Ich habe ein relativ großes Herz für die Eisenbahn, sogar die deutsche. Als lebenslanger Vielfahrer habe ich vielleicht noch nicht alles, aber relativ viel erlebt: Züge, die am planmäßigen Haltebahnhof einfach durchfuhren, weil der Lokführer verpennt hatte zu bremsen; Züge, deren vorderer Teil abfuhr, während der hintere stehenblieb, weil er nicht angekuppelt war; überhitzte Züge, überfüllte Züge und Personal, das eindeutig nach Psychiatrie aussah. Von manchen Mitreisenden ganz zu schweigen.
Ich habe mir dann oft gesagt: so ist das Leben, so ist unsere Gesellschaft, und so ist das mit einem dermaßen gigantischen technischen System: das kann gar nicht glatt laufen; es ist ein eindrucksvolles Wunder, daß die Züge überhaupt fahren und daß nicht ständig etwas Schlimmes passiert. Selbst das Kontrollieren der Fahrkarten scheint einigermaßen zu funktionieren, wenngleich ich glaube, daß viele Kontrolleure nur so tun, wenn sie mit ihrer Scannerbox auf mein Handy mit dem viereckigen Feld aus digitalem Vogeldreck zielen.
Ich habe mir auch wieder eine BahnCard zugelegt, und von der soll jetzt die Rede sein. Denn das Häßliche und Gemeine, das die Bahn auch sein kann, findet sich in dieser Rabattkarte verkörpert. Sie ist ja nicht billig, außer wenn sie billig ist. So bekommt man eine 25-Prozent-Karte zur Zeit entweder für 50 Euro oder für 125 Euro (1. Klasse). Beide Preise werden auf der Webseite der Bahn beworben; man kann sich aussuchen, wo man klickt und eventuell 75 Euro verliert; es gibt nämlich außer dem Preis wirklich keinen Unterschied.
In beiden Fällen hat man allerding ein Abonnement am Hals. Das verlängert sich nach einem Jahr automatisch zum dann gültigen Tarif, sofern man nicht sechs Wochen vorher kündigt. Sechs Wochen! Warum nicht sechzehn Wochen? Doch nicht etwa aus Kundenfreundlichkeit? Wer es im Jahr 2017 noch nötig hat, seine Kunden mit exorbitant irren Kündigungsfristen aufs Kreuz zu legen, ist eigentlich zu bedauern, denn er wird in absehbarer Zeit vom Markt verschwinden – falls es einen Markt gibt. Bei der Deutschen Bahn ist das nicht der Fall. Sie kann sich alles leisten.
Die Bahn als Drückerrkolonne
Und so pflegt dieses Monopolunternehmen eine Abo-Trickserei wie die schäbigsten Zeitschriftenverkäufer an der Wohnungstür. Bei der Bestellung der BahnCard wird man genötigt, alle möglichen Wege der Erreichbarkeit anzugeben: Straßenanschrift, E-Mail-Adresse, Telefonnummer. Die Bahn kann also kommunizieren, wenn sie will. So schickt sie einem alle möglichen Werbebotschaften ins Haus, bloß nicht einen Hinweis wie: „Nächste Woche verlängert sich Ihre BahnCard um ein Jahr. Wenn Sie kündigen wollen, dann tun Sie es bald!“
Die Server der Bahn surren tagein, tagaus; sie erfassen unendlich viele Kundendaten; im Hintergrund läuft das Kundenbindungsprogramm ‚bahn.bonus‘, das unsere Lebensgewohnheiten von der Automiete bis zur Hotelübernachtung registriert und analysiert; in der Bahn-App erscheinen sogar ziemlich korrekte Verspätungsmeldungen für fast jeden Zug, der unterwegs ist.
Da ist es technisch natürlich gar kein Problem, die Kunden automatisch an einen bevorstehenden Kündigungstermin zu erinnern. Bei der schweizerischen SBB ist das eine Selbstverständlichkeit. Daß man es bei uns nicht tut, zeigt, welche Niedertracht hier im Spiel ist. Das Management der Deutschen Bahn AG ist einfach böswillig.
Statt sechs Wochen vorher habe ich fünf Wochen vorher gekündigt und bekam diese Antwort: „Ihrem Wunschtermin können wir leider nicht entsprechen: Eine Kündigung ist nur mit einer Frist von 6 Wochen zum Gültigkeitsende möglich. Wir bitten dafür um Verständnis. Wir bestätigen daher die Kündigung zum 19.11.2018.“
Ich hasse diese niedrige Abzockermentalität bei jedem Geschäftspartner. Ich hasse Sie besonders bei einem Staatsbetrieb. Deutsche Bahn, ich hasse dich. Ich bitte dafür um Verständnis.