News-Redaktion / 30.07.2019 / 08:56 / Foto: cartese / 0 / Seite ausdrucken

Die Morgenlage: Tausch und Tanker

Zahlreiche Politiker und publizistisch Tätige äußern sich zu dem Mord an einem Achtjährigen am Bahnsteig des Frankfurter Hauptbahnhof und versuchen, ein Thema dabei zu vermeiden, die USA wollen ihre Truppen bis zur US-Präsidentschaftswahl aus Afghanistan abziehen, im Sudan wurden fünf Demonstranten erschossen, in China wurde ein regierungskritischer Onlineaktivist zu zwölf Jahren Haft verurteilt und Kuba erlaubt privates WLAN unter strenger Zensur.

Reaktionen auf Mord an Achtjährigem im Frankfurter Hauptbahnhof

Nach dem Angriff auf drei Bahnreisende, bei dem ein Achtjähriger im Frankfurter Hauptbahnhof getötet wurde, werden die Rufe nach besseren Sicherheitsvorkehrungen laut, meldet die Welt. Manches klingt, als möchte man die unschöne Frage übertönen, warum der eritreische Täter hier eigentlich sein Unwesen treiben konnte.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe seinen Urlaub unterbrochen und wolle sich „angesichts mehrerer schwerwiegender Taten in jüngerer Zeit“ heute in Berlin mit den Chefs der Sicherheitsbehörden beraten. Die Ergebnisse sollen um 15 Uhr auf einer Pressekonferenz vorgestellt werden. Bei dem Treffen solle es nicht nur um den tödlichen Angriff des Eritreers auf Bahnreisende gehen, sondern auch um Angriffe und Drohungen gegen Vertreter der Linkspartei, um Bombendrohungen gegen Moscheen sowie den rassistisch motivierten Angriff auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach. Gewalttätige Angriffe gegen Vertreter der AfD scheinen hingegen kein Thema dieser Runde zu sein.

Viele andere Politiker dachten derweil vor allem über die Erhöhung der Sicherheit am Bahnsteig nach. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, habe unterdessen vor Nachahmungstätern gewarnt. Aus Großstädten wie Berlin wären Fälle sogenannter S- und U-Bahn-Schubser schon länger bekannt. Solch „grauenhafte Verbrechen“ würden sich nicht durch mehr Polizisten verhindern lassen, habe er gewarnt.

Die Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms habe Fahrgäste dazu aufgerufen, sich niemals zu nah an ein Gleis begeben. „Wenn sich alle an die Regeln halten, reichen diese Maßnahmen für eine sichere Benutzung der Bahnsteige aus“, habe sie der „Bild“-Zeitung gesagt.

Deutschland will Migranten der „Gregoretti“ aufnehmen

Deutschland ist zur Aufnahme der 131 Menschen bereit, die sich an Bord des Schiffes der italienischen Küstenwache „Gregoretti“ im Hafen der sizilianischen Stadt Augusta befinden, meldet orf.at. Die Regierung in Berlin habe der EU-Kommission ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Zuwanderer signalisiert, habe eine Sprecherin erklärt.

Am Donnerstagabend hätten Schiffe der italienischen Küstenwache im Mittelmeer rund 140 Migranten aufgenommen, die mit zwei Schlauchbooten in Libyen losgefahren und in Seenot geraten waren. Die geretteten Zuwanderer seien von dem Rettungsschiff der italienischen Küstenwache aufgenommen worden. Der „Gregoretti“ habe das italienische Innenministerium aber die Einfahrt in einen italienischen Hafen verweigert.

USA wollen Truppen aus Afghanistan vor Wahl zurückholen

Die US-Regierung will nach Angaben von Außenminister Mike Pompeo noch vor der Präsidentschaftswahl im November 2020 ihre Truppen aus Afghanistan abziehen, meldet orf.at. US-Präsident Donald Trump hätte die Rückholung der Soldaten angeordnet, habe Pompeo bei einem Treffen des Economic Club in Washington gesagt. „Er war eindeutig: ‚Beenden Sie den endlosen Krieg, starten Sie den Abzug.‘“

Trump hatte im Präsidentschaftswahlkampf 2016 erklärt, in seiner Amtszeit würden die US-Soldaten aus Afghanistan zurückgeholt. Derzeit seien dort rund 14.000 Soldaten der Vereinigten Staaten stationiert. Die USA, die vor fast 18 Jahren in Afghanistan einmarschiert waren, verhandeln seit einem Jahr mit den radikalislamischen Taliban über eine Friedensvereinbarung für Afghanistan.

