Zweitberuf demonstrativ ausübt und Frau Kuchler mit dem nackten Hintern ins Gesicht springt, verschwurbelt sie sich zu Schachtelsätzen, an deren Ende sie augenscheinlich selbst nicht mehr weiß, was sie am Anfang sagen wollte. Wenn alle evangelischen Frauen so sind, dann würde mich, ganz soziologisch, die Alkoholikerrate unter evangelischen Männern interessieren.

Gut, mit weiblichen – nennen wir sie – „intellektuellen Vorbeterinnen“ hat die evangelische Kirche ja seit Margot Käßmann hervorragende Erfahrungen gemacht und schon viel zum Entertainment der bundesdeutschen Gesellschaft beigetragen. Eigentlich wäre es jetzt endlich auch an der Zeit für Sawsan Chebli, den konsequent nächsten Integrationsschritt zu gehen und sich evangelisch taufen zu lassen. Sie wäre für den Islam kein Verlust und für die evangelische Kirche eine echte Bereicherung. 

Aber bitte nicht mehr chic anziehen, okay? Sonst muss sich Frau Kuchler ja nicht wundern, wenn…

Foto: Timo Raab

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Stefan Riedel / 23.06.2019

PUB – Publikationen an der Universität Bielefeld. Ich habe eine Krankheit, die mich ständig “pub(p)sen” lässt (gegoogelt um 12:10). Meine Diagnose: Soziologie!

Chris Lock / 23.06.2019

Alles was recht ist, aber Frau Kuchler hat nicht ganz unrecht. Natürlich betont eine entsprechende Aufmachung sexuelle Reize. Provokante Reize sprechen auch die Männer an, welche ihre Hände nicht im Griff haben. Oder will das irgendjemand bestreiten. Die logische conclusio ist, dass man Grabscher zu vermeiden hilft, indem man bei seinem Outfit bei bestimmten Akzenten zurückhaltend ist. Wer provoziert, trägt also ein Stück Verantwortung für die Folgen, das ist Kuchler nicht abzusprechen. Frau Kuchler spricht aber von Schuld, und die liegt beim Grabscher. Wenn jemand ein Portemonaie im Gasthaus auf dem Tisch liegen lässt und zur Toilette geht, muss sich nicht wundern, wenn es bei seiner Rückkehr verschwunden ist. Die Schuld hat natürlich der Dieb. Trotzdem wird man sagen dürfen, dass die Präsentation des Portemonaie den Dieb zu seiner Handlung provoziert haben wird. Bei Frauen haben wir uns abgewöhnt, auf die Mitursächlichkeit bestimmter Verhaltensweisen für manche Taten der Männer hinzuweisen. Das ist aber verlogen. Als Vater lasse ich mir da auch nix anderes erzählen.

von Kullmann / 23.06.2019

Maos Kulturrevolution auf dem Kirchentag. Zuerst die Kleidung einheitlich, dann das Denken (ist ja schon), dann die Denunzianten (sind ja schon), dann die Toten im Auftrag der guten Sache (sind ja schon durch andere geistig Verwirrte). Frau Kuchler will eigentlich die Burka für sich und alle und das im Mao-Look. Die Revolution dazu nehmen wir mal locker mit vom Kirchentag. Der Anfang mit der Ausladung der hässlichen AfD-Leute ist ja schon gemacht.

Matthias Braun / 23.06.2019

” Nachts schläft die Dummheit.” (Novalis) Und fröhlich erwacht spricht sie auf dem evangelischen Kirchentag.

P.Steigert / 23.06.2019

Ich wohne in einer schwäbischen Grünen-Hochburg und ich muss sagen, dass die grüne Kirchentagstracht hier schon lange stark im kommen ist. Damit meine ich nicht die streng-moslemischen Frauen, die es auch hier in großer Zahl gibt. Ich rede von den einheimischen, Latzhosenträgerinnen zwischen 20 und 50, deren demonstratives Nicht-Schminken, Nicht-Haare-Färben (und manchmal auch -Waschen?) eine eindeutige gesellschaftspolitische Stossrichtung hat und einen Uniformcharakter. Da sind wir allerdings wieder bei den Islamistinnen. Wen wundert das?

Frank Holdergrün / 23.06.2019

“Dirk Ahlbrecht / 23.06.2019 Wie geht doch gleich der schöne Witz: “Woran erkennst Du, dass Du Dich auf einem Kirchentag befindest?” “Du triffst in 3 Tagen 30.000 Frauen - und keine gefällt Dir!” >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Guter Witz mit vielen Körnchen Wahrheit. Es stimmt mehrheitlich für Beides: für Außen und Innen. Nirgendwo habe ich damals in Stuttgart 2015 beim Ev. Kirchentag so viele Menschen getroffen, die innerlich tief verfestigt waren und nach außen derart heilig einfältig glänzten. Ein vernünftiges Gespräch war schon damals nicht mehr möglich und von Kirchentag zu Kirchentag erhärtete sich das Ganze mehr, jetzt mit einem Vertreter jenes Berufsstandes ganz oben, der sich nicht gemein machen sollte mit Projekten, egal wie gut sie auch gestrickt sind. Ich erinnere mich an einen Vortrag von Khorchide, dem die evanglischen Schäflein gläubig folgten. Als ich darauf hinwies, dass im Islam der Glaube an die Trinität Gottes die größte, nicht vergebbare Sünde sei, wurde ich schnell entfernt. Es konnte nicht sein, was dem identitätslinken Glauben zuwiderlief. Viel Worte und Verwirrende vor allem, um zu Verschleiern und Probleme unter den Teppich zu kehren. Ev. Kirchentag sind andere Bücher-, d.h. Meinungsverbrennungen, für die ich mich nur noch schäme.

Anke Zimmermann / 23.06.2019

Schlimmst denkmöglicher Rückfall in die bigotten sechziger, siebziger Jahre. Als Richter und Polizisten vergewaltigten Frauen, ihre aufreizende Kleidung und ihr offenes Verhalten vorhielten. Ich weiß nicht worauf Frau Kuchler hinaus will? Eine Besänftigung Richtung Allahs allzeit erregter Alphamännchen? Kirchentag, wie gelingt dir der Spagat von Frau Kuchler mit ihren Alteherren Vorstellungen aus spießigsten Zeiten (die wir doch überwunden haben), hin zum Vulven malen? Jesus Christ???? Babylonische Verhältnisse. Also mein Ü50 Arsch kann sich immer noch sehen lassen, hin und wieder trage ich mal eine enge Jeans, nicht für mich, für meinen Mann. Und hin und wieder wackel ich auch mit meinem… wegen….. Schlimm, ich weiß. Einen sinnlichen Sonntag.

Karla hoffmann / 23.06.2019

Alles nicht zu fassen . Vorschlag für den nächsten kirchentag: penisse malen, so wie gott sie geschaffen hat: unbeschnitten !!!!

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