Wolfgang Meins / 03.03.2020 / 06:02 / Foto: Pixabay / 73 / Seite ausdrucken

Die Amokfahrt von Volkmarsen und eine seltsam stumme Staatsanwaltschaft

Vor gut einer Woche fuhr in Volkmarsen ein 29-jähriger Mann mit einem Mercedes-Kombi in Zuschauer am Rande des Rosenmontagsumzugs. Dabei verletzte er 61 Personen, darunter auch viele Kinder. Während nach dem Attentat von Hanau der Generalbundesanwalt bereits am nächsten Tag scheinbar frei von jeglichen Zweifeln der Öffentlichkeit das (angebliche) Tätermotiv präsentierte, war von der für die Amokfahrt von Volkmarsen zuständigen Staatsanwaltschaft in Frankfurt bisher lediglich zu vernehmen, dass immer noch Unklarheit über das Motiv des Täters herrsche. Auch wenn für die Staatsanwaltschaft mildernde Umstände geltend gemacht werden könnten, weil der Amokfahrer – im Gegensatz zum Hanau-Täter – kein die Tat begründendes Manifest hinterlassen hat, kommt einem dieses Schweigen langsam doch etwas seltsam vor. 

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Tat in Volkmarsen zur Unzeit geschah. Denn die zeitgleich laufende Instrumentalisierungskampagne des Attentats von Hanau strebte gerade erst ihrem Höhepunkt entgegen. In einer solchen Situation dürfte die energische und zügige Aufklärung der Motivlage des Amokfahrers als eher nicht hilfreich eingestuft worden sein. Medien, Politik und damit auch die Staatsanwaltschaft haben doch wohl rasch erkannt, dass die Tat kein zusätzliches Instrumentalisierungspotenzial bietet, sondern eher das Gegenteil: Ein Fahrzeug mit Tötungsabsicht in Menschenansammlungen zu lenken, weckt selbstverständlich Assoziationen an die Verbrechen auf dem Breitscheidplatz und in Nizza – und damit an islamistisch motivierten Terror. Auch deshalb, so ist zu vermuten, sind Volkmarsen und die Opfer so rasch aus den Medien verschwunden. Damit fehlt auch öffentlicher Druck auf die Staatsanwaltschaft, endlich Ergebnisse vorzulegen oder zumindest zu erklären, warum das nicht möglich oder nicht gewollt ist. 

Während beim Täter von Hanau – vor allem wegen seines Manifestes – keine vernünftigen Zweifel an der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie bestehen, basiert die psychiatrische Beurteilung des Volkmarsen-Täters notwendigerweise auf einem weniger soliden Fundament, besonders für den Außenstehenden. Gleichwohl erlaubt aber das Fachwissen zu Amoktaten in Verbindung mit öffentlich vorliegenden Informationen zum Täter, zumindest die beiden Motive zu benennen, von denen eines wahrscheinlich das zutreffende ist. 

Meist von Männern ausgeübte massive Gewalttaten

Die kühl kalkulierten Todesfahrten von islamistisch motivierten Terroristen spielen bei den Überlegungen zum Tatmotiv hier „nur“ insofern eine Rolle, als sie auch gänzlich anders motivierten Tätern eine Vorlage für ihre Amoktat bieten können. Als Amoktaten werden dabei unvorhersehbare und für Außenstehende unverständliche, meist von Männern ausgeübte massive Gewalttaten mit Tötungsabsicht verstanden, die zu einer Vielzahl von ausgesuchten oder zufällig anwesenden Opfern führen. Der Forschungsstand hält sich in Grenzen, weil diese Taten zum Glück nicht häufig vorkommen. 

Grob lassen sich drei Tätergruppen unterscheiden: die jugendlichen Schulattentäter, die Rache an Lehrern oder Mitschülern nehmen wollen, die aber hier nicht weiter interessieren; die erwachsenen Täter, die sich für empfundene Ungerechtigkeit an Familie, Arbeitskollegen oder Vorgesetzten rächen wollen; die etwa ein Viertel bis ein Drittel der Erwachsenengruppe ausmachenden Personen, die sich wahnbedingt – meist im Rahmen einer Schizophrenie – zur Wehr setzen oder rächen wollen. Die Gruppe der erwachsenen nicht-wahnhaften „Rächer“ kennzeichnet nicht selten eine maligne narzisstische Selbstwerterhöhung: extrem kränkbar, sich anderen stark überlegen fühlen, die soziale Umwelt entmenschlichen, nicht selten zusammen mit der Gier nach medialer Aufmerksamkeit durch die spektakuläre Massentötung. 

