Thomas Rietzschel / 06.11.2015 / 12:53 / 5 / Seite ausdrucken

Deutschlands schwarze Null

Gern gesteht Wolfgang Schäuble verdutzen Journalisten, das Rechnen sei seine Sache nicht. Ein Scherz, den er sich erlauben zu können glaubt, weil er davon ausgeht, dass ohnehin alle Welt vom Gegenteil überzeugt sein müsste. Wieso sollte gerade er nicht rechnen können. Erstens als Finanzminister, dem das sozusagen von Amts wegen zusteht. Zweitens als Schwabe, ausgestattet mit dem Spar-Gen seines Stammes, der ererbten Veranlagung zum Knausern. Und drittens schließlich als politischer Schwarzkittel, der mit Vorliebe die Roten aufscheucht, indem er ihren Hang zur sozialstaatlichen Verschwendung mit Argusaugen verfolgt.

Der Minister hat vermutlich seinen Wilhelm Busch gelesen, das schöne Gedicht von der „Kritik des Herzens“. Wer sich selbst „tadelt“, heißt es darin, darf auf den „Widerspruch“ hoffen, „der ihm genehm“. Und: „So kommt es denn zuletzt heraus,/ dass ich ein ganz famoses Haus.“ Kurzum, der selbstkritische Witz verfehlt seine Wirkung selten. Dessen mag sich auch Wolfgang Schäuble bewusst sein, wann immer es ihn juckt, sein Licht unter den Scheffel zu stellen.

Allein, wie schnell kann aus dem frechen Spaß bitterer Ernst werden? Wie oft ist einer schon als echte Null aufgeflogen, der lange so tat, als ob er mit dem Understatement lediglich kokettiere? 

Auch da macht der amtierende Finanzminister keine Ausnahme. Bedarf es doch tatsächlich der mathematischen Begabung einer Null, um zu errechnen, was er uns gerade vormachen will. Denn bekanntlich schert sich die Null wenig um die Bedeutung und den Wert der Zahlen. Die sind ihr schnuppe. Beliebig kann sie mit ihresgleichen, von Null zu Null,  verkehren, sich addieren, multiplizieren oder dividieren, ohne jemals mehr als „null“, das pure Nichts erreichen zu müssen.

Selbst als vereidigter Finanzminister braucht sich die Null nicht weiter um plus und minus zu kümmern.

Mit der schnoddrigen Überlegenheit dessen, der allemal besser versteht, was wir niemals begreifen werden, erklärte uns Wolfgang Schäuble in der ablaufenden Woche, dass der eben prognostizierte Steuerausfall von mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr 2016 gar keiner sei, weil die Schätzung, von der er bisher ausging, eben auch nur eine Schätzung war. Eine freilich, auf die er sich berief, wenn er zugleich erklärte, dass die Mehrbelastung infolge der Flüchtlingskrise - schlecht gerechnet wenigstens 20 Milliarden per annum - durchaus zu schultern sei, angesichts steigender Steuereinnahmen. Oder war es nicht doch Steuerausfälle?

Wurscht egal, Null bleibt Null. Und 2016 wird es abermals eine schwarze sein, verspricht der Minister. Wer ihm da mit Zahlen kommt, kann sich trollen. Das ewige Rechnen stifte doch nur „Verwirrung“. Wahrlich, der Wolfgang Schäuble weiß, wovon er spricht. Sein schwarzer Humor machte einem Mephisto Ehre. Er ist die leibhaftige Verkörperung dessen, was er uns für 2016 und weitere Jahre verheißt: Deutschlands schwarze Null.

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Leserpost

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wolfgang behr / 07.11.2015

Herr Schäuble hat sicher immer nur von der Null NACH dem Komma gesprochen.

Jörg Schulze / 06.11.2015

Die schwarze Null ist Schäuble selbst. Ein Land dessen Wirtschaft seit Jahren auch Hochtouren läuft und das trotzdem immer mehr Schulden macht - blödsinnig, die finanziellen Ressourcen werden für Gutmenschhobbys verbraten, Griechenland, Euro und “Flüchtlinge”. Deutschland hat kollektiv den Verstand verloren und Merkel und Schäuble sind die Knallchargen die diesen Umstand auf der politischen Bühne repräsentieren.

Günther Buchholz / 06.11.2015

Man kann Wolfgang Schäuble vielleicht vorwerfen er könne nicht rechnen, aber nicht nicht dass er Schwabe ist ;-). Das lässt sich leicht in Wikipedia nachvollziehen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Schäuble

Markus Faulhaber / 06.11.2015

Herr Schäuble ist KEIN Schwabe, er ist aus Gengenbach und ein Badener. Es ist ärgerlich, dass man das immer wieder so lesen muss.

Jürgen Althoff / 06.11.2015

Wolfgang Schäuble ist kein Schwabe, sondern Baderner. Für echte Schwaben ist das ein Riesenunterschied. Und wer über andere Menschen schreibt, sollte sich vorher schlau machen.

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