Josef Bayer, Gastautor / 19.02.2019 / 15:00 / Foto: VOA / 24 / Seite ausdrucken

Deutschland ist für alle da!

Von Josef Bayer

Irgendwie hätte man damit rechnen müssen, aber das Wegschauen in diesem unserem Land hat solch gravierende Züge angenommen, dass man immer erst dann aus seinen Träumen erwacht, wenn die Realität schon von den Ereignissen überrollt worden ist.

Deutsche IS-Kämpfer in Syrien? Ja, davon hatte man gelegentlich schon mal gehört. Aber dass diese dort eines Tages besiegt und – wenn sie ihre Festnahme überlebt haben – in ihre Heimat zurückkehren könnten, wer hätte sich das im Traum einfallen lassen? War doch die Weiterverwaltung von Terroristen der Kompetenz der Amerikaner überlassen. Aus der sicheren Entfernung dann über Guantanamo zu jammern, war von je her angenehmer, als sich selber die Hände schmutzig zu machen.   

Aber leider haben sich die Zeiten geändert. Jahrelang wurde gegen Guantanamo gewettert. Auf einmal wäre man froh, weiterhin den beliebten Präsidenten Obama zu haben, der die gefangenen deutschen und sonstigen IS-Kämpfer auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler in Guantanamo verwahren ließe. Bedauerlicherweise haben wir aber jetzt den wenig sympathischen Trump, der sich erdreistet, Deutschland mit zielgenauen Forderungen unter Druck zu setzen: Entweder ihr übernehmt die Festgenommenen und verurteilt sie, oder wir lassen sie frei, und dann kommen sie sowieso zurück, nur halt ohne Verurteilung, am besten gleich wieder rein in die Sozialhilfe, aus der sie vermutlich auch ausgereist sind.

So einfach ist es nicht!

Offenbar kann sich Trump in seiner Schlichtheit gar nicht vorstellen, in welche Krise er die deutsche Regierung mit seiner Forderung stürzt, diese Staatsbürger in ihre Obhut zu nehmen. Er denkt wohl, die Deutschen hätten eine Ahnung davon, wer sich alles radikalisiert hat und wer alles mit dem Ziel der Errichtung eines Kalifats nach Syrien oder in den Irak ausgereist ist. Wäre es so, könnte man ja die rückgeführten Herrschaften gleich bei der Einreise übernehmen und aus dem Verkehr ziehen. Aber weit gefehlt!

Wie Außenminister Heiko Maas schon gleich nach Trumps Vorstoß verlauten ließ, geht das so einfach nicht. Weder weiß man hierzulande, wer genau ausgereist ist, noch weiß man, wer von den Festgenommenen eigentlich Deutscher ist, noch weiß man, was diese Leute in Syrien getrieben haben. Man weiß quasi nichts. Die meisten waren sicherlich in Syrien als IT-Spezialisten, Ärzte, die den hippokratischen Eid geleistet haben, und Ingenieure, die bei der Wasserversorgung der Zivilbevölkerung eine wichtige Rolle gespielt haben. Fast immer erstklassiges Personal.

Wollte man diese selbstlosen Helfer nach ihrer Rückführung ins Gefängnis stecken? Eine Phalanx von durchtrainierten Anwälten wäre sofort auf dem Plan, um derartiges zu verhindern. Es muss jedem klar sein, dass die Heimkehrer nach einem Tag in Untersuchungshaft wieder frei wären. Erfahrungsgemäß interessiert sich die deutsche Regierung wenig dafür, was alles frei herumläuft.

Nur keine bösen Unterstellungen

Das Dumme ist in diesem Fall aber, dass die Weiterverwaltung der heimgekehrten IS-Kämpfer eine unangenehm internationale Komponente hat. Die Amerikaner wie auch die Kurden, die gegen den IS gekämpft haben, würden sich sehr genau ansehen, wie es mit den nach Deutschland Heimgekehrten weitergeht. Bis es dabei zu Entscheidungen kommt, fließt aber bekanntlich sehr viel Wasser die Spree hinab, soll man doch biodeutschen oder eingebürgerten Salafisten, die sich mit ihren 14-jährigen Gattinnen und Kindern in Syriens Kampfzonen aufhalten, nichts Unrechtes unterstellen.

Da bedarf es Jahre an akribischster Recherche, bis auch nur ein einziger Fall – in dubio pro reo – aufgeklärt ist, und das hundertfach. Außenminister Maas möchte alles andere als das, denn er muss fürchten, dass von den Rückkehrern am Ende kein einziger eine Strafe bekommt oder gar abgeurteilt in einem deutschen Gefängnis landet. Und die ganze Welt bekäme es dann mit.

Hier kann man nur beten, dass sich jemand im Ausland erbarmt und die deutsche Regierung von diesem Albtraum befreit. Würde sich Donald Trump dazu entschließen, die ergriffenen Herrschaften in Guantanamo festzusetzen, man kann sicher sein, dass er noch nie eine bessere Presse in Deutschland gehabt haben würde.

Josef Bayer, Prof. em., hat Allgemeine und Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Konstanz unterrichtet.

