Fabian Nicolay / 19.02.2022 / 06:15 / Foto: nzdefenceforce / 90 / Seite ausdrucken

Deutschland schlingert: Steuerbord gegen Backbord

Auf der „Bundesrepublik“ hat man die Erkenntnis über Bord geworfen, dass dem Gewicht auf der linken Backbordseite ein Gewicht auf der rechten Steuerbordseite zugeordnet werden muss, um das Schiff geradeaus und sicher steuern zu können. 

Flugzeuge und Schiffe geraten in Schlagseite, wenn die Ladung verrutscht. Schiffe können kentern, Flugzeuge geraten außer Kontrolle. Es ist wichtig, beim Beladen die Verteilung des Gewichts zu beachten und die Ladung ordentlich festzuzurren. Jeder weiß, dass Gewichte, die einmal ins Rutschen kommen, enorme Impulse entwickeln und es wortwörtlich dann kein Halten mehr gibt. Eine unbefestigte Kanone durchschlägt einfach die hölzerne Bordwand des Kriegsschiffs, darum bezeichnen Engländer Menschen, die ins Abseits der Gesellschaft geraten, weil sie sich nicht unter Kontrolle haben, oder schlicht nicht an Regeln halten wollen, als „loose cannon“, zu deutsch eine Kanone, die sich aus der Verankerung gerissen hat.

Eine demokratische Gesellschaft ist ein Vehikel wie ein Schiff. Alles muss austariert und die Ladung angebunden werden, damit der Kahn bei rauer See nicht ins Schlingern oder in Schieflage gerät und kentert. Die Ladung, das sind die unterschiedlichen Ansichten und Lebensgewohnheiten, die Parteien und Bürger, die Interessenskonflikte und „historischen Verantwortungen“ – einfach alles, was ins Rutschen kommen kann, wenn es nicht durch sinnvolle Regeln und Gesetze angebunden wird. Wenn aber die Leichtmatrosen unter Deck im Frachtraum saufen und Karten spielen, statt die Ladung zu sichern, wird es gefährlich. Oder wenn sie wider besseres Wissen den besinnungslosen Befehlen von der Kommandobrücke folgen und die Ladung einseitig bunkern.

Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Balance und Ausgewogenheit

Deutschland hat seit Jahren Schlagseite. Unter Deck wird lieber an Backbord beladen als an Steuerbord, weil das als schick und moralisch richtig gilt. Auch die Offiziere und der Kapitän weigern sich, das, was sie auf der Nautik-Schule über die Beladung eines Schiffes gelernt haben, anzuwenden, weil sie ihre Haltung dem Praxiswissen vorziehen. Nun hängt das Schiff mit Schlagseite im harten Wind, den Wettern ausgeliefert, aber die Mannschaft ist zufrieden, weil ja nur das Schiff ein Haltungsproblem hat. Alle folgen der neuen nautischen Moral, wonach Steuerbord kein guter Stauraum ist und das Beladen dieser Seite schlechtes Ansehen bringt.

Selbst der Kapitän meint, verantwortungsvoll zu handeln, wenn er die Steuerbordseite beim Austarieren seines Schiffs nahezu leer lässt. Es ist wichtiger, der nautischen Mode zu folgen als der nautischen Tradition. Also ist die Schlagseite das kleinere Übel. Viel schlimmer wöge der Vorwurf, der Steuerbordseite zu viel Gewicht gegeben zu haben. Sein Ruf wäre ruiniert, wenn herauskommt, dass er Ballast auf der rechten Seite des Schiffs hat anbinden lassen.

Die Mannschaft des Handelsschiffs „Bundesrepublik“ kann auf keine lange nautische Tradition zurückgreifen. Auch für so Grundlegendes wie die Gewichtsverteilung im Laderaum brauchte man nach dem Krieg zunächst Handlungsanweisungen von erfahrenen Seefahrernationen. Das ging ein paar Jahrzehnte gut, bis in der Mannschaft ein tiefer Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Balance und Ausgewogenheit zu nagen begann. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Navigation in bestimmten Fahrwassern wie von selbst funktioniert, wenn man dem Schiff schon ladungsseitig einen ordentlichen Drall verschafft. Bei guten Wettern war das lange kein Problem, doch ein Sturm zieht nun auf.

Irrationaler, seemännischer Sinneswandel

Auf der „Bundesrepublik“ hat man die Erkenntnis über Bord geworfen, dass dem Gewicht auf der linken Backbordseite ein Gewicht auf der rechten Steuerbordseite zugeordnet werden muss, um das Schiff geradeaus und sicher steuern zu können. Man will ein anderes Fahrwasser vorgeben und hält das Schiff unnötig in starker Krängung. Das Wasser schwappt an Backbord bereits über die Reling. Und je stärker der Wellengang tobt, desto mehr droht Wasser in die Ladeluken auf Deck zu schwappen.