Eine spezielle Täter-Opfer-Beziehung scheint nicht vorgelegen zu haben, jedenfalls gibt es dafür keine Informationen. Die Tat erfolgte nicht impulsiv und/oder im Rahmen eines hochgradigen Erregungszustandes, sondern ganz offensichtlich geplant. Jedenfalls parkte der Täter ca. 2,5 Stunden in Tatortnähe, wobei er von der Polizei, der nichts Besonderes auffiel, wegen Falschparkens angesprochen wurde.

Welches Motiv könnte vorgelegen haben?

Nach übereinstimmenden Zeugenangaben sei der Täter beruflich immer wieder gescheitert und aktuell beschäftigungslos gewesen, dabei ein Einzelgänger und Sonderling. Einige Wochen vor der Tat und am Tag der Amokfahrt beim Verlassen seiner Wohnung habe er jeweils gegenüber Nachbarn geäußert, bald in der Zeitung zu stehen. Das wäre ein recht starkes Indiz für einen Täter aus der Gruppe der narzisstisch Motivierten – in Verbindung mit dem Verlangen nach, endlich einmal, öffentlicher Aufmerksamkeit. Aber es gibt auch Aussagen, die eher auf eine Wahnerkrankung beim Täter hinweisen, etwa, wenn eine Nachbarin angibt, sie habe ihn oft mit einem Glas in der Hand stundenlang vor seiner Terrassentür im Kreise gehen sehen.  

Sollten auch die bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zuvorderst in diese Richtung weisen, gäbe es noch einen Grund, die Öffentlichkeit erst nach einer großzügig bemessenen Hanau-Abklingphase näher zu informieren. Denn bei einem wahnhaft begründeten Motiv würde sich im Ermittlungsverfahren rasch und zwingend die Frage nach der Schuldfähigkeit und einem psychiatrisch-forensischen Gutachten stellen, da der Volkmarsen-Täter ja überlebt hat – im Gegensatz zum Attentäter von Hanau. Und das könnte vielleicht doch noch die unerwünschte Frage auch nach dessen, ja unstreitig wahnhaftem Motiv aufkommen lassen.

 

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wolfgang Meins ist Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie und apl. Professor für Psychiatrie. In den letzten Jahren überwiegend tätig als gerichtlicher Sachverständiger im sozial- und zivilrechtlichen Bereich.  

Foto: Pixabay

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Karl-Heinz Vonderstein / 03.03.2020

Weiß noch, wie in einer Nachrichtensendung von ARD oder ZDF nach der Tat, zu einem Zeitpunkt, wo sich die Polizei über den Täter und sein Motiv noch bedeckt hielten, was ja bei letzterem immer noch so ist, der Nachrichtensprecher sagte, dass, nach allem, was man bisher wüsste, es nicht nach einem rechtsextremistischen Anschlag aussehe.Von einem möglichen islamistischen Anschlag oder einer möglichen Vergeltungstat für den Anschlag in Hanau, sprach der Sprecher nicht.Was ja hätte auch sein können.

Dietmar Herrmann / 03.03.2020

Ein kleines Gedankenspiel : was wäre, wenn der Amokfahrer aus der “Deutschland verrecke- Fraktion” stammte und die Dreckskartoffeln mal so richtig zusammenlatzen wollte (Antifa-Jargon), weil sie so einen spießigen Mist wie Karneval feiern und das noch in einem Kaff namens “Volk”-marsen ; da muß man doch aktiv werden, schon aus Rache für Hanau. Hätte dann unsere Bundeswarze als Stichwortgeberin genauso mit aufs Gaspedal getreten, wie Gauland und Weidel in Hanau mitgeschossen haben ? Fragen, die unbeantwortet blieben, wenn die Ermittlungsakten wie eine Mausefalle zuklappten und die folgenden 120 Jahre geschlossen wären.

