Deutschland nicht lernfähig

Von Max Zimmer.

Am 6. Juni 1944 landeten in drei Landungsabschnitten in der Normandie über 120.000 Soldaten britischer, kanadischer und US-amerikanischer Bodentruppen, unterstützt von heftigen Luftangriffen und vielen tausenden Fallschirmjägern. Der Atlantikwall zerbrach nach blutigen Kämpfen unter dem Angriff der Allierten, und die Befreiung Europas vom nationalsozialistischen Grauen konnte beginnen.

Dieser Tag steht symbolisch für die Niederlage von Nazi-Deutschland gegen die westlichen Demokratien, die das NS-Regime neben dem “jüdischen Bolschewismus“ im Osten bis zu seinem Niedergang als den ideologischen Todfeind Deutschlands propagiert hat. 

Damals ging Deutschland in seinem extrem übersteigerten Nationalismus einen fatalen Alleingang und stellte sich gegen alle anderen, von Los Angeles bis Sewastopol. Heute wird die anti-westliche Basis des Nationalsozialismus oft genauso gern verkannt wie dessen antikapitalistische Auswüchse. 

Die NS-Ideologie zeichnete sich vor allem durch einen brennenden Hass auf die “westlichen Plutokratien“ aus, die laut den Nazis seit Versailles versuchen würden, Deutschland ihr “widerliches System der Demokratie“ aufzuzwingen. Die Nazis waren sozusagen die Ersten, die sich gegen Amerikas angeblich hegemoniale, als Regime Change Politik verpönte Demokratisierung gestellt haben, was sie bis heute mit den linken und kommunistischen Kräften eint.

Adenauer verfolgte die Politik der Westbindung

Der Antisemitismus der Nazis äußerte sich damals genauso wie der moderne Antisemitismus in dem Glauben an eine “jüdische Ostküste“ in den USA, wohlhabende jüdische Bankiers oder auch “Zionisten“, die von dort aus über die Hochfinanz die amerikanische Regierung kontrollieren würden. Was damals zu Propagandafilmen wie “Die Rothschilds“ oder “Jud Süß’“ und schlussendlich der Shoa geführt hat, geistert bekanntlich noch heute als leicht abgeänderte Verschwörungstheorie durch das Internet.

Die Nationalsozialisten sahen die westlichen Demokratien, die Vereinigten Staaten und selbstverständlich Großbritannien also als ihre Feinde, gegen die sie sich in ihrem Größenwahn behaupten wollten.

Nach dem Krieg und der Gründung der Bundesrepublik schien Deutschland aus der Geschichte gelernt zu haben. Adenauer verfolgte die Politik der Westbindung, Deutschland brachte die europäische Einigung voran, versöhnte sich nach Jahrzehnten der “Erbfeindschaft“ mit Frankreich, trat der NATO bei und stand nun zum ersten Mal in der Geschichte als westliche Demokratie mit anderen westlichen Demokratien zusammen. Diese Westbindung trat als Erfolgsrezept aus der Geschichte hervor, die DDR zerbrach und wurde zum Teil der Bundesrepublik – und Deutschland schien sich als gleichberechtigtes Mitglied der Völkerfamilie etabliert zu haben.

Nach Jahrzehnten der Freundschaft und des Friedens scheint die Erinnerung daran zu verblassen. In Deutschland grassiert ein neuer Nationalismus, versteckt als Anti-Nationalismus. Während alle westlichen Nationen die Demokratie leben, eine lebendige Streitkultur pflegen, wirkliche Wahlen mit entsprechenden Ergebnissen haben und den Weg des Liberalismus gehen, herrscht in Deutschland ein schlafender Konsens seit 15 Jahren. Mit Merkel hat Deutschland eine Dauerregentin, und alle etablierten Parteien haben sich zu einer “Anti-rechts-Front“ vereint, um gegen die “Demokratiefeinde der AfD“ vorzugehen. Es herrscht eine Hypermoralität in diesem Land, die jeden Diskurs erstickt, und alle Kritiker des Zeitgeistes zu diskreditieren versucht. 

