Gastautor / 07.07.2022 / 14:00 / Foto: Kalispera Dell / 112 / Seite ausdrucken

Deutschlands Geschäftsmodell ist am Ende

Von Marc Friedrich.

Deutschland verliert massiv an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, was Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand kosten wird. Wer soll in Zukunft der Zahl- und Transfermeister in Europa sein, um die EU und den Euro stetig zu retten? 

Die Russland-Sanktionen und Corona-Maßnahmen entfalten ihre volle Wirkung, und zwar indem sie Deutschlands Geschäftsmodell beenden: Der Exportweltmeister ist in die 2. Bundesliga abgestiegen. Der Exportüberschuss hat sich pulverisiert auf nur noch marginale 0,5 Milliarden Euro im Mai. Damit ging der Handelsbilanzüberschuss in den ersten fünf Monaten 2022 um 70,7 Prozent zum Vorjahr zurück. 

Deutschland verliert massiv an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, was Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand kosten wird. Wer soll in Zukunft der Zahl- und Transfermeister in Europa sein, um die EU und den Euro stetig zu retten? 

Italien? Frankreich? Spanien? Spaß beiseite, Deutschland wird es nicht mehr leisten können, wenn man seine industrielle Basis zerstört und keine neue hat. Man hat sich selbst ins Abseits katapultiert durch politische Fehlentscheidungen und Hybris. Die Frage, die sich dann stellt: Werden die EU und der Euro überleben? 

Die Chancen schwinden parallel mit der wirtschaftlichen Zerstörung der deutschen Wirtschaft. Was noch mehr Verwerfungen mit sich bringen würde. Wir sehen also einen Teufelskreis, der sich gegenseitig bestärkt. Eine Lösung ist weit und breit nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. 

Wenn man sich ehrlich machen würde, müsste man zugeben, dass man vor dem Scherbenhaufen einer grandios gescheiterten Energiepolitik steht, die, ideologisch verblendet, auf Teufel komm raus durchgezogen wurde. Während wir abschalten, schalten alle anderen ein. Dass jetzt auch noch die EU mit der Taxonomie Gas und Atom als „grün“ eingestuft hat, ist ein Gong auf die Zwölf und die totale Bankrotterklärung der deutschen Energiepolitik der letzten Jahre. Auch muss man zugeben, dass die Russland-Sanktionen gescheitert sind und uns am härtesten treffen, während Putin mit seinen Gas- und Ölverkäufen so viel Geld verdient wie noch nie. 

Autohersteller Paradebeispiel für den Abstieg 

Wir dürfen nicht vergessen: Deutschland ist abhängig von billigen Rohstoffen und deren Verfügbarkeit. Während wir die Grundlage für unsere Wirtschaft und Versorgungssicherheit verlieren, kaufen andere Länder wie Indien, China, Brasilien und Türkei nur zu gerne die wichtigen Rohstoffe aus Russland ein. Womit wir wieder bei dem Thema Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität wären. Besonders amüsant ist, dass Indien russisches Gas an uns teurer weiterverkauft. Kann man sich nicht ausdenken…

Die einstige Zugpferd der deutschen Wirtschaft, die Autohersteller, können als Paradebeispiel für den Abstieg herhalten. 2021 sank schon die Produktion um 11,7 Prozent, um jetzt im ersten Halbjahr nochmals 2,9 Prozent zum Vorjahr zu verlieren. Ob unsere Autofirmen den Transformationsprozess vollziehen und überleben, steht in den Sternen. Ebenso, ob die mobile Zukunft tatsächlich elektrisch ist und woher der dafür benötigte Strom (von den Rohstoffen fange ich erst gar nicht an) eigentlich kommen soll. Fakt ist: Grundlastfähig sind aktuell weder Sonne noch Wind. 

"What a time to be alive". Dieser englische Spruch ist so wahr wie noch nie, denn wir erleben Geschichte. Ein jeder spürt es: Die Zeitenwende ist in vollem Gange und es bröckelt an allen Ecken und Enden. In Anbetracht dieser Gesamtsituation finde ich es besonders sportlich, dass die deutsche Politik sich jetzt erst mal zwei Monate entspannt in den Sommerurlaub verabschiedet, während wir uns in der größten Krise seit Jahrzehnten befinden, durch Krieg, Inflation, Energiekrise und kaputte Lieferketten – vieles davon haben uns die Sommerurlauber selbst eingebrockt. „Bella Ciao“.

