48 Stunden nach dem Vorfall am Breitscheidplatz, der leider doch nicht, wie viele gehofft hatten, ein Unfall war, demonstrieren einige Hundert Gemütsberliner an der Stelle, wo 12 Menschen von einem Laster umgenietet wurden. Wofür oder wogegen demonstrieren sie? Özcan Mutlu, Bundestagsabgeordneter der Grünen, sagt es, nein, er brüllt es in Mikrofon: "Wir wollen hier ein Zeichen setzen, wir wollen zeigen, dass wir Berlin, den Hardenbergplatz, den Breitscheidplatz und unser Land nicht den Nazis überlassen werden!" Hier ab 15:55.
Und was ist mit dem Heidelberger Platz, dem Olivaer Platz, dem Savigny Platz und dem Theodor Heus Platz? Haben Mutlu und seine Antifas diese Plätze schon aufgegeben? Oder bereiten sie sich noch auf das letzte Gefecht vor? Jedenfalls sind die Nazis schwer im Kommen, und da muss Mutlu dringend was gegen unternehmen. Eine Kundgebung gegen "die rechte Instrumentalisierung und rassistische Hetze in unmttelbarer Nähe des Tatortes", sagt die Reporterin.
Es geht nicht um die Opfer des Anschlags, die noch identifiziert werden müssen, es geht nicht um den mutmaßlichen Täter, nach dem noch gefahndet wird, es geht um etwas Wichtigeres: Berlin darf den Nazis nicht überlassen werden! Widerstand jetzt!
Für diese Aufgabe hat Mutlu in diesem Sommer schon ein wenig geübt. Er sagte seinen Türkei-Urlaub ab, weil ihn der OB von Ankara "zur Fahndung" ausgeschrieben hatte, und er deaktivierte seinen Facebook-Account, um für Drohungen und Beleidigungen nicht erreichbar zu sein. Aber es waren nicht Nazis, die es auf ihn abgesehen hatten, sondern seine eigene Verwandtschaft.
Und um die nicht noch mehr zu provozieren, hat Mutlu schweren Herzens darauf verzichtet, bei der Armenien-Resolution des Bundestages dabei zu sein. Aber wenn er da gewesen wäre, hätte er "selbstverständlich für die Resolution gestimmt". Leider musste er einen wichtigen Termin für seine Fraktion wahrnehmen, "auf dem MINT-Gipfel, bei dem es um die Fächer Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ging". So was ist natürlich wichtiger als ein alter Völkermord.
Und nun steht Mutlu auf dem Breitscheidplatz und schreit ins Mikrofon: "Wir wollen hier ein Zeichen setzen, wir wollen zeigen, dass wir Berlin, den Hardenbergplatz, den Breitscheidplatz und unser Land nicht den Nazis überlassen werden!" Großartig, der Mann. Mutig und mit einem klaren Sinn für Prioritäten. Wehret den Anfängen! Straße frei für die Antifa!