Doch woher kommt dieser irrationale seemännische Sinneswandel, den weite Teile der Mannschaft und der Kommandobrücke ergriffen hat? Ein Großteil der Seefahrer fühlt sich seit einiger Zeit unwohl auf der Steuerbordseite des Schiffs. Seit die Matrosen und Offiziere angewiesen wurden, dass der Begriff „Steuerbord“ nur noch als Schimpfwort zu verwenden sei, haben moralische Bedenken Vorrang vor nautischen. Teile der Mannschaft nehmen es lieber in Kauf, diese Seite gar nicht mehr zu betreten, was fatale Folgen für die Instandhaltung der Steuerbordseite zur Folge hat. Das Schiff ist ein geteiltes, es glänzt an Backbord in voller Pracht und verrottet zugleich an Steuerbord. Die Planken rechts sind morsch, Werg und Pech in den Ritzen sind löchrig. Bald laufen dort die Schotten voll. Dann geht die linke mit der rechten Hälfte unter.

Es ist mehr als ein Problem, wenn alles, was nicht zum linken Denk-Kosmos passt, als diskussionsunwürdig abgetan wird, indem es schlicht als „rechts“ bezeichnet wird. Dieses Wort ist in Deutschland ein für allemal erledigt. Es ist die generalverdächtige Klinge, mit der jeder Kontrahent erledigt wird, der stört. Kein Mensch, der im herrschenden Milieu was werden will, möchte sich rechts der Mitte verorten lassen. Der Bannfluch der deutschen Moderne hat sechs Buchstaben, er ist die Wunderwaffe der aseptischen, diskursbereinigten Moral. „Rechts“ scheint alles morsch, schwammig, verödet, vergiftet. Doch aus der Schieflage kommt die „Bundesrepublik“ nur heraus, wenn man den Matrosen und Offizieren wieder gestattet, sich unbeschadet ihres Ansehens an Steuerbord aufzuhalten, die Ladung dort festzuzurren und das Schiff in Schuss zu halten. Backbord und Steuerbord. So einfach ist das.

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Leserpost

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Arne Ausländer / 19.02.2022

Auch wenn es wohl einige Zeit der Umgewöhnung bedarf, die Begriffe rechts und links taugen einfach nicht als Beschreibung politischer Ausrichtung. Das sollten sie wohl auch nie. Als Jonathan Swift in Gullivers Reisen den “ernsten” Konflikt zwischen Lilliput und Blefuscu um die korrekte Art, die Frühstückseier zu öffnen, beschrieb, hieß das noch nicht rechts und links - und der Schwachsinn drohte, zu deutlich zu werden. Dann mit der Französischen Revolution war man auf den Rechts-Links-Trick gekommen. Er hielt sich über 200 Jahre trotz aller Irritationen. Wie z.B. 1940 als britische Kommunisten gegen die bösen Kriegsanstrengungen gegen Hitler argumentierten (bzw. argumentieren mußten): Stalin hatte ja den “Vertrag über sowjetisch-deutsche freundschaft und Zusammenarbeit” geschlossen, antifaschistische Propaganda war tabu. Aber das Gedächtnis der meisten ist kurz.—Seit es bei den Menschen dauerhafte Hierarchien gibt, ist der entscheidende Konflikt zwischen oben und unten. Genauer: Existieren die einfachen Menschen zum Wohle des Großen und Ganzen bzw. der Herrschenden - oder sollen die oberen Ebenen der Allgemeinheit dienen? In der aktuellen Corona-Welt geht es genau darum. Wir bräuchten aber etwas griffigere, massentauglichere Begriffe als einfach oben versus unten. Obwohl dies - als Provisorium - immerhin inhaltsvoller ist als links versus rechts. Je weiter unten der Schwerpunkt beim Schiff ist, desto geringer die Gefahr des Kenterns. Böse, staatsfeindliche Physik!

Heinrich Bleichrodt / 19.02.2022

Sehr gut. Inhaltlich. „Linkes Backbord“ gibt es genausowenig wie „rechtes Steuerbord“. So als Fußnote.