Ralf Pöhling / 03.03.2020

@ Dr. Robert Lederer Sehr gut erkannt. Wir leiden in Deutschland schon länger unter radikalislamischen Terroranschlägen. Fast genauso massiv bzw. frequentiert, wie die Schweden, Briten oder Franzosen. Nur weiß die deutsche Bevölkerung davon nichts, weil es von unserem amtierenden politisch-medialen Komplex mit voller Absicht verschwiegen, vertuscht und auf “rechts” oder irgendwelche angeblichen Psychopathen geschoben wird. Das sagt alles über den Charakter unseres politisch-medialen Komplexes aus. Ein eierloser Haufen von Schäfchen, kombiniert mit jeweils einem guten Schuss radikalislamischer Fremdinteressen und übriggebliebenen Staatsfeinden aus der ehemaligen DDR.

Paul Siemons / 03.03.2020

Zu offenen Fragen in Sachen “Berichterstattung” suche man bei Youtube den Beitrag “Whistleblower der GEZ-Medien: Bitte macht weiter!” von einer Vloggerin namens Miriam. Und ergänzend sehe man sich auf ihrem Kanal danach den Beitrag “Das Leben der Anderen zerstören” an, um live zu hören, wie es einem ergeht, der nicht bereit ist zu schweigen.

John Sheridan / 03.03.2020

Ich finde es ausserordentlich gut, dass auch auf der Achse immer mehr “bundeskritische” Kommentatoren auftreten und dies auch äussern dürfen. Man(n) hat das Gefühl, dass die “Merkel-Junta” ihrem verdienten Ende entgegen geht und auch hier auf der Achse immer mehr kritische Beobachter bzw. die in den kritischen Diskurs mit der “Elite” ;-) eintreten. Eine gute Flasche Bollinger liegt bereits kalt!

Frances Johnson / 03.03.2020

Der Vogel Strauß verbirgt bei falschen Feinden seinen Kopf gern im Sand. Der Bürger sieht nur noch den federgechmückten hinteren Teil und denkt sich schon was, wenn er den kopflosen Vogel wahrnimmt, der im Sand verstummt, versandet sozusagen.

Martin Stumpp / 03.03.2020

Beide Taten lassen zumindest die Reihenfolge der Wertigkeit mit der dieser Staat Menschenleben bemisst erahnen. Frauen und Kinder, wenn nicht muslimisch, scheinen dabei ganz offkundig nicht an erster Stelle zu stehen.

Dr. Robert Lederer / 03.03.2020

zu H. Glumener: Ich habe die Stories über Maurice P. natürlich auch gelesen. Nur habe ich den Eindruck, daß die Vertuschung seit 1-2 Jahren wesentlich zugenommen hat, inzwischen halte ich alles für möglich. Zu dem Heidelberger Fall, Febr. 2017, Auto rast am Bismarckplatz in den Kaufhof, 1 Toter hieß es in epochtimes am 28. Februar, der Fahrer sei mit einem Messer bewaffnet aus dem Auto gestiegen. Der 35jährige Student wohnend in Heidelberg: welches Fach erstudiert, wollte die Polizei nicht sagen (sic!!!!) laut epochtimes. Es gibt einen im Internet gesicherten Artikel vom 25.2. der Berliner Zeitung, hier heißt es, die Rhein-Neckar-Zeitun habe von einem jungen Deutschen gesprochen, Augenzeugen sprachen von einem Mann mit südländischem Aussehen. Auch Namensänderungen, bei denen das nicht angegeben wird, halte ich heute für möglich. Ich will noch ein Beispiel aus dem Jahr 2007 geben, damals hat ein 15jähriger bei Schwerte ein Mädchen im Gulli lebendig begraben; sie hatte Glück und kam mit dem Leben davon. ich wollte ein paar Monate den Artikel der BILD Zeitung speichern; inzwischen hatte die BILD das Photo gelöscht im Internet, es handelte sich um einen Afrikaner. Der Vorname übrigens wirkte deutsch.

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