Europa als ein Großdeutschland

Passend zu dieser Grundstimmung richtet sich Deutschland auch immer mehr gegen die einstigen Verbündeten im Westen. Weil die Briten, Franzosen und Amerikaner nicht den grünen deutschen Sonderweg mitgehen, gegen die EU-Romantik und den Linksruck agieren und nicht sonderlich mit der Agenda des deutschen Mainstreams konform gehen, werden sie medial und gesellschaftlich wieder zu Feinden degradiert. So heißt es, Deutschland müsse sich von Amerika “unabhängiger“ machen, Europa müsse “konkurrenzfähiger“ werden und sich gegen die USA und China behaupten. 

Deutschland dominiert die EU und will die EU zum Bollwerk gegen die USA und Großbritannien machen. Gleichzeitig wollen große Teile der französischen Gesellschaft raus aus den Ketten der EU, sie wollen nicht mehr nach Deutschlands Nase tanzen müssen. Der im weitesten Sinne linke Mainstream hat sich auch von der wirklichen europäischen Idee entfernt: Europa gilt nur, wenn es nach deutsch-grünen Interessen geht. Es ist weniger Europa als ein Großdeutschland, was die selbsterklärten Europäer anstreben. 

Die Situation ist angesichts des Jubiläums so grotesk, dass es fast schon wieder witzig ist. Die EU wird nach deutschem Willen geformt, viele andere Länder fühlen sich besetzt, und die USA und Großbritannien sehen von außen zu. Die Linken skandieren “Nie wieder!“ und gucken in Richtung AfD. Ich gucke kritisch auf die aktuelle Politik und frage mich, ob das wirklich „aus der Geschichte lernen“ sein soll. 

 

Max Zimmer (17) ist Schüler und veröffentlichte diesen Beitrag zuerst auf dem Schülerblog Apollo-News.

Foto: Christian Engels / Frankfurter Klasse

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M. Simon / 06.06.2019

Junger Autor: Toller Text! Aber sicherlich wird es einige Reaktionen von denen geben, die es den Allierten immer noch nicht verzeihen können, dass sie uns befreit haben… Achgut-Redaktion: Schönes Foto :-)

Olli Böhmer / 06.06.2019

Immer diese Loblieder auf die Demokratie. Ich wurde dem gerne entgegnen, dass Adolf Hitler demokratisch gewählt wurde, und er in einer Nicht-Demokratie keine Rolle gespielt hätte. Darüber hinaus ist der Anti-Nationalismus, den Sie beklagen, in einer demokratischen Umgebung gewachsen, und bedient sich der demokratischen Mittel. Demokratie scheint also durchaus auch mal negative Dinge hervorzubringen. Dies ist ebenfalls in den anderen westlichen Demokratien zu beobachten. In England wird man eingesperrt, wenn man sich abfällig über Muslime äußert - Ihre Äußerung zur Streitkultur ist daher ziemlicher Bullshit - und in Frankreich sind Massenproteste und Massenobdachlosigkeit. Die Hälfte der EU-Länder haben so viel Kohle umverteilt, dass sie pleite sind. Die Demokratie in den USA hat jeden Rückhalt verloren - die eine Hälfte der Bevölkerung, weil Orange-Man-Bad am Drücker sitzt, und die andere Hälfte hat Orange-Man-Bad ins weiße Haus gewählt, weil sie davor schon nicht mehr an ihr System glaubten. “Drain the Swamp” war nicht umsonst einer der Wahlkampfslogans. Dummerweise gibts nur keine Alternative zum vorhandenen System. Merkel und Westeuropa sind derzeit eher noch auf einem globalistischen Elitistischen Pfad, der in Opposition zum nationalistischen Populismus ist. Und wo die eine Seite wächst, da wachsen auch ihre “Gegner”, was bedeutet, dass man den Glauben an die Zuverlässigkeit und Stabilität westlicher Demokratien im Klo runterspülen kann. Darüber hinaus fühle ich mich als antisemitischer Verschwörungstheoretiker, weil ich der festen Überzeugung bin, die US-Politik, des US Bankensektor, Hollywood, deren Medienbetriebe, sowie deren Universitäten - insbesondere in den Sozialwissenschaften - würden überproportional viele Juden beschäftigen. Allerdings gibt es belastbare Statistiken, die dies bestätigen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich es als beleidigend empfinde, wenn Sie belastbare Zahlen als Verschwörungstheorie abtun. Anständige Menschen tun sowas nicht.