Fünf Demonstranten im Sudan erschossen

Einen Tag vor neuen Gesprächen zwischen dem Militärrat und der Oppositionsbewegung im Sudan sind bei Protesten im Zentrum des Landes fünf Demonstranten erschossen worden, meldet kleinezeitung.at. Unter den am Montag in der Stadt Al-Obeid getöteten Demonstranten hätten sich nach Angaben oppositionsnaher Ärzte vier Studenten befunden.

„Fünf Märtyrer sind ihren Verletzungen durch Kugeln von Scharfschützen erlegen“, hätten die Ärzte mitgeteilt. Der sudanesische Berufsverband, der einen Teil der Proteste anführe, habe erklärt, dass Schützen das Feuer auf die vor allem von Studenten besuchte Demonstration eröffnet hätten.

Trotz der Einigung zwischen den regierenden Generälen und Vertretern der Protestbewegung auf eine Übergangsregierung fänden im Sudan weiter Demonstrationen statt. Heute wollen beide Seiten zu abschließenden Gesprächen über die künftige Übergangsregierung zusammenkommen.

London lehnt „Tauschhandel“ mit Tankern ab

Die neue britische Regierung hat dem Iran im Öltankerstreit eine Absage erteilt, meldet diepresse.com. Der iranische Präsident, Hassan Rohani, hätte vergangene Woche vorgeschlagen, den festgesetzten, unter britischer Flagge fahrenden Tanker Stena Impero freizugeben, wenn London dafür einen von der britischen Marine vor Gibraltar aufgebrachten iranischen Tanker ziehen lasse. „Es gibt kein Quidproquo“, habe nun aber der neue britische Außenminister, Dominic Raab erklärt. „Es geht hier nicht um einen Tauschhandel.“

Raab habe betonte, dass es vielmehr um internationales Recht und dessen Einhaltung gehe. Wenn der Iran als verantwortungsbewusstes Mitglied der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden wolle, müsse er deren Regeln einhalten und den britischen Tanker freigeben. „Sie dürfen nicht illegal ausländische Schiffe festsetzen.“ Der iranische Öltanker Grace 1 wiederum werde festgehalten, weil er iranisches Öl nach Syrien hätte transportieren wollen, was gegen EU-Auflagen verstoße.

China: Zwölf Jahre Haft für Onlineaktivisten Huang Qi

Huang Qi gilt als erster „Onlinedissident“ Chinas – nun ist er von einem Gericht zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, meldet orf.at. Huang sei der „Verbreitung von Staatsgeheimnissen“ für schuldig erklärt worden, habe das Gericht in der südchinesischen Stadt Mianyang mitgeteilt. Der 56-jährige Aktivist hätte auf seiner Website unter anderem über Korruption und die Menschenrechtslage in China berichtet.

Neben der Gefängnisstrafe habe das Gericht angeordnet, Huang für vier Jahre seine politischen Rechte zu entziehen. Seit Xi Jinping im Jahr 2012 Präsident Chinas wurde, seien nur wenige Dissidenten in dem Land so hart bestraft worden. Der Name von Huangs Website „64 Tianwang“ war eine Anspielung auf die blutige Niederschlagung der demokratischen Proteste auf dem Tiananmen-Platz in Peking am 4. Juni 1989.

Bericht über Fehlverhalten bei UNRWA

Ein interner Untersuchungsbericht wirft ein schlechtes Licht auf die Führung des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), meldet orf.at. In dem vertraulichen Papier, das der Nachrichtenagentur AFP in Kopie vorliege, sei von Missmanagement und Machtmissbrauch auf höchster Ebene bis hinauf zu UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl die Rede.

Die Vorwürfe träfen das UNRWA inmitten einer stark angespannten Finanzlage und erheblichen politischen Drucks. Die USA hatten ihre Zahlungen an das Hilfswerk im vergangenen Jahr zunächst ausgesetzt und später gekürzt. Die USA waren lange der größte Geldgeber des UNRWA.

