Thilo Sarrazin / 11.07.2022 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 186 / Seite ausdrucken

Deutschland im freien Fall

Kaum etwas geht noch im besten Deutschland aller Zeiten: Die Gesundheitsämter haben immer noch keine einheitliche Software. Es fehlen Lehrer, Pfleger und Handwerker, im ICE-Bistro ist der Kaffee alle. Es gibt aber auch Positives zu vermelden: Cannabis soll demnächst freigegeben werden.

In diesen Tagen, Anfang Juli, liegen die besten Teile des Sommers noch vor uns. Bevor man – je nach Geschmack – Badehose oder Wanderschuhe einpackt und sich an sonnige Strände oder in kühlere Gebirgsregionen zurückzieht, tut es gut, sich daran zu erfreuen, dass man für einige Wochen nicht in maskierte Gesichter schauen muss. Was der Herbst bringt, weiß ja keiner. Es ist aber auch nötig, sich vor Augen zu führen, was in Deutschland alles nicht (mehr) funktioniert, damit der Realitätsschock im Herbst nicht zu groß wird:

Die Sachverständigenkommission zur Covid-Pandemie stellte in ihrem vor einigen Tagen veröffentlichten Bericht fest, dass Deutschland auch zweieinhalb Jahre nach Pandemiebeginn keine ausreichende statistische Basis zu den Wirkungen der Krankheit und der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen hat. Die Meldewege funktionieren nicht, und die Gesundheitsämter haben immer noch keine einheitliche Software.

Das von den Kulturministern der Länder beauftragte IQB-Institut zur Bildungsforschung konstatierte in seiner jüngsten Untersuchung über die Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten der Viertklässler einen weiteren dramatischen Rückgang des Leistungsniveaus im Vergleich zur letzten Untersuchung im Jahr 2016. Das fügt sich in einen langfristigen negativen Trend und kann auch durch die Wirkungen der Covid-Pandemie nicht erklärt werden. 20 bis 30 Prozent der Kinder können nicht altersadäquat lesen, schreiben und rechnen. Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen zum Besuch weiterführender Schulen. Nach Abschluss der Schullaufbahn ist ihre Ausbildungsfähigkeit gefährdet.

Englisch als zweite Amtssprache

Ein quantitativ und qualitativ ausreichender Lehrernachwuchs ist nicht sichtbar. Auch fehlt es für die wachsende Zahl hochbetagter Menschen an Pflegekräften. Auf den Baustellen fehlen die ausgebildeten Handwerker, die Wohnungsbauziele der Bundesregierung können deshalb nicht erreicht werden. Und für die angestrebte Energiewende fehlt es an Heizungs- und Klimatechnikern. Die FDP schlägt deshalb jetzt vor, die Zahl der jährlichen Einwanderer auf netto 500.000 zu erhöhen und Englisch als zweite Amtssprache einzuführen, um jenen die Integration zu erleichtern, die kein Deutsch können.

Demnächst werden alle verfügbaren Steinkohle- und Braukohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen, um die absehbaren Versorgungslücken beim russischen Erdgas zu schließen. Die drei noch laufenden Kernkraftwerke möchte man aber trotzdem zum Jahresende stilllegen. Auch ein halbes Jahr nach dem Start der Ampelregierung stockt der Ausbau von Windkraft und Solarenergie. Die angekündigte Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung ist noch nicht in Sicht.

Immer weniger funktioniert bei der Deutschen Bahn. Im hochbezahlten Bahnvorstand gibt es keinen einzigen gelernten Eisenbahner mehr. Kürzlich standen 500 Güterzüge gleichzeitig im Stau. Nur noch die Hälfte der Personenzüge fährt pünktlich. In den Speisewagen gibt es häufig weder Kaffee noch Kaltgetränke, und im Frankfurter Hauptbahnhof zeigt die automatisierte zentrale Zuganzeige unverdrossen selbst solche Züge an, deren Ausfall bereits am Bahnsteig gemeldet wurde.

Es gibt auch Positives zu vermelden

Massenhafte Flugstreichungen, Verspätungen und zusammenbrechende Gepäckabfertigung plagen an allen deutschen Flughäfen die Urlaubreisenden. Obwohl die Bundesanstalt für Arbeit für Ende Juni 2,3 Millionen Arbeitslose meldete, fehlt es auf den Flughäfen an Hilfskräften für die Gepäckbänder. In der Bundesregierung kam die Idee auf, man könne zum Stopfen der Lücke 10.000 Saisonarbeitskräfte aus der Türkei holen. Aber weder das Innen-, noch das Verkehrs-, noch das Arbeitsministerium fühlten sich konkret für Umsetzung zuständig. Erst spät entdeckte man, dass die Sicherheitsüberprüfung dieser Kräfte mindestens sechs Wochen dauern würde – zu spät für die diesjährige Urlaubssaison. So starb die Idee wieder, kaum dass sie geboren war.

Die Inflation beträgt in Deutschland mittlerweile über 8 Prozent. Bisher wurden aus der Bundesregierung keine Ideen dazu bekannt, was man zum Schutz der Konsumenten und Sparer konkret unternehmen könnte. Die Menschen sorgen vor für harte Zeiten und sparen massiv bei ihren Online-Käufen. Firmen wie Amazon und Zalando erfahren große Umsatzeinbrüche.

Es gibt aber auch Positives zu vermelden: Gute Fortschritte macht die Ampelregierung bei der Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen, bei der Erleichterung von Geschlechtsänderungen für Kinder und Heranwachsende und bei der Freigabe von Cannabis.

