Gunter Weißgerber / 03.11.2019 / 10:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 25 / Seite ausdrucken

Die Ansprüche der Abgewählten

Sage niemand, dass es 2014 keine sozialdemokratische Gegenwehr in Thüringen gegeben habe! Das gesamte Jahr bis zur Wahl des Linksaußenministerpräsidenten Ramelow am 5. Dezember 2014 im Thüringer Landtag war geprägt vom Streit um eine mögliche Koalition von SPD und Grünen unter Führung von Linksaußen. Meist wurde die Kritik an diesem Koalitionsmodell damals der CDU zugeschoben. Tatsächlich waren es aber vor allem Sozialdemokraten, die mit dem damaligen Ilmenauer SPD-Direktkandidaten Stefan Sandmann Briefe an die SPD-Führung und öffentliche Aufrufe schrieben sowie Demonstrationen organisierten. Die Prognosen der innersozialdemokratischen Gegner einer Koalition von Freiheits-Rot (SPD), Blutig-Rot (Linksaußen) und Grünen lauteten vor fünf Jahren für 2019:

1. Die SPD-Unterwerfung unter die Partei, gegen die sie 1989 entstand, wird zu desaströsen Ergebnissen führen.

2. Die Grünen werden die Fünf-Prozent-Klausel fürchten lernen.

3. Die AfD wird massiv stärker werden.

Jetzt haben SPD und Grüne den Salat. Sämtliche Punkte wurden nahezu übererfüllt.

Und was lernen die aalglatten Spitzensozis in Thüringen daraus? Nüscht! Es soll masochistisch weitergehen wie bisher. Die Parlamentsmehrheit ist weg, jetzt werden einfach nur weitere Dumme gesucht. Das Hohelied heißt: „Ramelow muss Ministerpräsident bleiben“, und alle bis auf die AfD haben das auch so zu sehen. Dabei könnte Bodo Ramelow, der internationale Sozialist, auch mit einer komfortablen Parlamentsmehrheit im Amt bleiben. Er müsste sich nur mit dem nationalen Sozialisten Björn Höcke zusammenraufen. Die vielbejubelten Griechen machten das 2014 vor. Sozialismus siecht.

Früher zwangsvereinigt, heute verschluckt

2014 galt der Wahlsieger CDU nicht als gesetzt, 2019 ist der Wahlsieger Linksaußen selbstverständlich gesetzt. Für wie blöd wird das Wahlvolk eigentlich gehalten? Ist allein richtig, was die SED-Nachfolger und deren Mätressenparteien festlegen? Gelernten DDR-Bürgern kommt das verdammt bekannt vor. Ich rate eindringlich ab!

Bodo Ramelow ist mit seiner Partei, in deren Reihen die „Kommunistische Plattform“ eine legitime Gliederung ist, Wahlsieger. Also solcher besitzt er auch das natürliche Recht auf Partnersuche im Landtag. Dasselbe Recht besitzen aber ebenso alle anderen Parteien im Parlament. So auch Mike Mohring, Wolfgang Tiefensee, Anja Siegesmund, Björn Höcke. Sollte die FDP im Landtag bleiben können, der Landeswahlausschuss wird das am 7. November endgültig amtlich kundtun, wäre auch Thomas Kemmerich ein theoretischer Kandidat auf das Amt eines Thüringer Minderheits-Ministerpräsidenten. Thüringen bleibt interessant, nicht nur wegen Luthers Tintenfasszielwurf auf den Teufel.

Die bisherige Regierungskoalition wurde am 27. Oktober 2019 abgewählt. Linksaußen verschlang, wie vorhergesehen, bis auf letzte Reste SPD und Grüne. Gehen SPD und Grüne diesen Weg weiter, werden sie bis 2024 womöglich komplett geschluckt sein.

Schauen wir uns das jetzige Szenario genau an. Ministerpräsident Ramelow ist Minderheitsministerpräsident auf Abruf. Die thüringische Landesverfassung lässt das zu.

Demokratie kann zuweilen Schwerstarbeit bedeuten. Herr Ramelow sollte sich ab sofort für seine Vorhaben die jeweiligen Mehrheiten selbst suchen. Gelingt ihm das nicht, ist er verantwortlich für den kommenden Stillstand. Er muss jetzt beweisen, was er der Öffentlichkeit glauben machte: Überparteilichkeit.

Wer wollte RRGplus?

Da es in der Opposition keine Koalitionen gibt – jede Fraktion muss vor dem Wahlvolk deutlich erkennbar für sich kämpfen –, bekommen SPD, Grüne, CDU und FDP (sollte sie im Landtag bleiben können) die gute Chance, eigene Positionen zu erkämpfen. Was für Bodo Ramelow die Höchststrafe ist, bedeutet für die anderen Fraktionen ein Höchstmaß an Chancen. Die können nun beweisen, was sie tatsächlich wert sind.  Oder „Vielleicht will die SPD gar nicht, dass es sie gibt“? (siehe Holger Fuß 2019 bei FBV, 255 Seiten).

Nachdem 2014 SPD und Grüne in den politischen Selbstmord zogen und für das Fortschrittsziel seitens großer Teile der deutschen Medienöffentlichkeit landauf, landab wild getrommelt wurde, ist nun die CDU das nächste vorgesehene Opfer auf dem Altar immergrüner linker Regierungen.