 

Marc Friedrich ist Bestsellerautor und Finanzexperte. Sein neuer Bestseller Die größte Chance aller Zeiten wurde von Buchreport als das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2021 gekürt. Twitter und Instagram: @marcfriedrich7

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Leserpost

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Dr. Knölge / 07.07.2022

Wo ist denn das Problem? Wenn Deutschland nicht mehr zahlen kann, werden eben die benötigten Billionen gedruckt. Das Spiel ist erst zu Ende, wenn der Brennwert der Euroscheine den aufgedruckten Wert überschreitet. Dann kommt die große Stunde der Herrschenden: Es gibt nur noch etwas zu essen für folgsame und kritiklose Menschen, ein Kilo Mehl vielleicht, am Sonntag ein paar Maden, zum Geburtstag geröstete Heuschrecken. Diese Alternativnahrung habe ich mir nicht ausgedacht, schon vor mehr als drei Jahren berichtete die Süddeutsche mehrmals über die zukünftige Ernährung. Lebt heute, es könnte schneller soweit sein als gedacht.

Klaus Keller / 07.07.2022

An Frank Stricker: ...fehlt nur noch dass ein Pferd Senator bzw. Minister wird ... Die SPD machte eine Ziege zum Kanzlerkandidaten*. Das ist doch auch was. Eine Weile her, aber immerhin. * Zitat Matthias Beltz über Rudolf Scharping.

Dr. Günter Crecelius / 07.07.2022

Sehr geehrter Herr Friedrich! Ich habe Ihren Pessimismus zur Kenntnis genommen, kann ihn aber in keinsterer Weise nachvollziehen. Sie nehmen offensichtlich das überaus segensreiche Wirken der größten Kanzlerin der letzten 16 Jahre, die dieses Land je hervorgebracht hat, nicht zur Kenntnis. Gut, es war die einzige, gottseidank, und das relativiert den Superlativ etwas. Aber nun zur Sache. Sie kennen doch sicher das alte, daher vermutlich Nazisprichwort: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Diesem Sprichwort ist die Gottgleiche trotz dem Nazi in vorbildlicher Weise gefolgt, zu unser aller Nutzen, auch Ihrem. So hat die Bundesbank unter ihrer obersten Ägide die Exportüberschüsse in Forderungen von mehr als einer Billion€ gegenüber den überaus potenten Mitgliedern des weltbekannten und bewunderten Clus Med von Athen über Rom, Madrid, Lissabon bis Paris angelegt, gemeinhin TARGET Salden genannt. Darüberhinaus unsere geliebten Freunde. Gut investiertes Geld, das unsere Zukunft sichern hilft. Noch ein Beispiel? Unter ihrer weisen Führung wurde bei Hartz4 eine mehrer Millionen starke Resevearmee von Ingenieuren, Informatikern, Ärzten und weiteren Fachleuten aller Art angelegt, die jederzeit zum Füllen von Lücken zu Verfügung steht und darüber hinaus helfen wird, die aus dem Rückfluß der Target Forderungen zu befürchtende Inflation zu vermeiden, indem sie beim Verbrauch der Billion behilflich sein wird. Muß ich Ihnen mit weiteren Beispielen Ihren Pessimismus verteiben und in Dankbarkeit gegenüber unserer Göttlichen, und nicht zu vergessen der sie getragen habenden Partei vewandeln helfen?

Leo Hohensee / 07.07.2022

@giesemann gerhard - Hallo Herr Giesemann, Sie wissen doch, der Verfall Roms hatte mit einer sagenhaften Überhöhung des Ichs und dem Verfall der Sitten zu tun: Wohlstand wurde übernommen von Vater und Mutter, eine Pflege des Habes, Umsorge, Vorsorge wurde nicht getroffen. Wie heute teilte man sich Rechte zu und verteilte Einflussmöglichkeiten an Günstlinge. Das geschah bis alle satt genug waren, sich für klug und weise genug hielten, um im Sommer die Staatsgeschäfte ruhen zu lassen. - Das ist wohl so ein Zyklus .. Schöngeister, Sie wissen schon, die Radfahrer*innen und Leser*innen sahen in der Geschichte immer mal ein bisschen anders aus. Ach ja, und die, die 2022 “er” sind und dann 2023 “sie”—- 2024 “es” (?) keine Ahnung. beste Grüße