Washington werfe dem Hilfswerk vor, wesentlich zur Verlängerung des Nahost-Konflikts beizutragen. Die Vorwürfe der internen Ermittler umfassten nun sexuelles Fehlverhalten, Vetternwirtschaft, Diskriminierung und anderen Machtmissbrauch zum eigenen Nutzen, zur Unterdrückung legitimer abweichender Meinungen und zur Erlangung anderweitiger persönlicher Ziele.

Kuba erlaubt privates WLAN unter strenger Zensur

Die kommunistische Regierung in Kuba hat den Internetzugang für die Bevölkerung am Montag erleichtert, allerdings unter strenger Zensur, meldet derstandard.at. „Das Ziel des Staates ist es, einen immer umfassenderen Internetzugang für die ganze Bevölkerung zu schaffen“, habe der stellvertretende Kommunikationsminister Ernesto Rodríguez Hernández der Nachrichtenagentur AFP gesagt.

Ab sofort sei WLAN auch in Privathaushalten zugelassen. Jedoch kontrolliere die Regierung die Inhalte dessen, was Internetnutzer zu sehen bekämen. „Die Kubaner unterstützen und verteidigen die Revolution überall, sowohl in der richtigen als auch in der virtuellen Welt“, habe Hernández dazu erklärt. Das Internet und die sozialen Medien seien Instrumente, um „die kubanische Wahrheit zu platzieren, nicht um Dinge zu manipulieren“. 80.000 Haushalte der Elf-Millionen-Einwohner-Insel hätten jetzt einen Internetzugang, 2,5 Millionen Kubaner verfügten über eine 3G-Verbindung auf ihrem Mobiltelefon.

Söder will jetzt Klimaschutz ins Grundgesetz schreiben

Ein Klimaschutz-Vorstoß jagt den nächsten: CSU-Chef Markus Söder will den Kampf gegen die Erderhitzung als Staatsaufgabe im Grundgesetz verankern, meldet faz.net. «Wir stehen vor einer Jahrhundertaufgabe, daher brauchen wir auch einen Jahrhundertvertrag», habe Bayerns Ministerpräsident der «Süddeutschen Zeitung» erklärt. Es sei der nächste in einer Reihe von Vorschlägen aus München – darunter, die Mehrwertsteuer auf Bahntickets für Fernreisen zu senken oder die Pendlerpauschale zu erhöhen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze und die Grünen hätten das begrüßt. Im vergangenen Jahr sei der Antrag der Grünen, den Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen, noch gescheitert, auch an der CSU. Damals gab es noch Widerstand gegen das Ansinnen, jedwede hehren Ziele, die gerade en vogue sind, in die Verfassung zu schreiben.

Nun macht ausgerechnet Parteichef Söder denselben Vorschlag.

AfD-Gründer Bernd Lucke lehrt wieder an Uni Hamburg

Nach seiner gescheiterten Wiederwahl ins Europaparlament kehrt der AfD-Gründer und Wirtschaftswissenschaftler Bernd Lucke an die Universität Hamburg zurück, meldet welt.de. Der 56-Jährige werde zum Wintersemester wieder im Lehrbetrieb der Uni arbeiten, habe eine Sprecherin gesagt. Lucke selbst habe sich nicht öffentlich äußern wollen. Bei den Studenten sei die Rückkehr des Professors auf Kritik gestoßen. Lucke hätte mit «seiner bürgerlichen Fassade den Weg der AfD zur menschenverachtenden und rassistischen Partei geebnet», wird AStA-Vorsitzender Karim Kuropka von der dpa zitiert. «So ein Mensch gehört an keine Universität.»

Der Euro-Kritiker Lucke hatte sich 2014 von der Uni Hamburg beurlauben lassen, um für die AfD ins Europaparlament zu wechseln. Ein Jahr später hatte er die Partei im Streit um eine stärker nationalkonservative Ausrichtung verlassen. Seine Versuche, mit der von ihm gegründeten Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA), die sich später in Liberal-Konservative Reformer (LKR) umbenannte, politisch Fuß zu fassen, seien gescheitert.

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