Rainer Bonhorst / 05.02.2018 / 06:03 / Foto: shuets udono / 44 / Seite ausdrucken

Die Achse bricht Tabus. Das ist ihr Job.

In meinem Text über den Ozean, der Donald Trump von Angela Merkel trennt, habe ich versucht, der arroganten deutschen Vorverurteilung des amerikanischen Präsidenten etwas entgegen zu setzen. Und ich wollte der weit verbreiteten, wenn auch nie ausgesprochenen Überzeugung vieler Kollegen, dass am deutschen Sozialwesen die Welt genesen soll, eine Alternative entgegen halten. (Welche auf Dauer die bessere ist, dies zu entscheiden, überlasse ich der Zukunft.) Kurz und gut: Ich habe versucht, die Grundzüge amerikanischer Politik gegen die deutschen Selbstgefälligkeiten zu verteidigen.

Allerdings habe ich das getan, ohne meine Skepsis, ja meine Abneigung gegenüber der Person Trump zu verbergen. Wenn nun einige schreiben und kommentieren, meine persönliche Kritik an Trump, selbst in einer insgesamt positiven Betrachtung, gehörten nicht in die Achse, dann muss ich doch vehement widersprechen. Soll die Achse denn ein geschützter Raum werden wie unsere lieben Universitäten, die abweichende Meinungen nicht hören (oder lesen) wollen? Wie eng darf es denn bitte in einem solchen geschützten Raum der liberalkonservativen Gattung zugehen? Besteht in Richtung Donald Trump ein Liebeszwang?

Tut mir leid, ich kann den Mann nicht lieben. Ich kann seine Politik verteidigen, aber ich muss den Mann nicht mögen. Er ist ein Frauengrabscher, nicht der einzige, und auch nicht der erste im Weißen Haus, aber er ist einer und er bleibt einer, auch wenn die eine oder andere sich gerne von der Macht anfassen lässt. (Auch viele der Me-too-Frauen haben ihre Abscheu reichlich spät formuliert, und trotzdem ist sexueller Machtmissbrauch Machtmissbrauch.)

Trump ist ein Verdreher der Wahrheit. Nicht der einzige in der Politik, aber er gehört in die Spitzengruppe. Das fing schon am Tag seiner Inauguration an, als er die Zuschauermenge trotz gegenteiliger Bildbeweise zur Rekordmasse hochjubelte und so die „alternativen Fakten“ erfinden ließ. Trump neigt zu rüpelhaften Äußerungen. Nicht nur einmal, sondern immer wieder, ob er nun einen behinderten Journalisten nachäfft oder von „Shithole Countries“ spricht.

Auch Obama war ein Narzisst – aber einer mit Stil

Liebenswert ist das alles nicht. Und meine Meinung dazu ist simpel: Auch ein Mann wie er kann gute Politik machen. Nicht nur in der Wirtschaft. Ich mag seinen Mauerbau nicht besonders, aber er ist immerhin ehrlicher als unsere Politik, die ihre unangenehme Arbeit in die Türkei exportiert und dann wegschaut, wenn die Türkei nicht nur unsere Drecksarbeit macht. Man kann die Arbeit Trumps anerkennen und ihn trotzdem als Person nicht mögen.

Und was den Narzissmus angeht: Na klar, auch Barrack Obama war und ist wie Trump ein Narzisst, aber einer mit Stil. War das nun ein zweiter Tabu-Bruch? Ein vergleichsweise gutes Wort über Obama? Wenn ja, dann sage ich: Na und? Die Achse bricht Tabus. Das ist ihr Job.

Und jeder Schreiber, ob Achse oder anderswo, verdient es, kritisch unter die Lupe genommen und mit Gegenargumenten konfrontiert zu werden. Heftige Debatte also. Das ist die Achse, wie ich sie verstehe. Aber was die Achse nicht verdient, ist die Forderung: Das will ich auf der Achse nicht lesen. Würde man diesem Rat folgen, dann würde die Achse selber zu einem der geschützten Meinungsräume, gegen die ihre Autoren anschreiben.

Also, wenn ich schreibe „Trump ist blöd“, dann kann man entgegnen „Trump ist nicht blöd“ oder „Obama ist blöder“ oder „Angela ist noch blöder“. Ja, man kann sogar sagen: „Ich will in der Achse über Trump nichts Schlechtes lesen.“ Aber ich tu's dann trotzdem. Ich meine, auf der Achse muss Platz genug sein, eine Liebeserklärung an Donald Trump zu verweigern.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Susanne antalic / 05.02.2018

Natürlich dürfen sie Trump zu kritisieren, es ist ihre Meinung und gut ist, aber ob er ein Frauengrapscher ist, wissen sie genau so wenig wie ich, oder waren sie dabei, oder haben sie es abgeschrieben? Mit dem Grabschen ist es so eine Sache, in Moment sehr present. Es giebt aber auch Menschen, die sich gerne angrabschen lassen, wenn der Angrabscher prominent und reich ist und man auch davon Profit haben kann. Ich mag nur keine Behauptungen, die als Tatsachen verkauft werden. Mich hat einmal mein psychiatrie Proffesor angegrabscht, als ich mein Schein abholen wollte, meine grösse Tasche hat ihn dann so fest getroffen, dass es über denn Schreibtisch fiel,meinen Schein habe ich trotzem bekommen und seit dem hatte ich Ruhe. Das darf ich schreiben, denn ich war dabei.

