Jesse Ausubel, Gastautor / 15.12.2018 / 10:00 / Foto: Pixabay / 0 / Seite ausdrucken

Die Andersgrünen: Der Mythos vom Öko-Kollaps (3)

Von Jesse Ausubel.

Neben dem Scheitelpunkt für Ackerland und Nutzholz hat Amerika inzwischen auch das Maximum seiner Nutzung anderer Ressourcen erreicht. Noch in den 1970er Jahren ging man davon aus, dass Amerikas immer größer werdender Appetit jedes einzelne Metall- und Mineralvorkommen in der Erdkruste über kurz oder lang erschöpfen wird. Stattdessen geschah etwas Überraschendes: Trotz des rasanten Bevölkerungswachstums ging der Ressourcengebrauch zurück. Für jeden neuen Dollar, den die Wirtschaft generierte, wurden weniger Kupfer und Stahl benötigt als zuvor – nicht nur in relativen, sondern auch in absoluten Zahlen. Die Nutzung von neun elementaren Rohstoffen bleibt seit 20 Jahren auf einem konstanten Niveau oder geht sogar zurück. Seit 1990 reduzieren die Amerikaner sogar ihren Plastikverbrauch. Amerika hat angefangen sich zu dematerialisieren.

Die Wende in der Nutzung mancher dieser Rohstoffe überraschte mich so sehr, dass ich gemeinsam mit Iddo Wernick und Paul Waggoner eine detaillierte Untersuchung über die Nutzung von 100 Rohstoffen in den Vereinigten Staaten von 1900 bis 2010 durchführte. Diese Rohstoffe umfassten alles von Arsen und Asbest bis Wasser und Zink. Die sprunghaft ansteigende Nutzung vieler dieser Ressourcen bis 1970 lässt nachvollziehen, weshalb die Amerikaner genau in diesem Jahr den Earth Day einführten. Von den 100 untersuchten Rohstoffen haben 36 bereits ihren Scheitelpunkt in absoluten Zahlen erreicht, darunter die Schmuddelkinder Arsen und Asbest. Weitere 53 haben ihr Maximum relativ zum Umfang der Wirtschaft erreicht. Die meisten scheinen im Begriff zu sein zu fallen: Anbaufläche, Stickstoff und sogar Elektrizität und Wasser. Nur bei 11 der insgesamt 100 Rohstoffe steigt die Nutzung in Amerika noch, sowohl relativ als auch absolut. Dies betrifft Hühnchen, den Gewinner unter den Fleischsorten, sowie die Elemente Gallium und Indium, die im technischen und chemischen Bereich, beispielsweise zur Dotierung von Halbleitern oder für Legierungen, verwendet werden.

Manche Aspekte dieser Dematerialisierung überraschen wenig. Man denke nur daran, wie ein einziges Smartphone in Taschengröße inzwischen einen Wecker, eine Taschenlampe und Abspielgeräte samt CDs und DVDs ersetzt. Allerdings dürfte es sogar die Wasser sparenden Kalifornier überraschen, wie sich die Wasserentnahme seit 1970 in Amerika verändert hat: Experten aus den 1970ern sagten eine zunehmende Wassernutzung bis zum Jahr 2000 vorher. Tatsächlich hat sich der Wasserverbrauch aber auf einem konstanten Niveau stabilisiert. Während die Bevölkerung Amerikas um 80 Millionen zunahm – so viele Menschen leben in der Türkei – blieb der Wasserverbrauch gleich. Daten des Geologischen Dienstes der USA von 2010 zeigen sogar, dass der Verbrauch von Wasser inzwischen unter das Niveau von 1970 gefallen ist. Die Produktion von Mais hat sich seitdem übrigens verdreifacht. Effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft und in der Elektrizitätsgewinnung tragen am meisten zu dieser Entwicklung bei.

Die Luftverschmutzung sinkt

Amerika hat es geschafft, sein Wirtschaftswachstum von einer sinkenden Luftqualität nicht nur zu entkoppeln, es ist sogar ein absoluter Rückgang bei der Luftverschmutzung zu beobachten. Emissionen von Schwefeldioxid, einem klassischen Luftverschmutzer, haben dank einer Mischung verschiedener Faktoren, darunter bessere Technologien und stärkere Regulierungen, bereits 1970 ihr Maximum erreicht. Die Krümmung des Graphen für Schwefeldioxid-Emissionen entspricht einer klassischen Kurve, in der die Luftverschmutzung eine Weile ansteigt, während Amerika an Wohlstand gewann, nur um dann zu fallen zu beginnen – wohlgemerkt, während die Amerikaner immer reicher wurden. Inzwischen hatten sie allerdings saubere Luft zu schätzen gelernt. Die Emissionen von Kohlendioxid scheinen in den USA ihren Scheitelpunkt um 2007 erreicht zu haben. Im Jahr 2014 waren die Werte bereits auf das Niveau von 1990 zurückgegangen. Man braucht kein Genie zu sein, um vorherzusagen, dass die Kurve weiter fallen wird.

Neben der Landwirtschaft, den Wäldern und Ressourcen wie Wasser und Fleisch ist die Bevölkerung ein weiterer entscheidender Faktor. Seit 2008 ist die Geburtenrate in den Vereinigten Staaten auf 1,86 Geburten pro Frau im Jahr 2013 gesunken. Weit unter das Niveau von 2,1 Geburten, das notwendig wäre, um die Bevölkerung konstant zu halten. Durch Einwanderung wird sie weiter steigen, weltweit allerdings scheint der Scheitelpunkt auch bei der Geburtenrate erreicht. Schwedische Statistiker schätzen, dass die absolute Anzahl neugeborener Menschen 1990 130 Millionen erreicht hat und seitdem weitgehend unverändert blieb. Die sinkenden Geburtenraten in sämtlichen Teilen der Welt werden dazu führen, dass auch die Anzahl der Neuankömmlinge bald rückläufig wird. Die steigenden Lebenserwartungen werden die Weltbevölkerung zunächst weiterwachsen lassen. Allerdings können wir getrost davon ausgehen, dass durch den technischen Fortschritt in Zukunft sämtliche hungrige Mäuler zu stopfen sein werden.

Lesen Sie morgen: Aquakultur statt Fischfang

Professor Jesse H. Ausubel ist Leiter des Programms für menschliche Umwelt und Senior Research Associate der Rockefeller Universität in New York. Bei dieser Serie handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Amerikanischen.

Teil 1

Teil 2

Teil 4

Teil 5

Foto: Pixabay

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