sybille eden / 06.06.2019

Großartige Bestandsaufnahme Herr Zimmer ! Ich habe glaube ich, den entscheidenden ” Knackpunkt” der Abwendung von der Anglo-amerikanischen Kultur, die lange als Leitkultur fungierte, ökonomisch und kulturell, miterlebt. Es war der Nachrüstungs ,b.z.w. Doppelbeschluss der NATO, den Helmut Schmidt damals anno 82``durchsetzte. Da brannten der Links-Grünen “Bewegung” alle Sicherungen durch. Auch ein Helmut Kohl war kein Freund der Amerikaner und Briten, und schon garnicht der Politik von Reagen oder gar Thatchers! Er stand dieser Reformpolitik, (weg vom Sozialismus) äusserst feindlich gegenüber. Der amerikanisch-britische Liberalismus waren ihm zeitlebens fremd. Dies waren schon mal die Basics für die heutigen Verwerfungen ! Eine Merkel fand schon mal einen fruchtbaren Boden für ihr Handeln vor. Natürlich war der Sozialist Obama ein Komplize in der irrigen Annahme; er sei der Vertreter des amerikanischen Volkes, und nicht die Marionette eines Linkskartells der “Demokratischen Partei” und ihrer Medien. So hat die alte deutsche Sehnsucht nach einem Sonderweg mit der Hegenomie innerhalb Europas wieder Fuss fassen können. Einen Fotschritt gibt es aber, man will nicht mehr die Welt erobern. Oder doch ?

Martin Lederer / 06.06.2019

In einem der letzten Presseclubs, in dem sogar 2 normale Diskutanten waren, rief eine erregter Zuschauerin an und sagte: “Die Europäer müssen zusammenhalten, um Trump zu bekämpfen!” Einer der vernünftigen Gäste im Studio sagte: Das ist die typische deutsche Sicht. Andere Länder in der EU sehen es ganz anders. Wie soll das gehen, dass alle “zusammenhalten” und sich alle an die deutsche Sicht halten sollen? Das ist der Grundfehler der deutschen “Gutmenschen”. Sie stellen sich Europa und die Welt als so eine Art “Großdeutschland” vor. Nach dem Motto “Wir sind doch alle Menschen.” gehen sie stillschweigend davon aus, dass alle so denken wie die deutsche Einheitsmeinung. Andererseits wird dank deutscher Qualitätsmedien diese Blase aufrechterhalten mit: “ALLE halten Trump für blöd.”, “ALLE halten die rechte Regierung in Israel für ganz schlimm.”, “ALLE halten die Regierungen von Ungarn und Polen für diktatorisch.”, “ALLE bewundern Deutschland für seine humanitäre Haltung zu den Flüchtlingen.”, “ALLE bewundern Deutschland für seine tolle Energiewende.” usw.

Lars Schweitzer / 06.06.2019

Um aus der Geschichte zu lernen, muss man sich zunächst einmal ohne ideologische Scheuklappen mit ihr beschäftigen. Tut man es, landet man bei Ihrer Einschätzung. Unsere Politik zieht es hingegen vor, dies zu verweigern, aus dem Geschichtsbuch werden nur die Versatzstücke zusammengeklaubt, die ins Konzept passen. Und auch dafür finden sich geschichtliche Parallelen.