Die Bevölkerung ist aber strukturell weder links noch wollten die meisten Demonstranten 1989 eine Republik mit linken oder rechten Vorzeichen. Sie wollten eine Republik. Punkt! Würde die CDU nun ihre letzte Glaubwürdigkeit verschleudern und aus „RRG“ ein „RRGplus“ machen – um die politische Statik Thüringens wäre es vollends geschehen. In der Politik gibt es kein Vakuum, in die weiter vergrößerte repräsentative Lücke rechts der Mitte würde die AfD mit Wucht eindringen.

Wer die Union unter Linksaußenkuratel stellen will, zerstört die Grundlagen dieser Demokratie und betreibt AfD-Turbowahlkampf. Die AfD kann sich auf dreißig Prozent und mehr freuen, wenn die CDU die kleine Freundin der großen Linken wird.

Ein Ratschlag an die Thüringer SPD:

1. Jagt eure Linksaußenfans unter den Funktionären zum Teufel!

2. Hört mit dem gesellschaftsspaltenden Politik-Ersatz „Gegen Rechts“ auf und kümmert euch endlich wieder um den Wirtschafts-, Automobil-, Energie-, Wissenschafts- und Sicherheitsstandort Thüringen bzw. Deutschland.

3. Verzichtet auf die desaströse Umkrempelung der Republik und kümmert euch um die, die seit 1863 ADAV und SPD favorisierten: die Facharbeiter, die Meister, die Ingenieure, die Wissenschaftler, die sozial engagierten Erfolgreichen.  

Es wäre euer tatsächlicher Beitrag gegen „rechts“, gegen „links“ und gegen den Islamismus. Wer den Wert dieser Republik achtet, der wird dieses Gemeinwesen nicht zerstören wollen.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Stefan Riedel / 03.11.2019

Wofür steht B o d o R a m e l o w ( DKP). SED! Rückwärts Genossen, Bodo hat(te) immer Recht.

Dr. Joachim Lucas / 03.11.2019

Alles richtig. Aber der Herr Mohring und die Restsozis werden sich die Situation schon irgendwie schönsaufen: "... Verantwortung fürs Land" , "... die Wähler wollen ..., ", "... die Spaltung überwinden...", "...gegen rechts... " u.ä. Das übliche Blabla eben.

Gregor Domer / 03.11.2019

Liebes Ach-Gut-Team, bitte hört auf den Sozen zu verraten wie sie gewinnen können ;) , aber egal, sie hören ja doch nicht.....

Bernhard Freiling / 03.11.2019

Ihre Ratschläge an die Thüringer (und die Bundes) SPD, Herr Weißgerber, könnten Sie ebenso gut der CDU und der FDP erteilen. Alle 3 Parteien, denen die Bundesrepublik bis zum Jahr 2005 Aufstieg, Wohlstand und Stabilität zu verdanken hat, haben sich zwischenzeitlich von allen Grundwerten einer Demokratie verabschiedet. Die Parteibonzen haben offensichtlich beschlossen - die Wähler der Parteien haben es nur noch nicht spitz bekommen - die Republik, gemeinsam mit der SED und dem KBW - unter dem Deckmantel der Klima- Migrations- und Gendergerechtigkeit - zu einem DDR-ähnlichen Gebilde umzubauen. Appelle an die Parteiführungen verlaufen sich "im Nichts". Wenn die Wähler keine Deiche errichten, wird der Bonzentsunami Alles platt machen.

Horst Jungsbluth / 03.11.2019

Ich kann das alles unterschreiben, was Sie, sehr geehrter Herr Weißgerber ausführen, aber die Mehrheit Ihrer Parteifreunde arbeitet verbissen auf den Selbstmord der SPD hin und will mit aller Macht mit einer Partei koalieren, die als SED 80.000 SPD-Genossen brutal verfolgt, viele ermordet und in 40 jähriger "Arbeit" den Staat DDR als hoch verschuldete Kloake mit 4 Millionen ratloser Rentner hinterlassen hat, um danach ein Milliardenvermögen zu verschieben, "rechte" Verbrechen beging oder provozierte und eine schamlose Politik der verbrannten Erde betrieb, um den schwierigen Einigungsprozess zu torpedieren.

Martin Lederer / 03.11.2019

Bei den letzten Wahlen in Ostdeutschland war es im Grunde immer das Gleiche: Auf der einen Seite die AfD, die auf Platz 2 kam. Auf der anderen Seite die AfD-Hasser, die mehrheitlich die Partei gewählt haben, die vor der Wahl schon auf Platz 1 stand. Vielleicht auch mit dem Gedanken, dass die AfD nicht auf Platz 1 kommen soll.Solche Feinheiten, um welche Anti-AfD-Partei es im Einzelnen geht, spielte fast keine Rolle mehr.Mit wem die SPD koaliert oder nicht, interessiert im Grunde keine mehr.Und im Westen gilt: Natürlich sind es mehr und mehr ethnische Wahlen. Die Kurden wählen die Linkspartei. Die Türken die SPD und die Grünen. Die alte BRD gibt es nicht mehr. Das Land ist ein multiethnisches Land geworden.

Dr. Klaus Rocholl / 03.11.2019

"Freiheits-Rot (SPD)" ... Ach Gott - das alte Märchen wieder!Als hätte es "Tricky Egon" und seinen "Backchannel" nach Moskau und das "Gemeinsame Strategiepapier" der SPD mit Honneckers SED nie gegeben !

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