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Wolfgang Richter / 11.07.2022

@ Peter Robinson - “Mordfälle zunehmend im Doppelpack” - War mir noch nicht aufgefallen, daß sich inwzsichen selbst Mordbuben ökonomisch-ökologisch angepaßt verhalten, denn damit reduziert sich der staatlich Ermittungsaufwand pro “Leiche” glatt um 50 %, angefangen bei der Tatortarbeit, C02-reduziertes Anfahren durch nur ein Ermittlerteam,  aufgehört bei der Anklage, sofern es gelang, eine/n Unschuldsvermuteten zu ermitteln. Und immer schön dran denken, wegen Antidiskriminierung erst 2 bis 3 alte weiße Männe und Frauen vor die Vernehmungsblendlampe setzen, bevor man sich ggf. an einen dunkler Pigmentierten wendet. -Ist natürlich alles nur als Satire gemeint si vorsichtshalber erwähnt, bevor hier irgendwelche Mißverständnisse auftreten.-

Elias Schwarz / 11.07.2022

Und wie war das im dem bekanntesten Klassiker von Slade? There still more things to come!!!

B. Biermann / 11.07.2022

Cannabis ist wirklich das einzige Mittel, um diese Politik noch zu ertragen. Ein Jammer, dass wir uns in eine solche Bananen-Republik verwandelt haben! Aber es haben einfach zu viele zu lange die Augen vor dem Offensichtlichen verschlossen.

Wolfgang Richter / 11.07.2022

“Bundesanstalt für Arbeit für Ende Juni 2,3 Millionen Arbeitslose meldete,” Nach den letzten Zahlen, die ich las, haben wir im besten Deutschland aktuell insgesamt um die ca. 6,5 Millionen “Leistungsbezieher”. Und weder von denen, noch von den ca. 3 Millionen Fachkräften, plus ca.  450 000 ukrainischen Kriegsflüchtlingen, sind ein paar Gepäckverteiler für die infolge Corona-Pause beschäftigungsmäßig entvölkerten Flughäfen zu “schanghaien”, so daß wir ca. 10 000 zusätzliche Facharbeiter aus der Türkei benötigen, um den endgültigen Kollaps zu verzögern? Und das selbe gilt für die fehlenden “Kräfte” zB in der Gastronomie oder am Bau? Und bei der Aufzählung der “guten” Leistungen von “Ampel” und Co. fehlt neben der Cannabis-Freigabe noch die Preisgabe von “motivierenden” Behördenmaßnahmen, um den einen oder anderen dieser Leistungsbezieher doch zu überreden, morgens die “warme Kiste” zu verlassen, um einer mehr oder weniger geregelten Arbeit als Brotjob nachzugehen. Es seien die dafür politisch nicht handelnden verantwortlichen Schädiger des Volksvermögens herzlichst gegrüßt. Das Ruinieren des Landes habt Ihr wenigstens voll im Griff.

Dieter Blume / 11.07.2022

@R. Matzen; Am 17. Juni 1953 wurden freiheitsliebende Menschen von der Staatsmacht verfolgt und die Rädelsführer wurden verhaftet. In den letzten beiden Jahren wurden wieder freiheitsliebende Menschen von der Polizei verfolgt und wer besonders laut “Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung” rief, wurde als Rädelsführer festgenommen. Der Unterschied: Heute verschwinden Regimegegner nicht in finsteren Kerkern und die Todesstrafe ist abgeschafft.

Kathrin Dobler / 11.07.2022

Also mir ist ehrlich gesagt schon ganz schön mulmig zumute. Dieser rasante Zerfall Deutschlands in jeder Hinsicht, mit vielen Bürgern, die anscheinend immer noch ein Gottvertrauen in unsere Führungskräfte haben, macht mir Angst. Obwohl ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, dass die Masse so doof ist. Wir werden belogen und betrogen und keiner quietscht. Der Mittelstand müsste doch spätestens jetzt munter werden. Immerhin werden hier Lebenswerke zerstört. Aber es scheint nicht zu interessieren. Die vielen Leute, die genau wissen, dass sie sich Strom, Heizung, warmes Wasser, Nahrung etc.. bald gar nicht mehr leisten können, ihre Miete nicht zahlen können, klatschen der Obrigkeit immer noch Beifall und finden die Verursacher der Misere laut Umfragen so gut. Wenn dann das böse Erwachen kommt, befürchte ich schlimme Unruhen, die irgendwie eingedämmt werden sollen. Wie dieses Eindämmen aussehen kann, will ich mir gar nicht vorstellen. So einen friedlichen Umschwung wie 1989 wird es wahrscheinlich nicht geben, wenn denn einer kommt.

Stefan Zorn / 11.07.2022

Der weit überwiegende Teil all jener, die ihr Kreuz machen dürfen, weiß um die Zusammenhänge der Dinge schlicht überhaupt nichts. Diese Menschen sind auf die ihnen zu Teil werdende Propaganda angewiesen und dann kommt das dabei raus. - Es folgt sodann Chaos bis zur Unbeherrschbarkeit und die Geschichte lehrt uns, dass dann einzelne Aufräumer folgen, deren Mission nicht unbedingt positiv enden muss. - Erst wenn, wie bei einem Waldbrand, alles darnieder liegt, entsteht aus den Trümmern Neues…

Roland Götz / 11.07.2022

Wie gehen wir mit diesem Niederschlag um? Wollen wir liegenbleiben? Es braucht jetzt die Erörterung von Protestformen der Bevölkerung. Liebe Achse, es ist Zeit für Aufrufe! Aufgedeckt, analysiert und beklagt ist mittlerweile - Gott sei Dank und sehr gut - genug.

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