Anabel Schunke / 01.07.2021 / 16:15 / Foto: Achgut.com / 50 / Seite ausdrucken

Die Abseitsfalle

Kaum ist Deutschland trotz Kniefall raus aus der Europameisterschaft, steht am Freitag das Viertelfinale Italien gegen Belgien an, und es wird breit darüber diskutiert, warum das italienische Team bisher so standhaft blieb und den Kniefall verweigerte. Mal sehen, wie das weitergeht. 

Fußball goes woke, und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die gute alte Bratwurst durch eine vegane Tofuwurst und das kühle Bier durch eine spritzige Bionade ersetzt werden wird. Wie in allen totalitären Systemen hat man seit geraumer Zeit nun auch wieder den Sport für sich entdeckt. Man will dem Ottonormalbürger auch noch das letzte bisschen unbeschwerte Freude unter dem Hintern wegziehen, um ihn auf den Pfad der Tugend zu führen.

Die Mehrheit in den Kommentarspalten auf den Nachrichtenseiten, so der Eindruck, konnte sich eher weniger mit dem neuen politischen Anspruch von Manuel Neuer & Co. anfreunden. Nicht, weil sie etwas gegen Homosexuelle hätten oder überzeugte Rassisten wären, sondern weil sie schlicht keine Lust mehr darauf haben, sich bei jeder Gelegenheit indirekt genau das vorhalten zu lassen.

Der vermeintliche Generalverdacht gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, Religion, Sexualität und Herkunft, den außerhalb des Umfeldes überzeugter Rechtsradikaler ohnehin niemand jemals vertreten hat, ist zu einem Generalverdacht gegenüber sämtlichen weißen Personen geworden. Und wie immer, wenn es darum geht, sich in ewiger Demut und Schuld vor anderen in den Staub zu werfen, gehen wir Deutschen mit gutem Beispiel voran. Dazu kommt, dass das ganze Niederknien und Armbinde-Tragen natürlich nichts weiter als eine riesengroße Heuchelei ist. Und wer lässt sich schon gerne von Heuchlern moralisch belehren?

Herzchen Richtung Katar

Zeichensetzung ist vor allem dann glaubhaft, wenn sie so etwas wie Mut erfordert. Aber es erfordert keinen Mut, sein Fähnchen in den Wind zu halten und das zu tun, was dir aktuell von jeder Marketingagentur empfohlen werden würde, wenn es darum geht, dein eigenes Image oder das deines Unternehmens reinzuwaschen.

Haltung zeigt man dann, wenn man auch entgegen der Akzeptanz einer Mehrheit zu seinen Prinzipien steht. Die vermeintlichen Kämpfe gegen Rassismus und Homophobie sind keine, solange sie in westlichen Wohlstandsgesellschaften geführt werden, in denen die Mehrheit überhaupt kein Problem mit Statements dieser Art hat und diese sogar aktiv unterstützt.

Glaubhaft wäre das ganze Getue also erst, wenn für die Akteure wirklich etwas auf dem Spiel stehen würde. Wenn man nicht nur Herzchen Richtung ungarische Fantribüne schicken würde, sondern auch Richtung Katar, wo man, anders als in Ungarn, für Homosexualität im Knast landet. Wenn man sich mit seiner Regenbogenbinde eben auch an einen der Hauptsponsoren der eigenen Vereinsmannschaft FC Bayern München richten würde und nicht nur an jene, die einem eh nichts wegnehmen können.

Die Haltung findet dort ihr Ende, wo finanzielle und politische Abhängigkeiten existieren. Elend gibt es auf der Welt nicht erst, seit Colin Kapernick seine schwächelnde American-Football-Karriere mit einem Kniefall aufpeppte. Homosexualität hat vor allem für jene Menschen negative Konsequenzen, die in Ländern leben, die wir aus politisch korrekten Erwägungen oder eben finanziellen Abhängigkeiten nicht kritisieren. 

