News-Redaktion / 22.02.2021 / 08:55 / Foto: cartese / 0 / Seite ausdrucken

Die Morgenlage: Auflösung und Abkehr

In Burma werden die Proteste gegen den Militärputsch stärker, in Koblenz wird heute das weltweit erste Gerichtsurteil zur Staatsfolter in Syrien erwartet, Algeriens Präsident löst das Parlament auf, um Neuwahlen zu erreichen, die deutschen Kliniken verzeichneten im Januar einen Erlösrückgang um 20 Prozent, die Berliner Amtsärzte fordern eine Abkehr von den Inzidenzwerten, in Frankreich wird über einen Fleischverzicht in Schulkantinen gestritten und die SPD-Vorsitzende wirbt für die Aussetzung des Sitzenbleibens.

Proteste in Burma weiten sich aus

Drei Wochen nach der Machtergreifung ist es dem Militär in Burma (Myanmar) nicht gelungen, die täglichen Proteste und die Bewegung des zivilen Ungehorsams einzudämmen, meldet kleinezeitung.at. Im Rahmen eines Generalstreiks blieben die meisten Geschäfte im Land am Montag geschlossen. „Jeder schließt sich dem an,“ habe ein Demonstrant an der Hledan-Kreuzung in der Hauptstadt Rangun (Yangon) berichtet. Die Straßenkreuzung sei zu einem Ausgangspunkt für die friedlichen Kundgebungen geworden.

Bewohner der Stadt hätten berichtetet, dass die Straßen zu einigen Botschaften, einschließlich der US-Botschaft, blockiert seien. Vor den diplomatischen Vertretungen würden sich oftmals Demonstranten versammeln, um eine ausländische Intervention einzufordern. Mehrere westliche Länder hätten den Putsch und die Gewalt gegen Demonstranten verurteilt. Das Militär habe dies als eklatante Einmischung in Myanmars innere Angelegenheiten zurückgewiesen. Die Behörden würden derzeit „äußerste Zurückhaltung“ üben, habe das Außenministerium erklärt.

Urteil in historischem Prozess um Staatsfolter in Syrien

In der deutschen Provinz wird an diesem Mittwoch ein historisches Gerichtsurteil mit internationaler Bedeutung erwartet, meldet zeit.de. Im laut Bundesanwaltschaft weltweit ersten Strafprozess wegen Staatsfolter in Syrien wolle das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz eine Entscheidung im Fall von einem der beiden Angeklagten verkünden. Der Syrer Eyad A. sitze wegen mutmaßlicher Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf der Anklagebank. Dem 44-Jährigen werde vorgeworfen, im Herbst 2011 in Syrien als Agent des staatlichen Allgemeinen Geheimdienstes mindestens 30 Demonstranten in ein Foltergefängnis in der Hauptstadt Damaskus gebracht zu haben. Das OLG habe sein Verfahren kürzlich abgetrennt, denn bei ihm sei die Beweisaufnahme entscheidungsreif.

Gegen den syrischen Hauptangeklagten Anwar R. (58) solle der schon im April 2020 begonnene, international beachtete Prozess dagegen weiterlaufen. Die Bundesanwaltschaft werfe dem mutmaßlichen Vernehmungschef im selben Gefängnis Verbrechen gegen die Menschlichkeit 2011 und 2012 vor. Sie habe ihm 58-fachen Mord und die Verantwortung für die Folter von mindestens 4000 Menschen zur Last gelegt. Zu Prozessbeginn habe der einstige Oberst diese Vorwürfe zunächst abgestritten.

Für den jüngeren Angeklagten Eyad A., habe die Bundesanwaltschaft fünfeinhalb Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung habe auf Freispruch wegen eines entschuldigenden Notstands plädiert: Bei Befehlsverweigerung hätte dem syrischen Agenten Lebensgefahr und bei Desertion seine Hinrichtung gedroht. Das Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht erlaube es auch hierzulande, mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen. Anwar R. und Eyad A. waren nach ihrer Migration nach Deutschland von mutmaßlichen Opfern erkannt und 2019 in Berlin und Zweibrücken festgenommen worden.

Algeriens Präsident löst Nationalversammlung auf

Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune hat angesichts wieder aufkeimender Proteste in seinem Land die Nationalversammlung aufgelöst und die Regierung umgebildet, meldet orf.at. Die Auflösung des Unterhauses des algerischen Parlaments sei eine Voraussetzung für eine vorgezogene Parlamentswahl.