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Leserpost

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Erich Fickert / 19.02.2019

Eines muss man bei der Rücknahme deutscher Kämpfer zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (IS) auch positiv erkennen. Die deutsche Regierung hat sich weiterentwickelt und beharrt darauf, dass nur eine geordnete Einreise nach Deutschland akzeptiert wird. Da Merkel aber immer noch keine Fehler ihrer Einreisepolitik seit 2015 eingeräumt oder offiziel korrigiert hat (Merkel O-Ton: ich habe alles richtig gemacht.) und die Einreise von Flüchtlingen nach Deutschland trotz Seehofers einst markiger Worte mit seinem Segen immer noch ohne Grenzkontollen erfolgt, bleibt folgendes festzustellen: Unterstützer einer terroristischen Vereinigung dürfen nur unkontrolliert nach Deutschland einreisen, wenn sie keine Deutschen sind, wie z.B. Araber, Iraner, Somalier, Iraker usw. Ganz schön diskrimierend für unsere landeseigenen IS-Kämpfer.

Corinne Henker / 19.02.2019

“Würde sich Donald Trump dazu entschließen, die ergriffenen Herrschaften in Guantanamo festzusetzen, man kann sicher sein, dass er noch nie eine bessere Presse in Deutschland gehabt haben würde.” Glauben Sie das wirklich? Natürlich wäre dadurch das Berliner Inkompetentem mal wieder (unverdient) aus der Klemme, aber das hindert doch wahrlich nicht am Lieblingshobby Trump-Bashing. Wenn man die deutschen IS-Terroristen erstmal los ist, kann man sich doch super über deren unmenschliche Behandlung in Guantanamo oder anderswo echauffieren. Erinnern Sie sich doch bitte an die Schließung der Balkan-Route: Insgeheim war man froh, da diese Aktion letztlich die Raute gerettet hat, aber was wurde nicht öffentlich über die bösen Ungarn & Co geschimpft? Wie verkündete Merkel doch: “Hier wird gar nichts geschlossen!”

Donald Adolf Murmelstein / 19.02.2019

NEIN! Deutschland muß diese Menschen aufnehmen. Am Besten man gibt ihnen eine Wohnung in Berlin-Zehlendorf oder Nikolassee. Mit der S-Bahn kommt man von dort ohne viel Aufsehen in einer knappen Stunde ins Zentrum und dann weiter Richtung Regierungsviertel. Dort gibt es viele schöne und interessante Freizeitangebote wie z.B. eine Bootsfahrt auf der Spree oder ein Besuch im Reichstag oder einmal durch das Brandenburger Tor rennen …

Udo Kemmerling / 19.02.2019

Ganz offensichtlich drückt einem etwas sehr fest auf die grauen Zellen, wenn man erst Justizminister war und dann Außenminister. Und das ist noch mit weitem Abstand das Netteste, was mir dazu einfällt.

Nico Schmidt / 19.02.2019

Sehr geehrter Herr Bayer, so geht es ja nun wirklich nicht! Der fiese Donald und seine Ideen. Jetzt sollen wir uns wohl noch engagieren und die armen, traumatisierten Verrückten aufnehmen. Das hat Heiko aber noch ein Wörtchen mitzureden. Seit Jahrzehnten läuft die supertolle Integration in Deutschland aus dem Ruder und nun sollen nicht nur Falschparker von der Polizei verfolgt werden. MFG Nico Schmidt

Jörg Themlitz / 19.02.2019

Ist meine Auffassung zu simpel? Diese Leute haben gegen Gesetze in Syrien und gegen Gesetze des Irak verstoßen. Wieso sollen die bei uns vor Gericht? Was mich viel mehr beschäftigt. Einige Rechtsextreme tragen Thor Steinar Sachen. Jetzt dürfen alle die Thor Steinar Sachen tragen nicht in diverse Fußballstadien rein. Die Terroristen die jede Menge Menschen ermordet haben, tragen wohl mit Vorliebe adidas und Nike, wie im Fernsehen zu sehen. Da werde ich mal vorsichtshalber die drei Streifen von meinem T-Shirt popeln. Sonst komme ich Morgen vielleicht nicht ins Stadion.

Robert Bauer / 19.02.2019

Die entscheidende Frage ist doch, ob man Deutschland noch als sicheres Herkunftsland beurteilen kann. Angesichts der täglichen Messerangriffe, der korrupten Politik und Rechtsprechung, des Clan-Unwesens, der maroden Infrastruktur und des heruntergekommenen Bildungswesens ist es einem IS-Kämpfer und seiner Familie unzumutbar, die Gefahren einer Rückkehr auf sich zu nehmen und hier möglicherweise bei anhaltendem Kontakt mit Gutmenschen und Anwälten schwere Traumatisierungen zu erleiden.

Andreas Rochow / 19.02.2019

Trump hat noch nicht begriffen, dass die UN-Aktivisten in unserer Merkel-Regierung, besonders die von der Verliererpartei gestellten Mitglieder des Kabinetts, keine Unterschiede mehr machen wollen. Unterscheiden heißt nämlich Diskriminieren und wer will das schon. Das macht das Entscheiden auch ganz leicht, da es entfällt. An den Folgen dieses Herumeierns, der Ambivalenz, der Opferlust, die man der einheimischen Bevölkerung abverlangt, der pan-EU-ropäischen Polarisierung, der wundersamen EURO-Vermehrung sollten die Regierenden erkennen, dass das strategisch und diplomatisch vielleicht doch nicht der richtige Weg ist.

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