In der Regel nicht selbst tanken gehen

Von Fußballern politische Glaubwürdigkeit verlangen, ist fairerweise aber auch irgendwie so, als wenn man bei den Grünen marktwirtschaftliches Know-how voraussetzen würde. Man zieht sie halt nur damit auf, weil sie es darauf angelegt haben. Wer A sagt, muss in der Regel auch B sagen. Wer Ungarn für seine vermeintliche Homophobie kritisiert, muss auch die Weltmeisterschaft in Katar boykottieren.

Viel entscheidender als die Frage nach den „richtigen“ politischen Statements ist allerdings die Frage, weshalb der Sport überhaupt politisiert werden muss. 

Ich würde behaupten, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht darum gebeten hat. Im Gegenteil. Die Mehrheit wäre zufrieden gewesen, wenn man sich einfach darauf konzentriert hätte, gut Fußball zu spielen. Stattdessen wurde ihr aufgezwungen, auch künftig beim Fußball immer wieder daran erinnert zu werden, was für böse und moralisch verkommene Menschen wir doch alle sind.

All das ist genauso wenig eine Annäherung an die Fußballfans wie Olaf Scholz’ Ansage, dass er den aktuellen Spritpreis nicht kenne, weil er als Besserverdiener in der Regel nicht selbst tanken gehen würde. Es ist eine weitere Entfremdung vom Bürger und jenen Problemen, die ihn tatsächlich beschäftigen. 

Probleme, die weder mit gendergerechter Sprache noch mit woker Identitätspolitik zu tun haben. Insofern muss man sich nicht wundern, wenn er sich einfach nur noch genervt abwendet.

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M.-A. Schneider / 01.07.2021

Und wieder ins Schwarze getroffen liebe Frau Schunke!  Ja, es sind immer mehr Bürger, die sich genervt abwenden, in diesem Fall auch vom Fußball und insbesondere von der “Mannschaft” unter der Leitung eines Trainers, dem seine Eitelkeit und seine Selbstüberschätzung sowie die für ihn deshalb so wichtige Zugehörigkeit zum politischen Berlin und seiner Schickeria zum Verhängnis geworden sind. Die Spieler passen sich an, statt Leistung zeigen sie “Gratismut” und die Zugehörigkeit zur “richtigen” politischen Seite, wahrer Mut und Schwimmen gegen den Strom gehört nicht zu ihren Eigenschaften.

Gerd Körner / 01.07.2021

“Wer A sagt, muss in der Regel auch B sagen. Wer Ungarn für seine vermeintliche Homophobie kritisiert, muss auch die Weltmeisterschaft in Katar boykottieren.” Nach der 1:2 Niederlage gegen Nordmazedonien habe ich den leisen Verdacht, dass Deutschland die WM in Katar gar nicht erst boykottieren muss. Das kriegen die auch so hin….

Hans Reinhardt / 01.07.2021

Jetzt sind wie bei der EM halt raus. O.K., gewinnen ist ja sowas von Nazi, da wendet der ordentliche Deutsche sich mit Grausen. Und damit sowas in Zukunft von vorneherein ausgeschlossen ist, fahren wir zur WM nach Katar mit einer bunten M…stopp, fast hätte ich jetzt doch tatsächlich “Mannschaft geschrieben! Wie auch immer, in Katar läuft Deutschland mit 3 Männern auf (einer hetero, einer schwul, einer weiß es noch nicht), 3 Frauen (alle lesbisch natürlich, wir reden hier schließlich von Fußball), 3 Behinderten (einer körperlich, einer geistig, eine beides) und zwei abgelehnten Asylbewerbern, die sich ansonsten hauptberuflich mit dem An- und Verkauf von berauschenden Substanzen beschäftigen. Trainiert wird dieses Abbild Deutschlands von einem Trainerkollektiv, bestehend aus einer Muslima in Burka, einer IS-Rückkehrerin und einem pervers-diversen Konstrukt, welches sich im breitesten badischen Dialekt verständigt und Jogina Löwin nennt. Zu alle 3 Spielen wird diese Truppe, auf die ganz Deutschland stolz sein wird, von einem Lastensegler von Greenpeace direkt auf dem Rasen abgesetzt.