Tebboune habe die Neuwahl zuvor in einer Rede angekündigt. Ein Datum stehe noch nicht fest, gerechnet werde mit einem Wahltermin im Juni. Tebboune habe zudem eine erwartete Kabinettsumbildung bekannt gegeben. Premierminister Abdelaziz Djerad bleibe nach Angaben des Präsidialamtes im Amt, genauso wie seine wichtigsten Minister. Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Beginns der Massenproteste der „Hirak“-Bewegung wolle Tebboune mit der Neuwahl und der Kabinettsumbildung neue Proteste verhindern. Die „Hirak“-Bewegung war am 22. Februar 2019 entstanden und habe zum Sturz des langjährigen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika beigetragen.

Johnson stellt Plan für langsamen Ausstieg aus Lockdown vor

Der britische Premierminister Boris Johnson will heute einen Plan für das Ende des wochenlangen Corona-Lockdowns in Großbritannien vorstellen, meldet orf.at. Johnson habe einen „vorsichtigen, aber unwiderrufbaren“ Ausstieg angekündigt. Bereits bekannt sei, dass Bewohner von Senioren- und Pflegeheimen vom 8. März an wieder Besuche eines ausgewählten Verwandten oder Freundes empfangen dürften. Erwartet werde, dass zum selben Termin die Schulen öffnen sollen.

Zudem könnten zunächst Treffen zweier Haushalte im Freien sowie Outdoor-Aktivitäten wie Golf oder Tennis möglich sein. „Unsere Priorität ist es immer gewesen, Kinder zurück in die Schule zu bringen, da dies entscheidend für ihre Bildung und ihre mentale und körperliche Gesundheit ist“, habe Johnson laut einer Mitteilung gesagt. „Wir werden außerdem Wege schaffen, in denen Menschen sich sicher mit ihren Lieben treffen können.“

Für Einzelhandel und Gastronomie werde es noch länger dauern, bis sie wieder öffnen dürften. Alle weiteren Lockerungsschritte sollen abhängig vom erfolgreichen weiteren Fortschritt der Impfungen sein.

Kliniken verzeichnen 20 Prozent Erlösrückgang im Januar

Die Kliniken in Deutschland haben im Januar 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat 1,8 Milliarden Euro weniger eingenommen, was etwa einem Rückgang von 20 Prozent entspricht, meldet dernewsticker.de. Das gehe aus einer Erhebung der Deutschen Krankenhausgesellschaft hervor, über deren Ergebnisse das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ berichtet habe. In normalen Zeiten nähmen die Krankenhäuser bundesweit von Monat zu Monat schwankend etwa acht Milliarden Euro pro Monat ein. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) habe die Umfrage unter allen ihren 16 Landesverbänden erhoben.

Gerald Gaß, designierter DKG-Hauptgeschäftsführer sehe die Finanzlage der Krankenhäuser als nicht mehr tragbar: „Aktuell bekommen die Kliniken nur Hilfen, wenn in einem Kreis die Inzidenz über der Marke von 70 liegt.“ Das sei erfreulicherweise nur noch in 25 Prozent der Kreise der Fall.

Für die Kliniken mit ihren anhaltenden Einnahmeausfällen ergebe sich daraus aber die nicht tragbare Situation, dass die Länder für 75 Prozent der Regionen keine Hilfen mehr zahlen dürften. „Dabei haben zurzeit alle Krankenhäuser Einnahmeprobleme wegen geringerer Belegung – unabhängig davon, ob sie an der Versorgung von Covid-Patienten beteiligt sind.“ Nach den Erhebungen der Krankenhausgesellschaft hätten nur 60 Prozent der Kliniken in den letzten Monaten Ausgleichszahlungen bekommen. Die übrigen hätten trotz der hohen Einnahmeausfälle seit Oktober keinerlei Hilfen erhalten, so der designierte DKG-Hauptgeschäftsführer weiter. „Durch die rund 20 Prozent Erlösausfälle bei nahezu gleichbleibenden Kosten geht Monat für Monat ein erhebliches Stück Liquidität verloren. Solange nicht eine Kommune oder ein großer Träger hinter den Kliniken steht, geraten sie zwangsläufig in Zahlungsengpässe.“

Berlins Amtsärzte fordern Abkehr von Inzidenzwerten

Die Berliner Amtsärzte fordern laut einem Medienbericht einhellig, Lockerungen nicht mehr an generelle Inzidenzwerte zu knüpfen, meldet deutschlandfunk.de. Es sei nicht zielführend, Eindämmungsmaßnahmen an Inzidenzen von 20, 35 oder 50 zu koppeln, heiße es dem Berliner „Tagesspiegel“ zufolge in einer Stellungnahme aller zwölf Amtsärzte für die Senatskanzlei. Diese Inzidenzen würden nicht das wirkliche Infektionsgeschehen abbilden, sondern seien von Testkapazitäten und dem Testwillen der Menschen abhängig. Stattdessen schlügen die Mediziner „intensive Maßnahmen der Infektionsprävention“ für Alte und Kranke und gleichzeitig eine Abmilderung der Maßnahmen für andere Gruppen wie Schulkinder vor.