Jürg Sand / 05.02.2018

Man muss Poliker nicht „lieben“, sie sind nicht dazu gewählt worden angehimmelt zu werden (Obama), sondern um Leistung zu bringen, mein Land vorwärts zu bringen, mir einen optimalen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen zu bieten, in dem mein Schaffen möglichst schöne Früchte trägt und nachfolgenden Generationen kein schlechtes Erbe hinterlässt. Die Frage nach der „Liebe“ zu einem Politiker stellt sich mir nicht, hat für mich eher eine (homo)erotische Komponenete, die sich mir von Natur aus verschliesst (kann auch keine Liebe zu Politikerinnen fassen). Im Übrigen scheint mir die Notwendigkeit nicht gegeben in Anbetracht der unzähligen Mistkübel die täglich medial über das imaginäre Haupt dieses Präsidenten ausgeschüttet werden auch noch auf Achgut diesem grimmig humorlose und sinnfreie Ritual beiwohnen zu müssen.

Annegret Weise / 05.02.2018

Also ich habe mir eben die Kommentare zu dem Artikel “Der Ozean, der Donald…” durchgelesen. Und ganz ehrlich: Ich verstehe nicht, worüber Sie sich beklagen. In dem Artikel hier klingt es so, als hätten die Leser Ihnen quasi den Mund verboten, nach dem Motto: “Wenn hier Trump kritisiert wird, ist das nicht mehr meine Achse.” Das konnte ich den dortigen Kommentaren so jedoch überhaupt nicht entnehmen. Da wurde Ihnen heftig widersprochen, teilweise. Aber genau diese Art von Debatte fordern Sie hier doch gerade ein!

Dietmar Schmidt / 05.02.2018

Hallo Herr Bonhorst, ja klar jeder hat so seine Macken und Defizite. Wichtig ist nur, das wir nicht alles was z.B. von Trump kommt als schlecht klassifizieren, eben nur weil es von Trump kommt. Oder alles was von der AfD, oder was weiß ich von wem oder von welcher Partei, kommt usw. usw.. Ich mag Trump auch nicht besonders, aber er hat einige Maßnahmen eingeleitet die, aus meiner Sicht, richtig sind und dringend notwendig waren und die unsere Politiker zwingen werden sich damit auseinanderzusetzten. Wir werden sehen und natürlich ist es wichtig, dass die Achse ein Forum der Meinungsvielfalt ist und bleibt. Gruß D. Schmidt

Oliver Hoch / 05.02.2018

Man muss Trump nicht lieben - darin stimme ich vollumfänglich zu. Mache ich auch nicht - ich liebe meine Frau und Kinder. Trump ist aber doch - so meine Meinung - der großartigste Politiker, den die Welt in den letzten 50 Jahren gesehen hat. Er setzt sich tatsächlich ein für seine Wähler und auch für diejenigen seiner Landsleute, welche die Konkurrentin wählten. Haben wir so etwas in Deutschland? Trump ist auch mutig genug, gegen den Irrsinn der political correctness anzugehen (meistens wenigstens). Er steht zu Israel, als einziger außerisraelischer Staatschef weltweit. Vielleicht ist er ein Arsch. Sch…. drauf. Bekämpft wird er praktisch von allen Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern links und rechts des Äquators. Es gibt täglich tausende von Trump-feindlichen Artikeln. Habe ich die Nase voll davon? Ja. Tatscht Trump gerne Frauen an? Kann sein, geht mir ähnlich. Brauche ich die Achse, um #Aufschrei und #MeToo dazu zu lesen? Nein. Dafür habe ich SSZ, Zeit und die Nord-Korea-News.