Dr. René Brunsch / 01.07.2021

In England hat es nur dann Stil, sich hinzuknien, wenn man dabei von der Queen zum Ritter geschlagen wird.  Aber soll man sich ernsthaft über “unsere” des Fußballspiels nicht mächtigen Moralbübchen aufregen? Ich glaube nicht. Beängstigend ist jedoch der zunehmende Druck auf die Menschen, sich zu verbiegen, der an dunkelste Kapitel unserer Vergangenheit erinnert.

Holger Kammel / 01.07.2021

Also, ich fand, einfach einmal hinknien reicht überhaupt nicht. Einmal längs über den Platz robben, wäre das Mindeste gewesen. Zumindest zeigen die Helden so mehr von sich, als sie selbst wünschen können. Ich habe die meisten Fußballer in den oberen Klassen ohnehin für Inselbegabte gehalten, deren Äußerungen man eigentlich mit Nachsicht betrachten sollte. Diesmal nicht. Das Statement, 3 Tage nach dem Anschlag von Würzburg war der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Diese Ansammlung charakterloser A…..löcher ist bei mir unten durch.

manni meier / 01.07.2021

25. Mai 2020, Minneapolis . Der wegen Drogen- und Gewaltdelikten neunmal vorbestraften Schwarze George Floyd stirbt in den USA bei seiner Festnahme durch die Polizei.  Wegen bewaffneten Raubes saß er fünf Jahre im Gefängnis; weil er einer schwangeren Frau eine Pistole an den Bauch gedrückt hatte.  26. Juni 2021, Würzburg. Ein abgelehnter Asylbewerber aus Somalia, der 2015 nach Deutschland gekommen ist, beginnt mit einem Messer bewaffnet seine Mordserie. Drei Menschen sterben, sieben werden zum Teil schwer verletzt in Krankenhäuser gebracht. Eine Mutter kämpft mit dem Mörder um das Leben ihrer elfjährigen Tochter. Sie findet den Tod, das Mädchen wird dennoch von dem Somalier schwer verletzt. 29. Juni 2021, London. Die DFB “Mannschaft” kniet im Wembley Stadion nieder. Sie will “ein starkes Zeichen setzen” - zur Erinnerung an Gerge Floyd. Die toten Landsleute von Würzburg waren den “woken” Fußballprofis nach nur drei Tagen schon keine Erinnerung mehr wert, Kein Zeichen des Mitgefühls, wird gesetzt. Keine schwarzen Trauerflors als Geste der Anteilnahme, nur ein kunterbunte Regenbogenbinde am Arm des Kapitäns. Bewusst und vorsätzlich ignoriert „die Mannschaft“ den Terrortod der eigenen Landsleute.  Die haben bei mir ein für alle Mal verschi**en.

Eckhard Fischer / 01.07.2021

Ohne in Melancholie zu verfallen und Sehnsüchte alter weiser Männer zu bedienen: Sachorientierte, kurz und bündige Kommentare á la Oskar Klose, Ernst Huberty oder Eberhardt Stanjek gibt es nicht mehr. Seinerzeit ging es um den Spocht. Heute scheint das fast als notwendiges Übel zu fungieren, um andere Inhalte zu transportieren. Ich habe mir, obgleich jahrzehntelanger Durchdickunddünnanhänger der deutschen Nationalmannschaft, bislang kein einziges Spiel der derzeitigen Europameisterschaft angeschaut. Es geht einfach nicht mehr. Obwohl ich unzählige Male schwer unter den Niederlagen gegen die Fußballspielenden (!) aus Italien gelitten habe, drücke ich den Südeuropäern diesmal aus ganzem Herzen die Daumen.

Emmanuel Precht / 01.07.2021

Mit mehr Ball- als Binden- und Haltungstraining hätte es klappen können. Und somit werden die in Qatar gewinnen können. Da ist Binde und Haltung nicht so gewünscht, man kann sich wieder auf den Umgang mit dem Ball konzenrtieren. Wohlan…

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