US-Flugaufsichtsbehörde überprüft Boeing 777 Triebwerke

Nach dem Triebwerksausfall einer Boeing 777 unweit von Denver im Bundesstaat Colorado hat die US-Luftfahrtbehörde FAA Konsequenzen angekündigt, meldet handelsblatt.com. Maschinen dieses Typs, die mit bestimmten Triebwerken von Pratt & Whitney ausgestattet seien, sollten verstärkt und sofort überprüft werden, habe FAA-Chef Steve Dickson am Sonntag mitgeteilt und eine entsprechende Notfall-Richtlinie angekündigt. „Dies wird wahrscheinlich bedeuten, dass einige Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen werden müssen.“ Die Inspektionsintervalle sollten erhöht werden.

Boeing habe mitgeteilt, man empfehle den Betrieb der 69 in Betrieb befindlichen und 59 eingelagerten 777-Maschinen mit Pratt & Whitney 4000-112-Triebwerken auszusetzen, während die Untersuchung der unabhängigen US-Verkehrsbehörde NTSB laufe. Man unterstütze die Maßnahmen der japanischen Zivilluftfahrtbehörde und der FAA, den Betrieb der Maschinen auszusetzen und arbeite mit ihnen zusammen.

Nordirische Partei will gegen Brexit-Vertrag klagen

Die nordirische Partei der Demokratischen Unionisten – DUP – will gegen den Brexit-Vertrag zwischen der EU und Großbritannien klagen, meldet deutschlandfunk.de. Man wolle das Nordirland-Protokoll in dem Vertrag gerichtlich überprüfen lassen, habe die DUP mitgeteilt. Nach ihrer Ansicht verstoße es gegen das Karfreitags-Abkommen von 1998, das den jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt beendet hatte. Die DUP ist im britischen Parlament vertreten.

Das Protokoll solle grundsätzlich sicherstellen, dass die Regeln der EU in Irland gelten, ohne dass dafür Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland eingeführt werden. Die DUP kritisiere aber eine mögliche Verlagerung der Kontrollen des Warenverkehrs auf die Grenze zwischen der britischen Hauptinsel und Nordirland. Großbritannien war im Januar 2020 offiziell aus der EU ausgetreten und habe nach einer Übergangszeit auch die Europäische Zollunion und den Binnenmarkt verlassen.

Streit in Frankreich über Fleischverzicht in Schulkantinen

In Frankreich ist ein Streit über fleischfreies Essen in Schulkantinen entbrannt, meldet kleinezeitung.at. Landwirtschaftsminister Julien Denormandie habe am Sonntag auf Twitter gefordert: „Lasst uns aufhören, unseren Kindern Ideologie auf den Teller zu legen!“ Man solle ihnen geben, was sie zum Wachsen brauchen. Dazu würde auch Fleisch gehören. Auslöser waren Pläne in Lyon ab Montag in den Schulkantinen nur noch ein Menü auszugeben, und zwar ohne Fleisch. Damit wolle man wegen Corona den Ablauf beschleunigen, hieß es.

SPD-Chefin wirbt für Aussetzung des Sitzenbleibens

SPD-Chefin Saskia Esken wirbt dafür, das Sitzenbleiben im Corona-Schuljahr auszusetzen, und macht deutlich, dass sie auch generell wenig vom Sitzenbleiben hält, meldet dernewsticker.de. „Jetzt entsprechende Unterstützung zu geben, aber auch den Druck rauszunehmen durch eine Regelung, es gibt jetzt keine Nicht-Versetzung, das wäre schon sehr hilfreich“, habe Esken in einem Podcast des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ gesagt. Schüler, die zu Hause wenig Unterstützung und keinen Platz hätten, an dem sie in Ruhe lernen könnten, hätten es jetzt besonders schwer. Esken habe hinzugefügt: „Ehrlich gesagt, halte ich grundsätzlich nicht viel vom Sitzenbleiben, weil Teilleistungsschwächen oder eine schwierige Phase, die man gerade persönlich durchmacht, oder was auch immer dahinter steckt, ja nicht dadurch behoben werden, dass man einfach ein Schuljahr wiederholt.“

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