Michael Stoll / 06.06.2019

Ein sehr guter Artikel, dem ich vollkommen zustimme. Deutschlands Regierung und die regierungsnahen Medien kämpfen in ihrem Größenwahn schon wieder gegen den Rest der Welt. Diesmal nicht mit militärischen Mitteln, zum Glück ist die Bundeswehr nur bedingt kampffähig, sondern mit Belehrungen und Bevormundungen. Wenn Merkel irgendwann mal geht, hinterlässt sie nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch einen Scherbenhaufen. Aber wenn man sich die letzten Wahlergebnisse ansieht, könnte es nach ihr noch schlimmer werden. Noch ein Wort zur Parteienlandschaft: Linke und Linksradikale liegen dicht beeinander, die Übergänge sind fliessend. Rechte (im Sinne von konservativ=das Gute bewahren) und Rechtsradikale (National-Sozialisten) trennen Welten, sie haben nichts miteinander zu. Die allmächtigen linken Medien stecken seit 1968 alles in den selben Topf (rechts = rechtsradikal), deshalb haben es Konservative so schwer und wir hatten eine langsame aber stetige Verschiebung nach links. Was vor wenigen Jahren noch Konsens war, gilt heute als rechts oder gleich als rechtsradikal. Historisch sind die Nazis eine Abspaltung der Linken, sie haben sich dann in die rote Fahne, statt Hammer und Sichel, ein Hakenkreuz reingemalt. Deshalb ähneln sich die Links- und Rechtsradikalen auch so, sowohl in ihrem Aussehen (Springerstiefel mit roten statt weißen Schnürsenkeln), als auch in ihren antidemokratischen Aktionen. Hitler war 1919 Aktivist (würde man heute sagen) der Münchener Räterepublik (Räte: auf russisch Sowjet), deren Ziel die Errichtung eines kommunistischen Staates nach sowjetischem Vorbild war. Er war Mitglied der Roten Armee (kein Witz!), so nannte sich der militärische Arm der Münchener Räterepublik.

Karl Krumhardt / 06.06.2019

Ganz genau! Schöner Artikel, Herr Zimmer! Von einem gesunden Patriotismus, wie wir ihn zum Teil noch in den USA sehen, sind wir leider weiter weg denn je…

zsolt Hüter / 06.06.2019

Lieber Herr Zimmer, ich bin 50 Jahre älter als Sie, habe einen ungarischen Migrationshintergrund und lebe seit meinem 9ten Lebensjahr in Deutschland. Ihre Aussagen sind sehr pointiert formuliert, aber decken sich mit meinen Erfahrungen. So um die Jahrtausendwende - also als Sie geboren wurden - war ich kurze Zeit optimistisch, dass Deutschland sich mit bescheidenem Selbstbewusstsein in die EU einordnen wird. Heute ist mein Optimismus dahin und ich fühle mich zunehmend fremd. Wenn Deutschland meint die ganze Welt durch Ermahnungen und seine Handlungen (man will seine Dinge nicht so gut als möglich machen, sondern fast immer “Vorbild” sein. Welche Überheblichkeit!) belehren zu wollen und zu können, ist das für mich ein Zeichen, dass man sich in der Tiefe seines Herzens als Übermensch, also den Anderen qua Geburt überlegen fühlt. Langsam frage ich mich, ob das nationalsozialistische Konzept des Übermenschen rein zufällig in Deutschland auf so fruchtbaren Boden fiel.  Was ich von Ihnen gelernt habe ist, dass man sich nicht weigern soll einem Menschen nur wegen seiner Jugend, nicht zuzuhören. Das werde ich sowohl bei Greta - die mir unsympathisch ist, und deren Meinung ich nicht teile, als auch bei Ihnen beherzigen.

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