Helmut Kassner / 07.07.2022

Das ist das Markenzeichen linker, kommunistischer und artverwandter Gruppierungen wozu ich die Grünen zähle; erst mal alles kaputt machen und auf den Trümmern eine neue, bessere Gesellschaft aufbauen. Nur ist das bisher nie gelungen. Und was die EU betrifft, wenn man nur noch Staaten aufnimmt die Geldnehmer sind, dann braucht man wahrlich nicht lange warten bis der Laden zusammen bricht. Und natürlich würde ich auch in die EU wollen, wenn es dort Geld gibt. Wann werden aus Geldnehmern Geldgeber? Nie! Man wäre ja schön blöd, wenn man das machen würde.

Lutz Schröder / 07.07.2022

Viele Menschen, die ich so treffe, wollen die Wahrheit einfach nicht wissen, auch nicht die hier beschrieben von Herrn Friedrich. Von Beweisen, wenden sie sich einfach ab. Stattdessen hängen sie, in ihre großen Mehrheit rot/grünen Illusionen an. Wähle auch noch solche Parteien, weil sie nicht “Rächts” sein wollen. Bin mal gespannt, wann sie erwachen? Wahrscheinlich erst, wenn es ans eigene Portemonnaie gehen wird.

Chris Groll / 07.07.2022

@Gerald Weinbehr, kann diesem Kommtar nichts hinzufügen @Robert Wilhelmi: „Dumm nur, dass es über die Jahrhunderte angenehmer gewesen ist, in den uninteressanten, ruhigen Zeiten gelebt zu haben. Aber die Masse wählt sich diese Politik und jetzt heißt es, da mit durchzugehen, selbst wenn man dieses Elend seit Jahren schon kommen sieht und selbst niemals diese Politiker gewählt hat. Man hat das Elend nicht bestellt und bekommt es trotzdem geliefert.“ So sieht es aus. @Albert Martini: „Undemokratischer Standpunkt. Das Volk will es grün und bunt und den sozialistischen “Systemwechsel” und ist stolz auf Lastenrad und Eselskarren. Dass geliefert wurde wie bei der Wahl bestellt, sollte doch eigentlich glücklich machen.“ Sehe ich auch so. @Horst Jungsbluth, auch Sie haben mit allem recht. Auch alle übrigen Kommentare sind in meinen Augen sehr gut.

Leo Hohensee / 07.07.2022

Teil 2/ 2 – weiter mit Sinn „…… Es ist nicht so eine kleine Inflation, es ist bereits eine richtig massive Inflation, die hier unterwegs ist. – Nur der Krieg hat eigentlich verhindert, dass das ein öffentliches Thema geworden ist in dem Umfang, wie es eigentlich diese Zahlen verlangen. Nur der Krieg. - Der Krieg hat es vielleicht noch ein bisschen verstärkt, er ist überhaupt nicht die Ursache! - Das ist ja alles vorher passiert. Der Krieg hat die mediale Aufmerksamkeit anderswo hingelenkt, und gleichzeitig passiert hier dieses Chaos. …. Die Zentralbankgeldmenge im Euroraum vor der Lehman-Pleite belief sich 2008 auf 0,88 Bio €, spricht 880 Milliarden. Diese Menge hatte ausgereicht als Schmiermittel für die Ökonomie.—- Im April 2022 belief sich diese Summe auf 6,2 Bio €. Nach Berücksichtigung von Wirtschaftswachstum und, die baltischen Staaten waren hinzu gekommen, muss man sagen, der Wert aus 2008 ist auf das 6fache gestiegen. So viel Zentralbankgeld ist in Umlauf gekommen, das vorher nicht da war. Man muss sagen, der Unterschied zu 2008 ist alarmierend. – „Die Bereitschaft der Notenbanken, die Staatspapiere unbegrenzt zu kaufen, hat die Schuldenexzesse der Staaten und damit die Inflation befeuert. …. Die EZB hat die Kontrolle über das Preisniveau bereits verloren. Ein totaler Kontrollverlust ist bereits eingetreten.“ Ende Sinn bitte selber anschauen, ich habe verkürzt.

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