Maria Czerny / 19.02.2022

Ich stehe gerne rechts! Schon der Semantik des Wortes wegen. Es ist doch schön, etwas Rechtes gelernt zu haben und immer etwas Rechtes zu tun oder ge-recht zu sein. Auch für das Recht einzutreten ist etwas Gutes. Und wer möchte nicht, dass Recht und Ordnung im Staate herrscht? Dagegen ist links schon etwas negativ konotiert. Wenn zum Beispiel jemand ge-linkt wird oder er sich linkisch gibt, ist das nicht so erwünscht. Auch ein linker Typ ist nicht das, was man sein möchte. Also, wenn es Ihnen auch so geht, seien Sie stolz und bleiben Sie immer auf der rechten (richtigen) Seite ;-))

Thomas Schmied / 19.02.2022

Hinzu kommt noch, dass Personen, die erklärtermaßen mit dem Schiff “nichts anfangen können” und sogar ihre Verachtung für das Schiff bereits geäußert haben, nun, oft ohne jegliche Qualifikation, zu Offizieren erklärt wurden, üppigst unser Geld kassieren und auf der Brücke den Ton angeben dürfen. Die Bedienungsanleitung dieses eigentlich gut konstruierten Schiffes, mit all ihren Grenzwerten und Sicherheitsvorschriften, wurde schon von der letzten Besatzung ignoriert oder ganz außer Kraft gesetzt. Der neue Sicherheitsbeauftragte hat sogar zugestimmt, das einige Rettungsringe über Bord geworfen wurden. Wer sich über dies alles laut Sorgen macht, weil er nun mal von diesem Schiff nicht so einfach abspringen kann, gilt als “Demokratieverächter” oder Schiffsfeind oder sonstwas.

Günter H. Probst / 19.02.2022

Es gibt schon lange kein Handelsschiff “Bundesrepublik” mehr. Was es gibt, ist ein Mitteleuropäisches Siedlungsgebiet, für Jeden offen, auf mehrfachem Weg zu BIG BROTHER. Den Hintergrund für die 1984 Diktatur bildet ein ewiger Krieg. Im Mitteleuropäischen Siedlungsgebiet ist das der nie endende “Kampf gegen Rechts”. Die Auseinandersetzung der politischen Parteien um den richtigen Kurs ist ersetzt durch das Parteienkartell der Corona- und KlimaFront, die rechts und links außer Kraft gesetzt hat. Damit ist zugleich der Wahlakt zu einer Scheinveranstaltung degradiert. Die vom Kartell erfundene Formel, daß jede demokratische Partei, vor allem die Sozialisten, Maoisten und Stalinisten, mit jeder anderen demokratischen Partei, vor allem den traurigen Christen und Opportunisten, Koalitionen eingehen können, schließt jede wirkliche Opposition aus. Das Mitteleuropäische Siedlungsgebiet wird aber nicht an BIG BROTHER scheitern, sondern daran, daß der richtige Kurs der Corona- und KlimaFront der falsche ist.

Fritz Dieterlein / 19.02.2022

Schon seltsam, egal wer das Schiff steuert, die Besatzung wurde ja schon gewechselt. Der Kurs hat sich nicht geändert. Dann kann es nur an den grundsätzlich falsch programmierten Koordinaten liegen. M.f.G.

Andreas Rochow / 19.02.2022

Wie wäre es mit dem Bild der deutschen Eiche: tief verwurzelt in heimischem Boden, Lebenserwartung um die 1000 Jahre, ein halbes Jahr als grüner CO2-Fresser und O2-Spender tätig (Trittin: “Die Eiche schickt keine Rechnung.”), unabhängig von fossilen Brennstoffen und im wahrsten Sinne NACHHALTIG, so man zeitversetzt weitere deutsche Eichen angebaut hat, die erst nach jeweils 1000 Jahren geerntet werden. Keinem ehrbaren Förster würde einfallen, die tiefe Verwurzelung im heimatlichen Boden zu verwünschen. Auch der Schlagseite nach links widersetzt sich die Natur hartnäckig. Da bleibt den Feinden von Balance und Stabilität nur die totale Zerstörung aka Große Transformation. Merkel lädt deswegen die Grundgesetzhasser zur antidemokratischen “Großen Transformation” ein (einem “wissenschaftlichen” Flitz der globalistischen Neueweltordner) und wird das unvermeidliche und lebensgefährliche Gemetzel vom Balkon ihrer steuerfinanzierten Luxus-Seniorenresidenz genießen, falls sie nicht doch noch hinter Gitter kommt. Möge es nicht mehr allzu lange dauern! Weltveränderer und Weltretter träumen sich die marxistischen Visionen schön, weil sie die Wirklichkeit kommunistischer Leichenberge immer ausgeblendet haben.

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