Fabian humburg / 05.02.2018

Schade das sie selbst auf die lügen der presse hereinfallen Zweifelsohne waren bei trump weniger als bei obama aber das bild ist ohne Angaben von wann es genau ist es könnte auch 2 stunden vor der rede gewesen sein (soviel ich weiß hat das nur sehr selten einer gefragt ) Zu Trump selber er ist nun mal das hoffentlich geringere übel der aber wenigstens das tut was er sagt (oder er versucht es ) Merkel lässt nicht von dem erkennen sie wartet die Diskusion ab und stellt sich dann neben den Sieger Beide Politiker sind ausdruck unser heutigen Gesellschaft

Kurt Weser / 05.02.2018

Offensichtlich haben sie noch immer nicht begriffen wer bei der Inauguration von Trump gelogen hat. Es waren unsere “Qualitätsmedien” . Glauben sie nicht ? Dann lassen sie es sich von Ranga Yogeshwar in 3 Minuten erklären -“Ranga Yogeshwar entlarvt Bildvergleich-Fake (Obama vs. Trump)” bei Youtube. Oder suchen sie nach ” CNN Trump GigaPixel” , dort können sie sich hochauflösend von den Menschenmassen überzeugen, die es laut unsen Medien und ihrer Aussage nicht gegeben hat.

Frank Gausmann / 05.02.2018

Natürlich muss man unbedingt zwischen Trumps Politikinhalten und seinem Politikstil unterscheiden dürfen! Erstere scheinen mir in vielen Bereichen nachvollziehbar und sinnfällig, letzterer ist wohl zweifellos eher abstoßend oder zumindest sehr gewöhnungsbedürftig. Das wirklich Interessante ist aber letztlich die daraus abgeleitete Fragestellung, ob nur noch mit solch provokativen und rüpelhaften Charakteren, wie Trump zweifellos einer ist, überhaupt bestimmte politische Inhalte und Entscheidungen durchsetzbar werden. Kann angesichts des ausgesprochen links-grünen Nanny-Journalismus und einer gleichgesinnten, wild wuchernden Institutionenlandschaft ein im Geflecht opportunistischer Konsensorientierung verfangener Politiker heute tatsächlich noch größere politische Kursänderungen vornehmen? Eben nicht! Mir scheint dies funktionierte nur noch mit gezielter Provokation, mit knallharten, rücksichtslosen Entscheidungen und eben mit ungehobeltem, dreistem Auftreten. Fazit: Angesichts einer Entwicklung, in der sich die politischen, aber vor allem auch die medialen und institutionellen Meinungsführer von den Realitäten viel zu weit entfernt haben, braucht es offenbar solch einen schmerzfreien, auf sein Image pfeifenden Rüpel-Präsidenten – auch wenn er in jeder Hinsicht unseren Sinn für Ästhetik verletzt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rainer Bonhorst / 17.04.2024 / 10:00 / 31

​​​​​​​Die Bayer(n)-Revolution

Rekordmeister Bayern muss den Meistertitel an Bayer abgeben. Ein Menetekel für die Politik? Wie wird es weitergehen? San mir net mehr mir? Ist rheinisch das…/ mehr

Rainer Bonhorst / 12.03.2024 / 17:00 / 9

Die Kate-Krise oder viel Lärm um nichts?

Ein Familienfoto der Royals ist schon kurz nach Erscheinen als ungelenke Bildmanipulation entlarvt worden. Medialer Wirbel dank Photoshop! Ist Englands königliche Familie eine Fälscherbande? Wenn ja, dann keine…/ mehr

Rainer Bonhorst / 08.03.2024 / 12:00 / 19

Bye bye Nikki, hello Oldies

In den USA duellieren sich Biden und Trump um den Einzug ins Weiße Haus. In diesem Alter würde man in Deutschland weniger auf Karriere als…/ mehr

Rainer Bonhorst / 22.02.2024 / 14:00 / 26

Kamala gegen Nikki – ein Traum

Statt der beiden betagten Kontrahenten Joe Biden und Donald Trump wünsche ich mir eine ganz andere Konstellation im Kampf um das Amt des US-Präsidenten. Man…/ mehr

Rainer Bonhorst / 13.02.2024 / 12:00 / 39

Gendern im Fußball? Fans zeigen rote Karte!

Wie woke soll der Fußball sein? Oder genauer: Wie viele Geschlechter soll der Fußball kennen? Es wird Zeit, mal wieder auf den Fußballplatz zu gehen.…/ mehr

Rainer Bonhorst / 12.02.2024 / 12:00 / 35

Giorgia Meloni als Mamma Europa?

Georgia Meloni beginnt in Europa eine wichtige Rolle zu spielen. Die Politik hält sich mal wieder nicht an die ideologischen Vorgaben deutscher Medien.    Ja, darf…/ mehr

Rainer Bonhorst / 04.02.2024 / 14:00 / 33

Gedanken beim Demo-Gucken

Im Grunde haben wir ja Glück, dass in Deutschland die Verhältnisse so klar sind. Wir haben keine dunkelhäutigen Politiker in Berlin, die die Frechheit besitzen…/ mehr

Rainer Bonhorst / 30.01.2024 / 06:15 / 88

Danke! Die ungehaltene Rede auf meiner Traum-Demo

Ich habe einen Traum. Den hab ich öfter mal, aber jetzt hat er sich aus aktuellem Anlass wieder gemeldet. Weil ich in den letzten großen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com