Manfred Haferburg / 31.01.2023 / 06:00 / Foto: DTRA / 57 / Seite ausdrucken

Deutschland zahlt 558 Millionen für russischen Atom-U-Boot-Friedhof

Insgesamt 558 Millionen Euro an deutschen Steuergeldern flossen bisher in die Errichtung der weltgrößten Anlage für die Entsorgung radioaktiven Atommülls in einer der nördlichsten Ecken Russlands. Deutsche Ingenieure haben gute Arbeit geleistet, aber wie sinnhaft ist diese Entwicklungs-, respektive Entsorgungshilfe?

Wissen Sie, wo Murmansk liegt? Etwa 2.000 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt, im hohen Norden von Russland, noch 1.500 Kilometer von Moskau entfernt. Bis zu Norwegens nördlichster Grenze sind es 150 Kilometer.

Dort gibt es einen riesigen Friedhof für ausgediente russische Atom-U-Boote. Eine große Anzahl von ihnen dümpelten und rosteten im eiskalten Wasser der Barentssee vor sich hin, bis sich der deutsche Steuerzahler zu Beginn der 2000er Jahre erbarmte und anfing, Hilfe für die Entsorgung der Schiffsreaktoren und der kontaminierten Schiffsanlagen zu leisten. Auch andere G8-Staaten unterstützten das Projekt, doch mit den Vorreitern von der ehemaligen Deutsch-Sowjetischen Freundschaft konnten sie nicht mithalten.

Konkret ging es darum, von den vorhandenen 250 Atom-U-Booten etwa 230 abzurüsten, stillzulegen und geordnet zu entsorgen. Daneben waren diverse Stützpunkte zu schließen und die dort vorhandenen radioaktiven Materialien sicher zu entsorgen.

Deutschland sagte seine Beteiligung an der „Globalen Partnerschaft“ (GP) mit bis zu 1,5 Mrd. US-Dollar an drei Programmen zu: 

1. Entsorgung der russischen Atom-U-Boote (300 Millionen Euro Phase 1 plus 300 Millionen Euro Phase 2), 

2. Chemiewaffenbeseitigung (ca. 300 Millionen Euro) sowie 

3. Verbesserung des physischen Schutzes von Nuklearmaterial (ca.170 Millionen Euro). 

Offenbar interessiert sich in Deutschland kaum ein Journalist dafür

Das Bundeswirtschaftsministerium BMWI veröffentlichte dazu in aller Transparenz einen „Abschlussbericht über das Deutsch-Russische Projekt Sichere Entsorgung von Atom-U-Booten der Russischen Föderation Berichtszeitraum: Oktober 2003 – Dezember 2016“. Doch ganz offenbar interessiert sich in Deutschland kein Journalist für so ein durch und durch gelungenes Projekt.

Das BMWI bediente sich bei der Umsetzung des Projektes der EWN GmbH, einer Organisation, die ursprünglich für den Rückbau des ostdeutschen Kernkraftwerks Greifswald zuständig war. Das machte Sinn, da in der EWN einschlägige Erfahrung und Personal mit Russischkenntnissen vorhanden war. Es lohnt, einen Blick in das verlinkte Dokument des BMWI zu werfen, da es reich bebildert ist.

Was waren die wichtigsten Aufgaben, die das BMWI den „deutschen Genossen“ zuschrieb?

  1. Ingenieurtechnische Planung und Realisierung des Projekts. 
  2. Verantwortliche Projektleitung von deutscher Seite unter Sicherung der Terminziele und unter Einhaltung des Kostenrahmens. 
  3. Zusammenwirken mit allen fachlich Beteiligten und Koordinierung aller fachlich Beteiligten, insbesondere auch hinsichtlich der russischen Organisationen zur Projektbegleitung. 

Wie wurde bei der Entsorgung der russischen Atom-U-Bootswracks vorgegangen? Die „Entsorgung“ der U-Boote erfolgte im Wesentlichen in vier Etappen: 

  1. Entwaffnung war nicht Bestandteil des deutschen Projektes. Erfolgte durch Russland. 
  2. Entladung von Kernbrennstoff war nicht Bestandteil des deutschen Projektes. Erfolgte durch Russland. Kernbrennstoff wurde in die Wiederaufbereitungsanlage „Majak“ im Ural verbracht. 
  3. Zerlegung der Atom-U-Boote. Erfolgt auf verschiedenen Werften in Russland. Wird/wurde finanziert von Russland, Deutschland und weiteren Staaten. 
  4. Formierung von Reaktorsektionen. Erfolgt bei SRW „Nerpa“ und teilweise auf der „10. Marinewerft“ in Poljarnyj. Wird/wurde finanziert von Russland, Deutschland und weiteren Staaten.

Das heißt, dass nach dem Entladen der Reaktoren die U-Boote in Sektions-Scheiben geschnitten, die Scheibenenden mittels Trennwänden zugeschweißt, sandgestrahlt und farbbeschichtet werden und diese dann auf einer Betonfläche im Freien gelagert werden.

Zusätzlich wurde ein Entsorgungszentrum für niedrigaktive metallische Materialen aufgebaut, zur Zerkleinerung, Dekontamination und Verpackung des radioaktiven Materials in Fässer. Die gigantische Anlage ging 2015 in Betrieb.

Darüber hinaus wurden deutsche Schwerlasttransportsysteme auch für radioaktiven Abfall und All-Terrain-Mobilkräne nach Wladiwostok und nach Kamtschatka geliefert.

Weltgrößte Anlage für die Entsorgung radioaktiven Atommülls

Wenn man die Sinnfälligkeit das Bezahlens einer solchen Entsorgungsanlage in Russland mit einer guten halben Milliarde deutschen Steuergeldes nicht hinterfragt, muss man sagen, dass die deutschen Ingenieure in Murmansk einen guten Job gemacht haben. In Zusammenarbeit mit der deutschen Regierung entstand so in der eiskalten russischen Bucht die bis dato weltgrößte Anlage für die Entsorgung radioaktiven Atommülls, dessen ungewollte Verbreitung aber wohl das tausende Kilometer entfernte Deutschland nimmer erreicht hätte. Die Lagerkapazität der Entsorgungsanlage beträgt 100.000 Quadratmeter. Auch wurden die russische „Nerpa-Werft“ und die „Marinewerft Nummer 10“ ertüchtigt sowie die Saida-Bucht ökologisch saniert. Immerhin ist das Ganze für die Russen und Norweger gut. Und für die Abrüstung.

Am 18. Juli 2006, kurz nach dem Ende der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland, eröffnete der damalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) den ersten Teil des Projekts, von der Öffentlichkeit weitestgehend unbeachtet. Auch eine Delegation des Deutschen Bundestages reiste zur Einweihung im Jahre 2011 hin. Dies erfolgte von der Öffentlichkeit noch weniger beachtet. Wie auch – die Medien hatten doch glatt vergessen, darüber gebührend zu berichten.

Insgesamt 558 Millionen Euro an deutschen Steuergeldern flossen bisher in die Errichtung der weltgrößten Anlage für die Entsorgung radioaktiven Atommülls in einer der nördlichsten Ecken Russlands.

Seit Februar 2022 hat die „deutsche Delegation“ keinen Zutritt in Murmansk mehr, da Rosatom alle Projekte im Sinne des Wortes auf Eis gelegt hat. Zum Glück hat Deutschland ja noch die Volksrepublik China, wo die deutsche Regierung eine halbe Milliarde Euro Entwicklungshilfe hin überweisen kann. 

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Dieter Grimm / 31.01.2023

Im mathematischen Sinne kann diese Zustände wie folgt erklären. Je mehr diese korrupte Merkelregierung CDU/SPD und heute die kranken Grün/Sozialisten das Geld der deutschen Steuerzahler weltweit verschwenden um so länger werden die Schlangen an den Tafeln. Mit jeder verschenkten Milliarde wird die einheimische, steuernzahlende Bevölkerung immer weiter in Armut und Elend gestürzt. Aber der Wähler wollte es so.

Boris Kotchoubey / 31.01.2023

Ich fand im Artikel nur einen Fehler: Das Eismeer um Murmansk ist eben NICHT “eiskalt”. Der Golfstream reicht dorthin, also gibt es in der Nähe von Murmansk niemals Eis, auch im Januar nicht.

Carola Beggenstruth-Wangombo / 31.01.2023

Naja, immerhin wurde aber auch kräftig in Deutschlands Zukunft investiert und das Kindergeld um 15 (fünfzehn) Euro erhöht. Irony off.

Hans-Peter Dollhopf / 31.01.2023

Das Verständnis russischer Korruptionsketten mit seinem nuklearen Potenzial ist post-sowjetisch. Alles müssen sie vom Westen bekommen.

Tina Kaps / 31.01.2023

Unter dem FOCUS-Artikel („Putin will den Krieg in die Länge ziehen – und könnte genau daran scheitern“) fand sich ein überaus lesenswerter Kommentar Ihres Namensvetters, sehr geehrter Herr Haferburg. Falls Sie es selbst waren möchte ich Ihnen für die präzise Einordung danken. Und ausdrücken wie außerordentlich schade es ist, dass diese Worte nicht auf der Achse zu finden sind.

Gus Schiller / 31.01.2023

@Gerhard Bleckmann: Unsere Vorbilder sind Venezuela und Nord Korea. Dafür tun wir alles, koste es was es wolle.

Sam Lowry / 31.01.2023

Wussten Sie schon, dass man eine 24-Meter-Lichterkette (mit FB) nie wieder in den Original-Karton einpacken kann? Das gilt auch für russische Atom-U-Boote.

Thomin Weller / 31.01.2023

J. Ackermann feierte im Kanzleramt auf Steuerzahlerkosten private Partys mit illustrer Gesellschaft wie Blackrock. Da boten sich wohl bestimmte Geschäfte an. Merkel, auf ihrem Schreibtisch ein Vor-Bild die russischen Zarin, war schon immer hilfreich siehe Wirecard und mehr. Panama Papers und andere zeigen das Ausmaß. So ist es nicht verwunderlich “von 2012 bis 2014 sollen bis zu zehn Milliarden Dollar in Russland über die Deutsche Bank gewaschen worden sein.” Da sind doch 558 Milliönchen der Steuerzahler als Kompensation locker möglich. Ich werde von politischen Schwerstverbrechern regiert. Trifft es noch zu das China der Hauptaktionär der Deutschen Bank ist? Die Aktionäre feiern eine bombige Stimmung während Soldaten und Zivilisten sterben.

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